Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Bauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Herbert Vesely (AG) und Reinhard Horner (AN) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Helfried H*****, vertreten durch Dr.Manfred M*****, dieser vertreten durch Dr.Hans Schwarz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Josefstädter Straße 80, 1081 Wien, vertreten durch Dr.Josef Houska, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung eines Dienstunfalles infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20.Juni 1991, GZ 7 Rs 33/91-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 18.Juli 1990, GZ 32 Cgs 271/89-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.623,04 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Verordnung des Landesschulrates für Steiermark vom 23.1.1989 wurden die 10.Grazer Schulskiwettkämpfe vom 6.3.1989 bis 9.3.1989 gemäß § 13 a Schulunterrichtsgesetz (SchuG) zur schulbezogenen Veranstaltung erklärt. Die Teilnahme an solchen schulbezogenen Veranstaltungen ist für Lehrer frei. Dienstliche Aufträge für die Teilnahme an dieser Veranstaltung werden in der Regel aus budgetären Gründen nicht erteilt, weil andernfalls den Teilnehmern Reisegebühren gewährt werden müßten. Die Veranstaltung fand während der Unterrichtszeit statt, und es waren die teilnehmenden Lehrer vom Unterricht freigestellt. Die Teilnahme galt als Dienst. Der Kläger, der an einer Hauptschule als Turnlehrer tätig ist, nahm an den Schulskiwettkämpfen teil und zog sich dabei eine Knieverletzung zu. Wenn der Kläger am gegenständlichen Skirennen nicht teilgenommen hätte, hätte dies für ihn keine beruflichen Konsequenzen nach sich gezogen.
Mit Bescheid vom 15.11.1989 lehnte die beklagte Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter die Anerkennung des Vorfalls vom 9.3.1989 als Dienstunfall und die Gewährung von Leistungen aus der Unfallversicherung ab.
Mit der gegen diesen Bescheid erhobenen Klage begehrt der Kläger (nach Einschränkung seines ursprünglich erhobenen Leistungsbegehrens) die Feststellung, daß es sich bei seinem Unfall vom 9.3.1989 um einen Dienstunfall gehandelt habe. Seine Teilnahme an der Schulveranstaltung sei vom Bezirksschulrat genehmigt worden und habe auch Fortbildungszwecken gedient, zumal nach dem für ihn gültigen Lehrplan auch sportlicher Skilauf zu unterrichten sei.
Die beklagte Partei beantragt Abweisung der Klage. Bei den Lehrerskimeisterschaften handle es sich um einen wettkampfmäßig betriebenen Sport, der zufolge der erhöhten Verletzungsgefahr nicht den Betriebsinteressen der Schule gedient habe und auch nicht Voraussetzung für die Tätigkeit eines Turnlehrers gewesen sei. Ein dienstlicher Auftrag zur Teilnahme an den Lehrerskimeisterschaften sei nicht vorgelegen.
Das Erstgericht gab dem Begehren des Klägers statt. Die Schulskiwettkämpfe seien von der zuständigen Behörde zur schulbezogenen Veranstaltung erklärt worden und der Kläger sei aufgrund seiner Meldung zu dieser Veranstaltung am 9.3.1989 vom Dienst freigestellt worden. Die Teilnahme an der Veranstaltung sei als Dienstpflichterfüllung anzusehen, wobei den Kläger auch Aufsichtspflichten hinsichtlich der teilnehmenden Schüler getroffen hätten. Wenn auch die Teilnahme an einer solchen Veranstaltung freiwillig sei, da der Lehrer zur Übernahme solcher Aufsichtspflichten nicht gezwungen werden könne, so sei die Teilnahme doch, wenn sich der Lehrer im Rahmen seiner Fortbildungspflicht dazu entschließe, Dienstpflichterfüllung und es stehe damit die Teilnahme an der Veranstaltung und auch am Wettkampf in einer solchen Nahebeziehung zum Dienstverhältnis, daß dabei erlittene Verletzungen als Dienstunfälle zu werten seien.
Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge. Gemäß § 29 Abs 3 Landeslehrerdienstrechtsgesetz gehöre das Bestreben eines Lehrers um seine berufliche Fortbildung zu seinen allgemeinen Dienstpflichten. Wohl sei die Teilnahme an den Schulskiwochen nicht als Fortbildungskurs im Sinn leg cit anzusehen, doch sei ein Lehrerskirennen angesichts des allgemein an jeden Lehrer gerichteten Gesetzesbefehles zur selbständigen beruflichen Fortbildung dann gemäß § 90 Abs 1 B-KUVG unter Versicherungsschutz zu stellen, wenn es mit dem die Versicherung begründenden Dienstverhältnis oder mit der die Versicherung begründenden Funktion im Zusammenhang stehe. Dies sei hier der Fall. Wenn sich ein Hauptschullehrer für Leibeserziehung entschließe, an einer schulbezogenen Veranstaltung teilzunehmen, welche ihm für seine berufliche Fortbildung dienlich sein könne - der Kläger habe auch sportlichen Skilauf zu unterrichten - so sei damit der geforderte Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis bzw der Funktion gegeben. Im übrigen sei es erforderlich, daß ein Hauptschullehrer für Leibeserziehung, der seinen Schülern diese Lehrplaninhalte vermitteln solle, sich entsprechender beruflicher Fortbildungsangebote bediene, um sich in der Praxis die von ihm dann bei der Wissensweitervermittlung geforderten Kenntnisse und Befähigungen zu verschaffen. Die Teilnahme an einem von der Schule angebotenen Skirennen als Rennläufer stehe daher gemäß § 90 Abs 1 B-KUVG zumindest nicht unwesentlich auch im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Klageabweisung abzuändern.
Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 13 a Abs 1 SchuG können Veranstaltungen, die nicht Schulveranstaltungen im Sinne des § 13 leg cit sind, zu schulbezogenen Veranstaltungen erklärt werden, wenn sie auf einem lehrplanmäßigen Unterricht aufbauen und der Erfüllung der Aufgabe der österreichischen Schule gemäß § 2 des Schulorganisationsgesetzes dienen und eine Gefährdung der Schüler weder in sittlicher noch in körperlicher Hinsicht zu befürchten ist. Die Erklärung einer Veranstaltung zu einer schulbezogenen Veranstaltung obliegt der Schulbehörde. Schulbezogene Veranstaltungen können nach dieser Bestimmung, zB Wettbewerbe in Aufgabenbereichen einzelner Unterrichtsgegenstände oder Fahrten zu Veranstaltungen, die nicht unter § 13 fallen, sein. Bei diesen Veranstaltungen handelt es sich um solche, die nicht den lehrplanmäßigen Unterricht ergänzen, auf ihn jedoch aufbauen und zusätzliche Hilfen zur Erfüllung der Aufgabe der österreichischen Schule bieten. Es sind dies insbesondere Wettkämpfe im Bereich einzelner Unterrichtsgegenstände auf nationaler oder internationaler Basis, wie zB im Bereich der Mathematik, der Physik und der Leibesübungen bzw des Schulsports. Damit eine Veranstaltung zu einer schulbezogenen Veranstaltung wird, bedarf es einer diesbezüglichen Erklärung, die von einer Schulbehörde erfolgen kann. Die Erklärung kann nur für Schulen erfolgen, die in den örtlichen und sachlichen Zuständigkeitsbereich der betreffenden Schulbehörde fallen. Die Erklärung ist ihrer Rechtsnatur nach eine Verordnung (637 BlgNR 16. GP, 17). Auf der Grundlage dieser Bestimmung wurden die 10.Grazer Schulskitage durch Verordnung des Landesschulrates für Steiermark zur schulbezogenen Veranstaltung erklärt.
Gemäß § 90 Abs 1 B-KUVG sind Dienstunfälle Unfälle, die sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit dem die Versicherung begründenden Dienstverhältnis oder mit der die Versicherung begründenden Funktion ereignen. Die Vorinstanzen sind zutreffend zum Ergebnis gelangt, daß sich der Unfall des Klägers, der sich anläßlich der Teilnahme des Klägers an der schulbezogenen Veranstaltung ereignete in dem von dieser Bestimmung geforderten Zusammenhang mit seinem Dienstverhältnis als Lehrer an einer Hauptschule stand. Gemäß § 175 Abs 5 Z 1 ASVG gelten in der Unfallversicherung gemäß § 8 Abs 1 Z 3 lit h und i ASVG als Arbeitsunfälle auch Unfälle, die sich bei der Teilnahme an Schulveranstaltungen im Sinne der §§ 1 und 2 der Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst BGBl Nr 369/1974, an gleichartigen Veranstaltungen an anderen vom Geltungsbereich der zitierten Verordnung nicht erfaßten Schularten sowie an schulbezogenen Veranstaltungen gemäß § 13 a des Schulunterrichtsgesetzes ereignen. Diese Bestimmung bezieht sich wohl unmittelbar nur auf die Unfallversicherung der Schüler und Studenten, der Gesetzgeber bringt jedoch durch die Bestimmung des § 175 Abs 5 Z 1 ASVG zum Ausdruck, daß er die dortgenannten Veranstaltungen dem Schulbereich zuordnet, daß sie also gleich zu behandeln seien, wie der Schulbesuch im engeren Sinn. Der vom Schutz der Unfallversicherung umfaßte Bereich der Schule kann für Schüler und Studenten einerseits und Lehrer andererseits diesbezüglich nicht getrennt gesehen werden. Es ist daher jede Teilnahme von Lehrern an schulbezogenen Veranstaltungen, die im Auftrag oder mit Genehmigung der Dienstbehörde erfolgt, vom Schutz der Unfallversicherung gemäß § 90 Abs 1 B-KUVG umfaßt, wenn gemäß § 175 Abs 5 ASVG der Unfallversicherungsschutz auch für die an diesen Veranstaltungen teilnehmenden Schüler begründet wird. Dies war hier der Fall. Der Kläger hat mit Genehmigung der Dienstbehörde - er war für die Zeit der Teilnahme vom Unterricht freigestellt, doch galt die Teilnahme als Dienst - an den von der zuständigen Behörde zur schulbezogenen Veranstaltung erklärten Schulskitagen teilgenommen. Unerheblich ist, ob sich der Unfall bei der Teilnahme am rennmäßigen Skilauf ereignete. Wenn nämlich das Rennen Gegenstand der Schulskitage war - die diesbezügliche Behauptung des Klägers blieb unbestritten - dann war auch dieser sportliche Wettkampf Teil der schulbezogenen Veranstaltung und die Teilnahme daran nicht dem eigenwirtschaftlichen Bereich zuzurechnen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG.
Anmerkung
E26910European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:010OBS00301.91.1112.000Dokumentnummer
JJT_19911112_OGH0002_010OBS00301_9100000_000