TE OGH 1991/10/22 4Ob99/91

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Veröffentlicht am 22.10.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** Heinz W***** Handelsgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Peter Bründl und Dr.Gerlinde Rachbauer, Rechtsanwälte in Schärding, wider die beklagte Partei Anna K*****, vertreten durch Dr.Friedrich Studentschnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Unterlassung (Streitwert S 500.000), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 30.Juli 1991, GZ 2 R 166, 167/91-14, womit der Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 6.Juni 1991, GZ 20 Cg 120/91-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 19.069,20 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin S 3.187,20 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist Inhaberin der zu Reg.Nr. ***** des Österreichischen Patentamtes für die Klasse 25 (Strumpfwaren, Unterwäsche) eingetragenen Bildmarke in der Form eines Spinnrades mit dem 24.8.1989 als dem Beginn der Schutzdauer. Sie ist im geschäftlichen Verkehr, insbesondere in der Textilbranche, tätig.

Die Beklagte handelt in Kärnten und der Steiermark mit Strumpfwaren und Socken, welche mit dem für die Klägerin geschützten "Spinnrad" gekennzeichnet sind. Diese Waren - stabile Berufssocken, Sport Socks, Tennissocken ***** und Krankenschwesternsocken - führt sie aus der Schweiz ein.

Mit der Behauptung, daß sie der Beklagten niemals die Verwendung ihrer Marke zugestanden habe und die Beklagte dieses Zeichen daher rechts- und wettbewerbswidrig verwende, begehrt die Klägerin zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, stabile Berufssocken, Sport Socks, Tennissocken ***** ***** und Krankenschwesternsocken, gekennzeichnet mit einem Spinnrad, in den Verkehr zu bringen.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Sie vertreibe tatsächlich mit einem Spinnrad gekennzeichnete Strumpfwaren und Socken, führe diese Originalware aber ordnungsgemäß von einem hiezu berechtigten Händler aus der Schweiz ein. Sie vertreibe damit Originalerzeugnisse, die vom Hersteller mit dem Spinnrad als Markenzeichen versehen worden seien. Mit dem Verkauf der so gekennzeichneten Ware habe sich das Markenrecht des Herstellers erschöpft; ein Irrtum über die Herkunft der Ware werde nicht ausgelöst.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Die Klägerin habe ihr Markenrecht bescheinigt und damit ihren Unterlassungsanspruch nach § 9 UWG hinreichend glaubhaft gemacht. Der Grundsatz der Erschöpfung des Markenrechtes gelte - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - im Hinblick auf das Territorialitätsprinzip nur für das Inverkehrsetzen im Inland.

Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die Klägerin habe nicht einmal behauptet, daß der ausländische Hersteller oder Händler nicht berechtigt gewesen wäre, seine Ware mit dem Zeichen "Spinnrad" zu vertreiben. Auszugehen sei davon, daß die Beklagte von einem schweizerischen Händler rechtmäßig mit dem für die Klägerin registrierten Zeichen gekennzeichnete Ware, welche dieser ohne Verstoß gegen das Schweizerische Warenzeichenrecht erworben hatte, importiert und weiterverkauft habe. Bei diesem Sachverhalt sei das Markenrecht der Klägerin funktionsbedingt "erschöpft". Daß die von der Beklagten eingeführte Ware in der Schweiz zeichenrechtswidrig in den Verkehr gebracht worden sei, habe die Klägerin weder konkret behauptet noch bescheinigt. Ein zum Alleinvertrieb berechtigter Händler, für den die Marke eines ausländischen Herstellers eingetragen worden ist, könne aber nicht den Import unveränderter Originalware des Herstellers verhindern. Die Herkunftsfunktion des Zeichens werde nicht verletzt, weil ja das Zeichen des Alleinvertreters mit dem des Herstellers übereinstimme und daher im Inland auf die Herkunft der Ware aus dessen Betrieb hinweise.

Gegen diesen Beschluß wendet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Beklagte beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Das Rekursgericht hat seiner Entscheidung die tatsächliche Annahme zugrunde gelegt, daß die von der Klägerin vertriebenen und die von der Beklagten importierten, mit der gleichen Marke versehenen Waren dieselbe Herkunft haben. Die Klägerin rügt dies nicht; vielmehr legt sie - im Sinne des vom Gericht zweiter Instanz unterstellten Sachverhaltes - dar, daß die von der Beklagten aus der Schweiz eingeführten Strumpfwaren von der in Dortmund ansässigen Firma L***** auf Grund deren Markenrechtes für die Bundesrepublik Deutschland und die Schweiz mit dem "Spinnrad" gekennzeichnet worden seien; die Firma L***** sei ihre gleichberechtigte Partnerin, mit der gemeinsam sie die "gegenständlichen Waren" erzeuge, welche sie in Österreich und die Firma L***** in der Bundesrepublik Deutschland sowie der Schweiz vertreibe.

