Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der betreibenden Parteien 1. K***** Gesellschaft mbH & Co KG, 2. M***** Zeitungs und Zeitschriftenverlag Gesellschaft mbH & Co KG, ***** beide vertreten durch Dr. Ewald Weiss, Rechtsanwalt in Wien, 3. M***** Anzeigengesellschaft mbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr. Heinz Giger, Rechtsanwalt in Wien, 4. M***** Zeitungsbeilagen-Verlagsgesellschaft mbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr. Rudolf Jahn, Rechtsanwalt in Wien, und
5. B*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Brigitte Birnbaum, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei "D*****" Zeitschriftengesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Michael Graff, Rechtsanwalt in Wien, wegen Exekution zur Erwirkung von Unterlassungen (§ 355 EO), infolge der Revisionsrekurse der erst-, dritt-, viert- und fünftbetreibenden Parteien sowie der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 28. März 1991, GZ 46 R 204-215, 221-276/91-162, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Hernals vom 18.Dezember 1990 (ON 3-12), vom 20.Dezember 1990 (ON 14-21), vom 21.Dezember 1990 (ON 22-26 und 37-39), vom 22.Dezember 1990 (ON 40-49), vom 7. Jänner 1991 (ON 50-60, 69-78 und 83-91) sowie vom 10. Jänner 1991 (ON 97) alle in 12 E 14120/90, teilweise abgeändert und teilweise bestätigt wurden, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs der verpflichteten Partei gegen Punkt VI des Beschlusses zweiter Instanz (Bestätigung des Beschlusses ON 97 des Erstgerichtes) wird zurückgewiesen.
Im übrigen wird den Revisionsrekursen der erst-, dritt-, viert- und fünftbetreibenden Parteien und der verpflichteten Partei nicht Folge gegeben.
Die Revisionsrekurswerber haben die Kosten ihrer erfolglosen Rechtsmittel selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die fünf betreibenden Parteien erwirkten eine einstweilige Verfügung, wonach der verpflichteten Partei die Veröffentlichung von entgeltlichen, nicht im Normaldruck an gleicher Stelle und ohne Abdeckung durch einen Werbefolder im Sinne des § 26 MedienG gekennzeichneten Texten in ihrer periodischen Druckschrift untersagt wird. Auf Grund eines gemeinsamen Exekutionsantrages alle fünf betreibender Parteien wurde wegen eines Verkaufs ihrer Druckschriften Nr 47 und 48 die Exekution nach § 355 EO bewilligt und eine Geldstrafe von 10.000 S verhängt. Der Exekutionsbewilligungsbeschluß erwuchs in Rechtskraft.
Der Exekutionstitel wurde vom Obersten Gerichtshof zu 4 Ob 172/90 dahin eingeschränkt, daß die Kennzeichnung nicht nur in unauffälligem Kleinstdruck und/oder an anderer Stelle als die Werbeeinschaltung erfolgen dürfe, aber nicht in der Größe der für den redaktionellen Text verwendeten Lettern vorgenommen werden müsse und auch durch angeklebte Bestandteile der Druckschrift abgedeckt sein dürfe. Da die verpflichtete Partei ausdrücklich erklärte, aus dem Umstande dieser Einschränkung im vorliegenden Exekutionsverfahren keine Rechte abzuleiten, ist davon auszugehen, daß die im folgenden zu erörternden Druckschriften Nr 50 und Nr 51/52 nach den Behauptungen der betreibenden Parteien immer noch einen Verstoß gegen den Exekutionstitel und die Exekutionsbewilligung darstellen.
Die drittbetreibende Partei hat in einem früheren Verfahren einen Exekutionstitel (Anerkenntnisurteil) erwirkt, nach dem nur die Veröffentlichung von entgeltlichen Texten ohne jegliche Kennzeichnung als solche verboten wurde. Da die drittbetreibende Partei teilweise auch in einem anderen Exekutionsverfahren wegen des Vertriebs der gleichen Ausgaben an den selben Tagen die Verhängung von Geldstrafen begehrte (siehe den Akt 12 E 13.400/90 des Erstgerichtes = 3 Ob 46-66,1053/91) liegt hier eine teilweise Doppelantragstellung vor, auf die noch zurückgekommen wird.
