Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber, Dr. Graf, Dr. Jelinek und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Parteien 1.) Mag. Herta B*****,
2.) Dipl.Ing. Ludwig W*****, 3.) Mag. Josef W*****, sämtliche vertreten durch Dr. Wolfgang Völkl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Parteien Josef W*****, vertreten durch Dr. Franz Schöberl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ausschluß, in eventu Entziehung der Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis (Streitwert S 500.000,--) infolge Revisionsrekurses der Gegnerin der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 11. Juli 1991, GZ 3 R 105/91-11, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 3.Mai 1991, GZ 28 Cg 388/91-7, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
In Abänderung des angefochtenen Beschlusses wird die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt.
Die gefährdeten Parteien sind schuldig, der Gegnerin der gefährdeten Partei die mit S 40.209,75 (einschließlich S 6.701,62 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Rechtsmittelverfahren binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Streitteile sind persönlich haftende Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaften "Josef F*****" mit dem Sitz in ***** Wien, K*****straße 44 (im folgenden nur mehr als Firma F***** bezeichnet) und "Johann P*****" mit dem Sitz in ***** Wien, S*****gasse 30 (in der Folge nur mehr als Firma P***** bezeichnet). Die Kläger haben die offene Handelsgesellschaft F***** zum 30.4.1985 aufgekündigt, diese befindet sich seither in Liquidation; dieser Umstand wurde im Firmenbuch nicht eingetragen.
Die Kläger begehren den Ausschluß des Beklagten aus den Gesellschaften F***** und P*****; in eventu solle ihm die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis der genannten Firmen entzogen werden.
Zur Sicherung des Haupt- und Eventualbegehrens beantragten die Kläger die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit welcher dem Beklagten untersagt werden solle, hinsichtlich der genannten Firmen Vertretungs- und Geschäftsführungshandlungen vorzunehmen sowie die Firmenräume in ***** Wien, K*****straße 44 und S*****gasse 30 zu betreten. Dieses Verbot solle bei den genannten Firmen im Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien eingetragen werden.
Zur Begründung des klageweise geltend gemachten Anspruches brachten die Kläger vor, ihr Vater, der Bruder des Beklagten, sei bis 22.5.1981 persönlich haftender Gesellschafter der beiden Gesellschaften gewesen; bis 30.5.1985 sei er noch als Konsulent der Firma F***** tätig gewesen. Ab 1984 habe sich das familiäre Klima verschlechtert; der Zweit- und Drittkläger hätten bei einer Überprüfung der Finanzgebarung der Firma F***** festgestellt, daß der Beklagte in den Jahren 1981 bis 1983 Entnahmen tätigte, die den ihm zustehenden Gewinnanteil um 254.134 S überstiegen. Darüber hinaus seien von 1974 bis 1983 Entnahmen von S 1,002.974,80 zu Lasten der Kläger verbucht worden, ohne daß diese den Betrag je erhalten hätten. Weiters habe der Beklagte ein Sparbuch, das den Streitteilen und Ludwig W***** gemeinsam gehört habe, an sich genommen und den Klägern die Verfügungsberechtigung entzogen. Aus diesem Grunde sei von ihnen das Gesellschaftsverhältnis der Firma F***** zum 30.4.1985 aufgekündigt worden. Dennoch habe der Beklagte die Geschäftsführung beider Firmen ausschließlich an sich gezogen und mit fadenscheinigen Argumenten versucht, den Ausschluß der Kläger aus beiden Gesellschaften zu erwirken. Im Zuge dieser Auseinandersetzung habe er gegenüber Leopold B*****, einem ehemaligen Angestellten der Firma F*****, erklärt: "Wenn die zwei (gemeint der Zweit- und Drittkläger) nicht gekrochen kommen, gehe ich so weit, daß alles draufgeht"; der Beklagte habe damit gemeint, daß er beide Gesellschaften in den Ruin treiben wolle.
