TE OGH 1991/10/9 11Os115/91

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Veröffentlicht am 09.10.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Oktober 1991 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Lachner, Dr. Rzeszut und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kandera als Schriftführerin in der Strafsache gegen Michael S***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und § 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 10.Juni 1991, GZ 37 E Vr 818/91-19, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, des Generalanwaltes Dr. Hauptmann, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten Michael S***** zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 10.Juni 1991, GZ 37 E Vr 818/91-19, vom Widerruf der im Verfahren zum AZ 41 Vr 1237/87 des Landesgerichtes Salzburg gewährten bedingten Strafnachsicht abzusehen, jedoch die Probezeit auf fünf Jahre zu verlängern, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 498 StPO. Gemäß dem § 292, letzter Satz, StPO werden dieser Beschluß aufgehoben und der Widerrufsantrag der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 9. Februar 1988, GZ 41 Vr 1237/87-27, wurde über Michael S***** wegen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach den §§ 15, 142 Abs. 1, 143 (2. Deliktsfall) StGB und anderer Straftaten eine Freiheitsstrafe von acht Monaten verhängt, die unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Wegen innerhalb dieser Probezeit begangener Straftaten, nämlich des in mehreren Angriffen in der Zeit vom 26.Dezember 1990 bis 17. März 1991 verübten Vergehens (richtig: Verbrechens) des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und § 15 StGB und des am 17. März 1991 begangenen Vergehens der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB, wurde über ihn mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 10.Juni 1991, GZ 37 E Vr 818/91-19 (Protokollsvermerk und gekürzte Urteilsausfertigung), eine achtzehnmonatige Freiheitsstrafe verhängt, von welcher ein Strafteil von zwölf Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde (§ 43 a Abs. 3 StGB). Unter einem erging in Erledigung des mit dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft verbundenen Widerrufsantrages (AS 211 in AZ 37 E Vr 818/91) der (ebenfalls sogleich in Rechtskraft erwachsene) Beschluß vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht "zu AZ 41 Vr 1237/87 des Landesgerichtes Salzburg" abzusehen, jedoch die Probezeit auf fünf Jahre zu verlängern. Der Einzelrichter übersah hiebei, daß im angeschlossenen Beiakt aus dem Jahr 1987 bereits am 20.März 1991 die endgültige Strafnachsicht (infolge Ablaufs der Probezeit am 12.Februar 1991) ausgesprochen worden war (AS 240 im Verfahren 41 Vr 1237/87). Dieser Beschluß vom 20.März 1991 war zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung im neuen Verfahren am 10.Juni 1991 allerdings mangels Zustellung an die Staatsanwaltschaft noch nicht in Rechtskraft erwachsen.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschlußfassung des Einzelrichters nach dem § 494 a Abs. 1 Z 2 und Abs. 7 StPO verstößt gegen materielles und formelles Strafrecht:

Voraussetzung für den Widerruf der bedingten Strafnachsicht nach dem § 53 Abs. 1 StGB wie auch für das Absehen von dieser Maßnahme unter Verlängerung der Probezeit gemäß dem § 53 Abs. 2 iVm Abs. 1 StGB bildet (außer der Verurteilung wegen einer in der Probezeit begangenen strafbaren Handlung und der Einhaltung der Widerrufsfrist) auch, daß die Strafe noch nicht endgültig nachgesehen wurde; denn nach endgültiger Nachsicht (§ 43 Abs. 2 StGB; § 497 StPO) der Strafe sind deren Widerruf ebenso wie die Probezeitverlängerung - die auf eine Erweiterung der Widerrufsmöglichkeit in zeitlicher Hinsicht

hinausläuft - begrifflich ausgeschlossen. Der - materieller Rechtskraft fähige - Ausspruch der endgültigen Strafnachsicht ist schon vor Eintritt der formellen Rechtskraft (Unanfechtbarkeit) mit einer den Widerruf oder die Probezeitverlängerung (vorläufig) hindernden Sperrwirkung ausgestattet, weil seine Beseitigung nur im Rechtsmittelweg (§ 498 StPO) vorgesehen ist (SSt. 56/18). Liegen infolge dieser Sperrwirkung die Voraussetzungen für das Absehen vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht aus Anlaß der neuen Verurteilung (§ 494 a Abs. 1 Z 2 StPO) nicht vor, dann ist der dahin gefaßte - mit der Verlängerung der Probezeit zum Nachteil des Verurteilten verbundene (Abs. 7 leg. cit.) - Beschluß auch formell unzulässig.

Der von der Generalprokuratur gemäß dem § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher stattzugeben und gemäß dem § 292 StPO wie im Spruch zu erkennen.

Anmerkung

E26704

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0110OS00115.91.1009.000

Dokumentnummer

JJT_19911009_OGH0002_0110OS00115_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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