Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei V***** Versicherungs-AG, ***** vertreten durch Dr. Werner Brandstetter, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Verlassenschaft nach dem am 22. August 1989 verstorbenen Paul P*****, vertreten durch den Verlassenschaftskurator Dr. Peter Zauner, Rechtsanwalt in Wien, wegen zwangsweiser Räumung infolge Revisionsrekurses des Exszindierungswerbers Boguslaw B*****, vertreten durch Dr. Wilhelm Klade, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 18. Juni 1991, GZ 48 R 394/91-48, womit der Rekurs gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 2. April 1991, GZ 45 C 648/89k-37, zurückgewiesen wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Während des Vollzuges einer Räumungsexekution machte der zunächst als Untermieter angesehene Revisionsrekurswerber Hauptmietrechte geltend, worauf die Räumungsexekution insofern nicht beendet wurde, als zwar die in der Wohnung befindlichen Fahrnisse entfernt und bei einer Spedition eingelagert, aber die Schlüssel zum neu angebrachten Schloß der Wohnung nicht der betreibenden Partei übergeben wurden, sondern zunächst in gerichtlicher Verwahrung blieben. Die Delogierung sollte erst nach telefonischer Vereinbarung mit der Hausverwaltung der betreibenden Partei fortgesetzt werden (ON 12).
In der Folge wurde die Räumungsexekution bis zur rechtskräftigen Beendigung des vom Revisionsrekurswerber anhängig gemachten Exszindierungsprozesses aufgeschoben.
Die betreibende Partei brachte noch vor Beendigung des Exszindierungsprozesses vor, daß sich der Revisionsrekurswerber unter Verletzung der gerichtlichen Sperre wieder in den Besitz der Wohnung gesetzt habe, weshalb seine exekutive Entfernung aus dem Bestandobjekt beantragt werde.
Das Erstgericht bewilligte den neuerlichen Vollzug der zwangsweisen Räumung, welcher Beschluß nur der betreibenden und der verpflichteten Partei, nicht aber dem Revisionsrekurswerber zugestellt wurde.
Am 27. Mai 1991 und 7. Juni 1991 wurde die (neuerliche) zwangsweise Räumung durchgeführt und diesmal durch Übergabe des Bestandobjektes an die betreibende Partei auch beendet (Berichte ON 42 und 44).
Am 5. Juni 1991 überreichte der Revisionsrekurswerber einen Rekurs gegen den Beschluß auf Bewilligung des neuerlichen Vollzuges der Räumungsexekution, in welchem er auf die fehlende Zustellung hinwies und geltend machte, daß die Fortsetzung der Räumung für die Dauer der bewilligten Aufschiebung der Räumungsexekution nicht bewilligt werden hätte dürfen.
Das Gericht zweiter Instanz wies diesen Rekurs wegen fehlender Beschwer zurück, weil die tatsächliche Räumung der Wohnung auch durch eine Nichtigerklärung des Verfahrens nicht mehr aus der Welt geschafft werden könnte.
Einen Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes und die Zulässigkeit eines weiteren Rechtsmittelzuges unterließ das Gericht zweiter Instanz, weil ein solcher auf Grund der gebotenen Analogie zu § 519 Z 1 ZPO entbehrlich sei.
Der Revisionsrekurs des Exszindierungsklägers ist schon deshalb nicht zulässig, weil einer Überprüfung der Beschlüsse der Vorinstanzen die umso mehr jetzt fehlende Beschwer des Rechtsmittelwerbers entgegensteht, sodaß nicht auf die Analogiefähigkeit von § 519 Z 1 ZPO und die Notwendigkeit eines Ausspruches der zweiten Instanz über den Wert des Entscheidungsgegenstandes in zweiter Instanz und die Zulässigkeit seines Revisionsrekurses einzugehen ist.
Rechtliche Beurteilung
Es ist ein in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sei langem anerkannter Grundsatz, daß nach der Beendigung einer Räumungsexekution das Rechtsschutzinteresse (Beschwer) für die Überprüfung der Berechtigung der vorgenommenen Vollzugsmaßnahmen weggefallen ist (MietSlg 34.826, 34.827). Die Durchführung der zwangsweisen Räumung ist ein tatsächlicher Vorgang, der mit den Mitteln des Exekutionsverfahrens nicht mehr rückgängig gemacht werden kann (Heller-Berger-Stix 2500; Rechberger, Die fehlerhafte Exekution 159, 160; SZ 12/96; 3 Ob 41/91). Die Entscheidung, ob die Durchführung der Räumung im vorliegenden Fall trotz der für die Dauer eines Exszindierungsprozesses bewilligten Aufschiebung der Räumungsexekution zulässig war, aber auch, ob das Gericht zweiter Instanz den Rekurs des Exszindierungsklägers mit Recht wegen fehlender Beschwer zurückgewiesen hat, kommt daher nur mehr theoretisch-abstrakte Bedeutung zu. Die in der Hauptsache fehlende Beschwer kann nicht durch ein noch vorhandenes Interesse an der Beseitigung einer dem Rechtsmittelwerber ungünstigen Kostenentscheidung (hier Kosten des Verfahrens zweiter Instanz) ersetzt werden (SZ 61/6).
Anmerkung
E27344European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0030OB00087.91.1113.000Dokumentnummer
JJT_19911113_OGH0002_0030OB00087_9100000_000