Um den Klägern die ihnen zustehenden Rechte auf Geschäftsführung und Vertretung unmöglich zu machen, habe der Beklagte in der Folge sämtliche Schlösser der Unternehmen beider Gesellschaften ausgetauscht. Den Endbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 4.8.1986 habe er trotz wiederholter Exekutionsversuche nicht erfüllt und die Kosten des Exekutions- und Besitzstörungsverfahrens nicht bezahlt. Im übrigen habe sich herausgestellt, daß die Vorgangsweise des Beklagten, die Geschäftsführung an sich zu reißen, dazu geführt habe, daß jedenfalls die Firma F***** derzeit möglicherweise insolvenzgefährdet sei. Der Beklagte sei auch erfolglos aufgefordert worden, die aufgrund der Kündigung vorzunehmende Liquidation einzuleiten. Er sei darauf aufmerksam gemacht worden, daß mit Ende 1990 eine Aktion der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien auslaufe, in deren Rahmen ein sehr hoher Teil der anläßlich der Kündigung von Arbeitern anfallenden Abfertigungen den kündigenden Betrieben ersetzt werde. Zum 30.4.1989 hätten Abfertigungsansprüche von insgesamt S 853.618 bestanden. Um in den Genuß dieser Aktion der Kammer der gewerblichen Wirtschaft zu kommen, hätten die Kläger alle Arbeitnehmer zum 31.12.1990 gekündigt. Der Beklagte habe auch diese Maßnahme zu hintertreiben versucht, indem er den gekündigten Dienstnehmern einzureden versuchte, die Kündigungen seien rechtsunwirksam. Den Klägern sei es im Hinblick auf die schlechte finanzielle Situation der Firma F***** in der Folge gelungen, die Arbeitnehmer zu überzeugen, die Kündigungen anzuerkennen. Weiters hätten die Kläger aus der Arbeiterabfertigungsaktion der Kammer der gewerblichen Wirtschaft einen Betrag von S 512.114 erwirkt, der am 17.12.1990 auf das Konto der Firma F***** überwiesen worden sei. Der Beklagte habe diese Abfertigung aber nicht an die Arbeitnehmer ausbezahlt, sodaß Klagen beim Arbeits- und Sozialgericht Wien eingebracht worden seien. Aus reiner Bosheit habe der Beklagte die Miete für das Geschäftslokal der Firma F***** in ***** Wien, K*****straße 44 nicht bezahlt, sodaß eine Klage auf Zahlung der rückständigen Mietzinse samt Räumung gegen alle Gesellschafter eingebracht worden sei. Bei der ersten Tagsatzung sei das Klagebegehren vom Beklagten sinnloserweise bestritten worden, wodurch den Klägern ein erheblicher Schaden durch Verursachung überflüssiger Prozeßkosten entstanden sei. Interessenten an Maschinen der Firma F***** habe der Beklagte beschimpft und versucht, sie zum Verlassen der Geschäftsräumlichkeiten zu veranlassen. Die von den Klägern angebrachten Schlösser habe er derart beschädigt, daß die Kläger nicht in die Geschäftsräumlichkeiten gelangen konnten. Aufgrund dieser Umstände sei den Klägern der weitere Verbleib in einer vom persönlichen Vertrauen der Gesellschafter getragenen Personengesellschaft nicht mehr möglich, sodaß der Ausschluß des Beklagten aus beiden Gesellschaften verlangt werde.
Zur Begründung des Sicherungsantrages brachten die Kläger vor, das Verhalten des Beklagten lasse besorgen, daß er, wenn er weiterhin vertretungs- und geschäftsführungsbefugter Gesellschafter der beiden Gesellschaften bleibe, Handlungen setzen werde, durch die die derzeit noch wirtschaftlich besser fundierte Firma P***** ebenso schwer wie die Firma F***** geschädigt werde. Darüber hinaus bestehe die Gefahr, daß durch derartig teilweise selbstzerstörerische Handlungen des Beklagten auch die persönliche Haftung der Kläger als Gesellschafter der beiden Firmen weiter vergrößert werde.
Der Beklagte sprach sich gegen den Sicherungsantrag aus und brachte vor, keine Entnahmen, die den ihm zustehenden Gewinnanteil überschritten hätten, getätigt zu haben; auch die sonstigen Buchungen seien zutreffend. Bei dem von ihm sichergestellten Sparbuch handle es sich um sein eigenes, auf das er Ersparnisse aus der Zeit seiner beruflichen Tätigkeit seit 1945 einbezahlt habe. Die Kläger hätten niemals Interesse an der Geschäftsführungs- und Vertretungstätigkeit in den Firmen F***** und P***** gezeigt, der Zweit- und Drittkläger seien vielmehr voll mit der Führung der den Klägern gehörigen Firma J***** ausgelastet gewesen. Der Umsatzrückgang der Firma F***** sei auf die Konkurrenzierung durch die Firma J***** in der Stanzmessererzeugung zurückzuführen.
