TE OGH 1991/9/25 9Ob712/91

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Veröffentlicht am 25.09.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith, Dr.Maier, Dr.Petrag und Dr.Bauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** KG, *****, vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wider die beklagte Partei K***** P*****, Inhaber eines Unternehmens für Erdbewegungen, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wegen S 111.734,20 sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 24.April 1991, GZ 11 R 213/90-60, womit das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 25.Juni 1990, GZ 28 Cg 44/87-55, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß sie insgesamt zu lauten hat:

"Die Forderung der Klägerin gegen den Beklagten besteht mit S 45.000 zu Recht und mit S 76.734,70 sA nicht zu Recht. Die Gegenforderungen des Beklagten gegen die Klägerin bestehen mit S 47.250 zu Recht und mit S 64.484,70 nicht zu Recht. Das Klagebegehren des Inhalts, der Beklagte sei schuldig, der Klägerin S 111.734,70 samt 9,5 % Zinsen seit 21.10.1983 zuzüglich 18 % Umsatzsteuer aus den Zinsen zu zahlen wird abgewiesen". Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit S 101.178,93 bestimmten Verfahrenskosten aller drei Instanzen (davon S 8.025,03 Umsatzsteuer und S 22.906 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin verkaufte dem Beklagten am 29.9.1983 einen Kawasaki Radlader, KSS 85 Z, fabriksneu, mit Sicherheitskabine, zum Preis von S 1,550.000 zuzüglich 18 % Umsatzsteuer in Höhe von S 279.000 = zusammen S 1,829.000. Die Umsatzsteuer sollte in zwei gleichen Raten von je S 139.500 am 29.10. und 29.11.1983 und der weitere Kaufpreis inklusive Zinsen über eine Finanzierungsbank in 60 Monatsraten gezahlt werden. Der Beklagte übernahm das Gerät sofort und setzte es auf einer Baustelle ein. Am 19.10.1983 holte die Klägerin den Radlader vom Beklagten, der ihn bis dahin 170 Betriebsstunden verwendet hatte, wieder ab.

Die Klägerin begehrt vom Beklagten S 111.734,20 sA für die Benützung des Radladers auf Grund ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen und aus dem Titel der Verwendung.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß die Klägerin den Radlader noch vor der Fälligkeit der ersten Umsatzsteuerrate vertragswidrig eingezogen und an einen anderen Kunden verkauft habe. Es stehe ihr daher kein Benützungsentgelt zu. Infolge Einziehens des Gerätes habe der Beklagte vertraglich übernommene Deichgräberarbeiten nicht durchführen können und eine Konventionalstrafe von S 64.000 leisten müssen, die er als Gegenforderung einwende. Außerdem habe er infolge der vertragswidrigen Rücknahme des Gerätes an bereits beauftragte Subfrächter S 63.000 zahlen müssen, ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten.

Im dritten Rechtsgang stellte das Erstgericht die Klageforderung mit S 111.734,20 zuzüglich 9,5 % Zinsen seit 21.10.1983 einschließlich 18 % Umsatzsteuer aus den Zinsen als zu Recht, die Gegenforderung des Beklagten mit S 47.250 ebenfalls als zu Recht fest und erkannte ihn daher schuldig, der Klägerin S 64.484,20 samt Stufenzinsen (zuzüglich Umsatzsteuer) zu zahlen. Das Mehrbegehren von S 47.250 wies es ab.

Außer dem bereits eingangs wiedergegebenen Sachverhalt stellte das Erstgericht im wesentlichen fest, der Kaufvertrag sei unter der Bedingung zustandegekommen, daß eine Finanzierungsbank dem Beklagten den Kaufpreis kreditiert. Über die Zahlung einer Gerätemiete für den Fall des Nichteintritts dieser Bedingung wurde nicht gesprochen; die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin wurde nicht Vertragsinhalt. Die Klägerin reichte in der Folge einen Kreditantrag bei der Zentralsparkasse und Kommerzialbank Wien ein, der abgelehnt wurde. Diese Bank verwies jedoch den Beklagten an seine Hausbank, die Filiale Tulln der Zentralsparkasse, wo er die Kreditunterlagen vorlegen solle. Während sich die Frau des Beklagten dort um einen Kredit bemühte, holte die Klägerin den Radlader noch vor der Fälligkeit eines Teils des Kaufpreises am 19.10.1983 vom Beklagten ab. Daraufhin teilte der Beklagte seiner Frau fernmündlich mit, daß sich eine Kreditgewährung erübrige. Die Klägerin wartete nicht ab, ob der Beklagte bei einem anderen Kreditinstitut den angestrebten Kredit erhalten werde.

