Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** Gesellschaft mbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr.Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei D***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Michael Graff, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Widerruf und Veröffentlichung des Widerrufs (Gesamtstreitwert 500.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 6.Dezember 1990, GZ 2 R 184/90-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 15.Mai 1990, GZ 37 Cg 162/89-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 19.069,20 S bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten 3.178,20 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Rechtliche Beurteilung
Begründung:
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision gegen sein abänderndes Urteil liegen die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO hier nicht vor:
Die Beklagte beharrt nach wie vor darauf, daß sie mit dem in ihrer Wochenzeitschrift am 16.2.1989 unter der Überschrift "Umweltschützer am Werk" erschienenen Artikel nur auf die von der "N***** Zeitung" unter dem Motto "Rettet die Eiche" und "Papier-Tragtaschen statt Plastiksackerln" mit großem publizistischen Aufwand gestartete Umweltinitiative reagiert und die Unrichtigkeit der mehrfach publizierten Ankündigung aufgezeigt habe, wonach die im Rahmen der Aktion verkauften Tragtaschen aus Altpapier hergestellt seien. Sie übersieht dabei aber, daß ihr die Klägerin ein derartiges Recht auf eine sachliche Richtigstellung der vorangegangenen unwahren Ankündigungen der "N***** Zeitung" gar nicht streitig macht. Die Klägerin beanstandet vielmehr, daß es die Beklagte nicht bei einer solchen sachlichen Richtigstellung bewenden ließ, sondern diese zum Anlaß genommen habe, um ihrerseits zwei unrichtige Tatsachenbehauptungen aufzustellen, die geeignet waren, den Betrieb des Unternehmens der "N***** Zeitung" oder den Kredit des Inhabers zu schädigen. Bei der einen Behauptung ("Im Klartext: Um die Eiche zu retten, werden tausende Nadelbäume gefällt") geht es auch nicht darum, daß sich der Verfasser des Artikels der Beklagten bloß bei der Zahl der Nadelbäume "verschätzt" hat, sondern um den darin enthaltenen Vorwurf, die Papier-Tragtaschen-Aktion der "N***** Zeitung" sei der Anlaß für eine solche Schlägerung gewesen. Die zweite Äußerung (Die Minister Flemming und Riegler hätten je eine Million Steuergeld "lockergemacht, um einer Aktion der 'K*****-Zeitung' zum Erfolg zu verhelfen") kann nach Auffassung der Klägerin und des Berufungsgerichtes nur (oder zumindest auch) dahin verstanden werden, daß die Herstellung der Tragtaschen von zwei Ministern in Unkenntnis der Tatsache, daß sie nicht aus Altpapier hergestellt sind, subventioniert worden sei; beides trifft aber nach den Feststellungen nicht zu.
Bei dieser Sachlage kommt es entgegen der Meinung der Beklagten nur darauf an, ob ihrer Mitteilung nach deren Gesamteindruck auf die angesprochenen Verkehrskreise die in diesem Belang im Sinne des § 7 UWG (§ 1330 ABGB) unwahren und kreditschädigenden Tatsachenbehauptungen entnommen werden konnten. Dabei sind auch nach § 7 UWG zu beurteilende Mitteilungen so auszulegen, wie sie von den angesprochenen Verkehrskreisen bei ungezwungener Auslegung verstanden werden, nicht aber so, wie sie gemeint waren oder verstanden werden sollten; eine mißverständliche Fassung geht auch hier stets zu Lasten des Mitteilenden (MR 1990, 69; MR 1991, 78 ua). Die Beantwortung dieser Frage hängt damit aber so sehr von den Verhältnissen des konkreten Falles - nämlich von den Formulierungen des Artikels vom 16.2.1989 - ab, daß sie keine brauchbaren Anhaltungspunkte für die Beurteilung ähnlicher Fälle erwarten läßt (vgl ÖBl 1984, 79; ÖBl 1985, 163; JBl 1986, 192; 4 Ob 358/87; 4 Ob 98/88; 4 Ob 141/90; 4 Ob 174/90; 4 Ob 29/91 ua). Für den Fall ihrer Bejahung hat aber das Berufungsgericht im Sinne der ständigen Rechtsprechung zutreffend erkannt, daß sich die Beklagte dann nicht mehr mit einem berechtigten Aufklärungsinteresse des Publikums an der sachlichen Richtigstellung einer vorangegangenen unwahren Ankündigung ihrer Konkurrentin rechtfertigen kann (ÖBl 1955, 55; ÖBl 1965, 84; ÖBl 1980, 95 uva).
