TE OGH 1991/11/6 9ObA142/91

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Veröffentlicht am 06.11.1991
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon-Prof. Dr. Gamerith und Dr. Bauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Scheuch und Wolfgang Neumeier in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei M***** A*****, Hausfrau, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwälte *****, wider die beklagte Partei Q*****, vertreten durch ***** Rechtsanwälte *****, wegen Hinterbliebenenleistungen (monatlich 26.125,-- S brutto 14mal jährlich, Streitwert 1,097.250,-- S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. März 1991, GZ 13 Ra 6/91-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 5.Oktober 1990, GZ 13 Cga 112/90-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin war seit 24.April 1962 mit W***** A***** verheiratet. Die Ehe wurde mit Urteil des Amtsgerichtes Schöneberg vom 6.Juni 1984 gemäß § 1565 Abs.1 Satz 2 iVm § 1566 Abs.2 BGB geschieden, nachdem die Ehegatten seit Februar 1980 getrennt gelebt hatten. Bei der Scheidung blieb der schuldrechtliche Versorgungsausgleich bezüglich der von W***** A***** in Österreich erworbenen Versorgungsansprüche zugunsten der Klägerin vorbehalten, wurde aber mangels Antrages in weiterer Folge nicht durchgeführt. Am 16.8.1983 hatten M***** und W***** A***** für den Fall der Scheidung einen Vergleich geschlossen, in dem sich W***** A***** ab dem auf die Rechtskraft der Scheidung folgenden Monat zur Leistung eines wertgesicherten Unterhaltsbetrages von 28.000 S monatlich (14mal jährlich) verpflichtete. Am 23.6.1989 schloß W***** A***** vor dem Standesamt Leonding die Ehe mit M***** G*****. Am 21.8.1989 verstarb W***** A***** im 57.Lebensjahr. Zum Zeitpunkt seines Todes war die erwähnte zweite Ehe aufrecht. W***** A***** stand bis zu seinem Tod als Vorstandsvorsitzender aktiv im Dienst der beklagten Partei.

Die Pensionszusage vom 7.7.1977 ist Bestandteil des von der Beklagten mit W***** A***** am selben Tag abgeschlossenen Vorstandsvertrages. Diese Pensionszusage hat auszugsweise folgenden Inhalt:

"Die ***** AG, Linz sagt Ihnen einen Rechtsanspruch auf folgende Alters-, Berufs- und Hinterbliebenenversorgung zu:

§ 1

Sie erhalten ein lebenslängliches Ruhegeld, wenn Sie nach wenigstens fünfjähriger Betriebszugehörigkeit (Wartezeit)

1. im Dienste der Gesellschaft das 65.Lebensjahr vollenden, oder

2. vor Erreichen der normalen Altersgrenze unter Punkt 1 von dem Recht der flexiblen Altersgrenze (Vollendung des 60.Lebensjahres für Männer) Gebrauch machen,

oder

3. unverschuldet berufsunfähig (gem. § 271 ASVG = Allgemeines Sozialversicherungsgesetz) werden und nach Eintritt des Versorgungsfalles aus der Gesellschaft ausgeschieden sind.

Bei Ausscheiden infolge Berufsunfähigkeit ist die Gesellschaft berechtigt, ein ärztliches Gutachten über den Grad der Erwerbsunfähigkeit erstellen und gegebenenfalls jeweils innerhalb von 2 Jahren erneuern zu lassen. Die Kosten trägt das Unternehmen.