Die Klägerin verkaufte den Radlader mindestens um jenen Preis, der mit dem Beklagten vereinbart worden war. Der Beklagte hatte den Radlader 170 Stunden in Verwendung. Hätte er sich einen derartigen Radlader für die Nutzungsdauer von 170 Stunden von anderer Seite (mietweise) verschafft, wären ihm Kosten in Höhe von S 113.390 erwachsen. Die vom Beklagten an seinen Auftraggeber geleistete Konventionalstrafe von S 32.000 steht mit dem Abziehen des Radladers durch die Klägerin in keinem Zusammenhang. Der Beklagte hatte aber vier Subfrächter mit sieben LKW's zum Abtransport des mit dem gekauften Radlader ausgebaggerten Materials beauftragt. An diese mußte er für 1 1/2 Tage, weil er kein gleichwertiges Ersatzgerät bekommen konnte, S 47.250 zahlen, ohne eine Gegenleistung zu erhalten.

In seiner rechtlichen Beurteilung folgte das Erstgericht der ihm von der zweiten Instanz überbundenen Rechtsansicht.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht und der Berufung des Beklagten nur hinsichtlich der begehrten Zinsen (die es auf 4 % zuzüglich 18 % Umsatzsteuer reduzierte) Folge und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Ob der Beklagte letztlich einen Kredit erhalten hätte, sei im Zeitpunkt der Rücknahme des Radladers und der Vertragsaufhebung durch die Klägerin noch nicht festgestanden. Die Klägerin habe den Kaufvertrag vor Eintritt der Resolutivbedingung einseitig durch den Abtransport des Radladers aufgelöst, was der Beklagte unwidersprochen zur Kenntnis genommen habe. Nach den §§ 918, 920 und 921 ABGB lasse der Rücktritt vom Vertrag den Anspruch auf Ersatz des durch verschuldete Nichterfüllung verursachten Schadens unberührt. Die Rückabwicklung des Vertrages habe derart zu erfolgen, daß kein Vertragsteil daraus einen Vorteil erhalte. Den Beklagten habe am Vertragsrücktritt der Klägerin kein Verschulden getroffen, und diese habe aus der Auflösung des Vertrages auch keinen Schaden erlitten, weil sie das Gerät mindestens zum gleichen wie mit dem Beklagten vereinbarten Kaufpreis veräußert habe. Die Klägerin mache aber keinen Schadenersatz, sondern ein Benützungsentgelt für die Verwendung des Radladers bis zur Vertragsaufhebung geltend. Die einseitige Vertragsauflösung, welcher der Beklagte konkludent zugestimmt habe, sei ein Fall einer Kondiktion nach § 1435 ABGB, der zum Wertersatz des erlangten Vorteils, nämlich der durch den Gebrauch eingetretenen Aufwandsersparnis in Höhe von S 111.734,20 durch den Beklagten, führe. Da die Aufhebung des Kaufvertrages zum Wegfall des Titels mit Wirkung ex tunc geführt habe, stehe der Klägerin für die Verwendung des Radladers ein verschuldensunabhängiger Anspruch auf Benützungsentgelt zu. Daß die Klägerin den Radlader mindestens zum gleichen wie mit dem Beklagten vereinbarten Kaufpreis weiterveräußert habe, wäre nur für einen allfälligen Schadenersatz von Bedeutung. Auf den Ersatz der Aufwandsersparnis wirke sich dieser Umstand nicht aus.

Der Beklagte bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit außerordentlicher Revision und beantragt, die Entscheidung dahin abzuändern, daß das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde. Hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Die Klägerin erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Die Revision ist zulässig und auch teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zulässig ist die Revision deshalb, weil zur Frage, ob bei der Beurteilung der beiderseitigen

Rückstellungs-(Rückabwicklungs-)Ansprüche nach § 921 Satz 2 ABGB auch auf den Erlös Rücksicht zu nehmen ist, den eine Partei bei einem (späteren) Weiterverkauf der zurückgestellten Sache erzielt, eine Rechtsprechung - soweit ersichtlich - fehlt. Überdies ist das Berufungsgericht bei der Bemessung der Rückabwicklungsansprüche von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen.

