TE OGH 1991/11/7 6Ob615/91

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Veröffentlicht am 07.11.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Redl, Dr. Kellner und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Oskar F*****, Exportkaufmann, ***** vertreten durch Dr. Eduard Klingsbigl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Richard W*****, Lehrer, und 2.) Margarethe W*****, Lehrerin, ***** beide vertreten durch Dr. Ernst Karg, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung einer Geschäftsraummiete, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 7. Mai 1991, AZ 41 R 156/91 (ON 59), womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 19. Dezember 1990, GZ 46 C 75/87-52, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

1. Die Revision wird insoweit zurückgewiesen, als sie sich gegen die Bestätigung des erstinstanzlichen Urteiles in Ansehung der zweiten Beklagten richtet.

2. Im übrigen wird der Revision stattgegeben. Das angefochtene Urteil und das Urteil erster Instanz werden in deren Aussprüchen über die gegen den ersten Beklagten gerichtete Aufkündigung sowie in den Kostenentscheidungen aufgehoben und die Rechtssache wird in diesem Umfang zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurückverwiesen. Der Antrag der zweiten Beklagten auf Zuspruch von Kosten für die Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Im übrigen sind die Kosten des Revisionsverfahrens Kosten des zu ergänzenden Verfahrens.

Text

Begründung:

Der Vater des Klägers war im Sinne der Einantwortungsurkunde vom 19. Juni 1922 ebenso wie zwei weitere Erben Eigentümer eines Drittelanteiles an einer städtischen Liegenschaft mit einem darauf errichteten Wohnhaus geworden. In seiner Eigenschaft als Liegenschaftsmiteigentümer zu einem Drittelanteil und als Benützer eines von ihm auf eigene Kosten adaptierten Ateliers, über dessen Nutzung er sich als allein verfügungsberechtigt ansah, einigte er sich im Dezember 1966 mit dem ersten Beklagten über eine mietweise Überlassung des Ateliers für Zwecke eines Kindergartenbetriebes. Die hierüber errichtete Vertragsurkunde verfaßte der Vater des Klägers unter Verwendung eines Vordruckes für Untermietverträge, bezeichnete darin als Vermieterin seine Ehefrau und als Mieter den ersten Beklagten und dessen Ehefrau, die zweite Beklagte. Nach dem Urkundeninhalt sollte der Mietvertrag mit 1. November 1966 beginnen und auf unbestimmte Zeit eingegangen sein; der monatliche Mietzins war mit 2.100 S ausgewiesen. Die Vertragsurkunde unterschrieben der Vater des Klägers "als Hauseigentümer", dessen Gattin "als Hauptmieterin" und "als Untermieter" nur der erste Beklagte.

Die Zwischenschaltung der Ehefrau des Anteilseigentümers erfolgte nur zum Schein. Der Vater des Klägers erklärte dazu der zweiten Beklagten, er wolle die Mieteinnahmen nicht mit den übrigen Liegenschaftsmiteigentümern teilen und deshalb sollte nur ein Untermietvertrag abgeschlossen werden.

Der Vater des Klägers starb im Jahre 1977. Die Witwe des Erblassers übereignete als Erbin dem Kläger zur Abfindung seiner Pflichtteilsansprüche den Liegenschaftsdrittelanteil, behielt sich allerdings auf Lebenszeit den Bezug des "Hauptmietzinses des im Haus eingemieteten Privatkindergartens" vor. Im Sinne dieses Pflichtteilsübereinkommens vom 7. Februar 1979 wurde das Eigentumsrecht des Klägers an der Liegenschaft zu dem ehemals seinem Vater zugestandenen Drittelanteil bücherlich einverleibt.

Der erste Beklagte geriet in der Folge immer wieder mit Zinszahlungen in Verzug. Der Kläger brachte deshalb wiederholt Mietzinsklagen ein. In diesen Mietzinsklagen bezeichnete sich der Kläger jeweils als Hauptmieter der Atelierräume und beide Beklagte als Untermieter. Die Beklagten ließen es jeweils zur Erlassung von Versäumnisurteilen und mehrmals zu Fahrnisexekutionen kommen.

Am 28. Juni 1984 kündigte der Kläger das als Untermiete bezeichnete Bestandverhältnis über die Atelierräume beiden Beklagten zum 31. Dezember 1984 wegen grob verschuldeter qualifizierter Mietzinsrückstände sowie vertragswidriger Verwendung der gemieteten Räume lediglich zu Lagerzwecken gerichtlich auf. Der über diese Aufkündigung ergangene Gerichtsbeschluß wurde dem ersten Beklagten am 5. Juli 1984, der zweiten Beklagten einen Tag später zugestellt.