§ 2

Das Ruhegeld setzt sich zusammen aus einem Grundbetrag und jährlichen Steigerungsbeträgen. Die Höhe der Versorgungsleistungen richtet sich nach dem ruhegeldfähigen Einkommen und nach den anrechnungsfähigen Dienstjahren. Als ruhegeldfähiges Einkommen gelten 55 % von einem 42stel der gemäß § 2 Ziff.(1) Ihres Dienstvertrages während der letzten drei Dienstjahre vor dem Ausscheiden bezogenen Vergütung. Als anrechnungsfähige Dienstzeit gilt die Zeit, die Sie bis zum 65. Lebensjahr in ununterbrochener Tätigkeit bei der Gesellschaft verbracht haben. Zur Auf- und Abrundung auf volle Jahre bleiben Beschäftigungszeiten unter sechs Monaten außer Betracht, sechs Monate und mehr werden als ein volles Jahr gerechnet. Die anrechnungsfähige Dienstzeit ist auf 25 Dienstjahre begrenzt. Ihr für die Berechnung der anrechnungsfähigen Dienstzeit maßgebliche Betriebszugehörigkeit rechnet vom 1. Mai 1970

an.

Es betragen:

der Grundbetrag 30 %

der Steigerungsbetrag vom

1. bis einschl. 10.Dienstjahr bis jedes volle

Dienstjahr 2 %

des ruhegeldfähigen Einkommens.

Das Höchst-Ruhegeld beträgt 50 % des ruhegeldfähigen Einkommens. Das monatliche Ruhegeld wird 14 mal jährlich ausbezahlt, wobei der 13.Bezug am 31.5. und der 14.Bezug am 30.11. eines jeden Jahres fällig sind.

Bei Inanspruchnahme der vorgezogenen Altersrente wird das erreichte Ruhegeld wegen der längeren Laufzeit für jeden Monat des vorzeitigen Beginns um 0,4 vH seines Betrages gekürzt.

§ 3

Hinterbliebenenrente wird gewährt, wenn im Zeitpunkt des Todes die Voraussetzungen für Versorgungsansprüche bereits erfüllt sind. Bei der Berechnung der Hinterbliebenenrente wird eine Zurechnungszeit gewährt, d.h. zur anrechnungsfähigen Dienstzeit wird die Zeit hinzugerechnet, die Sie noch bis zur Vollendung Ihres 65.Lebensjahres in der Gesellschaft hätten verbringen können. Es werden maximal 20 Zurechnungsjahre gewährt.

§ 4

Die Witwenrente beträgt 50 % des Ruhegeldes, das Sie erhalten hätten oder unter Berücksichtigung der Zurechnungszeit hätten erhalten können. Sie beträgt jedoch mindestens 10 % des ruhegeldfähigen Einkommens. Die Witwenpension wird lebenslänglich gewährt, sie erlischt jedoch im Falle der Wiederverheiratung. Voraussetzung für die Gewährung der Witwen-Rente ist, daß die Ehe vor dem Ausscheiden des Ehemannes aus den Diensten der Gesellschaft geschlossen wurde.

§ 5

Von Ihrem Ableben an erhält jedes eheliche und diesem gleichgestellte Kind bis zur Vollendung des 18.Lebensjahres eine Waisenrente. Diese kann über das 18. Lebensjahr hinaus, längstens bis zur Vollendung des 25.Lebensjahres gewährt werden, solange die Waisen keine eigenen Einkünfte haben und in der Schul- oder Berufsausbildung stehen oder infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen außerstande sind, sich selbst zu unterhalten.

Die Waisenrente beträgt:

für Halbwaise 10 %

für Vollwaise 20 %

desjenigen Ruhegeldes, das Sie bezogen haben oder unter Berücksichtung der Zurechnungszeit hätten erhalten können. Witwen- und Waisenrenten zusammen dürfen insgesamt das Ruhegeld nicht überschreiten, das ihrer Bemessung zugrunde zu legen ist. Um den übersteigenden Teil werden sie anteilsmäßig gekürzt.

§ 6

Endet Ihr Dienstverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles, so bleibt eine Teilanwartschaft bestehen, sofern Sie zu diesem Zeitpunkt mindestens das 35.Lebensjahr vollendet haben und

-

entweder die Pensionszusage für Sie

mindestens 10 Jahre bestanden hat

-

oder der Beginn der Firmenzugehörigkeit

mindestens 12 Jahre zurückliegt und die Pensionszusage für Sie mindestens 3 Jahre

bestanden hatte.

