Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Z***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr.Gerhard Engin-Deniz und Mag.Dr.Christian Reimitz, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Dipl.Ing.Dr.Ulrich H*****, vertreten durch Dr.Heinz Sacher, Rechtsanwalt in Wolfsberg, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert S 530.000) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 4.Juni 1991, GZ 1 R 18 bis 20/91-16, womit das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 9.November 1990, GZ 21 Cg 94/90-10, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird teilweise Folge gegeben. Das angefochtene Urteil, das in seinem Ausspruch über die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung unberührt bleibt, wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung über die Unterlassungsansprüche insgesamt wie folgt zu lauten hat:
"Die beklagte Partei ist schuldig, es ab sofort bei Exekution zu unterlassen, für H*****-Mulch-Kartons mit der Angabe 'Patent angemeldet' zu werben, wenn im Zusammenhang damit mehrere Vorteile der H*****-Mulch-Kartons angeführt werden, die mit dem Patent nicht zusammenhängen.
Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, es ab sofort bei Exekution zu unterlassen, für H*****-Mulch-Kartons mit der Angabe 'Patent angemeldet' zu werben, wenn für die derart beworbene Ware noch kein Bekanntmachungsbeschluß des Österreichischen Patentamtes auf Grund einer Patentanmeldung des Beklagten oder eines Lizenzgebers des Beklagten erfolgt ist, und/oder die Angabe 'Patent angemeldet' für H*****-Mulch-Kartons verwendet wird, ohne anzugeben, worauf sich das Patent bezieht, wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 58.594,80 (darin enthalten S 9.765,80 Umsatzsteuer und keine Barauslagen) bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen".
Die klagende Partei ist weiter schuldig, der beklagten Partei die mit S 74.159,40 (darin enthalten S 9.359,90 Umsatzsteuer und S 18.000 Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin erzeugt Pappwaren; sie befaßt sich auch mit der Entwicklung sogenannter Mulch-Kartons ("Mulch" = Bodenabdeckung zum Pflanzenschutz im Obst-, Wein-, Gemüse- und Landschaftsbau:
Brockhaus, Enzyklopädie19, Stichwort: Mulch). Zu diesem Zweck hat sie solche Produkte bereits zur Erprobung an
Forst-, Weinbau-, Obstbau- und Gartenbaubetriebe abgegeben; sie plant, diese Produkte in der Folge auf den Markt zu bringen.
Der Beklagte vertreibt einen Mulch-Karton für Forstzwecke. In der "Österreichischen Forstzeitung" Nr 2/1990 warb er dafür mit einem eingehefteten Faltprospekt, welcher neben einer "Anleitung zum Verlegen" unter der Überschrift "HMK - Stellt die Unkrautbekämpfung auf den Kopf" folgende Angaben enthielt:
"HMK-H*****-Mulch-Karton (Patent angemeldet)
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aus wiederverwerteten Holzfasern, unentbehrlich in Forst und Garten,
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schützt ihre Bäume und Sträucher vor Verunkrautung,
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verbessert das Wachstum infolge geringerer Wurzelkonkurrenz,
-
verringert die Austrocknung und verbessert die Bodengare,
-
ist umweltfreundlich und erspart den Einsatz von Chemie,
-
schließt den Kreislauf der Natur, die Holzfaser kehrt wieder zum Ausgangsort (Wald) zurück......."
