Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Michael Graff, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) K***** AG, ***** 2.) M***** Gesellschaft mbH & Co KG, ***** 3.) M***** Gesellschaft mbH, ***** sämtliche vertreten durch Dr.Heinz Giger und Dr.Stephan Ruggenthaler, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 460.000; Revisionsrekursinteresse S 76.000) infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 29.Mai 1991, GZ 1 R 129/90-10, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 23. Mai 1990, GZ 38 Cg 60/90-3, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß, welcher im übrigen als nicht in Beschwerde gezogen unberührt bleibt, wird dahin abgeändert, daß der Punkt nach dem Verbot zu lit b durch einen Beistrich ersetzt wird und es sodann zu lauten hat:
"und/oder
c) die Kennzeichnung nur in unauffälligem Kleinstdruck erfolgt."
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses vorläufig, die beklagten Parteien die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die Tageszeitung "K*****" vom 18.3.1990 brachte auf Seite 21 in der linken Spalte eine Einschaltung mit dem Titel "Natur pur - bei M*****", welche an ihrem Ende in besonders kleinem Druck und geringerer als der normalen Schriftgröße als "promotion" bezeichnet war. In der Mittelspalte derselben Seite hieß es ganz unten - wieder in besonders kleinem Druck und geringerer als der normalen Schriftgröße - : "Für die mit 'promotion' gekennzeichneten Artikel werden Druckkosten verrechnet. Es handelt sich daher laut § 26 MedienG um entgeltliche Einschaltungen."
Mit der Behauptung, daß die Beklagten - die Medieninhaberin des "K*****" (Erstbeklagte), dessen Verlegerin (Zweitbeklagte) und deren persönlich haftende Gesellschafterin
(Drittbeklagte) - damit unter Verletzung der guten Sitten gegen § 26 MedienG verstoßen hätten, um sich einen Vorsprung gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen, begehrt die klagende Mitbewerberin - die Medieninhaberin und Verlegerin der Wochenzeitung "D*****" -, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung ab sofort das Veröffentlichen von Ankündigungen, Empfehlungen sowie sonstigen Beiträgen und Berichten im "K*****" zu verbieten, wenn für die Veröffentlichung ein Entgelt geleistet wird und
a) die Veröffentlichung nicht als "Anzeige", "entgeltliche Einschaltung" oder "Werbung" gekennzeichnet ist und/oder
b) die Kennzeichnung nicht in mindestens gleich großem Druck wie der laufende Text erfolgt und/oder
c) die Kennzeichnung bei der einzelnen Veröffentlichung nur durch ein Schlagwort oder Symbol erfolgt, das erst an anderer Stelle der Zeitung dahin erläutert wird, daß es sich um eine entgeltliche Veröffentlichung handelt.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrages. Die Erstbeklagte habe den Vorschriften des § 26 MedienG entsprochen, auch wenn die Worte "entgeltliche Einschaltung" nicht in unmittelbarer Nähe des Artikels gestanden seien, sondern sich dort nur der Hinweis "promotion" gefunden habe, welcher in der Fußzeile derselben Seite erläutert worden sei. Auch das Begehren, daß die Kennzeichnung in gleich großem Druck wie der laufende Text erfolgen müsse, sei mangels entsprechender gesetzlicher Anordnung verfehlt. Schließlich gehe das Begehren auch deshalb zu weit, weil § 26 MedienG die Kennzeichnung der entgeltlichen Einschaltung nur unter der Voraussetzung vorschreibe, daß Zweifel über die Entgeltlichkeit durch Gestaltung oder Anordnung nicht ausgeschlossen werden können.
Der Erstrichter gab dem Sicherungsantrag in der Weise statt, daß er den Beklagten die dort aufgezählten Veröffentlichungen nur unter der weiteren Voraussetzung verbot, daß Zweifel über die Entgeltlichkeit durch Gestaltung oder Anordnung nicht ausgeschlossen werden können. Da sich bei der beanstandeten Werbeeinschaltung außer der Bezeichnung als "promotion" kein Hinweis auf die Entgeltlichkeit finde, sei diese für den flüchtigen Leser nicht klar zu erkennen gewesen. Die Beklagten hätten damit, weil in Wahrheit eine entgeltliche Einschaltung vorgelegen sei, gegen § 26 MedienG und § 1 UWG verstoßen; dem Spruch sei jedoch eine klarere und deutlichere Fassung zu geben.