Nach Erwirkung der Exekutionsbewilligung brachten die erst-, dritt-, viert- und fünftbetreibende Partei jeweils getrennte Strafvollzugsanträge ein, die das Erstgericht jeweils mit Stampiglie bewilligte.
Auf Grund der zehn ersten Anträge (Verkauf der Nr 50 am 14., 15. und 16.12.1990) verhängte das Erstgericht nur eine Geldstrafe von je 20.000 S, auf Grund aller folgenden Anträge verhängte es pro Antrag die beantragte Geldstrafe von je 80.000 S.
Das Gericht zweiter Instanz änderte die Beschlüsse des Erstgerichtes dahin ab, daß auf Grund der Antragstellung mehrerer betreibender Parteien pro geltend gemachtem Tag eines Verstoßes nur je eine Gesamtgeldstrafe verhängt wurde, die für die vier ersten Verstöße (14.12.1990) mit 50.000 S, für die vier nächsten Verstöße (15.12.1990) mit 60.000 S, für die zwei nächsten Verstöße (16.12.1990) mit 70.000 S und für alle folgenden Verstoßtage mit je 80.000 S bestimmt wurde.
Rechtliche Beurteilung
Die Begründung der zweiten Instanz läßt sich kurz wie folgt zusammenfassen: Die Veröffentlichung bestimmter Einschaltungen erfolge nicht nur jeweils am Tag des Erscheinens einer neuen Ausgabe der strittigen Druckschrift, sondern auch an jedem Tag, an dem der Verkauf fortgesetzt werde. Im Sinne der Entscheidung WBl 1989, 343 sei für jeden Tag, für den die Fortsetzung des Vertriebes konkret behauptet werde, eine neue Geldstrafe zu verhängen. Nach der Neufassung des § 359 EO komme es nicht auf das Einlangen der einzelnen Anträge an. Wenn mehreren betreibenden Parteien das Recht zustehe, die Unterlassung eines solchen Vertriebs durchzusetzen, stehe jeder dieser Parteien das Antragsrecht mit Auslösung der Kostenersatzpflicht zu. Pro Ausgabe und Verstoß könne aber insgesamt auch auf Grund der Anträge mehrerer betreibender Parteien nur einmal eine Strafe verhängt werden. Die teilweise Doppelantragstellung sei nicht in diesem Exekutionsverfahren, dem der umfassendere Exekutionstitel zugrunde liege, sondern in dem Exekutionsverfahren auf Grund des schwächeren Exekutionstitels zu berücksichtigen, was mit einer auch dort ergangenen Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz beachtet worden sei.
Die Strafhöhe sei von 50.000 S, 60.000 S, 70.000 S für die je ersten drei Tage und dann auf je 80.000 S für die folgenden Tage zu steigern, weil nur so dem Zweck des Beugemittels, nämlich der Erzwingung eines wettbewerbskonformen Verhaltens, entsprochen werden könne.
Soweit das Gericht zweiter Instanz dem Rekurs der drittbetreibenden Partei gegen die Höhe der Geldstrafen zu ON 5 und 9 (Verstöße vom 14. und 15.12.1990) nicht Folge gab und den Beschluß ON 97 (Verstoß vom 3.1.1991, geltend gemacht nur von der drittbetreibenden Partei) bestätigte, sprach es aus, daß der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei; im übrigen sei jedoch der Revisionsrekurs (gemeint: der ordentliche Revisionsrekurs) zulässig.
Der Revisionsrekurs der verpflichteten Partei gegen Punkt VI des Beschlusses zweiter Instanz, womit der Beschluß des Erstgerichtes ON 97 zur Gänze bestätigt worden ist, ist gemäß § 78 EO iVm § 528 Abs. 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig. Auf Punkt I, 2 des Beschlusses zweiter Instanz, womit dem Rekurs der drittbetreibenden Partei gegen die Beschlüsse ON 5 und 9 des Erstgerichtes nicht Folge gegeben wurde, trifft dies nicht zu, weil diese Strafbeschlüsse auch von der verpflichteten Partei angefochten worden sind, was zu ihrer teilweisen Abänderung der zweiten Instanz führte.