Soweit die Klägerin meint, bei dieser Sachlage könne sie sehr wohl die Verwendung ihrer Marke in Österreich untersagen lassen, kann ihr nicht beigestimmt werden:

Nach § 1 Abs 1 MSchG ist die Marke ein Zeichen, das dazu dient, zum Handelsverkehr bestimmte Waren (oder Dienstleistungen) eines Unternehmens von gleichartigen Waren (und Dienstleistungen) anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Marke dient sohin dem Schutz der Herkunftsfunktion des Zeichens und der damit verbundenen Vertrauensfunktion. Diese Funktionen werden nicht dadurch beeinträchtigt, daß rechtmäßig gekennzeichnete und in den Verkehr gebrachte Waren weitervertrieben werden, muß doch der Hersteller einer Ware annehmen, daß jeder Händler, sei er Groß- oder Kleinhändler, die von ihm erworbene Ware nicht horten, sondern weiterveräußern will. Da somit in dem Verkauf einer markengeschützten Ware an einen Händler schlüssig (§ 863 ABGB) deren Ermächtigung liegt, die mit der Marke versehene Ware weiterzuveräußern, wird daraus geschlossen, daß das Inverkehrsetzen einer solchen Ware das Markenrecht "erschöpft" (SZ 43/219; Baumbach-Hefermehl, Warenzeichenrecht12, 667 Rz 46 zu § 15 WZG). Diese Erwägungen treffen auch dann zu, wenn das Inverkehrsetzen der mit der Marke geschützten Ware im Ausland geschehen ist (SZ 43/219; ÖBl 1984, 24). Das Unternehmen, welches die von ihm in der Schweiz vertriebene Ware rechtmäßig mit der Bildmarke "Spinnrad" versehen und an die Beklagte verkauft hat, könnte daher der Beklagten nicht die Verwendung dieser Marke untersagen. Dazu wäre allerdings die Klägerin dann berechtigt, wenn sie in keinerlei Beziehung zu dem ausländischen Markeninhaber stünde; ihr inländisches Zeichenrecht verleiht ihr ja grundsätzlich die Rechtsmacht, den Import verwechselbar gekennzeichneter Waren und damit deren Vertrieb im Inland zu verhindern (Baumbach-Hefermehl aaO 669 Rz 48).

Wie schon die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß die inländische, nur mit dem Vertrieb betraute Tochtergesellschaft eines ausländischen Unternehmens auch unter Berufung auf ein eigenes österreichisches Markenrecht nicht verhindern kann, daß Originalware ihrer Muttergesellschaft, die von dieser selbst im Ausland unter einer gleichlautenden Marke in den Verkehr gesetzt und dann von einem Dritten nach Österreich eingeführt wurde ("Parallelimport"), im Inland ohne ihre Zustimmung unter dieser Konzernmarke vertrieben wird (SZ 43/219; ÖBl 1984, 24; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 155; Baumbach-Hefermehl aaO 673 Rz 55). In dem hier zu beurteilenden Fall kann freilich nicht davon ausgegangen werden, daß die Klägerin etwa Tochtergesellschaft einer ausländischen Markeninhaberin oder doch deren Lizenznehmerin wäre. Wenn sie aber gemeinsam mit einem ausländischen Unternehmen jene Waren produziert, die von beiden Unternehmen, mit der gleichen Marke versehen, in verschiedenen Ländern vertrieben werden, dann bilden die beiden Unternehmen - wenn sie auch nicht Konzerngesellschaften sein sollten - doch eine markenrechtliche Einheit. Auch in diesem Fall ist die Verwendung der Marke für solche Waren, die der ausländische Markeninhaber in Verkehr gesetzt hat, nicht geeignet, die Gefahr von Verwechslungen (§ 9 UWG) herbeizuführen. Dadurch könnte zwar die irrige Meinung hervorgerufen werden, daß die von der Beklagten weiterveräußerten Waren von der Klägerin vertrieben worden seien; ein Irrtum über die Herkunft dieser Waren entstünde aber nicht, weil ja die Waren tatsächlich aus derselben Produktion stammen wie jene der Klägerin, nämlich aus der von der Klägerin gemeinsam mit einem ausländischen Unternehmen betriebenen Produktion. Wer die Ware nach Österreich importiert hat, kann aber dem Abnehmer gleichgültig sein (SZ 43/219; ÖBl 1984, 24). Sollte die Firma L*****, da sie den Verkauf von Waren an die Beklagte nicht verhindert hat, ihre Vereinbarung mit der Klägerin gebrochen haben, dann steht es dieser frei, ihre Partnerin in Anspruch zu nehmen; eine Markenverletzung der Beklagten liegt darin jedoch nicht.

Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Beschlusses.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 40, 50, 52 ZPO.

Anmerkung

E27440

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0040OB00099.91.1022.000

Dokumentnummer

JJT_19911022_OGH0002_0040OB00099_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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