TE OGH 1991/10/29 11Os123/91

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Veröffentlicht am 29.10.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 29.Oktober 1991 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Horak, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hofbauer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Horst Helmut L***** wegen des Vergehens der Untreue nach dem § 153 Abs. 1 und 2, erster Fall, StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 30. April 1991, AZ 8 Bs 151/91, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, des Generalanwaltes Dr. Kodek, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 30.April 1991, AZ 8 Bs 151/91, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 393 Abs. 2 StPO iVm den §§ 1 und 4 Abs. 2 Z 2 UStG 1972.

Text

Gründe:

In der Strafsache gegen Horst Helmut L*****, AZ 36 Vr 280/88 des Landesgerichtes Innsbruck, wurde dem Angeklagten auf seinen Antrag (S 341/I) mit Beschluß vom 3.März 1988 ein Verteidiger gemäß dem § 41 Abs. 2 StPO beigegeben (ON 22). Als solcher wurde von der zuständigen Rechtsanwaltskammer (zuletzt) Dr. Raimund N***** bestellt (ON 24 iVm ON 22). Nach rechtskräftigem Abschluß des Strafverfahrens beantragte der Verfahrenshelfer die Bestimmung seiner Barauslagen (für Fahrtkosten, Porto- und Telefonspesen sowie für drei Fotokopien) mit 3.121 S zuzüglich 20 % USt im Betrag von 624,20 S, insgesamt sohin mit 3.745,20 S (ON 89). Der Vorsitzende bestimmte die Barauslagen mit 3.095,50 S und wies das Mehrbegehren von 25,50 S für die drei Fotokopien sowie auf Ersatz der Umsatzsteuer ab (ON 91). Der Beschwerde des Verteidigers (ON 92) gab das Oberlandesgericht Innsbruck mit Beschluß vom 30.April 1991, AZ 8 Bs 151/91, teilweise, und zwar dahin Folge (ON 95), daß dem Verfahrenshelfer auch der Ersatz der Umsatzsteuer zuerkannt wurde. Das Beschwerdegericht teilte die Meinung des Beschwerdeführers, daß der Auslagenersatz Teil des Entgelts sei und daher der Umsatzsteuer unterliege.

Dieser Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck steht, soweit darin auch der Ersatz von Umsatzsteuer zuerkannt wurde, mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Rechtliche Beurteilung

Die von einem Unternehmer im Inland im Rahmen seines Unternehmens ausgeführten Leistungen unterliegen nur dann der Umsatzsteuer, wenn sie gegen Entgelt erbracht werden (§ 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1972).

Entgelt ist alles, was der Empfänger einer ... Leistung aufzuwenden hat, um die Leistung zu erhalten (§ 4 Abs. 1 UStG 1972).

Zum Entgelt gehört neben - hier nicht aktuellen - freiwilligen Aufwendungen des Leistungsempfängers (§ 4 Abs. 2 Z 1 UStG 1972) an sich auch das, was ein anderer als der Empfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt (§ 4 Abs. 2 Z 2, erster Satz, UStG 1972). Dieser umsatzsteuerrechtliche Entgeltbegriff erfährt jedoch im § 4 Abs. 2 Z 2, zweiter Satz, UStG 1972 insofern eine Einschränkung, als Leistungen eines Dritten dann nicht zum Entgelt zählen, wenn es sich um bundesgesetzlich geregelte Zuschüsse handelt.

Wendet man diese Rechtslage auf das vorliegende Verfahren an, so zeigt sich, daß der Angeklagte die gesamten aufgelaufenen Kosten - das "Entgelt" - des Verfahrenshelfers von Gesetzes wegen nicht zu tragen hatte (§ 41 Abs. 2 StPO).

Die vom Bund - somit von dritter Seite - zu leistende (§ 393 Abs. 2 StPO) Vergütung der bestrittenen Barauslagen des gemäß dem § 41 Abs. 2 StPO beigegebenen Verteidigers stellt nach der zitierten Gesetzesstelle des § 4 Abs. 2 Z 2, zweiter Satz, UStG 1972 eine vom umsatzsteuerrechtlichen Entgeltbegriff ausgenommene Leistung dar (vgl. Kranich-Siegl-Waba, Komm.z. Mehrwertsteuer II, Rz 138 b zu § 4 UStG; 3 Bs 6/83 und 7 Bs 272/91 des Oberlandesgerichtes Innsbruck).

Den Verfahrenshelfer Dr. N***** traf daher für die von ihm bestrittenen, vom Bund zu vergütenden baren Auslagen keine Umsatzsteuerpflicht.

Da ihm gemäß dem § 393 Abs. 2 StPO nur die "nötig" gewesenen Auslagen zu ersetzen waren, verletzte der bezeichnete Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck mit der Zuerkennung des begehrten Umsatzsteuerbetrages das Gesetz in den Bestimmungen des § 393 Abs. 2 StPO iVm den §§ 1 und 4 Abs. 2 Z 2 UStG 1972.

Diese Gesetzesverletzung, die den Angeklagten nicht benachteiligte, war in Stattgebung der von der Generalprokuratur gemäß dem § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes wie im Spruch festzustellen.

Anmerkung

E26961

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0110OS00123.91.1029.000

Dokumentnummer

JJT_19911029_OGH0002_0110OS00123_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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