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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1997 §8 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Berger als Richter im Beisein des Schriftführers Dr. Trefil, über die Beschwerde des E in W, geboren 1985, vertreten durch Mag. Nikolaus Rast, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schmerlingplatz 3, gegen den am 22. April 2005 mündlich verkündeten und am 12. August 2005 schriftlich ausgefertigten Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates, Zl. 252.520/11-I/02/05, betreffend §§ 7 und 8 Abs. 1 und 2 AsylG (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit Spruchpunkt III des erstinstanzlichen Bescheides (Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet") bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Nigeria, beantragte am 2. Jänner 2004 Asyl. Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am selben Tag gab er zu seinen Fluchtgründen an, sein Vater habe dem Geheimbund der Ogboni angehört und gewollt, dass auch er diesem Geheimbund beitrete. Weil er das abgelehnt habe, hätten ihn die Mitglieder des Geheimbundes töten wollen. Seine Schwester und seine Brüder seien von dem Geheimbund bereits umgebracht worden. Das Bundesasylamt wies den Asylantrag mit Bescheid vom 3. August 2004 gemäß § 7 AsylG ab (Spruchpunkt I), stellte gemäß § 8 Abs. 1 AsylG die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria fest (Spruchpunkt II) und wies zu Spruchpunkt III den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet" aus. Das Bundesasylamt begründete diesen Bescheid zusammengefasst damit, dass die geltend gemachten Fluchtgründe nicht hätten glaubhaft gemacht werden können. Es bestünden keine Hinweise auf das Vorliegen von Umständen, die eine Abschiebung unzulässig machen könnten und es seien auch keine weiteren Umstände hervorgekommen, die einer Ausweisung entgegen stünden.
In seiner Berufung gegen diesen Bescheid wiederholte der - nunmehr anwaltlich vertretene - Beschwerdeführer sein Vorbringen und führte in Bezug auf die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes aus, er sei bei der Einvernahme sehr nervös gewesen, wegen seiner geringen Schulbildung sei ihm eine "genaue Angabe von Daten ... schwer möglich" gewesen und er habe auch versucht, "diese schlimmen Erlebnisse zu verdrängen".
Mit Schriftsatz vom 2. September 2004 gab der bisherige anwaltliche Vertreter die Vollmachtsauflösung bekannt.
Am 7. Februar 2005 langte beim unabhängigen Bundesasylsenat (belangte Behörde) die Bekanntgabe ein, dass der Beschwerdeführer den nunmehrigen Beschwerdevertreter bevollmächtigt habe. Die belangte Behörde beraumte in der Folge die mündliche Berufungsverhandlung für den 22. April 2005 an. Die Ladung zu dieser Verhandlung wurde dem Beschwerdeführer persönlich zugestellt, sein Rechtsvertreter erhielt jedoch keine schriftliche Ladung.
Mit dem im vorgelegten Verwaltungsakt erliegenden Aktenvermerk vom 20. April 2005 hielt die belangte Behörde Folgendes fest:
"Auf Grund eines Versehens wurde der ausgewiesene Parteienvertreter, Mag. R, nicht schriftlich von der Anberaumung der Verhandlung am 22.04.2005 in Kenntnis gesetzt. Mag. R gibt nach telefonischer Mitteilung des Verhandlungstermins bekannt, dass er auf eine nachträgliche Zustellung der Ladung verzichtet. Mag. R ersucht um Übermittlung einer Kopie der Niederschrift."
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde nach Durchführung der Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers die Berufung gemäß §§ 7 und 8 Abs. 1 und 2 AsylG ab. Die belangte Behörde traf umfangreiche Feststellungen zur Lage in Nigeria und zu Geheimkulten (insbesondere zur Geheimgesellschaft der Ogboni). Dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen habe auf Grund von (näher dargestellten) Widersprüchen und dem Umstand, dass dieses in maßgeblichen Punkten "unkonkret und unbestimmt" gewesen sei, nicht gefolgt werden können. Auch das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers habe keine Zweifel an der Richtigkeit der Beurteilung des Bundesasylamtes erweckt. Die Entscheidung nach § 8 Abs. 1 AsylG begründete die belangte Behörde damit, dass sich vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen keine gegenteiligen Anhaltspunkte ergäben. Schließlich seien auch keine Umstände hervorgekommen, die gegen die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet sprächen.
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 gebildeten Senat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer stützt seine Beschwerde im Wesentlichen darauf, dass sein Rechtsvertreter nicht zur Berufungsverhandlung geladen worden sei.
Mit diesen Beschwerdeausführungen - die auf die Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht eingehen - kann der Beschwerdeführer angesichts des Inhaltes des Aktenvermerkes vom 20. April 2005 keinen Verfahrensmangel aufzeigen. Die von ihm nach Vorhalt dieses Aktenvermerkes durch den Verwaltungsgerichtshof mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2005 abgegebene Stellungnahme lautete dahin, dass es dem ausgewiesenen Vertreter "bedauerlicherweise ... nicht möglich (sei) nachzuvollziehen, ob er über den Verhandlungstermin in Kenntnis gesetzt wurde"; es könne "jedenfalls nicht ausgeschlossen werden". Auf Grund dieser Ausführungen besteht für den Verwaltungsgerichtshof keinerlei Zweifel an der Richtigkeit des mit dem Aktenvermerk vom 20. April 2005 Beurkundeten. Das Beschwerdevorbringen, die Berufungsverhandlung sei ohne Verständigung des Rechtsvertreters durchgeführt worden, ist somit unrichtig.
Da es auch sonst keine Gesichtspunkte gibt, die dessen ungeachtet eine Fehlbeurteilung durch die belangte Behörde bezüglich der Abweisung der Berufung gegen die Spruchpunkte I (Abweisung des Asylantrages) und II (Feststellung gemäß § 8 Abs. 1 AsylG) des erstinstanzlichen Bescheides erkennen ließen, war die Beschwerde gegen die Bestätigung der zuvor genannten Spruchpunkte gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2. Der angefochtene Bescheid ist jedoch hinsichtlich der unveränderten Bestätigung des Spruchpunktes III des erstinstanzlichen Bescheides (Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet) inhaltlich rechtswidrig. Das Bundesasylamt hat nämlich in seinem Bescheid die Ausweisung des Beschwerdeführers ohne die gebotene Einschränkung dieser Anordnung auf den Herkunftsstaat, auf den sich die vorangegangene Prüfung der Zulässigkeit des Refoulement gemäß § 8 Abs. 1 AsylG bezog, ausgesprochen. Diese unveränderte Bestätigung des Spruchpunktes III war aus den in den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 2005, Zl. 2005/20/0108, und vom 13. Dezember 2005, Zl. 2005/01/0625, dargelegten Gründen - auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.
Diese Entscheidung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 2 und 6 VwGG ohne Durchführung der beantragten Verhandlung getroffen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG.
Wien, am 22. Dezember 2005
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005200345.X00Im RIS seit
07.02.2006