Die Kläger seien immer wieder aufgefordert worden, ein Konzept für die Liquidierung der Firma F***** zu erstellen, sie hätten dies aber abgelehnt. Die Kündigung der Arbeitnehmer der Firma F***** sei betriebswirtschaftlich falsch, weil das somit stillgelegte Unternehmen nur mehr einen Bruchteil des Wertes eines lebenden Unternehmens aufweise. Deshalb habe sich der Beklagte gegen die Kündigungen der Arbeitnehmer zur Wehr gesetzt und deren Ansprüche bestritten.
Der Drittkläger habe vom Konto der Firma F***** am 29.6.1990 einen Betrag von S 150.000 abgehoben, ohne ihn für die Arbeiterabfertigung zu verwenden.
Das Räumungsbegehren der Hauseigentümer hinsichtlich der Geschäftsräumlichkeiten der Firma F***** sei deshalb bestritten worden, da die Mietrechte einen Wert darstellten, der zu verwerten sei. Die Änderung der Schlösser sei notwendig gewesen, da die Kläger immer wieder Maschinen verbracht und auch ihrerseits durch Änderung der Schlösser den Beklagten von den Geschäftsräumlichkeiten ausgesperrt hätten.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab, wobei es von folgenden Feststellungen ausging:
Die Auftragslage der Firma F***** war so schlecht, daß die 6 Arbeiter bei weitem nicht ausgelastet waren. Die Maschinen waren weitgehend veraltet, ohne schlechthin unbrauchbar zu sein. Die Ursache für die immer schlechter werdende Ertragslage des Unternehmens, das seit 1986 nur mehr Verluste zu verzeichnen hatte, konnte nicht festgestellt werden.
Wegen einer Zuschußaktion der Handelskammer Wien zur Arbeiterabfertigung kündigten die Kläger ohne Zustimmung des Beklagten zum 31.12.1990 sämtliche Arbeitnehmer der Firma F*****. Über deren Lohnforderungen und Abfertigungsansprüche sind beim Arbeits- und Sozialgericht Wien Prozesse anhängig, weil der von der Handelskammer Wien zur Verfügung gestellte Betrag von S 512.114 vom Beklagten auf ein den Klägern nicht zugängliches Konto transferiert wurde. Ein weiterer Betrag von 150.000 S wurde vom Drittkläger vom Firmenkonto der Firma P***** Nr.237-101-728/00 bei der Österreichischen Länderbank AG am 29.6.1990 behoben, aber gleichfalls nicht für Zahlungen an die Arbeiter der Firma F***** verwendet. Die Kläger bestreiten die Forderungen der Arbeitnehmer nicht, wohl aber der Beklagte.
Hinsichtlich des von der Firma F***** in Bestand genommenen Objektes in der K*****straße 44 ist beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien die Klage auf Zahlung des Mietzinses und Räumung anhängig; beklagt sind die Firma F***** und die Streitteile. Die Kläger wurden mit Versäumungsurteil vom 31.1.1991 zur Zahlung des offenen Mietzinsrückstandes verurteilt, der Beklagte bestreitet im eigenen Namen und namens der Firma F*****. Die Kläger haben am 5.4.1991 vom Konto der Firma P***** den offenen Mietzinsrückstand bezahlt und die Räumung des Bestandobjektes in die Wege geleitet. Während sich der Beklagte der Räumung anfänglich widersetzte, hat er zwischenzeitig den Widerstand aufgegeben und schreitet der Abtransport der Maschinen voran.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, der Sicherungsantrag sei hinsichtlich der Firma P***** schon allein deshalb abzuweisen, weil weder Gefahr noch Anspruch bescheinigt worden seien. Es sei nicht konkret behauptet worden, daß der Beklagte die Geschäfte der Firma P***** schlecht geführt habe. Hinsichtlich der Firma F***** führte das Erstgericht aus, es seien an eine Auschlußklage im Abwicklungsstadium strenge Anforderungen zu stellen. Im vorliegenden Fall sei die Abwicklung nahezu abgeschlossen, die Arbeitnehmer seien gekündigt, die Räumung des Geschäftslokals von den Maschinen sei im Gange, es liege nur mehr ein totes Unternehmen vor. Der anhängige Räumungsprozeß stehe damit wohl kurz vor seinem Abschluß, die Verfahren wegen der Arbeitnehmeransprüche könnten von den Klägern durch Erfüllung ihrer Zahlungsverpflichtungen beendet werden. Es sei daher den Klägern auch hinsichtlich der Firma F***** nicht gelungen, Anspruch und Gefährdung zu bescheinigen.
