TE OGH 1991/10/1 14Os90/91

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.10.1991
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 1.Oktober 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hofbauer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Gerd H***** und einen anderen wegen des versuchten Verbrechens nach § 15 StGB, § 12 Abs. 1, zweiter und dritter Fall SGG sowie einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Stefan K***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 18.Juni 1991, GZ 20 Vr 452/91-16, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, des Angeklagten Stefan K***** und des Verteidigers Dr. Kuzmich zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 23.Dezember 1969 geborene Stefan K***** des versuchten Verbrechens nach § 15 StGB, § 12 Abs. 1 zweiter und dritter Fall SGG (Punkt A des Urteilssatzes) und des Vergehens nach § 16 Abs. 1 fünfter Fall SGG (Punkt B/2) schuldig erkannt.

Darnach hat er

(zu A) mit dem im selben Verfahren bereits rechtskräftig abgeurteilten Gerd H***** im Mai 1990 den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge, nämlich 950 Gramm Cannabisharz dadurch aus- und einzuführen versucht, daß sie das Suchtgift einem unbekannten Dritten zum Schmuggel aus Holland in die Bundesrepublik Deutschland übergaben, von wo aus sie das Suchtgift sodann selbst nach Österreich schmuggeln wollten; und

(zu B/2) im Jahr 1990 bis April 1991 in Vorarlberg außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SGG den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift, nämlich gelegentlich von ihm konsumiertes Cannabisharz, besessen.

Nur den Schuldspruch wegen des bezeichneten Verbrechens bekämpft der Angeklagte mit einer (nominell) auf die Z 5, 5 a, 9 lit a und b sowie 10 und 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem Vorbringen in der Mängelrüge (Z 5) findet die Urteilsfeststellung, wonach es sich bei dem von Punkt A des Schuldspruchs erfaßten Suchtgift um Cannabisharz guter Qualität gehandelt hat, in der vom Schöffengericht verwerteten (US 6 ff) geständigen Verantwortung des Beschwerdeführers eine zureichende Stütze. Der Angeklagte, der der Vorarlberger Gendarmerie (Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos) als "Haschischkonsument und Dealer bekannt" (S 13) war, hat im Vorverfahren (S 52) und in der Hauptverhandlung (S 83) zum Ausdruck gebracht, daß es sich um "grünen Shit von guter Qualität" gehandelt habe. Dabei hat das Erstgericht die Verantwortung des Mitangeklagten, der die Qualität des bezüglichen Suchtgifts zunächst als "eher schlecht" (S 55), in der Hauptverhandlung dann als "kein Top-Material" (S 81), schließlich aber als Haschisch "mittlerer Qualität" (S 83) bezeichnete, keineswegs unerörtert gelassen (US 7), dieser Darstellung jedoch unter Hinweis auf innere Widersprüche letztlich den Glauben versagt. Bei dieser Sachlage bedurfte es dem Beschwerdevorbringen zuwider angesichts der über die Kenntnis der beiden Angeklagten hinsichtlich Kaufpreis (von rund 40.000 S), Menge und Qualität des Suchtgiftes getroffenen - und solcherart hinreichend begründeten - Feststellungen keiner zusätzlichen Begründung der Annahme, daß sich der Vorsatz auf eine große Menge Suchtgift (§ 12 Abs. 1 zweiter Satz SGG) bezogen hat (US 5, 6).

Der behauptete Begründungsmangel liegt demnach nicht vor.

Mit dem Vorbringen in der Tatsachenrüge (Z 5 a) hinwieder, das sich im wesentlichen in einer Wiederholung der in der Mängelrüge erhobenen Einwände erschöpft, werden keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen aufgezeigt; es wird vielmehr der Sache nach nur die tatrichterliche Beweiswürdigung bekämpft, wobei jene Erwägungen, auf die das Schöffengericht seine diesbezüglich gewonnene Überzeugung gestützt hat, mit Stillschweigen übergangen werden. Dies gilt namentlich auch für die unter Bezugnahme auf die Verantwortung des Mitangeklagten H***** ins Treffen geführte Möglichkeit einer Irreführung der Angeklagten über die Qualität des beim Ankauf des Suchtgiftes tatsächlich erhaltenen Cannabisharzes; diesen Angaben hat das Erstgericht mit dem zutreffenden Hinweis auf ihre innere Widersprüchlichkeit den Glauben versagt. Im Kern unternimmt der Beschwerdeführer - wie sich auch aus der Bezugnahme auf den Zweifelsgrundsatz ergibt - gar nicht den Versuch, aus Verfahrensergebnissen erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der bezüglichen Urteilsannahmen abzuleiten; er rügt vielmehr nach Art einer - im schöffengerichtlichen Verfahren nach wie vor unzulässigen - Schuldberufung, daß das Erstgericht von der Möglichkeit, für ihn günstigere Feststellungen zu treffen, keinen Gebrauch gemacht hat.