Wenn - wie hier - eine positive oder negative Feststellung über das Vorliegen einer Wettbewerbsabsicht fehlt, besteht nach der Rechtsprechung bei abfälligen Äußerungen über einen Mitbewerber schon nach der Lebenserfahrung eine tatsächliche Vermutung für die Wettbewerbsabsicht (SZ 25/18 und 100; SZ 38/79; ÖBl 1983, 13; ÖBl 1987, 23; MR 1989, 61; ÖBl 1990, 18 und 250 uva). Ganz abgesehen davon aber, daß die Beklagte erstmals im Revisionsverfahren überhaupt das Vorliegen einer Pressefehde behauptet und sich auf das Grundrecht der Meinungs- und Informationsfreiheit berufen hat, tritt die Wettbewerbsabsicht gegenüber dem Beweggrund der öffentlichen Meinungsbildung nach der Rechtsprechung zumindest dann nicht völlig in den Hintergrund, wenn über den Mitbewerber unwahre herabsetzende Tatsachenbehauptungen aufgestellt werden; in einem solchen Fall versagt sogar die Berufung auf das verfassungsgesetzlich verankerte Recht der freien Meinungsäußerung nach Art 13 StGG und Art 10 Abs 2 MRK (ÖBl 1991, 26; JBl 1991, 390; 4 Ob 36/91).
Ob eine unrichtige Tatsachenbehauptung über das Unternehmen eines anderen, über die Person des Inhabers oder Leiters des Unternehmens oder über die Waren oder Leistungen eines anderen geeignet ist, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Inhabers zu schädigen, hängt immer nur von den besonderen Umständen des Einzelfalles ab (ÖBl 1984, 45; 4 Ob 9/91, teilweise veröffentlicht in WBl 1991, 297), wobei die abstrakte Gefährdungseignung genügt (JBl 1928, 177; ÖBl 1966, 89; ÖBl 1984, 102; MR 1990, 69 uva; zuletzt etwa 4 Ob 36/91). Die Bejahung einer solchen Betriebs- und Kreditgefährdung durch das Berufungsgericht begegnet hier schon deshalb keinen Bedenken, weil die unrichtigen Tatsachenbehauptungen der Beklagten die Umweltinitiative der "N***** Zeitung" gerade für das auf diesem Gebiet besonders sensibilisierte Publikum im höchsten Maß verwerflich erscheinen lassen mußten. Bei der vom Berufungsgericht ergänzend getroffenen Tatsachenfeststellung, wonach die Klägerin als Verlegerin der "N***** Zeitung" das wirtschaftliche Risiko dieser Publikation trägt und ihr sowohl die Verkaufs- als auch die Anzeigenerlöse zukommen, kann es aber auch nicht mehr zweifelhaft sein, daß sie von den beanstandeten unrichtigen Tatsachenbehauptungen zumindest mitbetroffen war.
Die demnach gemäß § 502 Abs 1 ZPO unzulässige Revision war somit zurückzuweisen (§ 510 Abs 3, letzter Satz, ZPO).
Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsbeantwortung der Klägerin, in welcher auf den vorliegenden Zurückweisungsgrund hingewiesen worden ist, gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E27442European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0040OB00092.91.1022.000Dokumentnummer
JJT_19911022_OGH0002_0040OB00092_9100000_000