Die Beklagten bestritten nicht nur das Vorligen der geltend gemachten Kündigungsgründe, sondern wendeten ausdrücklich auch das Fehlen der Aktivlegitimation des Klägers sowie die zweite Beklagte den Mangel ihrer Passivlegitimation ein.

Das Prozeßgericht erster Instanz hob mit seinem Urteil vom 10. Juli 1986 die Aufkündigung als rechtsunwirksam auf, weil es die geltend gemachten Kündigungsgründe nicht als erfüllt ansah. Mit den Einwendungen zur mangelnden Aktivlegitimation des Klägers und zur fehlenden Passivlegitimation der zweiten Beklagten befaßte sich das Prozeßgericht dabei nicht.

Das Berufungsgericht faßte einen Aufhebungsbeschluß. Es erachtete das Verfahren einerseits zum Vorliegen groben Verschuldens der Beklagten am Auflaufen der (zur Zeit der Aufkündigung bestandenen, aber während des Rechtsstreites getilgten) Mietzinsrückstände, andererseits aber zu den eingewendeten Mängeln der Aktivlegitimation des Klägers und der Passivlegitimation der zweiten Beklagten als ergänzungsbedürftig.

Im zweiten Rechtsgang hob das Prozeßgericht mit seinem mit 19. Dezember 1990 datierten Urteil die Aufkündigung abermals als rechtsunwirksam auf. Es verneinte nunmehr sowohl eine Mitmieterschaft der Zweitbeklagten als auch eine Berechtigung des Klägers zur Aufkündigung.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Dazu sprach es aus, daß die ordentliche Revision zuläsig sei.

Das Prozeßgericht erster Instanz bezeichnete in seinen Sachverhaltsfeststellungen den Vater des Klägers im Jahre 1966 als einen über das Atelier "allein verfügungsberechtigten" Dritteleigentümer der Liegenschaft. Aus welchen Vereinbarungen der Miteigentümer oder aus welchen als Grundlage für die Annahme einer schlüssigen Willenserklärung zu wertenden Verhaltensweisen der Miteigentümer sich die Alleinverfügungsberechtigung hergeleitet haben soll, wurde weder behauptet noch festgestellt und ist daher nicht überprüfbar. Die einem Anteilseigentümer zugestandene "Verfügungsbefugnis" über eine einzelne Wohneinheit im gemeinschaftlichen Haus ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung der hiezu ausdrücklich oder stillschweigend getroffenen Regelung der Miteigentümer.

Ausgehend von dem zugrundegelegten alleinigen Verfügungsrecht des Dritteleigentümers über die Atelierräume folgerte das Prozeßgericht erster Instanz in weiterer rechtlicher Beurteilung:

Die Zwischenschaltung der Ehefrau des Dritteleigentümers sei nur zum Scheine erfolgt, in Wahrheit sei zwischen dem Erstbeklagten als Bestandnehmer und dem Vater des Klägers als Bestandgeber unmittelbar ein Vertrag geschlossen worden. Das damit begründete Bestandverhältnis sei Hauptmiete, die der (in Ansehung des Ateliers allein verfügungsberechtigte) Liegenschaftsmiteigentümer mit Verpflichtungswirkung für alle Miteigentümer begründen habe können. Die zweite Beklagte habe keine Vertragserklärung abgegeben. Sie sei nie Mitbestandnehmerin geworden und deshalb auch zur Aufkündigung passiv nicht legitimiert.

Das Berufungsgericht teilte die erstrichterliche Beurteilung, daß es über die mietweise Überlassung des Ateliers zwischen dem Vater des Klägers als Drittelanteilseigentümer der Liegenschaft und dem ersten Beklagten (nicht auch mit der zweiten Beklagten) unmittelbar zu einem Vertragsabschluß gekommen und die Zwischenschaltung der Ehefrau des Dritteleigentümers als Scheingeschäft nichtig sei. Das durch diesen Vertragsabschluß begründete Bestandverhältnis sei ein Hauptmietverhältnis, welches durch die Rechtsgeschäftserklärung des "allein verfügungsberechtigten" Miteigentümers mit sämtlichen Liegenschaftsmiteigentümer als Vermieter begründet worden sei. Der Kläger sei als Gesamtrechtsnachfolger des über das Atelier im gemeinschaftlichen Haus "allein verfügungsberechtigten" Drittelanteilseigentümers in "die diesbezüglichen Benützungsvereinbarungen" eingetreten. Er sei aber nicht befugt, wie ein verwaltender Mehrheitseigentümer im eigenen Namen mit Wirkung für die übrigen Teilhaber das mit einem Dritten begründete Bestandverhältnis über das Atelier aufzukündigen, sondern könne nur wie ein Verwalter als Machthaber der übrigen einschreiten, was der Kläger aber nicht einmal behauptet habe. Für sich allein sei der Kläger als Minderheitseigentümer zur Aufkündigung nicht aktiv legitimiert.