Am 30.10.1989 hatte der Beklagte beim Österreichischen Patentamt eine "Forstplatte" zum Patent angemeldet und dabei folgende Ansprüche geltend gemacht:
"1. Forstplatte als Anwuchshilfe zur Unterdrückung des Wachstums von Pflanzen in der Umgebung von Nutzpflanzen, wie zB junger Sträucher oder Forstpflanzen, bestehend aus einem biegbaren, lichtundurchlässigen, verrottbaren Werkstoff, wie beispielsweise Pappe oder pappeartigem Werkstoff, mit wenigstens einer Öffnung und einem von der Öffnung zum Rand der Forstplatte verlaufenden Schlitz, wobei die Forstplatte eine mehreckige oder runde Umrißform hat, und wobei an der Forstplatte mit ihr einstückig ausgebildete Verschlußmittel vorgesehen sind, durch welche die Forstplatte in ihrer im wesentlichen kegelförmigen Gebrauchslage, in der sich die Ränder des Schlitzes überlappen, fixierbar ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Verschlußmittel ausschließlich durch den Zuschnitt der Forstplatte gebildet sind, und aus einem Vorsprung auf der einen Seite des Schlitzes und aus einer Aussparung auf der anderen Seite des Schlitzes bestehen;
2. Forstplatte nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Aussparung als vorzugsweise keilförmiger Ausschnitt an einem Rand des Schlitzes ausgebildet ist und daß der Vorsprung am anderen Rand des Schlitzes vorzugsweise keilförmig ausgebildet und zum überlappenden Verbinden der Ränder des Schlitzes in den Ausschnitt einhakbar ist;
3. Forstplatte nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Spitze des Ausschnittes zum Rand der Forstplatte hin weist und daß die Achse des Ausschnittes mit der Längsachse des Schlitzes einen stumpfen Winkel einschließt;
4. Forstplatte nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß der Vorsprung an dem einen Rand des Schlitzes durch eine schräg zum Schlitz verlaufende erste Kante und eine daran anschließende, mit der ersten Kante einen spitzen Winkel einschließende zweite Kante begrenzt ist;
5. Forstplatte nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Aussparung auf der einen Seite des Schlitzes eine längliche Ausnehmung in der Forstplatte ist, und daß der Vorsprung auf der anderen Seite des Schlitzes eine neben dem äußeren Ende des Schlitzes und auf der der Ausnehmung gegenüberliegenden Seite angeordnete, zum Schlitz im wesentlichen parallel ausgerichtete Zunge ist, die durch einen im Abstand neben dem Schlitz vorgesehenen, zum Rand der Forstplatte hin offenen Ausschnitt gebildet ist;
6. Forstplatte nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Öffnung eine rechteckige Umrißform besitzt;
7. Forstplatte nach Anspruch 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, daß der zum Rand hin offene Ausschnitt in das Innere der Forstplatte hin konvergierende Seitenränder besitzt;
8. Forstplatte nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Forstplatte die Umrißform eines in eine Ellipse, deren längere Achse parallel zum Schlitz verläuft, eingeschriebenen Vielecks, insbesondere eines Achtecks besitzt;
9. Forstplatte nach einem der Ansprüche 1 bis 8, mit zwei Öffnungen, wobei eine Öffnung in der Mitte der Forstplatte und die andere Öffnung in der Forstplatte außermittig angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, daß wenigstens eine der Öffnungen durch Anstanzen zB durch eine Perforation zum Heraustrennen aus der Forstplatte vorbereitet ist;
10. Forstplatte nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, daß die außermittige Öffnung die Umrißform eines länglichen Vielecks, insbesondere eines Achtecks, dessen längere Erstreckung quer zum Schlitz verläuft, aufweist."
In der Patentanmeldung führte der Beklagte dazu ua aus, daß Forstplatten aus Karton als Anwuchshilfe zur Unterdrückung des Wachstums von Pflanzen in der Umgebung von Nutzpflanzen bereits bekannt seien. Nachteilig bei bekannten Forstplatten sei es jedoch, daß zu deren Fixieren in ihrer kegeligen Gebrauchslage ein zusätzliches Werkzeug benötigt werde und das (übliche) Heften der aus bis zu 3 mm starkem Karton gefertigten Platte nicht einfach sei. Der Erfindung liege die Aufgabe zugrunde, die Forstplatte so weiter zu bilden, daß ihre Verwendung - ohne Beeinträchtigung ihrer Wirksamkeit - vereinfacht wird; erfindungsgemäß werde das dadurch erreicht, daß die (erfindungsgemäßen) Verschlußmittel ausschließlich durch den Zuschnitt der Forstplatte gebildet sind.
Am 27.6.1990 faßte das Österreichische Patentamt den Beschluß, die Patentanmeldung des Beklagten in vollem Umfang bekanntzumachen. Unbestrittenermaßen ist die Bekanntmachung am 15.10.1990 - nach Schluß der Verhandlung erster Instanz am 26.9.1990 - im Österreichischen Patentblatt erfolgt.
Die Klägerin begehrt die Verurteilung des Beklagten, es zu unterlassen, für H*****-Mulch-Kartons mit der Angabe "Patent angemeldet" zu werben, sofern für die derart beworbene Ware noch kein Bekanntmachungsbeschluß des Österreichischen Patentamtes auf Grund einer Patentanmeldung des Beklagten oder eines Lizenzgebers des Beklagten erfolgt ist (Begehren 1), und/oder die Angabe "Patent angemeldet" für H*****-Mulch-Kartons verwendet wird, ohne anzugeben, worauf sich das Patent bezieht, insbesondere wenn mehrere Vorteile der H*****-Mulch-Kartons angeführt werden, die mit dem Patent nicht zusammenhängen (Begehren 2). Weiters beantragt sie die Ermächtung zur Veröffentlichung des klagestattgebenden Urteils in der "Neuen Kronen-Zeitung" und der Tageszeitung "Die Presse", hilfsweise auch in der "Österreichischen Forstzeitung".
