TE OGH 1991/10/3 15Os108/91 (15Os109/91)

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Veröffentlicht am 03.10.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.Oktober 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Lachner, Dr. Kuch und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hofbauer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Alfred B***** und Emanuel V***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 dritter und vierter Fall sowie § 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Alfred B***** zugunsten des Angeklagten Emanuel V***** gemäß § 290 Abs. 1 StPO zu treffende Maßnahme in Ansehung des Urteiles des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 4. Juni 1991, GZ 9 Vr 685/91-28, sowie über die vom Angeklagten V***** erhobene Beschwerde gegen den mit diesem Urteil gemäß § 494 a Abs. 4 StPO gefaßten Beschluß, GZ 9 Vr 685/91-29, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, und des Verteidigers Dr. Steiner, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten V***** zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 290 Abs. 1 StPO wird aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Alfred B***** das erstgerichtliche Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in der Unterstellung der dem Angeklagten Emanuel V***** zur Last fallenden Diebstähle auch unter die Bestimmung des § 130 "vorletzter Fall" StGB und demgemäß auch in dem den Angeklagten V***** betreffenden Strafausspruch (ausgenommen jedoch den Ausspruch über die Vorhaftanrechnung, der demnach aufrecht bleibt) sowie überdies der damit in untrennbarem Zusammenhang stehende Beschluß auf Widerruf der bedingten Entlassung des Emanuel V***** aufgehoben.

Gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO wird in der Sache selbst erkannt:

Emanuel V***** wird für das ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Ersturteils zur Last fallende Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1 und 2, 130 vierter Fall sowie § 15 StGB gemäß § 130 zweiter Strafsatz StGB zu einer Freiheitsstrafe von 1 (einem) Jahr verurteilt.

Gemäß § 494 a Abs. 1 Z 4 StPO wird die mit dem Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom 11.Oktober 1990, GZ BE 465/90-6, verfügte bedingte Entlassung des Emanuel V***** aus Freiheitsstrafen widerrufen.

Mit seiner Beschwerde wird der Angeklagte V***** auf diese Entscheidung verwiesen.

Rechtliche Beurteilung

Gründe:

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Alfred B***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 4.Juni 1991, GZ 9 Vr 685/91-28, über die der Oberste Gerichtshof bereits mit dem Urteil vom 12.September 1991, GZ 15 Os 108,109/91-7, entschieden hat, mußte sich der Oberste Gerichtshof von einer dem bezeichneten Urteil anhaftenden, dem - das Urteil nicht bekämpfenden - Angeklagten Emanuel V***** zum Nachteil gereichenden materiellrechtlichen Nichtigkeit (§ 281 Abs. 1 Z 10 StPO) überzeugen:

Der Angeklagte V***** wurde nämlich des "teils versuchten Verbrechens" (gemeint wohl: des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten) gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und 2, 130 "letzter und vorletzter Fall" StGB, § 15 StGB schuldig erkannt. Unter § 130 "letzter und vorletzter Fall" versteht das Erstgericht den gewerbsmäßigen Diebstahl durch Einbruch (§ 129) und den gewerbsmäßigen schweren Diebstahl (§ 128).

Die Qualifikation eines schweren Diebstahls wurde allerdings im erstgerichtlichen Urteil beim Angeklagten V***** sowohl im Tenor als auch in den Entscheidungsgründen ausdrücklich verneint (S 8 und 18/II). Feststellungen dahin, daß die von V***** verübten, nicht nach § 128 StGB qualifizierten diebischen Angriffe in der Absicht begangen worden seien, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer Diebstähle eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, enthält das Urteil nicht; es bietet auch die Aktenlage keine zureichenden Anhaltspunkte dafür.

Dem Erstgericht unterlief demnach insoweit, als es das dem Angeklagten V***** zur Last fallende Verbrechen des Diebstahls auch unter § 130 "vorletzter Fall" StGB subsumierte, ein diesem Angeklagten zum Nachteil gereichender Rechtsirrtum, der vom Obersten Gerichtshof von Amts wegen aufzugreifen war.

Bemerkt sei, daß dem Schöffengericht ein weiterer Subsumtionsirrtum unterlief, indem es die dem Angeklagten V***** zur Last liegenden Diebstähle als teils versucht nach § 15 StGB beurteilte. Die diesem Angeklagten zur Last fallenden Schuldspruchfakten A 1 bis 4 betreffen nämlich - schon nach dem erstgerichtlichen Urteilstenor - ausschließlich vollendete Diebstähle.

Dieser Subsumtionsirrtum konnte allerdings nicht korrigiert werden, weil er sich nicht zum Nachteil des Angeklagten V***** auswirken konnte, sondern sich sogar zu seinem Vorteil auswirkte, denn das Schöffengericht rechnete ihm "die Tatsache, daß es teilweise beim Versuch geblieben ist", ausdrücklich als mildernd zu (S 18/II).