Entgegen dem Vorbringen in der Rechtsrüge (Z 9 lit a) ist die rechtliche Beurteilung des Verhaltens der beiden Angeklagten gegenüber dem unbekannten deutschen Staatsangehörigen, der von ihnen die 950 Gramm Cannabisharz mit dem Auftrag zum Schmuggel aus den Niederlanden nach Deutschland erhielt, als Bestimmung zur Aus- und Einfuhr dieser (großen) Menge keineswegs deshalb ausgeschlossen, weil sich der Unbekannte selbst zu diesem Transport angeboten hatte. Wer sich nämlich einem anderen für die Begehung einer Straftat anbietet, die er ohne vorherige Auftragserteilung nicht - jedenfalls nicht so, wie im Angebot vorgesehen - verüben würde, hat ungeachtet seiner grundsätzlichen Bereitschaft zur Tatausführung den konkreten Entschluß noch nicht gefaßt, weil es an der von ihm dafür vorausgesetzten Mitwirkung der anderen Person (des Auftraggebers) fehlt. Erst die (vorliegend noch dazu mit der Übergabe des Tatobjekts verbundene) Auftragserteilung führt diesen Entschluß herbei. Die Auftragserteilung stellt sich daher auch in einem solchen Fall als Bestimmung zur Tat nach § 12 zweiter Fall StGB dar. Gemäß § 15 Abs. 2 StGB gilt sie bereits als Versuch der Tat; dies auch dann, wenn es nicht gelungen ist, den zu Bestimmenden zu beeinflussen, ja sogar, wenn die Beeinflussungshandlung den zu Bestimmenden überhaupt nicht erreicht hat. Selbst wenn - was vorliegend vom Erstgericht offengelassen wurde - der für den Suchtgiftschmuggel über die niederländisch-deutsche Grenze vorgesehene Unbekannte von vornherein die Absicht gehabt haben sollte, diese Tat nicht auszuführen (und das Suchtgift für sich zu behalten), wäre sohin - dem Beschwerdestandpunkt zuwider - die dem Schuldspruch laut Punkt A des Urteilssatzes zugrundeliegende Tathandlung keineswegs als (straffreie) Vorbereitungshandlung, sondern als (mißlungener) Versuch im Sinn der zweiten Alternative des § 15 Abs. 2 StGB zu beurteilen (Leukauf-Steininger Komm2 § 15 RN 9). Aber auch die vom Beschwerdeführer außerdem bestrittene - erst bei Bejahung des Versuchsstadiums zu prüfende - Tauglichkeit des Versuchs (§ 15 Abs. 3 StGB) wurde zu Recht angenommen. Da von der Unmöglichkeit der Tatvollendung mangels vom Gesetz bei den Handelnden vorausgesetzter persönlicher Eigenschaften oder Verhältnisse vorliegend keine Rede sein kann, bleibt nur zu prüfen, ob die Vollendung der Tat nach der Art der Handlung oder des Gegenstandes, an dem sie begangen wurde, unter keinen Umständen möglich war. Bei der Auftragserteilung zum Transport einer zu diesem Zeitpunkt tatsächlich vorhandenen Suchtgiftmenge an einen sich selbst dafür erbötig machenden Dealer kann bei objektiver ex-post-Betrachtung (EvBl 1987/5 verst. Sen.) keine Rede davon sein, daß die Tatvollendung unter keinen Umständen möglich gewesen wäre und der Versuch daher absolut untauglich war.