Das heißt, das unverfallbare Ruhegeld besteht in Höhe des Teiles der ohne das vorherige Ausscheiden zustehenden Leistung, der dem Verhältnis der Dauer der Zugehörigkeit zur Gesellschaft zu der Zeit vom Beginn der Gesellschaftszugehörigkeit bis zur Vollendung des 65.Lebensjahres entspricht. Dabei wird das ruhegeldfähige Einkommen zum Zeitpunkt des Ausscheidens zugrundegelegt. Die Bestimmungen der §§ 1 und 2 des Betriebsrentengesetzes der Bundesrepublik Deutschland gelten entsprechend."

Die Klägerin begehrt von der beklagten Partei beginnend ab 31.3.1990 eine jeweils am Letzten eines jeden Monats im nachhinein auszuzahlende monatliche Hinterbliebenenrente von 26.125 S brutto, in eventu die Zahlung von 209.000 S brutto sA und die Feststellung, daß ihr ab 31.10.1990 gegen die beklagte Partei ein Anspruch auf Zahlung einer monatlichen Witwenrente von 26.125 S brutto zustehe. Der Anspruch ergebe sich aus der Pensionszusage. Die Hinterbliebenenversorgung sei Bestandteil des von der beklagten Partei dem W***** A***** geschuldeten Entgelts gewesen. Der Versorgungscharakter sei für alle Parteien offenbar gewesen, insbesonders sei auch ihr von allen Beteiligten sowohl vor als auch nach der Scheidung der Ehe versichert worden, daß für ihren Unterhalt auch nach allfälligem Ableben von W***** A***** durch die Pensionszusage der beklagten Partei gesorgt sei. Es sei Absicht der Vertragspartner der Pensionszusage gewesen, die sich hieraus ergebenden Hinterbliebenenrechte unabhängig von einer allfälligen Scheidung der Klägerin ad personam zukommen zu lassen. Hilfsweise stützte die Klägerin ihr Begehren auch auf das "Versorgungswerk G***** S***** Österreich" und auf ein Anerkenntnis der Klagsforderung durch die beklagte Partei dem Grunde nach; die letztgenannten Anspruchsgründe wurden im Rechtsmittelverfahren nicht mehr aufrecht erhalten.

Die beklagte Partei beantragt die Abweisung der Klage. Die Witwen- und Waisenversorgung stehe nach § 3 Abs.1 der Pensionszusage nur zu, wenn im Zeitpunkt des Todes des Angestellten die Voraussetzungen für seine Versorgungsansprüche bereits erfüllt seien. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente, weil W***** A***** noch vor Erfüllung der Voraussetzungen für seine Alters- oder Berufsversorgung gestorben sei. Eine Zusage auf Versorgungsleistung gegenüber der Klägerin persönlich habe die beklagte Partei nicht abgegeben. Eine allfällige Witwenrente könnte jedenfalls nicht der Klägerin, sondern allenfalls der Ehefrau W***** A*****s zum Zeitpunkt seines Todes, M***** A*****, zustehen.