Vor Eingehen auf diese Fragen ist zu klären, ob ein Anwendungsfall des § 921 ABGB überhaupt vorliegt. Gemäß § 921 ABGB läßt der Rücktritt vom Vertrag den Anspruch auf Ersatz des durch verschuldete Nichterfüllung verursachten Schadens unberührt. Das bereits empfangene Entgelt ist auf eine solche Art zurückzustellen oder zu vergüten, daß kein Teil aus dem Schaden des anderen Gewinn zieht. Von der Meinung, daß § 921 ABGB bei einvernehmlicher Vertragsaufhebung (sinngemäß) anzuwenden sei (JBl 1979, 203 mit abl Kritik von Koziol), ist der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung EvBl 1988/93 wieder abgerückt (s dazu auch Reischauer in Rummel2 Rz 1a zu § 921 ABGB). Die Bestimmung kommt (in bezug auf Satz 1) nur dann zum Tragen, wenn sich der Vertragsteil, der die Vertragsauflösung anstrebte, die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen vorbehalten hat (vgl Schwimann/Binder, ABGB, IV/1 Rz 2 zu § 921; EvBl 1988/93; WBl 1989, 99; zuletzt 5 Ob 514/91). Im vorliegenden Fall ist aber die Rechtslage schon deshalb anders, weil die Annahme einer (letztlich) einvernehmlichen Vertragsaufhebung allein darauf beruht, daß die Klägerin zu Unrecht vom Kaufvertrag zurückgetreten ist und es der Beklagte dabei bewenden ließ und keinen Anspruch auf Vertragserfüllung, sondern nur auf Schadenersatz erhoben hat. Dies entspricht dem

heute - insbesondere auch im Arbeitsrecht

anerkannten - Grundgedanken, daß dem Empfänger einer unberechtigten Rücktritts-(Auflösungs-)erklärung das Wahlrecht zugebilligt wird, am Vertrag festzuhalten oder nicht (statt vieler siehe Krejci in Rummel2, Rz 24 zu § 1162a, 1162b ABGB). In diesen Fällen verbietet sich die Annahme eines Verzichts auf Schadenersatzansprüche von selbst.

Im übrigen betreffen aber die Bedenken gegen die Anwendung des § 921 ABGB in Fällen einvernehmlicher Vertragsaufhebung nur den damit im Regelfall mitbereinigten Schadenersatzanspruch. Ein solcher wurde im vorliegenden Fall nur dem Beklagten als Gegner des Zurücktretenden mit dem von der Klägerin nicht bekämpften Ausspruch über die Eventualaufrechnungseinrede zuerkannt.

§ 921 Satz 2 ABGB ist somit auch anzuwenden, wenn ein Teil unberechtigt und daher rechtsunwirksam zurücktritt und der andere es dabei bewenden läßt. In der Lehre (Binder aaO Rz 19 zu § 921; Gschnitzer in Klang2 IV/1, 496/f; Koziol-Welser8 I 233) herrscht Einhelligkeit darüber, daß § 921 Satz 2 ABGB ein Anwendungsfall des § 1435 ABGB ist, demnach von einem Verschulden der Vertragspartner nicht abhängt und daß sich die Kondiktion auch auf die Vorteile erstreckt, die der Empfänger einer Sache durch deren Verwendung erzielt (Bydlinski in Klang2 IV/2, 519 mwN). Daher hat der nach § 921 Satz 2 ABGB Rückstellungspflichtige für die Benützung der bereits übernommenen Sache eine angemessene Vergütung (- auf deren Berechnung noch zurückzukommen sein wird -) zu leisten (Wilburg in Klang2 VI 475; Schwimann/Binder aaO, ausführlich Bydlinski in Klang2 aaO 519 ff zum Vorbehaltskauf; Stanzl in Klang2 IV/1, 917 ff; Rummel in Koziol2 Rz 15 zu § 1041 und Rz 3 zu § 1437; SZ 58/138). Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers kommt es dabei auf die Redlichkeit oder Unredlichkeit des einen oder anderen Vertragspartners nicht an. Die Abweichung von § 330 ABGB, der dem redlichen Besitzer die Nutzungen beläßt, wird damit begründet, daß der Kondiktionenschuldner, anders als der redliche Besitzer, in der Regel seine Gegenleistung zurückbekommt (Wilburg in Klang aaO 474; Rummel aaO Rz 3 zu § 1437; 9 Ob A 42/91). Die aus § 330 ABGB abgeleitete scharfe Unterscheidung zwischen dem redlichen und dem unredlichen Empfänger entspricht der mit Recht herrschenden Auffassung zum Kondiktionenrecht nicht. § 921 Satz 2 ABGB ist mit einer Anwendung des § 330 ABGB unvereinbar, schreibt doch jener die Rückstellung des Empfangenen auf eine solche Art vor, daß kein Teil aus dem Schaden des anderen Gewinn zieht. Gerade das träfe aber auf den Empfänger zu, wenn er Früchte und Nutzungen der empfangenen Leistung behalten dürfte (zu allem ausführlich Bydlinski aaO 518 f).