Der Kläger ficht dieses bestätigende Berufungsurteil aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Abänderungsantrag an, die Aufkündigung gegenüber dem ersten Beklagten für rechtswirksam zu erklären und ihn zur Räumung des Ateliers zu verpflichten, die Aufkündigung gegenüber der zweiten Beklagten aber allein aus dem Grunde ihrer mangelnden Passivlegitimation für rechtsunwirksam zu erklären; hilfsweise stellt der Revisionswerber Aufhebungsanträge.

Die Beklagten streben die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist in Ansehung der zweiten Beklagten unzulässig, in Ansehung des ersten Beklagten aber im Sinne des Aufhebungsantrages berechtigt.

Die rechtliche Beurteilung, daß die zweite Beklagte nach den zugrundezulegenden Sachverhaltsfeststellungen nicht Vertragspartei auf Bestandnehmerseite geworden ist und aus diesem Grund zur Aufkündigung passiv nicht legitimiert ist, wird vom Revisionswerber nicht bekämpft, sondern vielmehr zum Inhalt seines Rechtsmittelantrages erhoben.

In Ansehung der zweiten Beklagten fehlt es dem Rechtsmittelwerber an der formellen Beschwer, weil er eindeutig nicht eine Abänderung des Spruches der angefochtenen Entscheidung, sondern lediglich eine solche ihrer Begründung anstrebt, daß nämlich die Kündigung der zweiten Beklagten gegenüber nicht etwa mangels Kündigungsbefugnis des Klägers, sondern ausschließlich wegen einer fehlenden Vertragsstellung der zweiten Beklagten (passive Legitimation zur Kündigung) aufgehoben werde.

Diese fehlende Beschwer macht das Rechtsmittel unzulässig. Darauf hat die zweite Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung nicht hingewiesen, so daß ihre Beteiligung an der Revisionsbeantwortung nicht als zur Rechtsverteidigung zweckmäßig angesehen werden kann.

Die zutreffende Begründung der Vorinstanzen über die nach der wahren Parteiabsicht als nichtig zu qualifizierende Vorgabe einer Ableitung des Benützungsrechtes des ersten Beklagten von der Ehefrau des Anteilseigentümers und das Zustandekommen einer unmittelbaren Vertragsbeziehung zwischen dem Anteilseigentümer als Bestandgeber und dem ersten Beklagten als Bestandnehmer läßt der Revisionswerber unwidersprochen.

Es ist daher davon auszugehen, daß der zu einem Drittel am Liegenschaftseigentum mitbeteiligte Anteilseigentümer die ihm von seinen Miteigentümern zumindest schlüssig zur alleinigen Nutzung überlassenen Atelierräume mietweise auf unbestimmte Zeit an den ersten Beklagten für Zwecke eines Kindergartenbetriebes überlassen hat und der Kläger von der Erbin des vermietenden Anteilseigentümers dessen Miteigentumsanteil zur Abfindung seiner Pflichtteilsansprüche übereignet erhielt und dann die Fremdnutzung durch den Erstbeklagten im Sinne des von seinem Vater abgeschlossenen Mietvertrages jahrelang aufrechterhielt, ohne daß die übrigen Miteigentümer dagegen Einwendungen erhoben hätten.

Sollte nun der Vater des Klägers als bloßer Minderheitseigentümer nicht befugt gewesen sein, in Abänderung der faktisch geübten Eigennutzung des Ateliers durch ihn eine diese Eigennutzung ausschließende mietweise Fremdnutzung zu begründen, hätte er seine Teilhaber im Liegenschaftseigentum durch den Mietvertragsabschluß keinesfalls verbunden. Die Vertragsstellung eines Bestandnehmers wäre ausschließlich ihm zugekommen und, soweit der Kläger als Rechtsnachfolger im Miteigentum in die Bestandgeberstellung eingetreten wäre, wäre er auch als alleiniger Vertragspartner des ersten Beklagten allein zur Ausübung des Gestaltungsrechtes der Aufkündigung befugt.