Das Rekursgericht bestätigte die Verbote zu lit a) und c) (nunmehr lit b), wies in Abänderung des Verbotes zu lit b das Mehrbegehren, den Beklagten die näher bezeichneten Veröffentlichungen auch dann zu untersagen, wenn die Kennzeichnung nicht in mindestens gleich großem Druck wie der laufende Text erfolgt, ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Der durchschnittliche Zeitungsleser erwarte in der Spalte "K***** - Ihr bester Ratgeber" redaktionelle Mitteilungen, also die Meinung der Redaktion und keine Werbung; Zweifel über die Entgeltlichkeit seien daher durch die Gestaltung oder Anordnung nicht ausgeschlossen worden. Nach § 26 MedienG hätte der Beitrag als "Anzeige", "entgeltliche Einschaltung" oder "Werbung" gekennzeichnet sein müssen. Weder das Wort "promotion" noch die dazu an anderer Stelle gegebene Erklärung genüge dem Erfordernis der Deutlichkeit der Kennzeichnung. Da jeodch die Schriftgröße des kennzeichnenden Textes dem Gesetz nicht zu entnehmen sei, sei es der Rechtsprechung verwehrt, eine einzige von mehreren möglichen Kennzeichnungsformen für verbindlich zu erklären. Angesichts der Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten könne den Beklagten nicht geboten werden, die Kennzeichnung nur mit den für den redaktionellen Teil verwendeten Lettern oder in "Normalgröße" vorzunehmen. Das entsprechende Begehren der Klägerin sei daher abzuweisen.
Gegen den abändernden (abweisenden) Teil dieses Beschlusses wendet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin insoweit, als das Verbotsbegehren zu lit b zur Gänze, also auch für den Fall abgewiesen wurde, daß die Kennzeichnung entgeltlicher Einschaltungen in unauffälligem Kleinstdruck erfolgt; er beantragt, in Abänderung des angefochtenen Beschlusses das Verbot der näher umschriebenen Veröffentlichungen auch für den Fall zu erlassen, daß die Kennzeichnung (der Entgeltlichkeit) nur in unauffälligem Kleinstdruck erfolgt.
Die Beklagten beantragen, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist berechtigt, weil - wie die Klägerin zutreffend aufzeigt - der Beschluß des Rekursgerichtes im angefochtenen Umfang von der in einer gleichartigen Sache ergangenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 4 Ob 172/90 MR 1991, 75 = WBl 1991, 173, abweicht; er ist auch berechtigt.
Wie schon das Rekursgericht im Einklang mit der erwähnten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ausgeführt hat, enthält zwar § 26 MedienG keine ausdrückliche Anordnung, daß die dort geforderte Kennzeichnung deutlich zu geschehen habe; aus dem letzten Satz dieser Vorschrift - wonach die Kennzeichnung entfallen kann, wenn Zweifel über die Entgeltlichkeit durch Gestaltung oder Anordnung ausgeschlossen werden können - ergibt sich aber, daß jede Werbung auch deutlich als solche erkennbar sein muß. Ob dieses Erfordernis erfüllt ist, kann immer nur auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Da es der Gesetzgeber unterlassen hat, das Deutlichkeitsgebot näher zu umschreiben, ist es der Rechtsprechung verwehrt, eine einzige von mehreren möglichen Kennzeichnungsformen für verbindlich zu erklären; angesichts der Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten kann daher der Beklagten nicht im Sinne der lit b des Sicherungsantrages geboten werden, die Kennzeichnung nur "in mindestens gleich großem Druck wie der laufende Text" anzubringen. Wohl aber verstößt es gegen das Gebot, die Entgeltlichkeit deutlich zu kennzeichnen, wenn der Hinweis auf die Entgeltlichkeit des veröffentlichten Beitrages mit wesentlich kleineren Buchstaben gedruckt wird als der laufende Text. Das Begehren, die Verwendung "unauffälligen Kleinstdrucks" für die Kennzeichnung zu untersagen, ist in dem Antrag, die Kennzeichnung in kleinerem Druck als für den laufenden Text gebraucht, zu verbieten, enthalten; der von der Klägerin im Revisionsrekursverfahren angestrebte Zuspruch ist daher nicht etwas anderes, sondern weniger, als sie in erster Instanz beantragt hat. § 405 ZPO steht somit dem Rechtsmittelantrag nicht im Weg, zumal die Klägerin schon im Sicherungsantrag ausdrücklich beanstandet hat, daß die beiden Hinweise auf die Entgeltlichkeit in "besonders kleinem Druck und geringerer als der Normalschriftgröße" erfolgt seien (S. 5). Damit wird aber - nur mit anderen Worten - im wesentlichen dasselbe ausgedrückt wie mit dem Begriff des "unauffälligen Kleinstdrucks". Der Sachverhalt entspricht also daher entgegen der Meinung der Beklagten demjenigen, welcher der Entscheidung 4 Ob 172/90 zugrunde gelegen war.
Aus diesen Erwägungen war in Stattgebung des Revisionsrekurses der angefochtene Beschluß um das Verbot auch für den Fall zu erweitern, daß die Kennzeichnung nur in unauffälligem Kleinstdruck erfolgt.
Der Ausspruch über die Revisionsrekurskosten der Klägerin gründet sich auf § 393 Abs 1 ZPO, jener über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 40, 50, 52 ZPO.
Anmerkung
E27443European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0040OB00116.91.1022.000Dokumentnummer
JJT_19911022_OGH0002_0040OB00116_9100000_000