Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Oktober 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Kuch, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kandera als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ernst B***** wegen Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach dem § 21 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 21.Juni 1991, GZ 31 Vr 2026/90-47, nach Anhörung der Generalprokuratur in
nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugemittelt.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Ernst B***** wurde mit dem angefochtenen Urteil gemäß dem § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Dem liegt zugrunde, daß er unter dem Einfluß eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes den Amtsrat Ernst F***** mit dem Tod gefährlich bedrohte, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er sich gegenüber Philomena S***** am 30.Juli 1990, äußerte, sie solle ihm Geld leihen, damit er nach Thalgau fahren könne, um mit Franz F***** abzurechnen und seine Familie auszurotten, ferner am 4.9.1990, er werde Franz F***** umbringen, sobald sich ihm eine Gelegenheit dazu biete sowie am 30.September 1990, er werde Franz F***** umbringen, sobald er freikomme, und wodurch er Taten begangen hat, die ihm, wäre er zur Tatzeit zurechnungsfähig gewesen, als Vergehen der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs 1 und 2 StGB zuzurechnen gewesen wären.
Rechtliche Beurteilung
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf den § 281 Abs 1 Z 4 und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; indes zu Unrecht.
Er erblickt einen seine Verteidigungsrechte beeinträchtigenden Verfahrensmangel (Z 4) in der Abweisung des in der Hauptverhandlung (vom 21.Juni 1991) gestellten Antrages auf Einholung eines Fakultätsgutachtens im Hinblick auf Diskrepanzen zwischen dem im vorliegenden Verfahren und einem im Anhalteverfahren zu AZ 33 L 164/90 des Bezirksgerichtes Salzburg am 10.Oktober 1990 erstatteten psychiatrischen Gutachten zum Beweise dafür, "daß der Betroffene nicht im Sinne des Antrages belangt werden kann" (AS 498/I), und führt dazu aus, das bezogene Gutachten im Anhalteverfahren habe Selbst- und Fremdgefährdung verneint und eine weitere Anhaltung als nicht mehr gerechtfertigt erachtet, woraus sich ergebe, daß auch die Voraussetzungen für eine Einweisung nach dem § 21 Abs 1 StGB nicht vorlägen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde geht dabei am Umstand vorbei, daß im Anhalteverfahren in zwei weiteren Gutachten vor jenem, auf das sich die Beschwerde stützt, die dort beigezogenen Sachverständigen zum selben Ergebnis kamen, wie der nunmehr im Strafverfahren beigezogene Sachverständige (ON 3 und 7 in dem in der Hauptverhandlung verlesenen Akt 33 L 164/90 des Bezirksgerichtes Salzburg, AS 498/I). Das Gutachten im Anhalteverfahren vom 10.Oktober 1990 (ON 11 im Anhalteakt) stellt ebenso die Diagnose einer paranoiden Psychose mit Sinnestäuschungen, die in guter Remission (Nachlassen der Krankheitserscheinungen) sei, wobei aber äußere Einflüsse eine neue Verschlechterung auslösen könnten. Lediglich für den Untersuchungszeitpunkt ("momentan") wäre eine weitere Anhaltung nicht mehr gerechtfertigt. Dies erwies sich in der weiteren Folge jedoch als Fehldiagnose, weil dieselben Sachverständigen am 24. Oktober 1990 im Verfahren 33 L 229/90 des Bezirksgerichtes Salzburg Fremdgefährlichkeit attestierten und die Anhaltung des Betroffenen neuerlich für erforderlich hielten. Entgegen den Behauptungen der Beschwerde war dieses Gutachten Gegenstand der Erörterungen des Schöffengerichtes, weil sich der im Strafverfahren beigezogene Sachverständige im zweiten Ergänzungsgutachten (ON 11), welches in der Hauptverhandlung verlesen wurde (AS 498/I) ausführlich damit beschäftigte.
In Wahrheit liegen somit die von der Beschwerde behaupteten Widersprüche nicht vor. Der Sachverständige hat zur abweichenden Meinung des von der Verteidigung relevierten Gutachtens im übrigen in der Hauptverhandlung ausführlich Stellung genommen und diese mit der besonderen Untersuchungssituation im Anhalteverfahren, die sich auch ihrer zeitlichen Dauer nach von der gerichtsärztlichen Untersuchung im Strafverfahren unterscheide, ergeben, nachvollziehbar erklärt (AS 492 f/I). Schon vorher hatte er wiederholt darauf verwiesen, daß es der Betroffene infolge seiner Hospitalisierung gelernt hat, sein wahnhaftes Erleben nicht oder nur durch Verleugnung mitzuteilen (AS 71, 337/I). Im übrigen hat sich der Sachverständige dem Beschwerdevorbringen zuwider auch mit der Haltung des Betroffenen seinem Sachwalter L***** und seiner Bekannten S***** gegenüber beschäftigt (AS 496, 498/I), sodaß durch die Abweisung des Antrages auf Einholung eines Fakultätsgutachtens, wie das Schöffengericht in der (im Urteil nachgeholten) Begründung seines abweislichen Beschlusses bereits zutreffend erkannte, Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers nicht verletzt wurden.
Der Rechtsrüge (Z 11) mangelt es an der prozeßordnungsgemäßen Darstellung, weil der Ausspruch über die Begehung einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Tat nur dann den Nichtigkeitsgrund nach dem § 281 Abs 1 Z 11 StPO verwirklicht, wenn die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat nicht mit Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr bedroht ist (Mayerhofer-Rieder, StPO3, ENr 37 a zu § 281 Z 11). Dies ist vorliegend angesichts der bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe reichenden Strafdrohung des § 107 Abs 2 StGB nicht der Fall. Im übrigen hat das Schöffengericht sowohl die Ernsthaftigkeit der Drohung als auch die zur Tatbestandsverwirklichung notwendige Absicht ausdrücklich festgestellt (AS 17 f, 21/II). Auch die Rechtsrüge geht daher fehl.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet gemäß dem § 285 d Abs 1 Z 2 StPO, teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt nach dem § 285 d Abs 1 Z 1 StPO im Zusammenhalt mit dem § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.
Zur Entscheidung über die Berufung ist damit der zuständige Gerichtshof zweiter Instanz berufen (§ 285 i StPO).
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die angeführte gesetzliche Bestimmung.
Anmerkung
E26744European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0130OS00085.91.1009.000Dokumentnummer
JJT_19911009_OGH0002_0130OS00085_9100000_000