TE OGH 1991/10/8 4Ob104/91

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Veröffentlicht am 08.10.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gerhard D*****, vertreten durch Dr. Gerald Hauska und Dr. Herbert Matzunski, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei V*****-Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Georg Reiter und andere Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert für das Provisorialverfahren S 350.000,--; Revisionsrekursinteresse S 210.000,--) infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 19. April 1991, 3 R 109/91-11, womit der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 22. Februar 1991, 15 Cg 379/90-7, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Punkt 1. des angefochtenen Beschlusses wird dahin abgeändert, daß Punkt 1. des erstgerichtlichen Beschlusses wiederhergestellt wird. Im übrigen wird der Revisionsrekurs zurückgewiesen. Der Kläger ist schuldig, der Beklagten ein Drittel der Kosten des Provisorialverfahrens zweiter Instanz, das sind S 4.540,20 (davon S 756,70 Umsatzsteuer), binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen; die restlichen Kosten hat die Beklagte selbst zu tragen. Der Kläger hat zwei Drittel der Kosten des Provisorialverfahrens erster und zweiter Instanz vorläufig selbst zu tragen.

Der Kläger ist ferner schuldig, der Beklagten die Hälfte der Kosten des Revisionsrekursverfahrens, das sind S 4.759,20 (davon S 793,20 Umsatzsteuer), binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen; die andere Hälfte der Kosten hat die Beklagte selbst zu tragen. Der Kläger hat die Hälfte der Kosten des Revisionsrekursverfahrens vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Beide Streitteile sind Inhaber von Konzessionen für das Gewerbe der Versteigerung beweglicher Sachen gemäß § 295 GewO, die Beklagte im Umfang der Teilberechtigungen nach § 296 Abs 1 Z 2 und 3 GewO; sie befassen sich mit der Veräußerung (Versteigerung) von Orientteppichen. Die Beklagte hat ihren Sitz (und gewerberechtlichen Standort) in Salzburg, M*****gasse 6. Sie führte von Oktober bis Dezember 1990 in verschiedenen Orten in ganz Österreich (Salzburg Hotel N*****; Wien 11 Spedition C*****; Innsbruck F*****restaurant; Landeck Hotel S*****) die Versteigerung von Orientteppichen durch. Die Beklagte zeigte diese Versteigerungen der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zeitgerecht an, beantragte aber keine besondere Bewilligung des zuständigen Landeshauptmannes zur Ausübung des konzessionierten Gewerbes an einer weiteren Betriebsstätte (§ 46 Abs 4; § 341 Abs 4 GewO).

Der gewerberechtliche Geschäftsführer der Beklagten ersuchte im Herbst 1990 die rechts- und gewerbepolitische Abteilung der Handelskammer Salzburg um Auskunft, ob eine weitere Betriebsstätte iS des § 46 GewO vorliege, wenn er im Auftrag eines anderen Unternehmens in Räumen außerhalb seiner ständigen Betriebsstätte eine Versteigerung durchführt.

Die Handelskammer Salzburg gab ihm mit Schreiben vom 9. November 1990 folgende Auskunft:

"Gemäß § 50 Abs 1 Z 3 GewO dürfen Gewerbetreibende, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, im Rahmen ihres Gewerbes bestellte Arbeiten überall verrichten ... In den §§ 295 ff (GewO) ist eine derartige Bestimmung für das Gewerbe 'Versteigerung beweglicher Sachen' nicht enthalten. Ebensowenig scheint eine Bestimmung, die die Ausübung des Gewerbes außerhalb der ständigen Betriebsstätte verbietet, in der Feilbietungsordnung und in der für Sie geltenden Geschäftsordnung auf. Damit sind Sie nach den oben angeführten Unterlagen berechtigt, auf Grund eines Werkvertrages außerhalb der Betriebsstätte im Auftrag physischer und juristischer Personen Versteigerungen durchzuführen, ohne die besondere Bewilligung der Behörde für die Ausübung des Gewerbes in einer weiteren Betriebsstätte gemäß § 46 Abs 4 GewO zu besitzen."