Sollte der Vater des Klägers jedoch kraft ausdrücklicher oder schlüssiger Vereinbarung sämtlicher Ligenschaftsmiteigentümer die ausschließliche Benützung des von ihm ausgebauten Ateliers eingeräumt erhalten haben, mag die Weitergabe des ihm als Anteilseigentümer grundsätzlich ungeteilt mit den übrigen Miteigentümern zugestandenen und durch eine die Miteigentümer bindende Regelung räumlich gerade auf das Atelier konzentriertes Alleinbenützungsrecht von den übrigen Teilhabern hinzunehmen gewesen sein. Daß sie es damit aber auch auf sich genommen hätten, in ein unmittelbares Vertragsverhältnis zu einer Person zu treten, der der kraft Benützungsregelung allein nutzungsberechtigte Anteilseigentümer die Nutzung zur Ausübung entgeltlich überlassen hat, ist eine - von der unzweifelhaften Absicht, die Rechtsstellung des Bestandnehmers zu begünstigen und zu stärken, getragene - Annahme, die zwar einer von der Kommentarliteratur gebilligten Rechtsprechung entspricht, aber dennoch in Zweifel gezogen werden könnte, zumal die These, daß in der Überlassung eines Teiles der gemeinsamen Sache zur ausschließlichen Nutzung durch einen Teilhaber auch eine auf diesen Teil eingeschränkte Übertragung zur Verwaltung der gemeinschaftlichen Sache gelegen sei - die dann auch zur Vermietung auf unbestimmte Zeit, also auch über die Bestanddauer der Benützungsregelung, durch die Eigentümergesamtheit berechtige - (vgl SZ 42/126 uva) mit dem Standpunkt in unlösbaren Widerspruch gerät, daß ein solcherart begründetes Fremdnutzungsrecht mit dem Fortfall der internen Benützungsregelung enden müsse (vgl MietSlg 6922, SZ 23/283, 7 Ob 665/78 und 5 Ob 647/79) und daß die mietweise Weitergabe der dem Anteileigentümer zugestandenen Alleinnutzung an einem Teil der gemeinschaftlichen Sache die übrigen Miteigentümer nicht berühre (SZ 23/288).

Die These von der in der Benützungsregelung enthaltenen Verwaltungsvollmacht entwickelte das Modell, daß der Anteilseigentümer den Mietvertrag über das ihm zur alleinigen Nutzung überlassene Objekt als Vermieter zwar formell im eigenen Namen, materiell aber auch als Vertreter der übrigen Miteigentümer abschließe (MietSlg 4902). Danach sei der Anteilseigentümer, dem durch Benützungsregelung die ausschließliche Nutzung eines Teiles der gemeinschaftlichen Sache zugewiesen wurde, mangels gegenteiliger Regelung befugt, über diesen ihm zugewiesenen Teil Mietverträge zu schließen und diese auch wieder aufzukündigen (MietSlg 21.393). Diese These, daß der von einem kraft Benützungsregelung in Ansehung einer Wohnung allein nutzungsberechtigte Anteilseigentümer über dieses Objekt als Bestandgeber abgeschlossene Mietvertrag ein der Eigentümergemeinschaft als Bestandgeberin zugerechneter Hauptmietvertrag sei, wurde auch nach dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes, und zwar nunmehr als gesichert und nicht mehr ableitungsbedürftig, aufrechterhalten (EvBl 1988/58 = WoBl 1988/15 ua).

Im Anwendungsbereich des § 2 MRG ist nach dessen - für den vertraglich nicht abdingbaren Mieterschutz

wesentlichen - Definitionen für das von einem kraft Benützungsregelung über einen Teil des Hauses allein nutzungsberechtigten Anteilseigentümer in Ansehung dieses Objektes als Vermieter eingegangene Bestandverhältnis zu beachten, daß der Vermieter mangels der Konstrutktion einer in der Benützungsregelung enthaltenen "Verwaltungsvollmacht" nicht mit Wirkung für die übrigen Miteigentümer, sondern - wie ein Wohnungseigentümer kraft der ihm zugestandenen