Die Revisionsrekurse der erst-, dritt-, viert- und fünftbetreibenden Partei und der verpflichteten Partei sind im übrigen nicht berechtigt.
Die Rechtsansichten des Gerichtes zweiter Instanz sind zutreffend und im Einklang mit der jüngsten, in Exekutionssachen zwischen den im wesentlichen nämlichen Parteien ergangenen Rechtsprechung des erkennenden Senates (3 Ob 72/91; 3 Ob 22,1032/91) und werden durch die nicht stichhältigen Rechtsmittelausführungen nicht erschüttert, weshalb im wesentlichen gemäß § 78 EO iVm den §§ 510 Abs. 3 und 528 a ZPO ein Hinweis auf die Ausführungen der zweiten Instanz genügt.
Daß die Untersagung der Veröffentlichung auch den Vertrieb einschließt, wurde in der Entscheidung 3 Ob 46-66,1053/91 (ebenso schon 3 Ob 72/91) näher ausgeführt.
Wenn einmal ein Exekutionstitel für mehrere betreibende Parteien geschaffen wurde, ist es nicht Aufgabe des Exekutionsgerichtes, das Exekutionsrecht einer dieser mehreren Parteien wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses in Zweifel zu ziehen. Ob eine rechtsmißbräuchliche Parteienhäufung vorliegt, kann in der Regel nur im Titelverfahren erörtert werden.
Die Position, zwar jedem der mehreren betreibenden Parteien ein Antragsrecht zu gewähren, aber pro Verstoß nur einmal Druck auf die verpflichtete Partei auszuüben, ist sachgerecht. Sie stellt einen gerechten Mittelweg zwischen den unbefriedigenden anderen Alternativen dar und war Gegenstand der schon erwähnten Entscheidung 3 Ob 22,1032/91. Ob diese mehreren betreibenden Parteien auf Grund eines gemeinsamen Exekutionstitels Exekution führen oder ob jedem von ihnen ein eigener Exekutionstitel zur Verfügung steht, spielt dabei keine Rolle. Im Exekutionstitel kommt nicht zum Ausdruck, daß die mehreren gefährdeten Parteien nur gemeinsam als Träger des Vollstreckungsanspruches in Betracht kommen.
Auch die Verhängung jeweils einer Strafe pro Verstoßtag ist zutreffend, wenn die betreibenden Parteien von ihrem Recht Gebrauch machen, nach jeder von ihnen festgestellten Zuwiderhandlung sofort einen neuen Antrag zu stellen. Ob diese mehreren Anträge dann nacheinander oder teilweise zugleich beim Exekutionsgericht einlangen, und ob über sie in einem gemeinsamen Beschluß oder in gesonderten Beschlüssen pro Antrag entschieden wird, spielt höchstens für die in dritter Instanz nicht mehr überprüfbaren Kosten eine Rolle (siehe dazu 3 Ob 72/91).
Das Prinzip der Vollzugsstufen wird nicht verletzt, weil diese jetzt von pro Verstoß möglichem Antrag zu Antrag laufen.
Wenn die verpflichtete Partei die Verhältnismäßigkeit der verhängten Geldstrafen in Frage stellt und eine zu rasche Steigerung auf die mögliche Höchststrafe beklagt, ist darauf zu verweisen, daß es ausschließlich in der Ingerenz der verpflichteten Partei liegt, Veröffentlichungen fortzusetzen oder zu beenden, bei denen sie mit einer erfolgreichen Fortsetzung des Exekutionsverfahrens rechnen muß.
Die geltend gemachte Nichtigkeit liegt nicht vor. Insgesamt verhängte das Erstgericht für die ersten drei Tage zehnmal 20.000 S, das Gericht zweiter Instanz aber einmal 50.000 S, einmal 60.000 S und einmal 70.000 S. Die Änderung der Geldstrafen erfolgte daher insgesamt nicht zum Nachteil der verpflichteten Partei, zumal ja auch ein Rekurs der drittbetreibenden Partei wegen zu geringer Höhe der Geldstrafen vorlag.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 78 EO iVm der §§ 40, 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E27414European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0030OB00082.91.1016.000Dokumentnummer
JJT_19911016_OGH0002_0030OB00082_9100000_000