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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §184;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz, LL.M., über die Beschwerde der E GmbH in O, vertreten durch Writzmann & Partner, Wirtschaftsprüfungs GmbH, 1120 Wien, Schönbrunner Straße 188, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 2. Juni 2003, GZ. RV/4525-W/02, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag u.a. für die Jahre 2000 und 2001, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Den Gegenstand des Beschwerdefalles bildet die Vorschreibung von Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag aus den Vergütungen, die dem zu 100 % an der beschwerdeführenden Gesellschaft beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer in den Streitjahren gewährt wurden. Strittig ist die Frage, ob die vom Gesellschafter-Geschäftsführer für seine Tätigkeit bezogenen Vergütungen rechtlich als Einkünfte im Sinne des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 zu qualifizieren sind. Einen weiteren Streitpunkt bildet die von der belangten Behörde in Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides vorgenommene Erhöhung der Abgabenbemessungsgrundlagen wegen einer von der belangten Behörde angenommenen Privatnutzung eines dem Gesellschafter-Geschäftsführer für seine Tätigkeit zur Verfügung gestellten Kraftfahrzeuges.
Zu dieser Privatnutzung hatte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin im Vorhaltswege um Nachweise für die betriebliche Verwendung des Firmen-Kfz ersucht, aus denen die beruflichen und privaten Fahrten des Gesellschafter-Geschäftsführers ersichtlich seien. Ansonsten werde ein Sachbezug von S 7.000,-- monatlich für die Nutzung des arbeitgebereigenen Kraftfahrzeuges für nicht beruflich veranlasste Fahrten angesetzt.
In Beantwortung dieses Vorhaltes führte die Beschwerdeführerin im Schriftsatz vom 20. Mai 2003 dazu aus, die Sachbezugsverordnung sei für die Honorierung eines Geschäftsführers nicht anwendbar.
Weiters führte sie wörtlich aus:
"Darüber hinaus erlauben wir uns darauf hinzuweisen, dass beim Dienstnehmer die Fahrt an den Arbeitsplatz eine Privatfahrt ist und beim Geschäftsführer, der selbständig tätig ist, die Fahrt an den Arbeitsplatz keine Privatfahrt darstellt, sondern eine betriebliche und somit berufliche Fahrt.
Die Schätzung der ATS 2.100,00/Monat orientiert sich somit an einer pauschalen Festlegung, wie sie normalerweise im Einkommensteuerbereich bei der Privatnutzung von Kfz üblich ist (Prozentsätze zwischen 10 und 30%)."
Im angefochtenen Bescheid führte die belangte Behörde dazu aus, die Beschwerdeführerin habe weder die geforderten Nachweise noch andere brauchbare Anhaltspunkte für das Ausmaß und den Wert der Privatnutzung des Firmen-Kfz erbracht. In Anlehnung an die Sachbezugsverordnung werde eine zusätzliche Geschäftsführervergütung in Höhe von S 7.000,-- monatlich für die Streitjahre für die private Nutzung des Firmen-Kfz festgesetzt. Der in dieser Verordnung festgesetzte Betrag gebe das übliche Ausmaß einer Privatnutzung eines Firmen-Kfz wieder. Weiter gehende Ermittlungen seien der Behörde nicht zumutbar, weil die Beschwerdeführerin offensichtlich nicht bereit sei, die Behörde in ihren diesbezüglichen Bemühungen zu unterstützen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Für die im Beschwerdefall zu beantwortende Frage, ob Einkünfte nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 erzielt werden, kommt entscheidende Bedeutung dem Umstand zu, ob der Geschäftsführer bei seiner Tätigkeit in den betrieblichen Organismus des Unternehmens der Gesellschaft eingegliedert ist. Weiteren Elementen, wie etwa dem Fehlen eines Unternehmerrisikos oder einer als "laufend" zu erkennenden Lohnzahlung, kann nur in solchen Fällen Bedeutung zukommen, in denen eine Eingliederung des für die Gesellschaft tätigen Gesellschafters in den Organismus des Betriebes nicht klar zu erkennen wäre. Von einer solchen fehlenden Eingliederung sei aber nach dem in ständiger Judikatur entwickelten Verständnis zu diesem Tatbestandsmerkmal in aller Regel nicht auszugehen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. November 2004, 2003/13/0018).
Die nach dieser Rechtsprechung entscheidende Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Gesellschaft wird bereits durch jede nach außen hin als auf Dauer angelegt erkennbare Tätigkeit hergestellt, mit welcher der Unternehmenszweck der Gesellschaft verwirklicht wird; dies hat die belangte Behörde im Beschwerdefall infolge der unstrittig festgestellten Geschäftsführertätigkeit über mehrere Jahre und dem operativen Wirken zweifellos annehmen können. Die von der beschwerdeführenden Gesellschaft vorgetragenen Argumente, insbesondere hinsichtlich des Unternehmerrisikos, gehen daher mangels diesbezüglicher Relevanz ins Leere.
Die Beschwerde ist allerdings in der Frage der Erhöhung der Abgabenbemessungsgrundlagen wegen Einbeziehung eines sogenannten Sachbezugswertes für eine Kfz-Nutzung begründet: Die zu § 15 Abs. 2 EStG 1988 ergangene Verordnung BGBl. Nr. 642/1992 regelte in § 4 nur die Privatnutzung des "arbeitgebereigenen" Kraftfahrzeuges und sprach demnach in § 4 Abs. 1 auch nur die Privatnutzung der arbeitgebereigenen Kraftfahrzeuge durch den "Arbeitnehmer" an. Der wesentlich beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer wird zwar mit seinen Einkünften im Sinne des § 22 Z. 2 EStG 1988 nach § 41 Abs. 2 FLAG für Zwecke der Vorschreibung des Dienstgeberbeitrages samt Zuschlag dem Kreis der "Dienstnehmer" zugeordnet, dies ändert aber nichts daran, dass er aus einkommensteuerrechtlicher Sicht nicht als Arbeitnehmer nach § 47 Abs. 1 EStG 1988 (Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit) anzusehen ist, sodass - wie dies die belangte Behörde richtig erkannt hat - für die Ermittlung allfälliger geldwerter Vorteile als Betriebseinnahmen die in Rede stehenden Vorschriften der Sachbezugsverordnung nicht anwendbar sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. März 2005, 2002/15/0129). Dieser Vorteil ist im Schätzungswege (§ 184 BAO) zu ermitteln.
Die Begründung einer Schätzung hat u.a. die der Schätzung zu Grunde liegenden Sachverhaltsannahmen und die Ableitung des Schätzungsergebnisses darzulegen und sich mit den Einwendungen auseinander zu setzen. Diesen Anforderungen an eine Bescheidbegründung entspricht der angefochtene Bescheid nicht.
Mit der Wendung im angefochtenen Bescheid "in Anlehnung an die Sachbezugsverordnung (wird) eine zusätzliche GF-Vergütung für die private Nutzung des Firmen-Kfz festgesetzt", werden keine Feststellungen der einer Schätzung zugrundezulegenden Sachverhaltsannahmen und der Ableitung der Schätzungsergebnisse getroffen. Der Sachverhalt bedarf daher in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung, weshalb der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 22. Dezember 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003150063.X00Im RIS seit
16.02.2006Zuletzt aktualisiert am
18.07.2012