Das Erstgericht wies das Begehren der Klägerin ab. Die Klägerin könne ihren Anspruch auf die Pensionszusage nicht stützen, weil sie weder Witwe nach W***** A***** sei noch die Anspruchsvoraussetzungen nach § 3 Satz 1 iVm § 1 der Pensionszusage erfüllt seien. W***** A***** sei nämlich im 57. Lebensjahr verstorben, ohne vorher infolge Berufsunfähigkeit aus der Gesellschaft ausgeschieden zu sein. Soweit sich die Klägerin in diesem Zusammenhang auf § 3 Satz 2 der Pensionszusage berufe, übersehe sie, daß eine Zurechnungszeit nicht für den Grund des Anspruches, sondern nur für die Berechnung der Höhe der Rente vereinbart worden sei. Diese Bestimmung stehe in einem unmittelbaren Zusammenhang mit § 2 der Pensionszusage. Mangels Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen für die vereinbarte Alters- und Hinterbliebenenversorgung im Zeitpunkt des Ablebens des W***** A***** seien daher weder die Klägerin noch seine Witwe M***** A***** aus der Pensionszusage vom 7.7.1977 anspruchsberechtigt. Deshalb erübrigten sich Feststellungen und Beweisaufnahmen über die Behauptung der Klägerin, die Pensionszusage beziehe sich nach dem Willen der Parteien auch nach der Scheidung ausschließlich auf sie persönlich.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Die vom Erstgericht vorgenommene Auslegung der Pensionszusage entspreche den Grundsätzen des § 914 ABGB. Der Sinn der Vereinbarung vom 7.7.1977, aus der die Klägerin ihre Ansprüche ableite, sei durch die Auslegung dieses Vertrages zu gewinnen. Da sich aus der Auslegung der Pensionszusage ein sinnvolles Ergebnis ableiten lasse, sei auf die als Vertragsmuster verwendete deutsche Versorgungsordnung (desselben Konzernes) als Auslegungshilfe nicht zurückzugreifen. Nach § 3 Abs.1 der Pensionszusage werde eine Hinterbliebenenrente gewährt, wenn im Zeitpunkt des Todes die Voraussetzungen für die Versorgungsansprüche bereits erfüllt seien. Der Plural "Versorgungsansprüche" ergebe sich aus dem Einleitungssatz, nämlich Alters-, Berufs- und Hinterbliebenenversorgung. Nach § 1 setze der Anspruch auf lebenslängliches Ruhegeld das Ausscheiden aus der Gesellschaft nach wenigstens 5 Jahren Betriebszugehörigkeit (Wartezeit) nach Eintritt des Versorgungsfalls voraus, und zwar Vollendung des 65.Lebensjahres im Dienst der Gesellschaft, Inanspruchnahme des Rechts der flexiblen Altersgrenze (Vollendung des 60.Lebensjahres für Männer) oder unverschuldete Berufsunfähigkeit. Nur wenn eine dieser Voraussetzungen für die Alters- oder Berufsversorgung bereits zur Zeit des Todes des Angestellten erfüllt gewesen sei, bestehe Anspruch auf Hinterbliebenenrente nach § 3. Der Hinzurechnungsregel des § 3 Abs.2 für die Höhe der Hinterbliebenenrente komme entgegen den Berufungsausführungen durchaus ein Anwendungsbereich zu, wenn der Angestellte Ruhegeld nicht erst nach Vollendung des 65.Lebensjahres erhalte, sondern wenn er bereits mit 60 Jahren in den Ruhestand getreten sei oder wegen Berufsunfähigkeit noch früher. Auch aus § 4 Abs.1 der Pensionszusage ergebe sich, daß ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente nur dann zustehe, wenn zur Zeit des Todes die Voraussetzungen für den Versorgungsanspruch durch den Angestellten bereits erfüllt gewesen seien; die Witwenrente betrage nämlich nach dieser Bestimmung 50 % des Ruhegeldes, das der Angestellte erhalten hat oder unter Berücksichtigung der Zurechnungszeit (§ 3 Abs.2 Pensionszusage) erhalten hätte können; es werde also vorausgesetzt, daß der Angestellte zur Zeit des Todes bereits Ruhegeld erhalten habe. Eine analoge Regel für die Waisenpension finde sich im § 5 Abs.2 der Pensionszusage. Die Voraussetzungen für die Gewährung der Alters-, Berufs- und Hinterbliebenenversorgung seien daher vollständig und eindeutig in der Pensionszusage geregelt. Sowohl die Wortinterpretation als auch die systematische Auslegung ergebe, daß ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente nur dann bestehe, wenn zur Zeit des Todes des Angestellten dieser alle Voraussetzungen für das Ruhegeld bereits erfüllt habe. Aus der Pensionszusage vom 7.7.1977 lasse sich daher der Anspruch der Klägerin nicht ableiten. Daher erübrige sich ein Eingehen auf die Frage, ob die Klägerin trotz ihrer Scheidung von W***** A***** Anspruch auf Witwenrente hätte, weil ihr dieser Anspruch nach dem Willen der Vertragschließenden persönlich unabhängig von einer späteren Scheidung eingeräumt worden sei. Die Unterlassung der zu diesem Punkt beantragten Beweisaufnahmen begründe daher auch keinen wesentlichen Verfahrensmangel.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinn einer Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist im Sinn des Eventualantrages berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Kann aus dem Wortlaut allein der Inhalt der Regelung nicht unzweifelhaft erschlossen und kann auch die Parteienabsicht nicht festgestellt werden, ist die Willenserklärung so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht (§ 914 ABGB). Maßgeblich ist der Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung und die dem Sinn und Zweck der Vereinbarung entsprechende Parteienabsicht (Bank Arch 1989, 183), wobei davon auszugehen ist, welchen Sinn jeder der vertragschließenden Teile redlicherweise der Vereinbarung unterstellen mußte (SZ 53/104 ua). Die von der Revision mehrfach zitierte Versorgungsordnung (Versorgungsordnung der Firma G***** Q***** G***** S***** KG für den deutschen Rechtsbereich) mag wohl in mehreren Punkten als Muster für die Abfassung der vorliegenden Pensionszusage gedient haben. Es wurde aber mit dieser Pensionszusage letztlich ein eigenständiges Vertragswerk geschaffen. Ein Zurückgreifen auf die Versorgungsordnung bei Auslegung des Inhaltes der Pensionszusage ist schon deshalb nicht zulässig, weil jeder Hinweis darauf fehlt, daß W***** A***** den Inhalt der Versorgungsordnung und die Tatsache kannte, daß sie zum Teil in die Pensionszusage eingeflossen war. Die Versorgungsordnung kann daher zur Erforschung des Willens der Vertragsteile bei Vertragsabschluß keine Grundlage bieten.