Der Kläger begehrte

1. zur Sicherung seines (insofern gleichlautenden) Unterlassungsbegehrens, der Beklagten im geschäftlichen Verkehr bei der Versteigerung von Orientteppichen zu Zwecken des Wettbewerbs zu verbieten, Versteigerungen außerhalb des Standortes ihrer Gewerbeberechtigung oder einer weiteren Betriebsstätte, nämlich im F*****restaurant Innsbruck, ***** ohne Bewilligung der Gewerbebehörde - sei es auch nur kurzfristig oder vorübergehend - durchzuführen; ferner

2. (insofern teilweise von dem zu sichernden Klagebegehren abweichend), der Beklagten zu verbieten, Versteigerungen öffentlich anzukündigen, sofern die Ankündigung die Angabe enthält:

a) es handle sich um einen "wertvollen Vorrat aus ehemaligen Banksicherheiten, die unter Verschluß lagerten" oder "eine selektierte Auswahl wertvoller Exemplare, die langfristig als Sicherungsgut lagerten", sofern es sich nicht um einen wertvollen Vorrat aus ehemaligen Banksicherheiten oder nicht um eine selektierte Anzahl wertvoller Exemplare, die langfristig als Sicherungsgut lagerten, handelt;

b) "zur Gewährleistung der sofortigen Umwandlung in Barmittel" oder "sofortige Versteigerung", sofern die Versteigerung nicht kurzfristig nach Erteilung des Versteigerungsauftrages erfolgt.

Das weitere Sicherungsbegehren der Klägerin (Punkt 3 lit. a bis c) ist bereits rechtskräftig erledigt (4 Ob 84/91 vom 9. 7. 1991).

Die Beklagte verstoße mit diesen Versteigerungen außerhalb ihrer Betriebsstätte gegen § 46 Abs 1, aber auch gegen § 53 GewO in der Absicht, damit einen unberechtigten Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern zu erzielen, welche vor der Aufnahme einer solchen Tätigkeit für den betreffenden Standort - mit beträchtlichen Kosten- und Zeitaufwand - eine entsprechende Bewilligung einholen. Mit den genannten Ankündigungen erwecke die Beklagte den irreführenden Eindruck einer besonderen Beschleunigung des Verkaufs und damit der besonderen Dringlichkeit unmittelbarer Verwertung sowie der besonderen Kostbarkeit der angebotenen Teppiche; tatsächlich habe sie aber nur wenige Stücke mit einem Schätzwert von mehr als 20.000 S, 30.000 S oder 40.000 S angeboten.

Die Beklagte bestritt die Berechtigung der Unterlassungsansprüche, weil sie bei der Versteigerung ausschließlich im Auftrag eines Dritten tätig werde, welcher ihr aufgetragen habe, Versteigerungen in ganz Österreich durchzuführen. Gemäß § 50 Abs 1 Z 3 GewO bedürfe sie daher nach der Rechtsauskunft der Salzburger Handelskammer keiner besonderen Bewilligung einer weiteren Betriebsstätte. Selbst wenn dies aber nicht zuträfe, sei ihr eine Mißachtung des § 46 Abs 1 GewO subjektiv nicht vorwerfbar, weil sie mit gutem Grund die Auffassung habe vertreten dürfen, daß die Ausnahmebestimmung des § 50 Abs 1 Z 3 GewO anzuwenden sei, zumal sich ihre Auftraggeberin im Versteigerungsvertrag vom 18./21. 9. 1990 die Auswahl der jeweiligen Versteigerungsorte vorbehalten habe; auch der Ausnahmetatbestand des § 50 Abs 1 Z 4 GewO liege vor. Im übrigen verschaffe sich die Beklagte durch Unterlassen des Einholens einer Bewilligung der Gewerbebehörde keinen Wettbewerbsvorsprung. Die beanstandeten Ankündigungen seien nicht irreführend.

Der Kläger bestritt dieses Vorbringen ausdrücklich und erwiderte, daß aus den von der Beklagten vorgelegten Auftragsschreiben vom 29. 9. und 19. 10. 1990 nicht hervorgehe, daß sie zur Versteigerung an den Standorten in Innsbruck und Landeck beauftragt worden wäre.

Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag statt. Die von der Beklagten außerhalb ihrer Betriebsstätte durchgeführten Versteigerungen seien durch die Ausnahmevorschrift des § 50 Abs 1 Z 3 und 4 GewO nicht gedeckt. Bei den Versteigerungen handle es sich um die Ausübung der Gewerbetätigkeit der Beklagten an sich und nicht um Teiltätigkeiten iS des § 50 Abs 1 Z 3 GewO. Diese Tätigkeit könne auch nicht ihrer Natur nach nur außerhalb der Betriebsstätte vorgenommen werden; die leicht zu transportierenden Teppiche könnten vielmehr auch in der Betriebsstätte der Beklagten versteigert werden. Da die Beklagte mit den Versteigerungsveranstaltungen von Ort zu Ort ziehe, verstoße sie gegen §§ 46 und 53 GewO, aber auch gegen § 1 UWG.

Da der Wortlaut der §§ 46, 50 und 53 GewO eindeutig und unmißverständlich sei, sei der Verstoß der Beklagten auch subjektiv vorwerfbar. Der Auskunft der Salzburger Handelskammer liege die Annahme zugrunde, daß die Versteigerung in der Betriebsstätte des Eigentümers (Verfügungsberechtigten) der zu versteigernden Ware durchgeführt werde. Die beanstandeten Werbeankündigungen seien irreführend.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Beklagten teilweise Folge und wies den Sicherungsantrag (in den hier noch streitverfangenen Punkten 1. und 2.) ab; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes bei jedem der sechs Verbotsbegehren 50.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Den vorliegenden Bescheinigungsmitteln seien keine ausreichende Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, daß der Geschäftsführer der Beklagten durch Verschweigen maßgeblicher Umstände eine unrichtige Rechtsauskunft der Salzburger Handelskammer provoziert hätte. Aus dieser Auskunft gehe nicht hervor, daß die Handelskammer davon ausgegangen wäre, daß die beabsichtigten Versteigerungen in Betriebsstätten der Eigentümer der zu versteigernden Waren durchgeführt werden sollten; aus dem Schweigen zu dieser Frage sei vielmehr zu schließen, daß es die Auskunftgeberin nicht für wesentlich gehalten habe, wo die Versteigerungen stattfinden sollten.

Im Provisorialverfahren sei nicht bestritten worden, daß die Beklagte im Auftrag einer deutschen GmbH tätig geworden war. Die Fassung des § 50 Abs 1 Z 3 GewO sei keineswegs so eindeutig, daß die Beklagte daraus erkennen konnte, daß die von ihr im Auftrag einer deutschen Gesellschaft durchgeführten Versteigerungen dadurch nicht gedeckt seien. Die Durchführung von Versteigerungen bilde zwar den Kern des Versteigerungsgewerbes, doch schließe dies die Anwendung des § 50 Abs 1 Z 3 GewO nicht aus; sonst dürften sich auch Dientleistungsbetriebe, die ihre Dienstleistungen in der Regel beim Besteller erbringen, wie etwa ein Fensterreinigungsgewerbe, nicht auf diese Bestimmung berufen. Auch aus dem Begriff "Arbeiten" ergebe sich nicht, daß dieser das Versteigern fremder Waren im Auftrag des Eigentümers nicht umfasse. Da es bei der wettbewerbsrechtlichen Verantwortlichkeit für die Verletzung gewerberechtlicher Vorschriften vor allem darauf ankomme, ob die Auffassung des Beklagten über den Umfang seiner Befugnisse durch das Gesetz so weit gedeckt war, daß sie mit gutem Grund vertreten werden konnte, sei die Sittenwidrigkeit der Versteigerungstätigkeit der Beklagten ohne Bewilligung weiterer Betriebsstätten zu verneinen. Das gelte umso mehr, als sich die Beklagte auf die Rechtsauskunft einer Abteilung der örtlichen Handelskammer berufen könne. Die vom Kläger beanstandeten Wendungen in den Versteigerungsankündigungen seien nicht zur Irreführung geeignet.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes in den Punkten 1 und 2 wird vom Kläger mit außerordentlichem Revisionsrekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung bekämpft; der Kläger beantragt die Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, das außerordentliche Rechtsmittel des Klägers zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, soweit er sich gegen Punkt 1. der angefochtenen Entscheidung richtet, weil im Interesse der Rechtssicherheit wahrzunehmen ist, daß die Entscheidung des Rekursgerichtes auf aktenwidriger Grundlage beruht; außerdem fehlt es an einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Auslegung des § 50 Abs 1 Z 3 und 4 GewO.

