Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber, Dr.Graf, Dr.Jelinek und Dr.Schinko als weitere Richter in der Konkurssache der Gemeinschuldnerin Wilhelm P*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch den Geschäftsführer Dipl.Ing.Dr.Wilhelm P*****, infolge a) Rekurses und Revisionsrekurses des Dipl.Ing.Dr.Wilhelm P***** als Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin und b) Revisionsrekurses der I***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr.Kurt Heller, Dr.Heinz H.Löber ua, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 11.September 1990, GZ 2 R 203-206/90, 2 R 260/90-786, womit der Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Konkursgerichtes ON 727 zurückgewiesen wurde, die Beschlüsse des Kreisgerichtes Wels als Konkursgerichtes ON 684, 746 und 747 bestätigt wurden und der Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Konkursgerichtes ON 775 abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Rekurs und Revisionsrekurs ON 791 sowie der Revisionsrekurs ON 807 samt Nachträgen (ON 808, 809) werden zurückgewiesen.
Rechtliche Beurteilung
Begründung:
1.) Zu dem gegen die Punkte 1. und 2. des rekursgerichtlichen Beschlusses ON 786 vom Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin erhobenen Rekurs und Revisionsrekurs ON 791:
Unter Punkt 1. des rekursgerichtlichen Beschlusses hat das Rekursgericht den Rekurs gegen den konkursgerichtlichen Beschluß ON 727, womit dem Masseverwalter ein Kostenvorschuß von S 50.000 gewährt worden war, unter Hinweis auf § 125 Abs 3 KO als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 nicht übersteigt und daß der Revisionsrekurs daher jedenfalls unzulässig sei.
Der gegen diesen Punkt erhobene Rekurs ist gemäß § 171 KO, § 528 Abs 2 Z 1 ZPO unzulässig und war daher zurückzuweisen.
Unter Punkt 2. des rekursgerichtlichen Beschlusses hat das Rekursgericht die konkursgerichtlichen Beschlüsse ON 684, 746 und 747 (unrichtig: 748) bestätigt und ausgesprochen, daß der Rekurs jedenfalls unzulässig sei.
Der gegen diesen bestätigenden rekursgerichtlichen Beschlußteil erhobene Revisionsrekurs ist gemäß § 171 KO, § 528 Abs 2 Z 2 ZPO unzulässig, zumal der Ausnahmefall der Zurückweisung der Klage nicht vorliegt; das Rechtsmittel war daher auch insoweit zurückzuweisen.
Die bloße geschäftszahlenmäßige Zitierung auch des unter Punkt 3) ergangenen rekursgerichtlichen Beschlusses 2 R 260/90 in der Rechtsmittelschrift ON 791 stellt mangels jeglichen diesbezüglichen Antrages und jeglicher diesbezüglicher Ausführung keine Bekämpfung des - in diesem Punkte dem Rekurs zugunsten der Gemeinschuldnerin voll stattgebenden - rekursgerichtlichen Beschlusses dar und ist daher unbeachtlich.
2.) Zu dem gegen Punkt 3.) des rekursgerichtlichen Beschlusses gerichteten Revisionsrekurs ON 807 samt Nachträgen:
Mit seinem Beschluß ON 775 wies das Konkursgericht den Antrag der Gemeinschuldnerin auf Ausscheidung ihrer gegen die I***** Aktiengesellschaft *****, die nunmehrige Rechtsmittelwerberin, aus den im einzelnen angeführten Gründen angeblich zustehenden Forderungen von 20 Mill.S, weiteren 20 Mill.S und 500 Mill.S aus der Konkursmasse und Überlassung derselben zur freien Verfügung der Gemeinschuldnerin ab. Zur Begründung verwies das Konkursgericht darauf, daß der Gläubigerausschuß zwar nach § 119 Abs 5 KO mit Genehmigung des Konkursgerichtes eine solche Ausscheidung und Überlassung beschließen könne. Diese diene jedoch nicht dazu, dem Gemeinschuldner die vorher mangelnde Prozeßführungsbefugnis zu verschaffen, sondern solle lediglich ermöglichen, dem Konkurszweck nicht förderliche Massebestandteile, so zB nur in der Phantasie des Gemeinschuldners bestehende Forderungen, aus der Konkursmasse auszunehmen und ihm deren Verfolgung zu überlassen. Da jedoch nach der Entscheidung MietSlg 38.869 gegen einen gemäß § 119 Abs 5 KO gefaßten und genehmigten Ausscheidungsbeschluß jeder Konkursgläubiger Rekurs erheben könne, ein solcher Beschluß daher allen Konkursgläubigern zuzustellen sei, solcherart aber die Feststellung der Rechtskraft des Ausscheidungsbeschlusses bei einer Vielzahl von Gläubigern auf besondere Schwierigkeiten stoße, erweise sich eine mißbräuchliche Verwendung des Institutes der Ausscheidung zum Zwecke der bloßen Beschaffung der Prozeßführungsbefugnis des Gemeinschuldners als nicht zulässig.
Unter Punkt 3. des rekursgerichtlichen Beschlusses gab das Rekursgericht dem Rekurs der Gemeinschuldnerin Folge und änderte den konkursgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß es den Beschluß des Gläubigerausschusses vom 18.12.1989, die vorgenannten Forderungen der Gemeinschuldnerin gegen die I***** Aktiengesellschaft ***** gemäß § 119 Abs 5 KO aus der Konkursmasse auszuscheiden, konkursgerichtlich bewilligte. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes den Betrag von S 50.000 übersteigt und daß der Revisionsrekurs nach § 528 Abs 1 ZPO zulässig sei.