Die Angabe "Patent angemeldet" sei irreführend, weil dadurch - trotz sachlicher Richtigkeit - der unrichtige Eindruck entstehe, daß der Beklagte bereits einen beschränkten Patentschutz erlangt habe. Der Beklagte habe zwar ein Patent angemeldet, doch sei der Bekanntmachungsbeschluß des Österreichischen Patentamtes erst nach der beanstandeten Werbung ergangen. Die Werbeangabe "Patent angemeldet" verstoße gegen § 2 UWG, wenn die Patentanmeldung noch nicht bekanntgemacht und damit kein vorläufiger Patentschutz erlangt wurde. Trotz des Umstandes, daß vor Schluß der Verhandlung erster Instanz ein Veröffentlichungsbeschluß gefaßt wurde, bestehe die Wiederholungsgefahr weiter, sei doch zu befürchten, daß der Beklagte nach dem Scheitern seiner Patentanmeldung neuerlich irgendein anderes Detail seiner Forstplatte zum Patent anmelde und dann wieder mit der Angabe "Patent angemeldet" werben werde, bevor ein Bekanntmachungsbeschluß des Österreichischen Patentamtes erfolgt ist.
Die Werbung des Beklagten sei aber auch deshalb irreführend, weil der als Erfindung angemeldete Verschluß in der Kartonagenbranche seit vielen Jahren zum Stand der Technik gehöre; der Beklagte werde daher kein Patent erlangen können. Irreführend sei die Werbeangabe überdies auch deshalb, weil die Patentanmeldung nur den - in der Werbung gar nicht angepriesenen - Verschluß, nicht aber die dabei besonders angekündigten Eigenschaften eines Mulchkartons betreffe. Die in der Werbung angegebenen Vorteile von Mulchkartons hätten bereits zum Stand der Technik gehört. Sei aber nur ein Teil der Ware patentiert, dann dürfe die Gesamtsache nur dann als patentiert bezeichnet werden, wenn der patentierte Teil der gesamten Sache ein eigentümliches Gepräge gebe und ihr hauptsächlich Verkehrswert verleihe.
Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Seine Werbung für den Mulch-Karton habe nur ein fachkundiges Publikum erreicht, das durch die - vor dem Ergehen eines Bekanntmachungsbeschlusses gemachte - Angabe "Patent angemeldet" nicht in Irrtum geführt worden sei. Nach der Fassung des Bekanntmachungsbeschlusses am 27.6.1990 sei die Wiederholungsgefahr für das Begehren zu 1. weggefallen. Dem Patentamt sei auch kein Material bekannt geworden, das der Erteilung des Patentes entgegenstehe. Die gleichzeitig mit der Angabe "Patent angemeldet" angekündigten Vorteile des H*****-Mulch-Kartons seien durch die Verwendung von Forstplatten der erfindungsgemäßen Art besonders günstig und einfach erzielbar; das gehe auch aus der Zweckangabe in der Patentanmeldung, daß die Forstplatte der "Unterdrückung des Wachstums von Pflanzen in der Umgebung von Nutzpflanzen" diene, hervor. Sämtliche Werbeangaben seien aber auch wahr. Gerade das (patentgemäße) Fehlen von (unverrottbaren) Verschlußmitteln trage zur Erreichung der angekündigten Vorteile wesentlich bei. Im übrigen sei die Klägerin zur Klage nicht legitimiert, weil sie keine Forstplatten vertreibe; zwischen den Streitteilen bestehe daher kein Wettbewerbsverhältnis.