Zu vergüten ist im Rahmen des § 921 Satz 2 ABGB - wie bereits erwähnt - auch der Vorteil, der in der Verwendung der geleisteten Sache selbst liegt. Da der resolutiv bedingte Kaufvertrag zwischen den Streitteilen aufgelöst wurde (s oben), hat der Beklagte auch die Vorteile in Geld zu vergüten, die er durch die Verwendung der Sache zum Gebrauch erlangt hat. Dafür ist ein angemessenes Benützungsentgelt zu zahlen (Bydlinski aaO 519). § 4 Abs 1 Z 2 KSchG statuiert dies ausdrücklich für Verbrauchergeschäfte (Schwimann/Binder aaO Rz 23 zu § 921). Die zu dieser Gesetzesstelle entwickelten Grundsätze sind jedoch verallgemeinerungsfähig, weil § 921 Satz 2 ABGB - wenn auch ohne nähere Konkretisierung - vom selben Prinzip ausgeht. Der Beklagte hat daher die Vorteile aus der Benützung des Radladers zu vergüten. Da die Worte "daß kein Teil aus dem Schaden des anderen Gewinn zieht" keine Verquickung des Schadenersatzanspruches nach § 921 Satz 1 ABGB mit dem Bereicherungsanspruch nach § 921 Satz 2 ABGB bedeuten, besteht diese Verpflichtung grundsätzlich unabhängig davon, welchen Kaufpreis die Klägerin bei der späteren Weiterveräußerung des zurückgestellten Radladers erzielt hat. Dieses nachfolgende Rechtsgeschäft gehört nicht mehr zur Herstellung der Äquivalenz bei der Rückabwicklung. Es könnte für die Bemessung der vom Beklagten zu leistenden Vergütung nur insofern Bedeutung haben, als daraus - mit großer Vorsicht - ein Indiz für den gemeinen Wert der Sache im Zeitpunkt der Rückabwicklung gezogen werden könnte (vgl Bydlinski aaO 523).

Der Meinung des Berufungsgerichtes, daß der Beklagte die Höhe des festgestellten Benützungsentgelts nicht bekämpft hat, ist jedoch nicht beizupflichten. Richtig ist zwar, daß der Beklagte den Berechnungen des Sachverständigen über die Höhe der Gerätemiete nicht mit Beweisrüge entgegengetreten ist; er hat jedoch auch in der Berufung die Auffassung aufrechterhalten, daß zwischen den Streitteilen nur ein Kaufvertrag und kein Mietvertrag zustande gekommen sei und daß er nie auf die Idee verfallen wäre, sich für nur 170 Betriebsstunden einen Radlader um S 113.390 zu mieten. Durch einen solchen Zuspruch würde die Klägerin bereichert werden. Der Beklagte hat damit im Rahmen der Rechtsrüge deutlich gegen die Berechnung des Gebrauchsnutzens Stellung genommen, den der Sachverständige auf Grund der üblichen Mietpreise ermittelt hat.

Wie der Oberste Gerichtshof im Falle der Rückabwicklung eines PKW-Kaufes nach § 921 ABGB ausgesprochen hat (SZ 58/138 = JBl 1986, 180), ist das angemessene Benützungsentgelt bis zur Rückgabe unter Berücksichtigung des Aufwandes zu ermitteln, den der Käufer hätte vornehmen müssen, um sich den Gebrauchsnutzen eines gleichwertigen Fahrzeuges durch Kauf und Weiterverkauf nach Gebrauch zu verschaffen. In dieser Entscheidung vertrat der Oberste Gerichtshof im Einklang mit dem einschlägigen Schrifttum die Ansicht, daß die Bemessung des im Rahmen der Rückabwicklung nach § 921 Satz 2 ABGB zu leistenden Benützungsentgeltes nach dem ortsüblichen Mietzins bei Sachen, die auf lange Zeit üblicherweise nicht gemietet, sondern käuflich erworben werden, zu nicht sachgerechten, höchst unbilligen Ergebnissen führen würde, weil ein solches Benützungsentgelt schon in verhältnismäßig kurzer Zeit die Höhe des Barkaufpreises erreichen würde (so insbesondere Bydlinski aaO 519 ff; Krejci in Rummel, ABGB Rz 18 zu § 4 KSchG; Mayerhofer, Abzahlungsgeschäft 224; Rummel, Bereicherungsrechtliche Probleme des KSchG vor allem beim Rücktritt nach § 3 KSchG in Krejci, HBzKSchG 315 ff (320)). Der Gedanke man könne sich bei der Berechnung des Benützungsentgelts am ortsüblichen Mietzins orientieren, wird daher mit guten Gründen abgelehnt (Krejci aaO). Bydlinski (aao 521 f) schlägt für rückabzuwickelnde Vorbehaltskäufe zwei Kalkulationselemente vor:

Den auf die Benützungszeit entfallenden Anteil des Kreditzuschlages (wobei die Differenz zwischen hypothetischem Barkaufpreis und tatsächlichem Kreditkaufpreis verstanden wird) einerseits und den durch Benützung und Zeitablauf sich ergebenden Betrag, welcher der Minderung des gemeinen Wertes der genutzten Sache entspricht, andererseits (Krejci aaO). Nach diesen Kriterien ist zu ermitteln, welchen Aufwand der Beklagte hätte vornehmen müssen, um sich den Gebrauchsnutzen eines dem klagegegenständlichen Radlader entsprechenden Gerätes vom 29.9 bis 19.10.1983 durch Kauf und Weiterverkauf nach Gebrauch zu verschaffen (SZ 58/138 = JBl 1986, 186). Hiebei sind Durchschnittsmaßstäbe (Bydlinski aaO 523) und nicht etwa der konkrete (auffallend hohe) Wiederverkaufserlös, den die Klägerin offenbar erzielt hat, zugrunde zu legen.

Feststellungen zu diesen Berechnungskriterien fehlen zwar, doch ist es mit Rücksicht auf die lange Verfahrensdauer nicht mehr vertretbar, die Entscheidungen der Vorinstanzen zu einem vierten (!) Rechtsgang aufzuheben, um durch den Sachverständigen die erforderlichen ergänzenden Berechnungen anstellen zu lassen. Dies wäre, gemessen an dem nicht allzu hohen Streitwert, mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten verbunden. Es ist daher der Gebrauchsnutzen gemäß § 273 Abs 1 ZPO nach freier Überzeugung festzusetzen, zumal das bereits vorliegende Sachverständigengutachten dafür brauchbare Anhaltspunkte bietet.

Der Sachverständige ging von einer monatlichen Abschreibungsquote von 2,1 bis 2,3 % und bei Reifen sogar von 5,5 % aus. Dies entspräche einer Lebensdauer des Gerätes von gut vier Jahren, wogegen laut Beilage B für ein derartiges Gerät fünf Nutzungsjahre angenommen werden, was auch mit der vorgesehenen Abzahlung des Kaufpreises in 60 Monatsraten wirtschaftlich im Einklang steht. Daraus folgt jedenfalls, daß der (gewinnorientierte) ortsübliche Mietzins den Gebrauchsnutzen im Sinne der obigen Ausführungen weit übersteigt. Da die Gerätemiete für ca 20 Arbeitstage mehr als S 100.000 betrug, wäre der Gesamtkaufpreis des Gerätes in Höhe von S 1,829.000 (ohne die erforderliche Kapitalzinsen) bereits nach etwa 360 Tagen Gerätemiete (also bei Annahme von etwa 300 Arbeitstagen pro Jahr nach etwa 1 1/4 Jahren) erreicht worden. Wer sich den Gebrauchsnutzen eines solchen Fahrzeuges durch Kauf und Weiterverkauf nach Gebrauch verschafft, muß allerdings auch die relativ hohen Kapitalzinsen tragen. Nimmt man an, daß die Gerätemiete in etwa zwei Jahren so viel wie der Anschaffungspreis samt Zinsen ausmacht, die Lebensdauer des Gerätes aber etwa fünf Jahre beträgt, so erscheint es angemessen, der Klägerin für 20 Tage Gebrauchsüberlassung ein Benützungsentgelt von S 45.000 zuzusprechen. Zinsen gebühren der Klägerin von diesem Betrag nicht, weil etwa gleichzeitig auch die Gegenforderung des Beklagten entstanden ist.

Die Forderung der Klägerin ist daher mit S 45.000 als zu Recht bestehend und mit weiteren S 76.734,70 als nicht zu Recht bestehend und die Gegenforderungen des Beklagten in Höhe von S 63.000 und S 64.000 wegen der Vorschrift des § 411 Abs 1 letzter Satz ZPO mit S 47.250 als zu Recht bestehend und mit S 64.484,70 als nicht zu Recht bestehend festzustellen. Das Klagebegehren war daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E27620

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0090OB00712.91.0925.000

Dokumentnummer

JJT_19910925_OGH0002_0090OB00712_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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