Das Rekursgericht gab dem Sicherungsantrag statt und traf folgende ergänzende Feststellungen:
Im Jahre 1986 sagte der Beklagte zu Leopold B***** in einem Gespräch über die schlechte Lage der Firma F*****: "Wenn die zwei" - gemeint der Zweit- und Drittkläger - "nicht gekrochen kommen, gehe ich so weit, daß alles - gemeint die Familienunternehmen - draufgeht".
Der Beklagte wurde mit rechtskräftigem Endbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 4.8.1986 für schuldig erkannt, er habe am 10.2.1986 im Haus K*****straße 44, ***** Wien, an der in der Einfahrt des Hauses gelegenen Türe zu den Firmenräumlichkeiten der Firma F***** eines der beiden Schlösser sowie an der Türe zwischen dem Büro und den Werkstättenräumen das Schloß geändert und dadurch die Kläger im ruhigen Besitz an den Räumen dieser Firma gestört; er sei binnen 14 Tagen schuldig, den vorherigen Zustand durch Einbau der früheren Schlösser wiederherzustellen, in eventu den Klägern die Ausübung des Besitzes durch Ausfolgung von Schlüsseln zu den neuen Schlössern wieder zu ermöglichen. Trotz wiederholter Exekutionsversuche weigerte sich der Beklagte, diesen Endbeschluß zu erfüllen.
In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Rekursgericht aus, die Ausschlußklage nach § 140 Abs.1 HGB könne auch noch nach der Auflösung der Gesellschaft, also während des Liquidationsstadiums, anhängig gemacht werden. Ein wichtiger Grund für den Ausschluß sei nach § 133 Abs.2 HGB insbesondere dann gegeben, wenn der Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit verletze. Im vorliegenden Fall habe der Beklagte seine Pflichten als Gesellschafter dadurch gröblich verletzt, daß er den von der Handelskammer zur Abfertigung von Arbeitnehmern zur Verfügung gestellten Betrag zweckwidrig auf ein den Klägern nicht zugängliches Konto transferierte, sodaß die Arbeitnehmer ihre Ansprüche klageweise geltend machten. Schon diese widerrechtliche Geldentnahme stelle ein unredliches Verhalten dar, das als wichtiger Grund im Sinne des § 140 HGB zu beurteilen sei. Dieser Vertrauensbruch bewirke eine finanzielle Schädigung der Gesellschaft, wirke damit dem Gewinnstreben der anderen Gesellschafter entgegen und rechtfertige den Ausschluß. Auch die Vorgangsweise des Beklagten, die darauf abzielte, die Räumung der Räumlichkeiten in der K*****straße 44 zu verhindern, sei geeignet gewesen, die Gesellschaft zu schädigen. Das Verhalten des Beklagten habe das gegenseitige Vertrauen zwischen den Gesellschaftern endgültig erschüttert. Wenn auch bei einem Ausschließungsbegehren während der Liquidation ein strengerer Maßstab anzuwenden sei, so sei doch ein wichtiger Grund in der Person des Beklagten gegeben, der dessen Ausschluß aus der offenen Handelsgesellschaft F***** rechtfertige. Das Verhalten des Beklagten bewirke nämlich gerade die Störung der Abwicklung, sodaß eine weniger gravierende Maßnahme nicht ausreichend erscheine.
Hinsichtlich der Firma P***** führte das Rekursgericht aus, es seien aufgrund der familiären Spannungen zwischen den Streitteilen auch hier schädigende Handlungen zu befürchten. Es bestehe kein Anhaltspunkt dafür, daß sich das Verhalten des Beklagten nur auf die Firma F***** beschränken werde. Die vom Beklagten zerstörte Vertrauensbasis sei unteilbar und umfasse alle zwischen den Streitteilen bestehenden Gesellschaftsverhältnisse.