Das Erstgericht gab beiden Unterlassungsbegehren statt und ermächtigte die Klägerin zur Urteilsveröffentlichung in der "Österreichischen Forstzeitung"; das Veröffentlichungs-Mehrbegehren wies es hingegen ab. Die Werbeangabe "Patent angemeldet" sei bis zur Bekanntmachung der Patentanmeldung schon deshalb irreführend, weil sie zur Erweckung des - unrichtigen - Eindrucks geeignet gewesen sei, daß der Beklagte bereits einen gewissen patentrechtlichen Schutz erlangt habe. Aber auch nach der Kundmachung des Veröffentlichungsbeschlusses sei diese Angabe zur Irreführung des Publikums geeignet gewesen, weil sich die Patentanmeldung in erster Linie oder fast ausschließlich auf den Verschluß, nicht aber auf das ganze Produkt oder auf die in der beanstandeten Werbung angeführten Vorteile des H*****-Mulch-Kartons bezogen habe.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes in der Hauptsache und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Das von der beanstandeten Werbung angesprochene Publikum sei in bezug auf die Wirkung von Patentanmeldungen nicht fachkundig. Die Werbeangabe "Patent angemeldet" sei nur dann nicht irreführend, wenn eine Patentanmeldung bekanntgemacht und damit der vorläufige Schutz im Sinne der §§ 22, 101 Abs 2 PatG erlangt wurde; im vorliegenden Fall sei aber die Bekanntmachung erst nach dem Schluß der Verhandlung erster Instanz erfolgt. Mit dem - bei Schluß der mündlichen Verhandlung bereits vorliegenden - Beschluß auf Bekanntmachung seien keinerlei patentrechtliche Wirkungen verbunden gewesen. Im übrigen beziehe sich der angestrebte Patentschutz nicht auf die - besonders
angekündigten - Eigenschaften des Produktes selbst, sondern nur auf dessen Verschluß. Das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr sei nach Ansicht des Berufungsgerichtes ebenso zu bejahen wie das Wettbewerbsverhältnis zwischen den Streitteilen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision des Beklagten mit dem Antrag, die Entscheidung im Sinne der gänzlichen Abweisung der Klage abzuändern; hilfsweise stellt der Beklagte auch Aufhebungsanträge.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der Frage vorliegt, ob die Werbung mit einem (einstweiligen) Patentschutz irreführend ist, wenn dabei Vorteile angeführt werden, die mit dem Patent nicht zusammenhängen; sie ist auch teilweise berechtigt.
Wie der Oberste Gerichtshof in ÖBl 1976, 38 ausgeführt hat, verstößt ein mit der Werbung verbundener Hinweis auf eine Patentanmeldung - trotz sachlicher Richtigkeit - gegen § 2 UWG, wenn er vor der Bekanntmachung der Patentanmeldung, also bereits zu einem Zeitpunkt gemacht wird, in dem die gesetzlichen Wirkungen des Patentes noch nicht (einstweilen: § 101 Abs 2 PatG) eingetreten sind. Das wurde vor allem damit begründet, daß die angesprochenen Publikumskreise in der Regel über die rechtlichen Wirkungen und die Unterschiede einer Patentanmeldung, deren Bekanntmachung und der Patenterteilung überhaupt nicht oder doch nur sehr oberflächlich unterrichtet sind, weshalb dem Hinweis "Patent angemeldet" eine über die bloße Mitteilung der Tatsache, daß ein Patent angemeldet ist, hinausgehende Bedeutung beigemessen und der Zweck dieses Hinweises regelmäßig darin gesehen werde, daß das Patentamt bereits mit den Besonderheiten und Neuartigkeiten des angepriesenen Gegenstandes befaßt worden sei und diese durch das Patentamt eine - wenn auch vorläufige und eingeschränkte, aber doch positive - Behandlung und Würdigung erfahren hätten; diese Vorstellung trifft aber erst dann zu, wenn das Patentamt nach einer Vorprüfung (§ 99 PatG) die Erkenntnis gewonnen hat, daß die Erteilung eines Patentes nicht für ausgeschlossen erachtet werde (§ 101 Abs 1 PatG), deshalb die Bekanntmachung anordnet und die Patentanmeldung auch bekanntgemacht wurde (§ 101 Abs 2 PatG).