Sondernutzung - nur mit Wirkung für seine eigene Person abschließt, andererseits aber nicht nur ein vertraglich eingeräumtes Benützungsrecht an dem kraft Benützungsregelung überlassenen Teil der gemeinschaftlichen Sache besitzt, sondern ein aus dem Eigentum abgeleitetes unmittelbares dingliches Recht auf Nutzung, das allerdings insofern einer Regelung bedarf, als die gleichartigen Rechte der übrigen Teilhaber in Ansehung des Teilobjektes ausgeschlossen werden müssen. Dies ist für die Befugnis, über die Objektnutzung rechtsgeschäftlich zu verfügen, in gleicher Weise entscheidend, wie für die Rechtsstellung eines Rechtsnehmers, der nicht Eigentümer ist. Ob hier die Analogie zum Alleineigentümer oder zum Wohnungseigentümer, dem ja im Verhältnis zu seinen Teilhabern auch nur ein vertraglich eingeräumtes Sondernutzungsrecht zusteht, dem allerdings wegen der "Verdinglichung" eine erheblich größere Bestandgewähr zuzubilligen ist als einem auf schlichter Benützungsregelung beruhenden Nutzungsrecht, ist eine an den Schutzzwecken des MRG zu entscheidende Frage, die aber im Anlaßfall nicht geklärt zu werden braucht:

Was nämlich das Recht des Klägers zur Aufkündigung des von seinem Vater als seinem Rechtsvorgänger im Drittelanteil an der Liegenschaft über das von ihm allein benützte Atelier eingegangene Bestandverhältnis anlangt, stünde ihm das Gestaltungsrecht allein zu, falls er alleiniger Bestandgeber wäre - etwa weil überhaupt keine Benützungsregelung bestand oder nur eine solche, nach der die Weitergabe der Nutzung an Dritte ausgeschlossen sein sollte, oder weil die kraft Benützungsregelung von der Nutzung eines Einzelobjektes der gemeinschaftlichen Sache ausgeschlossenen Teilhaber mangels eigener Vertragserklärung bei der Vermietung des Einzelobjekts durch den alleinnutzungsberechtigten nicht Mitvermieter werden.

Sollte der Kläger allerdings - im Sinne der herrschenden Ansicht - neben seinen Teilhabern im Eigentum an der Liegenschaft bloß die Stellung eines Mit-Vermieters haben, wäre er dennoch zur alleinigen Ausübung des Gestaltungsrechtes der Kündigung berechtigt, wie auch ein Gläubiger zur gesamten Hand Ansprüche und Gestaltungsrechte gegen den Schuldner gemäß § 892 ABGB alleine auszuüben berechtigt ist (RZ 1983/2 = MietSlg 34/19).

In der Überlassung zur alleinigen Nutzung (einschließlich Fremdnutzung) läge nämlich jedenfalls eine Zustimmung der von der Mitnutzung zurücktretenden Miteigentümer zu allen vom alleinnutzungsberechtigten Teilhaber zu treffenden Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung im Rahmen der überlassenen Nutzung. Soweit dazu die Begründung eines Mietverhältnisses zählt, gehört dazu aber auch dessen Auflösung (isS ohne eigene Ableitung; Würth-Zingher Miet- und Wohnrecht19 MRG § 33 Rz 15 letzter Satz).

Der Kläger, der in den von seinem Vater abgeschlossenen Bestandvertrag auf Bestandgeberseite eingetreten ist (und zwar nicht als Gesamtrechtsnachfolger, sondern als Einzelrechtsnachfolger aufgrund des Pflichtteilsübereinkommens, jedoch als Rechtsnachfolger des Dritteleigentümers die von diesem eingegangenen Bestandgeberpflichten weiterhin erfüllte und auch die Bestandnehmerrechte in Anspruch genommen hat), war zur Aufkündigung im eigenen Namen allein legitimiert.

Die Aufhebung der Kündigung mangels Berechtigung des Klägers zur Aufkündigung war verfehlt.

Es ist daher das Vorliegen der geltend gemachten Kündigungsgründe im Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung an den ersten Beklagten und in Ansehung des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 1 MRG auch die Entkräftung des Kündigungsgrundes im Sinn des § 33 Abs 2 MRG zu prüfen. Dazu bedarf es, zumal der Kündigungsgrund der vertragswidrigen Verwendung des Ateliers im bisherigen Verfahren gänzlich unerörtert blieb, einer Vertragsergänzung in erster Instanz.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten beruht auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E27948

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0060OB00615.91.1107.000

Dokumentnummer

JJT_19911107_OGH0002_0060OB00615_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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