Das Rekursgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit über 50.000 S und sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil die Beurteilung der Voraussetzungen für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Zusammenhang mit einer Ausschlußklage nach § 140 HGB, insbesonders hinsichtlich zwei Gesellschaften mit gleichartigen Gesellschafterbeteiligungen, eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung darstelle.
Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Kläger haben Revisionsrekursbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel des Beklagten keine Folge zu geben.
Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt.
Der Rekursgrund der Mangelhaftigkeit liegt, wie die Überprüfung ergab, nicht vor (§§ 528 a, 510 Abs.3 ZPO).
Rechtliche Beurteilung
Unter dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung macht der Beklagte geltend, es sei nicht richtig, daß er Geld widerrechtlich entnommen habe, er habe lediglich eine Umbuchung auf ein Konto, auf welchem die Kläger nicht zeichnungsberechtigt waren, vorgenommen. Dies sei deshalb geschehen, da die Kündigungen der Dienstnehmer nicht ordnungsgemäß erfolgten und deren Abfertigungsansprüche daher fraglich waren. Eine widerrechtliche Entnahme des Geldes hätten nicht einmal die Kläger behauptet. Von einer "Entnahme" könnte allenfalls hinsichtlich des Drittklägers gesprochen werden, der S 150.000 vom Firmenkonto der Firma P***** behob und gleichfalls nicht für Zahlungen an die Arbeiter der Firma F***** verwendete. Die gegen den Willen des Beklagten ausgesprochene Kündigung der Arbeitnehmer sei unwirksam gewesen, da gemäß § 150 HGB die Geschäftsführung und Vertretung der in Liquidation befindlichen Gesellschaft nur allen Liquidatoren gemeinschaftlich zustehe. Weiters seien die Rahmenkredite durch Bürgschaften und Sachhaftungen des Beklagten besichert, sodaß er kein Interesse habe, die Gesellschaften zu schädigen.
Zu Unrecht habe ihm das Rekursgericht auch vorgeworfen, die Räumung des Bestandobjektes in der K*****straße 44 verhindert zu haben; es sei nämlich hinsichtlich dieses Objektes kein rechtskräftiger Räumungstitel vorgelegen. Der Mietzinsersparnis durch "freiwillige" Räumung stehe der Verlust, der dadurch entstand, daß die Bestandrechte nicht auf einen allfälligen Unternehmenserwerber übertragen werden konnten, gegenüber. Unter Mißachtung des Umstandes, daß gemäß § 150 HGB die mehreren Liqidatoren nur gesamtvertretungsbefugt seien, habe der Zweitkläger gegen den Willen des Beklagten die Dienstnehmer der Firma F***** gekündigt und seien ebenfalls eigenmächtig die Betriebsräumlichkeiten in ***** Wien, K*****straße 44, geräumt worden. Weiters führte der Beklagte aus, die Abwicklung der Firma F***** sei nahezu abgeschlossen, es sei nicht einsichtig, welche störenden Handlungen er noch durch den Verbleib in dieser Gesellschaft setzen könnte. Schließlich hätten die Kläger weder behauptet noch bescheinigt, daß allfällige Ersatzansprüche gegen den Beklagten wegen mangelnder finanzieller Mittel nicht durchsetzbar wären; die gemäß § 381 Z 2 EO erforderliche Gefahr eines unwiederbringlichen Schadens sei sohin nicht gegeben. Keinesfalls bestünden hinsichtlich der Firma P***** irgendwelche Anhaltspunkte dafür, daß diese durch das Verhalten des Beklagten geschädigt werden könnte.
Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:
Das Hauptbegehren der Kläger ist auf Ausschluß des Beklagten aus den Firmen F***** und P***** gerichtet. Gemäß § 140 Abs.1 HGB kann eine derartige Ausschließung eines Gesellschafters dann verlangt werden, wenn in der Person eines Gesellschafters ein Umstand eintritt, der nach § 133 HGB für die übrigen Gesellschafter das Recht begründet, die Auflösung der Gesellschaft zu verlangen. Gemäß § 133 Abs.2 HGB ist ein solcher Grund insbesondere vorhanden, wenn ein Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit verletzt oder wenn die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich wird. Wegen seinen einschneidenden Wirkungen kommt der Ausschluß nach § 140 HGB stets nur als letztes Mittel in Betracht, wenn nicht mildere Mittel zur Verfügung stehen, um die der Gesellschaft aus der Person eines Gesellschafters drohenden Gefahren zu beseitigen (Heymann/Emmerich, HGB, § 140 Rdn 15; Koppensteiner in Straube HGB § 140 Rz 2; Kastner-Doralt-Nowotny, Grundriß des österr. Gesellschaftsrechts5, 120; RdW 1990, 79). Wenn ein Ausschlußbegehren während der Liquidation gestellt wird, ist besonders streng zu prüfen, ob die weitere Mitgliedschaft des Betroffenen den Antragstellern wirklich nicht zuzumuten ist (Koppensteiner aaO, § 140 Rz 8; Kurschel-Thiery, Rechtsgestaltungs- und Feststellungsklage bei Auflösung und Ausschluß aus der OHG, KG, EEG und GesbR, GesRZ 1990, 141 (142); Wünsch, Zur Ausschließungsklage bei Personalgesellschaften, JBl.1965, 447 (458)). Während der Liquidation der Gesellschaft ist die Ausschließung eines Gesellschafters nur dann zulässig, wenn der Gesellschafter die ordnungsgemäße Durchführung der Liquidation stört und andere Maßnahmen, wie die Abberufung als Liquidator, nicht ausreichend sind, oder wenn der Gesellschafter der Fortsetzung der Gesellschaft im Wege steht (Koppensteiner, aaO, Rz 8 zu § 140; Hueck, OHG4, 441 f; Wünsch, aaO, 458). Daß die Fortsetzung der Firma F***** geplant wäre, haben die Kläger nicht behauptet, es ergeben sich auch aus den Feststellungen dafür keine Anhaltspunkte. Mag auch das Verhalten des Beklagten dazu geeignet sein, die Durchführung der Liquidation zu stören, so kann jedenfalls aber nicht gesagt werden, daß nicht durch gelindere Mittel (zB Antragstellung nach § 147 HGB auf Abberufung als Liquidator), die Liquidation zu Ende geführt werden könnte. Dazu kommt, daß auch den Klägern ein gewichtiges gesellschaftswidriges Verhalten vorzuwerfen ist, welches nach herrschender Meinung zum Scheitern der Ausschlußklage beitragen kann (Koppensteiner, aaO, Rz 9 zu § 140). Gemäß § 146 Abs.1 HGB erfolgt nämlich die Liquidation der Gesellschaft durch sämtliche Gesellschafter, sohin auch den Beklagten, als Liquidatoren. Sind, wie im vorliegenden Fall, mehrere Liquidatoren vorhanden, so können sie die zur Liquidation gehörenden Handlungen nur in Gemeinschaft vornehmen, sofern nicht bestimmt ist, daß sie einzeln handeln können (§ 150 Abs.1 HGB). Obwohl es somit der Zustimmung des Beklagten bedurft hätte, haben die Kläger ohne daß ein Räumungstitel vorlag, die Räumung des Bestandobjektes in der K*****straße 44 in die Wege geleitet. Mit der in der Revisionsrekursbeantwortung aufgestellten Behauptung, es sei zu einer schlüssigen Aufhebung der Liuqidation gekommen, wird gegen das Neuerungsverbot verstoßen. In der Klage bzw. im Sicherungsantrag war vielmehr vorgebracht worden, die Kläger hätten versucht, den Beklagten zur Durchführung der Liquidation zu veranlassen (AS 6).
Zusammenfassend ergibt sich sohin, daß der Anspruch der Kläger auf Ausschließung des Beklagten aus der Firma F***** nicht bescheinigt ist.
Demgemäß kann auch nicht gesagt werden, daß das festgestellte Fehlverhalten des Beklagten dessen Ausschließung aus der Firma P***** rechtfertigte. Die Verfehlungen des Beklagten, die sich im wesentlichen auf die Firma F***** beziehen, sind, wie dargestellt, keinesfalls so schwer, daß den Klägern die Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses in der Firma P***** mit dem Beklagten nicht mehr zugemutet werden könnte.
Die Kläger haben im weiteren auch das Eventualbegehren auf Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des Beklagten hinsichtlich der Firmen F***** und P***** gestellt; die einstweilige Verfügung wurde auch zur Sicherung dieses Eventualbegehrens beantragt. Wenn auch in der Rechtsprechung zum Teil die Auffassung vertreten wurde, ein Eventualbegehren könne grundsätzlich nicht durch einstweilige Verfügung gesichert werden, so erfährt dieser Grundsatz dort eine Einschränkung, wo das Urteilshauptbegehren und das Urteilseventualbegehren einander nicht ausschließen (JBl.1987, 795 = ÖBl. 1988, 75; SZ 55/8; ecolex 1991, 168). Voraussetzung einer derartigen einstweiligen Verfügung ist aber nicht bloß die Bescheinigung eines wichtigen Grundes im Sinne der §§ 117, 127 HGB, sondern auch der konkreten Anspruchsgefährdung nach § 381 EO. Gemäß § 381 Z 2 EO kann zur Sicherung eines anderen Anspruches als einer Geldforderung eine einstweilige Verfügung unter anderem dann getroffen werden, wenn dies zur Abwehr eines drohenden unwiederbringlichen Schadens nötig erscheint. Es stellt nicht jede abstrakte oder theoretische Möglichkeit der Herbeiführung eines unwiederbringlichen Schadens eine Anspruchsgefährdung im Sinne des § 381 Z 2 EO dar, sondern bedarf es der Bescheinigung einer konkreten Gefahr. Die Behauptungs- und Bescheinigungslast für das Vorliegen konkreter Umstände, die diese Voraussetzungen begründen, liegt ausschließlich bei der gefährdeten Partei. Deckt sich, wie im vorliegenden Fall, der Inhalt der angestrebten einstweiligen Verfügung mit dem Urteilsbegehren, würde sohin mit der einstweiligen Verfügung der endgültigen Entscheidung vorgegriffen werden, kann sie nur nach Maßgabe des § 381 Z 2 EO erlassen werden. Diese Voraussetzungen, die im Hinblick darauf, daß der Prozeßerfolg aufgrund eines bloß bescheinigten Sachverhaltes vorweggenommen werden soll, streng auszulegen sind, müssen von der gefährdeten Partei konkret behauptet und bescheinigt werden (ecolex 1991, 168 mwN). Ein unwiederbringlicher Schaden liegt nur dann vor, wenn ein Nachteil an Vermögen, Rechten oder Personen eintritt und die Zurückversetzung in den vorigen Stand nicht tunlich ist und Schadenersatz entweder nicht geleistet werden kann oder die Leistung des Geldersatzes dem verursachten Schaden nicht völlig adäquat ist (Heller-Berger-Stix, 2724; MietSlg.25.618; JBl.1955, 72; MietSlg.35.880; 1 Ob 719/86; 7 Ob 711/87; 8 Ob 543/91).
Im vorliegenden Fall haben die Kläger betreffend die ihnen drohende Gefahr lediglich vorgebracht, der Beklagte werde, wenn er weiterhin vertretungs- und geschäftsführungsbefugter Gesellschafter beider Firmen bleibe, Handlungen setzen, durch die die derzeit noch wirtschaftlich besser fundierte Firma P***** ebenso schwer wie die Firma F***** geschädigt werde. Darüber hinaus bestehe die Gefahr, daß durch teilweise selbstzerstörerische Handlungen des Beklagten auch die persönliche Haftung der Kläger als Gesellschafter der beiden Firmen weiter vergrößert werde. Damit haben sie, soweit es die Möglichkeit ihrer persönlichen Haftung als Gesellschafter betrifft, lediglich einen drohenden Vermögensschaden behauptet. Daß dieser nicht wieder gutgemacht werden könnte, wurde nicht vorgebracht und sind auch keine Anhaltspunkte dafür gegeben. Soweit es aber die Firma P***** betrifft, lassen sich den getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dafür entnehmen, es drohe ein unwiederbringlicher Schaden. Damit fehlt es aber an der vom Gesetz geforderten Gefahrenbescheinigung.
Dem Revisionsrekurs war daher stattzugeben und die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 78, 402 EO iVm §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E27554European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0080OB00618.91.1031.000Dokumentnummer
JJT_19911031_OGH0002_0080OB00618_9100000_000