Im vorliegenden Fall hat der Beklagte die beanstandete Werbeangabe zwar vor der Offenlegung seiner Patentanmeldung gemacht; die Klägerin hat jedoch ihr Begehren 1 darauf beschränkt, daß der Beklagte die Angabe "Patent angemeldet" zu unterlassen habe, wenn noch kein Bekanntmachungsbeschluß des Österreichischen Patentamtes ergangen ist. Die Klägerin hat dabei zwar richtig erkannt, daß die Irreführungseignung einer solchen Ankündigung erst mit der Bekanntmachung der Patentanmeldung wegfällt, weil erst dadurch der in den Vorstellungen des angesprochenen Publikums damit verbundene vorläufige Patentschutz im Sinne des § 101 Abs 2 PatG eintritt; dennoch hat sie im vorliegenden Fall die Irreführungseignung nur darin gesehen, daß noch kein Bekanntmachungsbeschluß (§ 101 PatG) ergangen ist. Ein solcher Beschluß ist jedoch noch vor dem Schluß der Verhandlung erster Instanz ergangen. Auch nachdem der Beklagte diesen Sachverhalt vorgetragen hatte, hat die Klägerin ihr Begehren zu
1. nicht dahin erweitert, daß der für die Zulässigkeit der Werbebehauptung "Patent angemeldet" maßgebende Zeitpunkt die Bekanntmachung der Patentanmeldung sei, sie hat vielmehr ihr engeres Begehren mit der weiteren Begründung aufrecht erhalten, daß der Beklagte neuerlich ein anderes Detail seiner Forstplatte zum Patent anmelden und dann neuerlich mit der irreführenden Werbehauptung "Patent angemeldet" werben könnte, bevor ein Bekanntmachungsbeschluß gefaßt worden ist, so daß die Wiederholungsgefahr nicht weggefallen sei. Eine Umformulierung des Begehrens zur Verdeutlichung durch Einfügen des tatsächlich für die Zulässigkeit der Werbebehauptung maßgebenden Zeitpunktes der Bekanntmachung der Patentanmeldung kommt unter diesen besonderen Umständen nicht in Frage, weil sich ein solches Begehren nicht mit dem erhobenen Begehren decken und die Zuerkennung eines derartigen Anspruches gegen § 405 ZPO verstoßen würde (vgl dazu SZ 61/149; MR 1989, 104 uva). Ist aber in der Zwischenzeit die Veröffentlichung der Patentanmeldung angeordnet worden, dann kann der Beklagte dem angestrebten Unterlassungsgebot nicht mehr zuwiderhandeln. Für die Annahme, er könnte die Forstplatte wegen eines anderen Details neuerlich zum Patent anmelden und dann abermals vor dem Ergehen eines Bekanntmachungsbeschlusses in irreführender Weise mit den Worten "Patent angemeldet" werben, besteht keinerlei Anhaltspunkt. Daß der Beklagte gegen das angestrebte Unterlassungsgebot noch verstoßen könnte, ist daher so unwahrscheinlich, daß die Gefahr von Wiederholungen zu verneinen ist.
Teilweise berechtigt hingegen ist das Begehren zu 2. Die Berufung auf ein erlangtes Patent ist zwar zu Werbezwecken grundsätzlich zulässig, wenn sie den Tatsachen entspricht (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 28; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht16, 829 Rz 169 zu § 3 dUWG); der Beklagte hat aber nach den Worten "Patent angemeldet" Vorteile des H*****-Mulch-Kartons angeführt, die nur mit dem (nicht patentierten) Mulchen schlechthin verbunden sind. Darauf erstreckt sich die Patentanmeldung auch nicht; sie betrifft wohl einen als "Forstplatte" bezeichneten Mulch-Karton, doch beschreiben die Angaben im kennzeichnenden Teil der Patentbeschreibung (§ 91 PatG), also das, was als Erfindung in Anspruch genommen wird, nur den Verschlußteil und die Form der Forstplatte, nicht aber die (bessere) Wirkung des Mulchkartons in der Natur. Die Hervorhebung solcher Vorteile der H*****-Mulch-Kartons in der beanstandeten Werbung unterhalb der Worte "Patent angemeldet" ist daher im vorliegenden Fall geeignet, in den angesprochenen Verkehrskreisen - ds die im Patentrecht in der Regel nicht versierten Fachleute der Forstwirtschaft - den Eindruck zu erwecken, daß sich das angemeldete Patent zumindest auch in einem nicht unerheblichen Teil auf die in der Werbung besonders hervorgehobene Wirkungsweise der Forstplatte und nicht bloß auf ihre Ausgestaltung und den Verschluß erstreckt; dieser Eindruck ist aber unrichtig. Eine allgemeine Pflicht zur Vollständigkeit von Werbeaussagen besteht zwar nicht (ÖBl 1985, 101 uva), doch besteht eine Aufklärungspflicht insbesondere dann, wenn eine entsprechende Information des Verkehrs nach den Umständen zu erwarten ist; das ist vor allem dann der Fall, wenn durch Verschweigen wesentlicher Umstände ein falscher Gesamteindruck hervorgerufen wird (ÖBl 1982, 126; ÖBl 1985, 71; ÖBl 1985, 101).