Unzulässig ist der Revisionsrekurs, soweit er sich gegen die Beurteilung der Begriffe "wertvoll", "sofortige Umwandlung in Barmittel" und "sofortige Versteigerung" durch das Rekursgericht als irreführend richtet, weil es sich hiebei um typische Fragen des Einzelfalls handelt, denen zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit und Rechtsentwicklung keine Bedeutung zukommt.

Im zulässigen Umfang ist der Revisionsrekurs auch berechtigt.

Gemäß § 46 Abs 1 GewO idF der Nov 1988 BGBl. Nr. 399 ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, eine Gewerbeausübung, auch wenn sie nur kurzfristig oder vorübergehend erfolgt, außerhalb des Standortes der Gewerbeberechtigung oder einer weiteren Betriebsstätte unzulässig. Außerhalb von Betriebsstätten dürfen Gewerbetreibende insbesondere, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, im Rahmen ihres Gewerbes gemäß § 50 Abs 1 GewO u.a. bestellte Arbeiten (Z 3) und Tätigkeiten des Gewerbes, die ihrer Natur nach nur außerhalb der Betriebsstätte vorgenommen werden können, überall verrichten (Z 4).

Soweit sich die Beklagte zu ihrer Rechtfertigung auf § 50 Abs 1 Z 4 GewO beruft, muß sie am klaren Wortlaut dieser Bestimmung scheitern. Bei der Schaffung dieser Ausnahmebestimmung hat der Gesetzgeber - wie sich aus den EB ergibt (Mache-Kinscher, GewO5, 220 Anm. 7 zu § 50) - etwa an den Fall gedacht, daß Landschaftsaufnahmen nur an Ort und Stelle gemacht werden können. Davon aber, daß Orientteppiche ihrer Natur nach nur außerhalb ständiger Standorte oder Betriebsstätten versteigert werden könnten, kann keine Rede sein. Im Hinblick auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut kann sich die Beklagte demnach nicht mit Erfolg darauf berufen, daß ihre Auslegung mit gutem Grund vertreten werden könne und sie daher nicht gegen die guten Sitten verstoßen habe (SZ 56/2; Öbl 1987, 71 u.a.), zumal sie sich in diesem Belang auch nicht auf die Auskunft der Handelskammer stützen könnten.

Aber auch der Ausnahmetatbestand des § 50 Abs 1 Z 3 GewO - wonach Gewerbetreibende, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, im Rahmen ihres Gewerbes bestellte Arbeiten überall verrichten dürfen - kommt der Beklagten in dem hier beanstandeten Fall nicht zugute. Der Sicherungsantrag der Klägerin ist nur darauf gerichtet, der Beklagten das Durchführen von Versteigerungen im F*****restaurant Innsbruck, *****(vgl. die Worte: "... außerhalb des Standortes ihrer Gewerbeberechtigung oder einer weiteren Betriebsstätte, nämlich im F*****restaurant *****...") zu verbieten. Daß dieses Restaurant außerhalb des Standortes der Gewerbeberechtigung der Beklagten und ihrer weiteren Betriebsstätten gelegen ist, steht fest. Die Beklagte hat nun in erster Instanz nicht bescheinigt, daß sie auch in Innsbruck auf Bestellung eines Dritten versteigert hätte. Die von ihr vorgelegten Auftragsschreiben vom 29. 9. 1990, Beilage 6, und vom 19. 10. 1990, Beilage 7, beziehen sich nicht auf Innsbruck und enthalten auch keinen genauen Standort der Versteigerung. Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes ist aber im Provisorialverfahren nicht unbestritten geblieben, daß die Beklagte auch in Innsbruck im Auftrag eines Dritten tätig geworden ist; der Kläger hat vielmehr in seiner Gegenäußerung ausdrücklich darauf hingewiesen, daß aus den genannten Auftragsschreiben nicht hervorgehe, daß ein Auftrag für die Versteigerungen an den Standorten in Innsbruck und in Landeck vorgelegen sei. Außerdem hat die Beklagte in erster Instanz nicht einmal ausreichend behauptet, daß ihre Auftraggeberin (auch) verlangt habe, daß sie im F*****restaurant Innsbruck versteigere. Ein solcher Auftrag steht damit nicht außer Streit. Ob eine Tatsache außer Streit gestellt wurde oder nicht, ist aber - auch vom Obersten Gerichtshof - nach der Aktenlage zu überprüfen; es handelt sich dabei nicht um eine - der Prüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogene - Feststellung.