Gemäß § 3 Abs.1 der Pensionszusage werden Hinterbliebenenrenten gewährt, wenn im Zeitpunkt des Todes die Voraussetzungen für Versorgungsansprüche bereits erfüllt sind. Der Begriff "Versorgungsanspruch" oder "Versorgungsansprüche" findet sich in keinem anderen der maßgeblichen Punkte der Pensionszusage. Woran die in der zitierten Bestimmung genannte Bedingung anknüpft, ergibt sich aus ihrer Fassung und auch den anderen Punkten des Vertrages nicht eindeutig. Daß zwischen den vertragschließenden Parteien Gespräche über die Auslegung der Bestimmungen über die allgemeinen Voraussetzungen für die Hinterbliebenenpensionen geführt oder diesbezüglich über den schriftlichen Text hinaus mündliche Vereinbarungen getroffen worden wären, die eine Interpretationsgrundlage bieten könnten, wurde nicht behauptet. Es ist daher auf den Text der Vereinbarung zurückzugreifen und die Auslegung unter Anwendung der oben dargestellten Grundsätze des § 914 ABGB vorzunehmen.

Vereinbart ein Dienstnehmer mit dem Dienstgeber neben einer ihn begünstigenden Alters- bzw. Invalidenversorgung auch Versorgungsansprüche zugunsten seiner Hinterbliebenen, so entspricht es der allgemeinen Übung, daß diese Versorgungsansprüche auch dann anfallen, wenn der Dienstnehmer noch während des aktiven Dienstes stirbt, sofern allfällige Warzezeitvoraussetzungen erfüllt sind. Eine Hinterbliebenenversorgung, die erst nach Eintritt des Versicherungsfalles beim unmittelbar Begünstigten Platz zu greifen hätte, wäre eher außergewöhnlich. Vom Vorliegen einer solchen einschränkenden Vereinbarung könnte nur ausgegangen werden, wenn dies zwischen den Vertragsparteien in eindeutiger Form festgelegt worden wäre.

