TE OGH 1991/9/24 11Os106/91

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Veröffentlicht am 24.09.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.September 1991 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Felzmann, Dr. Rzeszut und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Loub als Schriftführerin in der Strafsache gegen Josef M***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143, zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 4.Juni 1991, GZ 20 k Vr 1690/91-23, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung wird der Akt dem Oberlandesgericht Wien zugemittelt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der ***** 1953 geborene tschechoslowakische Staatsangehörige Josef M***** wurde (1) des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1, 143 zweiter Fall StGB und (2) des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, am 11.Februar 1991 in Wien 1. mit Gewalt gegen eine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe, indem er einen Gasrevolver gegen Norbert S***** richtete und ihm aus kurzer Entfernung in das Gesicht schoß, wodurch S***** Pulvereinsprengungen im Gesicht sowie oberflächliche Abschürfungen an der Hornhaut erlitt, eine Herrenhandtasche, 50 S Bargeld, eine Kraftfahrzeugsteuermarke im Wert von 50 S, zwei Kunststoffetuis, zwei Lederetuis, einen Taschenrechner mit Plastiketui und einen Schlüsselbund mit sieben Schlüsseln mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung weggenommen zu haben;

2. Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, nämlich einen für Norbert S***** ausgestellten Führerschein, einen Zulassungsschein, eine Kraftfahrzeugsteuerkarte, zwei kraftfahrtechnische Gutachten, eine Kreditkarte, eine Bankomatkarte, zwei Clubmitgliedskarten sowie eine Rundfunkzusatzbewilligung mit dem Vorsatz unterdrückt zu haben, den Gebrauch der Urkunden im Rechtsverkehr zu verhindern.

Die Geschwornen bejahten die anklagekonformen Hauptfragen nach schwerem Raub und nach Urkundenunterdrückung jeweils stimmeneinhellig. Die Eventualfragen nach Körperverletzung (§ 83 Abs. 1 StGB) und nach schwerem Diebstahl (§§ 127, 128 Abs. 1 Z 1 StGB) ließen sie demzufolge unbeantwortet.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft seine Schuldsprüche mit einer auf § 345 Abs. 1 Z 5 und 8 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, überdies den Strafausspruch mit Berufung.

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Der Verfahrensrüge (Z 5) zuwider bedeutete die Abweisung der in der Hauptverhandlung gestellten Beweisanträge keine Hintansetzung entscheidender Verteidigungsinteressen. Im Sinn der Begründung des gerügten Zwischenerkenntnisses trifft es nämlich zu, daß keiner der mit den beantragten Zeugenvernehmungen unter Beweis gestellten Tatsachen wesentliche Bedeutung für die Lösung der Schuldfrage zukommen konnte. Der mit der Vernehmung der Polizeibeamten Albrecht K***** und Heinz H***** angestrebte Nachweis dafür, daß der Gasrevolver nicht - wie in der von den Zeugen verfaßten schriftlichen Anzeige dargestellt - in der Bekleidung des Angeklagten (im Hosenbund unter der Unterwäsche - S 15), sondern in dessen in der Nähe des Tatortes geparkten Personenkraftwagen sichergestellt worden sei, erwies sich schon deshalb als vorweg obsolet, weil dem Angeklagten nach der Tatbegehung bis zur seiner Festnahme jedenfalls hinreichend Zeit verblieben wäre, die Tatwaffe in seinem Fahrzeug abzulegen. Dazu kommt, daß die Modalitäten der Sicherstellung der Tatwaffe im schriftlichen Erhebungsbericht der beiden Polizeibeamten eine derart detaillierte Konkretisierung erfuhren, daß die prozessuale Tauglichkeit des in Rede stehenden Beweisantrages von der (hier unterlassenen) Anführung von Gründen abhängig war, aus welchen das angestrebte Beweisergebnis überhaupt erwartet werden konnte. Im Ergebnis nicht anders verhält es sich mit der weiters beantragten Vernehmung des Zeugen Adolf T***** als Finder der dem Tatopfer geraubten Tasche, deren allfällige Hinterlegung am Fundort erst nach der Festnahme des Angeklagten naheliegenderweise aus der Sicht eines zwischenzeitigen Drittgewahrsams ohne jedweden (den Angeklagten) entlastenden Beweiswert plausibel wäre.

Die Instruktionsrüge (Z 8), die mit Blickrichtung auf eine Tatbeurteilung als realkonkurrierendes Zusammentreffen von "Körperverletzung und nachfolgendem Bedrängnisdiebstahl" ein Eingehen der Rechtsbelehrung auf das raubspezifische Erfordernis der teleologischen Ausrichtung der angedrohten oder ausgeübten Gewalt auf die Sachwegnahme vermißt, übergeht die auch in diesem Punkt vollständigen und unmißverständlichen Ausführungen auf den Seiten 1 dritter Absatz, 3 dritter Absatz, 4 vorletzter Absatz sowie (die subjektiven Unterscheidungskriterien zwischen Raub und Bedrängnisdiebstahl betreffend) auf den Seiten 8 dritter Absatz und 9 erster Absatz der den Geschwornen erteilten schriftlichen Belehrung. Mangels Orientierung an deren Gesamtinhalt erweist sie sich somit als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§§ 285 d Abs. 1 - teils in Verbindung mit § 285 a Z 2, 344 StPO).

Über die Berufung wird das hiefür zuständige Oberlandesgericht Wien zu befinden haben (§§ 285 i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E26693

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0110OS00106.91.0924.000

Dokumentnummer

JJT_19910924_OGH0002_0110OS00106_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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