§ 50 Abs 1 Z 3 GewO kann nicht dahin verstanden werden, daß Gewerbetreibende nach ihrem Belieben Leistungen auf Bestellung eines Dritten überall verrichten dürften (auch wenn der Dritte keinen Auftrag gegeben hat, sie an einem bestimmten Ort zu verrichten). Eine solche Auslegung, welche auch der Auskunft der Handelskammer nicht zu entnehmen ist, wäre völlig unvertretbar. Könnte sich nämlich ein Gewerbetreibender, der im Auftrag Dritter tätig wird, allein wegen dieses Auftragsverhältnisses auf den Ausnahmetatbestand des § 50 Abs 1 Z 3 GewO berufen, dann könnte er bei Auftragsarbeiten die den Hauptgegenstand des Gewerbes bildende Tätigkeit überall verrichten, ohne jemals auf die eigene Betriebsstätte beschränkt zu sein; für alle Gewerbe, die regelmäßig Arbeiten auf Bestellung verrichten, wäre dann das Verbot des § 46 Z 1 GewO praktisch gegenstandslos. Eine solche Auffassung stünde aber in auffallendem Widerspruch zur Wertung des Gesetzgebers, der seit der GewONov 1988 auch eine kurzfristige und vorübergehende Gewerbeausübung außerhalb des Standortes grundsätzlich verbietet.

Ob aber der Ausnahmetatbestand des § 50 Abs 1 Z 3 GewO anzuwenden ist, wenn der Besteller die Ausführung der bestellten Arbeit an einem bestimmten Ort angeordnet hat, und ob diese Bestimmung auch für Dienstleistungsgewerbe gilt, kann hier auf sich beruhen, weil die Beklagte nach den Bescheinigungsergebnissen des Verfahrens erster Instanz nicht beauftragt war, im F*****restaurant Innsbruck zu versteigern und damit der Ausnahmetatbestand nach § 50 Abs 1 Z 3 GewO keinesfalls in Betracht kommt. Die Beklagte hat daher, ohne daß sie sich auf eine gegenteiltige vertretbare Auffassung berufen könnte, gegen § 46 GewO verstoßen. Daß sie dabei in der Absicht gehandelt hat, sich einen Wettbewerbsvorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen, liegt entgegen der von ihr vorgetragenen Rechtsauffassung auf der Hand: Hätte sie neben der - tatsächlich eingeholten - Bewilligung jeder einzelnen Versteigerung gemäß § 1 FeilbietungsO durch die örtlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde auch noch die für den jeweiligen Standort erforderliche gewerberechtliche Betriebsstättenbewilligung durch den Landeshauptmann (§§ 301, 341 GewO) - erwirkt, dann wäre das mit einem weiteren Zeit- und Kostenaufwand verbunden gewesen, gelten doch für das Verfahren auf Bewilligung einer weiteren Betriebsstätte die Vorschriften für die Erteilung einer Konzession (§ 46 Abs 4, letzter Satz, GewO). Die Beklagte hat daher gegen § 1 UWG verstoßen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 78, 402 EO iVm § 40, 41, 50 ZPO. Im Provisorialverfahren erster Instanz hat die Beklagte Kosten nicht verzeichnet. Für die Erstattung der Revisionsrekursbeantwortung zu dem mit Entscheidung vom 9. 7. 1991, 4 Ob 84/91 zurückgewiesenen Revisionsrekurs der Beklagten gebühren dem Kläger keine Kosten (§ 508a Abs 2 ZPO).

Anmerkung

E26578

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0040OB00104.91.1008.000

Dokumentnummer

JJT_19911008_OGH0002_0040OB00104_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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