Eine solch klare Bestimmung enthält aber die vorliegende Pensionszusage nicht. In der Präambel wird W***** A***** ein Rechtsanspruch auf Alters-, Berufs- und Hinterbliebenenversorgung eingeräumt. § 1 knüpft diese Ansprüche an eine mehr als 5jährige Betriebszugehörigkeit, Erreichung des 65.Lebensjahres bzw. des 60. Lebensjahres bei Inanspruchnahme der vorzeitigen Alterspension oder Eintritt der Berufsunfähigkeit und das Ausscheiden nach Eintritt des Versorgungsfalles aus der Gesellschaft. Allgemeine Bedingung für alle Versorgungsansprüche im § 1 sind die Zurücklegung einer mehr als 5jährigen Betriebszugehörigkeit und das Bestehen des aufrechten Dienstverhältnisses im Zeitpunkt des Versorgungsfalles. Der § 3 Abs.1 der Pensionszusage ist, gemessen an dem aus der allgemein üblichen Vorgangsweise, die Hinterbliebenenleistungen auch für den Fall des Ablebens des Dienstnehmers während des aufrechten Bestandes des Dienstverhältnisses zu gewähren, abzuleitenden objektiv erkennbaren Zweck der Regelung dahin auszulegen, daß damit auf die im § 1 bestimmten allgemeinen Voraussetzungen für die Versorgungsansprüche Bezug genommen wird. Die Wendung "Voraussetzungen für Versorgungsansprüche" kann dementsprechend nur dahin verstanden werden, daß damit die Bedingungen statuiert werden sollten, die allen im § 1 genannten Versorgungsansprüchen gemeinsam sind. Bei dieser Auslegung gewinnt auch § 3 Abs.2 einen sinnvollen Regelungszweck. Das Berufungsgericht erblickte den Anwendungsbereich dieser Bestimmung darin, daß die Zurechnungszeit zu gewähren sei, wenn der Angestellte das Ruhegeld nicht erst mit Vollendung des 65.Lebensjahres in Anspruch nehme, sondern im Fall der vorzeitigen Alterspension mit 60 Jahren oder im Fall der Berufsunfähigkeit zu einem noch früheren Zeitpunkt. Es erscheint zumindest fraglich, ob in diesen Fällen eine Zurechnungszeit für die Ansprüche der Hinterbliebenen in Anrechnung zu kommen hätte, zumal eine Zurechnungszeit für den Fall des Direktanspruches in diesen Fällen nicht vorgesehen ist. Im § 2 letzter Absatz Pensionszusage wird bei Inanspruchnahme der vorzeitigen Alterspension vielmehr eine Kürzung des Ruhegeldes vorgesehen. Die Ansprüche der Hinterbliebenen wären dann, zumindest was die für die Berechnung zu berücksichtigende Zeit betrifft, günstiger als die des direkt Begünstigten. Diese Fragen können aber unerörtert bleiben, weil dieser Fall hier nicht vorliegt. Viel naheliegender ist es, die Bestimmung dahin auszulegen, daß die Zurechnungszeit im Fall des Todes des Angestellten bei aufrechtem Dienstverhältnis zu gewähren ist. Nur so ist das Abstellen auf die bis zum 65.Lebensjahr noch verbleibende Dienstzeit, die "der Angestellte noch in der Gesellschaft hätte verbringen können", verständlich; im Fall der vorzeitigen Inanspruchnahme des Ruhegeldes durch ihn selbst stünde ja bereits fest, daß der Angestellte im weiteren bis zur Vollendung des 65.Lebensjahres keine aktiven Dienste mehr zu leisten gehabt hätte. Die Regelung dient offenbar dazu, den Hinterbliebenen auch im Falle des früheren Todes des Dienstnehmers bei aufrechtem Dienstverhältnis eine angemessene Versorgungsleistung sicherzustellen. Auch aus § 4 ergibt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes keine Stütze für die gegenteilige Ansicht. Die Witwenrente beträgt nach dieser Bestimmung 50 % des Ruhegeldes, das der Angestellte erhalten hat, oder unter Berücksichtigung der Zurechnungszeit hätte erhalten können. Der zweite Fall dieser Bestimmung bietet die Grundlage für die Berechnung der Witwenrente im Fall des Todes des Angestellten bei aufrechtem Dienstverhältnis.