Die Unterstellung der dem Angeklagten V***** zur Last fallenden Tat unter § 130 "vorletzter Fall" StGB war hingegen aufzuheben. Folge dieser Aufhebung war die Aufhebung des Strafausspruches und des mit diesem in untrennbarem Zusammenhang stehenden Beschlusses auf Widerruf der bedingten Entlassung des Angeklagten V***** aus Strafhaften.

Bei der damit erforderlich gewordenen Neubemessung der Strafe wertete der Oberste Gerichtshof beim Angeklagten V***** als erschwerend die Tatwiederholung, die einschlägigen Vorstrafen und einen raschen Rückfall, als mildernd dagegen das Alter unter 21 Jahren, die Tatbeteiligung nur in untergeordneter Weise, eine teilweise Zustandebringung der Beute und ein reumütiges Geständnis. Weiters war als rechtslogische Konsequenz des aufgezeigten unbehebbaren Subsumtionsirrtums des Schöffengerichtes der Oberste Gerichtshof genötigt, dem Angeklagten V***** den Milderungsgrund des § 34 Z 13 zweiter Fall StGB zuzubilligen.

Zu den vom Erstgericht herangezogenen Strafzumessungsgründen sei im übrigen bemerkt, daß ein Rückfall innerhalb einer Probezeit nach einer bedingten Entlassung keinen Erschwerungsgrund abgibt. Die vom Gesetzgeber vorgesehene Sanktion für ein derartiges Verhalten ist vielmehr der (allfällige) Widerruf der bedingten Entlassung (vgl Leukauf-Steininger Komm2 RN 8 zu § 33), wie ihn das Erstgericht vorliegend ohnedies ausgesprochen hat.

Ausgehend von den dargestellten Strafzumessungsgründen erachtete der Oberste Gerichtshof die aus dem Spruch ersichtliche Freiheitsstrafe als der personalen Täterschuld und dem Unwert der verschuldeten Tat angemessen. Für eine außerordentliche Strafmilderung (§ 41 StGB) fehlt es schon nach dem durch rasch wiederkehrenden Rückfall in Vermögensdelinquenz gekennzeichneten Vorleben des Angeklagten V***** an den gesetzlichen Voraussetzungen.

Der den Angeklagten V***** betreffende Ausspruch über die Vorhaftanrechnung war aufrechtzuerhalten.

Außerdem war (erneut) der Widerruf der mit dem Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom 11.Oktober 1991, GZ BE 465/90-6, - die Bezeichnung dieses Beschlusses im erstgerichtlichen Widerrufsbeschluß ist falsch, es wurde dabei augenscheinlich nicht beachtet, daß die Strafvollzugssache erst in einem späteren Verfahrensstadium gemäß § 179 StVG an das Landesgericht für Strafsachen Graz abgetreten wurde - verfügten bedingten Entlassung des Angeklagten V***** aus Freiheitsstrafen auszusprechen. In Anbetracht des raschen Rückfalls in eine völlig gleichartige Kriminalität und der Wirkungslosigkeit auch einer früher gewährten bedingten Strafnachsicht bedarf es nämlich der Vollziehung des Strafrestes zusätzlich zur neuerlichen Verurteilung, um den Angeklagten V***** von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten (§ 53 Abs. 1 StGB).

Auf diesen Ausspruch war der Angeklagte V***** mit

seiner - infolge der Sachentscheidung durch den Obersten Gerichtshof gegenstandslos gewordenen - Beschwerde gegen den erstgerichtlichen Widerrufsbeschluß zu verweisen.

Bemerkt sei jedoch, daß diese Beschwerde an sich verspätet war, denn sie wurde nicht - wie es erforderlich gewesen

wäre - innerhalb von 14 Tagen ab Verkündung des bekämpften Beschlusses eingebracht (RZ 1990/68 = JBl 1990, 523; EvBl 1989/46; Mayerhofer-Rieder StPO3 E 2 a zu § 77). In diesem Zusammenhang ist aber auch darauf zu verweisen, daß die Rechtsmittelbelehrung in dem gesondert ausgefertigten Beschluß über den Widerruf der bedingten Entlassung aus einer Freiheitsstrafe (S 21 ff/II) insoferne rechtsirrig ist, als darin ausgeführt wird, es stünde eine Beschwerdefrist von 14 Tagen nach Zustellung dieses Beschlusses offen, wiewohl der Beschluß verkündet und bereits damit die Beschwerdefrist in Gang gesetzt worden ist. Diese fehlerhafte Belehrung war ersichtlich der Grund dafür, daß der Verurteilte die gegenständliche (der Sache nach aber verspätete) Beschwerde einbrachte. Im Hinblick auf die auch den Widerrufsbeschluß betreffende Sachentscheidung kann es vorliegend aber mit diesem Hinweis sein Bewenden haben.

Anmerkung

E26779

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0150OS00108.91.1003.000

Dokumentnummer

JJT_19911003_OGH0002_0150OS00108_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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