TE OGH 1991/11/20 1Ob679/90

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Veröffentlicht am 20.11.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei ***** gemeinnützige Genossenschaft mbH,***** vertreten durch Dr. Michael Wonisch, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagten Parteien 1. Franz Carl S*****, Kommanditgesellschaft, ***** 2. F***** Gesellschaft mbH, ebenda, beide vertreten durch Dr. Friedrich Gehmacher, Dr. Helmut Hüttinger, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen S 56.030,94 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 19. September 1990, GZ 21 R 271, 272/90-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 3. Mai 1990, GZ 13 C 468, 761/90-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

1. Die Revision wird in Ansehung der Teilbegehren von

S 4.525,-- s.A. (Verdienstentgang des Johann A*****) und

S 783,-- s.A. (Anteil an Schadensfällen) zurückgewiesen.

2. Im übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben. Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit

S 4.484,70 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 747,45 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei errichtete eine Wohnanlage in Salzburg mit Eigentumswohnungen und beauftragte am 5. November 1984 die erstbeklagte Partei, deren persönlich haftende Gesellschafterin die zweitbeklagte Partei ist, mit den Fliesenlegerarbeiten. Die erstbeklagte Partei führte die Arbeiten "nicht ordnungsgemäß, teilweise mangelhaft und schadhaft" aus. Die Wohnungen wurden im August und September 1986 bezogen, darunter die Wohnung top Nr. 19 von Johann (und Elfriede) A*****. Nach Übergabe der Arbeiten und Bezug der Wohnungen traten Mängel auf; Johann A***** beanstandete zunächst, daß die Bodenfliesen locker, die Fugen unsauber erstellt und die Silikonfugen verschmutzt seien. Daraufhin behob die erstbeklagte Partei noch 1986 die Mängel am Fußboden in der Weise, daß sie einen Fliesenboden über dem vorhandenen Fliesenboden anbrachte. Nach diesem Verbesserungsversuch traten wieder Mängel auf. Offensichtlich waren die lockeren Fliesen nicht entfernt worden, so daß sich auch die darüber verlegten Fliesen wieder lockerten. Diese Mängel hätte Johann A***** bei gehöriger Aufmerksamkeit spätestens Ende 1986 feststellen können. Eine am 27. August 1987 an die erstbeklagte Partei gerichtete Aufforderung, weitere Verbesserungsarbeiten durchzuführen, blieb ohne Reaktion. Die klagende Partei ließ die Schäden durch Dritte beheben. Johann A***** mußte wegen der Mängelbehebung vom 1. bis 5. Februar 1988 eine Woche unbezahlten Urlaub nehmen und erlitt einen Verdienstentgang von S 4.525,--, welche Forderung er an die klagende Partei abtrat.

Die klagende Partei begehrte mit ihrer am 21. Februar 1990 eingebrachten Klage den Betrag von S 56.030,94 s.A. und zwar:

a) Abstemmen der Fliesen und Ausgleichen

  der Wände durch die Firma F***** laut

  deren Rechnung vom 9. Februar 1988           S 52.272,42

b) Demontage der WC-Einrichtungen sowie

  Montage und Anschluß sämtlicher Sanitär-

  einrichtungen nach der Verfliesung durch

  die Firma L***** laut deren Rechnung

  vom 10. März 1988                            S 10.224,--

c) Bauschadenabrechnung, anteilig, laut

  Schreiben der klagenden Partei vom

  20. November 1989                            S    783,--

d) Verdienstentgang des Johann A***** laut

  dessen Schreiben vom 17. Februar 1988        S  4.525,--

  Summe                                        S 67.804,42

  abzüglich Haftrücklaß                        S 11.773,48

  Klagsforderung                               S 56.030,94

                                               ===========

Die beklagten Parteien beantragten die Abweisung des Klagebegehrens wegen Verjährung; die Wohnungen seien im September 1986 bezogen und in diesem Jahr die gerügten Mängel behoben worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest, die Kosten der Mängelbehebung seien angemessen; mit einem geringeren Aufwand wäre eine Mängelbehebung nicht möglich gewesen. Rechtlich folgerte der Erstrichter, daß die Ansprüche der klagenden Partei berechtigt, jedoch verjährt seien. Spätestens Ende 1986 seien nach den Sanierungsversuchen der erstbeklagten Partei die wieder aufgetretenen Mängel am Boden der Wohnung top Nr. 19 erkennbar gewesen, sodaß die dreijährige Gewährleistungsfrist Ende 1989 abgelaufen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes; die ordentliche Revision ließ es zu. Die zweite Instanz billigte im wesentlichen die Rechtsauffassung der ersten Instanz.

Rechtliche Beurteilung

Ad 1): Die Revision der klagenden Partei ist in Ansehung der Abweisung der Teilbegehren von S 4.525,-- s.A. (Verdienstentgang des Johann A*****) und S 783,-- s.A. (Anteil an Schadensfällen) gemäß § 502 Abs 2 ZPO unzulässig. Gleichartige Forderungen verschiedener Gläubiger wie hier der klagenden Partei und des Johann A***** sind - ungeachtet der Zession der Forderung an die klagende Partei (SZ 57/17 mwN) - nicht zusammenzurechnen (SZ 57/17; 2 Ob 5/90 ua), weil die durch die mangelhafte Werkerfüllung Geschädigten nur formelle Streitgenossen iS des § 11 Z 2 ZPO sind, wogegen § 55 Abs 1 Z 2 JN für die Zusammenrechnung das Vorliegen der materiellen Streitgenossenschaft nach § 11 Z 1 ZPO fordert.

Der Betrag von S 783,-- stellt den auf die beklagte Partei entfallenden Anteil der durch Versicherungsleistungen nicht gedeckten Schadensfälle aller beim Bauvorhaben tätigen Unternehmer dar. Auch diese Forderung steht mit der geltend gemachten Forderung auf Ersatz der Kosten der Ersatzvornahme in keinem hinreichenden engen Sachzusammenhang, so daß eine Zusammenrechnung nicht zu erfolgen hat.

Ad 2): In Ansehung der Abweisung der Forderungen der klagenden Partei betreffend die Kosten der Mängelbehebung durch Dritte ist die Revision zulässig, aber nicht berechtigt: Die klagende Partei schloß mit der erstbeklagten Partei einen Werkvertrag über Verfliesungsarbeiten in der von der klagenden Partei errichteten Wohnanlage ab, somit an unbeweglichen Sachen (JBl. 1975, 432; 5 Ob 552, 553/81), so daß gemäß § 939 Abs 1 ABGB die dreijährige Gewährleistungsfrist Anwendung findet. Die Gewährleistungsfrist beginnt mit der "Ablieferung" der Sache und bei einem Verbesserungsversuch des Unternehmers mit dem Ende der (ergebnislosen) Mängelbehebungsarbeiten (neu) zu laufen (SZ 61/238). Die erstbeklagte Partei beendete ihre Mängelbehebungsarbeiten Ende 1986, womit die dreijährige Gewährleistungsfrist neu zu laufen begann. Da die Mängel unzureichend behoben wurden, forderte die klagende Partei die erstbeklagte Partei, wie aktenkundig ist (Blg. H, I) mit den Schreiben vom 18. 8. bzw. 27. 8. 1987 neuerlich zur Behebung der Mängel auf; diese Schreiben der klagenden Partei blieben aber unbeantwortet. Bei dieser Sachlage war die Gewährleistungsfrist bei Einbringung der Klage am 21. 2. 1990 abgelaufen. Grundsätzlich zutreffend geht die klagende Partei in ihrer Revision aber davon aus, sie könne das Begehren auf Ersatz der Kosten der Mängelbehebung auf Schadenersatz stützen. Jedenfalls beim Werkvertrag bestehen Gewährleistungsrechte und Schadenersatzansprüche wegen Nichterfüllung in voller Konkurrenz nebeneinander, so daß der Besteller selbst nach Ablauf der Gewährleistungsfrist, jedoch innerhalb der Verjährungsfrist des § 1489 ABGB vom Unternehmer das Erfüllungsinteresse fordern kann, sofern der Mangel auf dessen rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten zurückzuführen ist (JBl. 1990, 648 m Anm. Reischauer). Fraglich könnte sein, wann die Verjährungsfrist zu laufen beginnt, wenn der Werkunternehmer innerhalb offener Gewährleistungsfrist zunächst zur Schadensbehebung aufgefordert wurde, der Schaden von ihm (freilich wieder) unzulänglich behoben wurde und eine weitere Aufforderung zur Mängelbehebung vom Werkunternehmer nicht beachtet wird. Kommt der Werkunternehmer der ihm obliegenden Verpflichtung zur Verbesserung als eines fortwirkenden Erfüllungsanspruchs (1 Ob 540/86, SZ 55/67) in verschuldeten Verzug, ist der Besteller berechtigt, das Erfüllungsinteresse geltend zu machen (1 Ob 540/86; SZ 55/29;

SZ 54/99; SZ 53/107; Reischauer in Rummel2 Rz 20 zu § 932;

Kurschel, Gewährleistung 80; Koziol-Welser, Grundriß8 I 257). Als Schadenersatz sind dann die Verbesserungskosten zuzubilligen (SZ 55/29; SZ 55/67; SZ 53/107; SZ 49/66; SZ 49/24;

Reischauer aaO; Kurschel aaO). Für die Frage der Verjährung dieses Anspruchs gilt die allgemeine Regelung, daß die Frist des § 1489 ABGB in Gang gesetzt wird, wenn dem Anspruchsberechtigten neben dem Schaden der gesamte, seinen Anspruch begründende Sachverhalt so weit bekannt ist, daß eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden kann (SZ 56/36 mwN; Grillberger in Schwimann, ABGB, Rz 37 zu § 1167). Demnach erscheint es hier gerechtfertigt, die Verjährungsfrist für den Schadenersatzanspruch mit dem Zeitpunkt beginnen zu lassen, in dem dem Besteller erkennbar ist, daß die erfolgte Verbesserung mißlungen ist, was im vorliegenden Fall jedenfalls Ende 1986 der Fall war. Begann die Verjährungsfrist aber mit diesem Zeitpunkt, war der Schadenersatzanspruch im Zeitpunkt der Klagseinbringung verjährt. Die klagende Partei beruft sich darauf, sie habe die beklagten Parteien mit den Schreiben vom 18. 8. bzw. 27. 8. 1987 zur Schadensbehebung aufgefordert, erst mit der Nichtäußerung der beklagten Parteien auf diese Aufforderungen sei für sie klar erkennbar gewesen, daß eine weitere Verbesserung verweigert werde, so daß die Verjährungsfrist erst nach Ablauf einer angemessenen Frist zur Beantwortung der Schreiben (frühestens aber mit 27. 9. 1987) zu laufen begonnen habe. Hiezu wurde die Auffassung vertreten (Reidinger, JBl. 1985, 746), daß der entscheidende Zeitpunkt für die Zufügung des Schadens jedem durchschnittlichen Verkehrsteilnehmer derjenige der endgültige Leistungsverweigerung der Verbesserung sei. Auch in SZ 54/99 wurde die Kenntnis des Schadens erst als gegeben angenommen, wenn feststeht, daß es zur Verbesserung des Werkes nicht kommen wird, somit der Besteller die endgültige Weigerung des Unternehmers, eine (weitere) Mangelbehebung vorzunehmen, erkennen muß. Dieser Auffassung kann jedoch nicht beigepflichtet werden. Es kann nicht vom Belieben des Bestellers abhängen, den Beginn der Verjährungsfrist des Schadenersatzanspruches, ungeachtet der Kenntnis des Schadens und des Schädigers auf diese Weise nach Willkür (unter Umständen um weitere drei Jahre) hinauszuschieben. Demnach war aber der erhobene Anspruch im Zeitpunkt der Einbringung der Klage (21. 2. 1990) verjährt. Soweit sich die klagende Partei darauf beruft, daß den beklagten Parteien die Ansprüche mit dem Schreiben des Klagsvertreters vom 19. 1. 1990 bekanntgegeben worden seien und der Beklagtenvertreter mit Schreiben vom 8. 2. 1990 um Übermittlung von Belegen zur Prüfung der Forderung ersuchte und erst mit Schreiben vom 27. 2. 1990 erklärte, keinen Anlaß zu sehen, von der Ablehnung der geltend gemachten Ansprüche abzurücken, ist darauf zu verweisen, daß auch am 19. 1. 1990 die Verjährung der geltend gemachten Forderung bereits eingetreten war. Nun kann zwar (auch stillschweigend) auf die bereits eingetretene Verjährung verzichtet werden (Schubert in Rummel, Rz 1 zu § 1502) doch ist ein solcher Verzicht in der bloßen Aufforderung, Belege zur Prüfung einer geltend gemachten Forderung zu übermitteln, nicht zu erblicken.

Demzufolge ist der Revision der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E27684

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0010OB00679.9.1120.000

Dokumentnummer

JJT_19911120_OGH0002_0010OB00679_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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