Da W***** A***** im Zeitpunkt des Todes unbestritten noch im

aufrechten Dienstverhältnis stand und eine länger als 5jährige

Dienstzeit im Betrieb der beklagten Partei zugebracht hatte,

besteht grundsätzlich Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen aus der Pensionszusage. Eine Auseinandersetzung mit allfälligen Ansprüchen aus einer Teilanwartschaft gemäß § 6 Pensionszusage ist entbehrlich, weil im vorliegenden Fall im Hinblick auf das im Zeitpunkt des Todes aufrechte Dienstverhältnis der Anspruch auf Ruhegeld nach § 1 Pensionszusage bzw. auf Hinterbliebenenrente nach § 3 Pensionszusage iVm § 1 zu beurteilen ist.

Die Ehe der Klägerin mit W***** A***** war im Zeitpunkt seines Todes rechtskräftig geschieden. Der Ansicht der Revisionswerberin, aus dem schriftlichen Text der Pensionszusage könne auch unter diesen Umständen ihr Anspruch auf Witwenpension abgeleitet werden, kann nicht beigetreten werden. Wohl wäre es denkbar, eine Pensionszusage in der Form abzuschließen, daß damit der Versorgungsanspruch auch im Falle der Scheidung für die Frau gesichert wird, die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit dem Dienstnehmer verheiratet ist. Dies müßte aber in der Vereinbarung ausdrücklich, etwa durch Nennung des Namens oder eine andere eindeutige individualisierende Bezeichnung der solcherart Begünstigten zum Ausdruck gebracht werden. Einen Hinweis darauf enthält das vorliegende Vertragswerk nicht. Es wird nur allgemein von der Witwenrente gesprochen. Witwe ist aber in jedem Fall nur die Frau, die im Zeitpunkt des Todes mit dem Verstorbenen verheiratet war; die Bestimmung des § 4 letzter Absatz Pensionszusage, wonach die Witwenrente nur gebührt, wenn die Ehe mit dem Dienstnehmer vor dem Ausscheiden aus der Gesellschaft geschlossen wurde, scheint sogar gegen die von der Klägerin vertretene Ansicht zu sprechen. Hätte nur sie ad personam Begünstigte sein sollen, so hätte es dieser Bestimmung nicht bedurft, zumal ja ihre Ehe mit W***** A***** im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung aufrecht bestand. Die Arbeit von Bydlinski in der Festschrift Schnorr, 3 ff, hat die Frage zum Gegenstand, ob sich eine in einem Pensionsvertrag zugesagte Witwenversorgung sich nach dem Tod der Frau, mit der der Dienstnehmer im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses verheiratet war, auch auf die Ehefrau aus einer zweiten Ehe erstrecke. Die sich auf den Anspruch der Ehefrau im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beziehenden Ausführungen werden durchwegs unter der Prämisse behandelt, daß die Ehe im Zeitpunkt des Todes noch aufrecht war (Bydlinski aaO 11, 12, 14). Der Anspruch der Ehefrau des Pensionsberechtigten nach Scheidung der Ehe wird in dieser Arbeit nicht behandelt. Für die Auffassung der Klägerin ist daher hieraus nichts abzuleiten.

Die Klägerin hat sich jedoch im Verfahren auch darauf berufen und Beweise angeboten, daß es dem Willen der Vertragsteile entsprochen habe und ihr ausdrücklich zugesagt worden sei, daß die Pensionszusage auch nach Scheidung der Ehe für ihre Person Wirksamkeit habe. Ausgehend von einer vom Obersten Gerichtshof nicht gebilligten Rechtsansicht haben die Vorinstanzen eine Prüfung dieser Frage unterlassen. In dieser Richtung erweist sich das Verfahren ergänzungsbedürftig.

Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E27606

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:009OBA00142.91.1106.000

Dokumentnummer

JJT_19911106_OGH0002_009OBA00142_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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