Ohne diese - den Patentschutz gar nicht begründenden - Angaben wäre aber die Behauptung eines (vorläufigen) Patentschutzes für den H*****-Mulch-Karton nicht unrichtig, weil Gegenstand des Patentes laut Anmeldung jedenfalls eine Forstplatte und nicht bloß ihr Verschluß ist; sie wäre für sich allein auch nicht irreführend, weil dann besondere Angaben, welche auf einen bestimmten, in Wahrheit nicht bestehenden Umfang des Patentschutzes hinweisen könnten, fehlen würden. In einem solchen Fall den Werbenden zu verpflichten, den gesamten Umfang des Patentschutzes in der Werbung genau zu bezeichnen, würde die Aufklärungspflicht überspannen. Das Begehren zu 2. ist daher nur so weit berechtigt, als dem Beklagten das Unterlassen der Angabe "Patent angemeldet" dann geboten werden soll, wenn mehrere Vorteile des H*****-Mulch-Kartons angeführt werden, die mit dem Patent nicht zusammenhängen; im übrigen aber war es abzuweisen.
Zu Unrecht zieht der Beklagte auch die Eigenschaft der Klägerin als Mitbewerberin im Sinne des § 14 UWG in Zweifel. Die Klägerin erzeugt Produkte aus Pappe und befaßt sich auch mit der Entwicklung von Mulchkartons; zu diesem Zweck hat sie solche Kartons bereits an verschiedene Betriebe zur praktischen Erprobung ausgegeben und plant, Mulchkartons in Zukunft auch auf den Markt zu bringen. Für die Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses genügt es bereits, daß Gewerbetreibende künftig den gleichen Kundenkreis haben; daher ist nicht nur auf den gerade bestehenden, sondern auch auf den Kundenkreis abzustellen, der sich bei einer nach den Umständen zu erwartenden Ausdehnung des Unternehmens, einer Erweiterung der Produktion oder einer Änderung der Nachfrage möglicherweise ergeben kann (Baumbach-Hefermehl aaO 183 Rz 224 EinlUWG). Inwiefern die Klägerin ihr Produkt aus rechtlichen Gründen nicht auf den Markt bringen könnte, woraus der Beklagte das Fehlen eines Wettbewerbsverhältnisses ableitet, ist aber nicht ersichtlich. Der (nur wegen des Verschlußteils) vom Beklagten in Anspruch genommene Patentschutz steht dem nicht entgegen. Daß die Forstplatte der Beklagten allenfalls einem in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Patent widersprechen könnte, läßt die Erweiterung ihrer Produktion nicht ausgeschlossen erscheinen; die Klägerin könnte in diesem Fall zumindest durch den Erwerb einer Lizenz dieses rechtliche Hindernis beseitigen.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz gründet sich, so weit sie den ersten Verfahrensabschnitt bis zur Ausdehnung der Klage betrifft, auf § 43 Abs 1 ZPO. Die Klägerin ist mit dem bis dahin erhobenen Anspruch auf Unterlassung und Urteilsveröffentlichung zur Gänze unterlegen, so daß sie dem Beklagten die gesamten Kosten dieses Verfahrensabschnittes zu ersetzen hat. Die mit der Ausdehnung der Klage verfolgten Ansprüche hat die Klägerin nicht besonders bewertet; da sie an die bisherige Bewertung des Anspruches 1 trotz der Ausdehnung um andere Ansprüche gebunden geblieben ist (SZ 25/172; Fasching I 252), ist bloß eine Bewertung der mit der Ausdehnung der Klage verfolgten Ansprüche unterblieben, so daß für diese gemäß § 56 Abs 2 JN ein Betrag von S 30.000 als Streitwert gilt. Damit hat die Klägerin aber nur mit der Hälfte und überdies mit rund 1/3 des für den Veröffentlichungsanspruch angegebenen Streitwertes gesiegt, sohin nur mit rund 4 % des gesamten Streitwertes. Gemäß § 43 Abs 2 ZPO hat daher die Klägerin dem Beklagten auch die gesamten Kosten des zweiten Verfahrensabschnittes zu ersetzen. Diese Überlegungen gelten auch für die Kosten des Rechtsmittelverfahrens (§ 50 ZPO).
Anmerkung
E27742European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0040OB00096.91.1105.000Dokumentnummer
JJT_19911105_OGH0002_0040OB00096_9100000_000