In seiner Entscheidungsbegründung führte das Rekursgericht aus, das Konkursgericht habe nicht dargetan, aus welchen Umständen ein Mißbrauch des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin herzuleiten sei und es könne aus den Akten auch nicht erkannt werden, daß es dem Antragsteller tatsächlich nicht um die Durchsetzung von Forderungen zu tun wäre, sondern lediglich um die Möglichkeit, die Befugnis zu erlangen, von vornherein aussichtslose Prozesse zu führen. Außerdem liege auch in der Notwendigkeit der Zustellung eines Ausscheidungsbeschlusses an die Konkursgläubiger kein Abweisungsgrund. Der Masseverwalter habe ausdrücklich erklärt, daß eine klageweise Verfolgung der gegenständlichen Forderungen durch ihn mangels hinreichender Erfolgsaussichten und wegen des Kostenrisikos nicht möglich sei. Folge man seiner Ansicht, daß es sich bei den gegenständlichen Ansprüchen um dubiose Forderungen handle, so sei kein Grund ersichtlich, dem vom Gläubigerausschuß gefaßten Beschluß auf Ausscheidung der Forderungen gemäß § 119 Abs 5 KO die nach dieser Gesetzesstelle notwendige konkursgerichtliche Genehmigung zu versagen.
Gegen Punkt 3. des rekursgerichtlichen Beschlusses erhebt die I***** Aktiengesellschaft ***** einen Revisionsrekurs mit dem Antrage auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des konkursgerichtlichen Versagungsbeschlusses.
Der Revisionsrekurs ist aus folgenden Gründen unzulässig und war daher zurückzuweisen:
Nach der durch das IRÄG 1982 BGB 1982/380 geänderten Bestimmung des § 95 Abs 3 KO hat das Konkursgericht die Ausführung eines Beschlusses des Gläubigerausschusses oder der Gläubigerversammlung von Amts wegen oder auf Antrag des Masseverwalters oder jedes Mitgliedes des Gläubigerausschusses zu untersagen, wenn er dem gemeinsamen Interesse der Konkursgläubiger widerspricht oder andere wichtige Gründe vorliegen.
Nach dieser Bestimmung ist, wie der erkennende Senat in seiner Entscheidung 8 Ob 12/91 ausgesprochen hat, die Antragstellung auf Untersagung der Ausführung von Beschlüssen des Gläubigerausschusses oder der Gläubigerversammlung durch das Konkursgericht auf die Person des Masseverwalters und des einzelnen Mitgliedes des Gläubigerausschusses beschränkt. Der einzelne Konkursgläubiger hat daher in Fragen der Verwertung der Konkursmasse (§§ 114 bis 120 KO) grundsätzlich kein Mitwirkungsrecht; nicht er, sondern die Organe des Konkursverfahrens und - zur Wahrung des Minderheitenschutzes im Kreise der Gläubiger (AB 1147 BlgNR 15.GP 24) - die einzelnen Mitglieder des Gläubigerausschusses sind antrags- und mitwirkungsberechtigt (so auch schon 8 Ob 33/88 = teilweise veröffentlicht in WBl 1989, 132). Dies liegt im dringenden Interesse der Vermeidung von Verfahrensverzögerungen. Dem einzelnen Konkursgläubiger steht demgemäß nur das Recht zur Beschwerdeführung gegen einzelne Maßnahmen oder das Verhalten des Masseverwalters gemäß § 84 Abs 3 KO zu.
Nach der Anordnung des § 119 Abs 5 KO kann der Gläubigerausschuß mit Genehmigung des Konkursgerichtes beschließen, daß von der Veräußerung von Forderungen, deren Eintreibung keinen ausreichenden Erfolg verspricht, und von der Veräußerung von Sachen unbedeutenden Wertes abzusehen sei und daß diese Forderungen und Sachen dem Gemeinschuldner zur freien Verfügung überlassen werden. Auch ein solcher Ausscheidungsbeschluß ist im Sinne der vorstehenden Ausführungen für den einzelnen Konkursgläubiger nicht bekämpfbar. Diese Rechtslage wurde in der von den Vorinstanzen zitierten Entscheidung MietSlg 38.869, die sich auf die noch vor dem IRÄG 1982, also nach der alten Gesetzeslage, gefällte Entscheidung 5 Ob 246/73 und auf Holzhammer, Österreichisches Insolvenzrecht 95 (der sich seinerseits ausdrücklich auf Rechberger, JBl 1973, 457 ff, berief) bezog, übersehen.
Im vorliegenden Falle hat der Gläubigerausschuß beschlossen, die den Gegenstand des rekursgerichtlichen Beschlusses bildenden angeblichen Forderungen der Gemeinschuldnerin an diese zur freien Verfügung zu überlassen. Das Rekursgericht hat diesem Beschluß des Gläubigerausschusses die konkursgerichtliche Genehmigung erteilt. Seine Anfechtung ist dem einzelnen Konkursgläubiger und damit der Revisionsrekurswerberin I***** Aktiengesellschaft ***** aus den dargelegten Gründen verwehrt.
Anmerkung
E27543European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0080OB00033.9.1031.000Dokumentnummer
JJT_19911031_OGH0002_0080OB00033_9000000_000