Wenn die Beschwerde gestützt auf § 281 Abs. 1 Z 9 lit b StPO die Aufhebung der Strafbarkeit infolge Rücktritts vom Versuch einwendet, weil Bemühungen der beiden Angeklagten, nach der Nichteinhaltung des vereinbarten Treffens durch den Unbekannten doch noch in den Besitz des diesem überlassenen oder eines anderen Suchtgiftes zu gelangen, nicht festgestellt worden seien, ist ihr entgegenzuhalten, daß bloße Untätigkeit für die Straflosigkeit infolge Rücktritts vom Versuch (§ 16 StGB) bei Beteiligung mehrerer nicht ausreicht; in einem solchen Fall bedarf es vielmehr der Ausführungsverhinderung oder Erfolgsabwendung (§ 16 Abs. 1 StGB). Mangels eines freiwilligen und ernsten Bemühens in diese Richtung konnte nicht einmal ein (allfälliges) Unterbleiben der Tatausführung durch den Unbekannten, der sich das Suchtgift zueignete, die Straflosigkeit der Bestimmungstäter bewirken (§ 16 Abs. 2 StGB).

Mit der Subsumtionsrüge (Z 10) strebt der Beschwerdeführer mit dem Hinweis, daß das von Punkt A des Urteilssatzes erfaßte Suchtgift nie nach Österreich gelangt sei, die Tatbeurteilung des bezüglichen Verhaltens bloß nach § 14 a SGG an. Er übersieht jedoch dabei, daß der Erwerb oder Besitz einer großen Suchtgiftmenge mit dem Vorsatz, sie in Verkehr zu setzen, nur dann nach dieser Gesetzesstelle zu bestrafen ist, wenn die Tat nicht nach § 12 SGG mit Strafe bedroht ist (ausdrückliche Subsidiarität). Gerade dies trifft aber auf das von den Angeklagten hinsichtlich der gegenständlichen Suchtgiftmenge gesetzte Verhalten zu, das sich als versuchte Bestimmung der Suchtgiftausfuhr (aus den Niederlanden) und Einfuhr (nach Deutschland) darstellt.

Schließlich liegt auch der Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z 11 StPO nicht vor. Mit dem Einwand, das Erstgericht habe übersehen, daß das Strafverfahren nur auf Grund der Mitarbeit der beiden Angeklagten überhaupt möglich gewesen sei, wird die Rüge nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht; wurde doch das reumütige Geständnis bei der Strafbemessung ohnehin ausdrücklich als Milderungsgrund berücksichtigt. Die bezüglichen Ausführungen stellen sich vielmehr als Berufungsvorbringen dar, das bei Erledigung dieses Rechtsmittels zu behandeln sein wird. Der abschließende Hinweis der Beschwerde auf die Unterlassung der Belehrung der Angeklagten über ihr Entschlagungsrecht jedoch ist schon im Hinblick darauf unverständlich, daß sie die vom Schöffengericht verwerteten Angaben gar nicht als - gemäß § 153 Abs. 3 StPO über die Möglichkeit einer Zeugnisverweigerung zu belehrende - Zeugen gemacht haben.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 12 Abs. 1 SGG unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr.

Bei der Strafbemessung wertete es das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und die mehrfache Begehung des letzteren sowie zwei einschlägige Vorstrafen als erschwerend, hingegen das reumütige Geständnis, den Umstand, daß es in Ansehung des Verbrechens beim Versuch blieb, und die Begehung eines Teiles der Straftaten nach Vollendung des achtzehnten, jedoch vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres als mildernd.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe an.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Das reumütige Geständnis wurde dem Angeklagten ohnedies als mildernd zugute gehalten. Der Umstand aber, daß es sich "lediglich um Cannabisharz" handelte, stellt entgegen dem Berufungsvorbringen keinen Milderungsgrund dar.

In entsprechender Abwägung der sohin im wesentlichen zutreffend ermittelten Milderungs- und Erschwerungsgründe, wobei vor allem die mehrfache einschlägige Vorstrafenbelastung des Berufungswerbers zu beachten war, ist die in erster Instanz über ihn verhängte Freiheitsstrafe nicht überhöht, und zwar auch nicht unter dem Aspekt, daß er am 11.April 1991 vom Bezirksgericht Dornbirn zum AZ U 149/91 wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von siebzig Tagessätzen zu je 180 S, im Uneinbringlichkeitsfall 35 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt worden ist, was gemäß §§ 31, 40 StGB zu berücksichtigen ist; denn eine Freiheitsstrafe in dem sich daraus - unter Bedachtnahme auf die Ersatzfreiheitsstrafe - ergebenden Gesamtausmaß für alle in Betracht kommenden strafbaren Handlungen ist durchaus schuldangemessen.

Es war somit auch der Berufung ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E27021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0140OS00090.91.1001.000

Dokumentnummer

JJT_19911001_OGH0002_0140OS00090_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten