TE OGH 1991/11/20 13Os91/91 (13Os92/91)

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Veröffentlicht am 20.11.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.November 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Hörburger, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Aigner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Markus Michael B***** wegen des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 SuchtgiftG a.F. und des Vergehens nach dem § 16 Abs. 1 Z 2 SuchtgiftG a.F. über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 21. September 1982, GZ 6 a Vr 5267/82-19, sowie den Beschluß desselben Gerichtes vom 10.Dezember 1985, GZ 6 a Vr 5267/82-27, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, und des Verteidigers Dr. Robert Amhof, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Das Gesetz wurde verletzt

1. in der Bestimmung des § 38 Abs. 1 Z 1 StGB durch die Anrechnung der vom Angeklagten in der Zeit vom 26.Jänner 1982, 21,30 Uhr, bis 5.Februar 1982, 13,40 Uhr, erlittenen Vorhaft bloß auf die verhängte Freiheits- und Ersatzfreiheitsstrafe und nicht auch auf die gemäß dem § 12 Abs. 4 a.F. SGG verhängte Geldstrafe (Wertersatzstrafe) im Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 21.September 1982, GZ 6 a Vr 5267/82-19;

2. in den Bestimmungen des § 2 Abs. 1 und 3 TilgG durch die Feststellung des Beginnes der Tilgungsfrist mit 21.September 1982 im Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 10. Dezember 1985, GZ 6 a Vr 5267/82-27, über die endgültige Strafnachsicht.

Gemäß dem § 292, letzter Satz, StPO wird das in Pkt 1 näher bezeichnete Urteil dahin ergänzt, daß die Vorhaft auch auf die gemäß dem § 12 Abs. 4 SGG a.F. verhängte Geldstrafe (Wertersatzstrafe) angerechnet wird.

Text

Gründe:

Markus Michael B***** wurde mit dem oben (Pkt 1 des Spruches) bezeichneten Urteil wegen des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 SGG aF und des Vergehens nach dem § 16 Abs. 1 Z 2 SGG aF nach dem § 12 Abs. 1 SGG aF unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB zu einer gemäß dem § 43 Abs. 2 StGB aF für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten und gemäß dem § 12 Abs. 4 SGG aF zu einer Geldstrafe von 9.900 S (Ersatzfreiheitsstrafe ein Monat) als Wertersatzstrafe verurteilt.

Gemäß dem § 38 Abs. 1 StGB wurde die von ihm in der Zeit vom 26. Jänner 1982, 21,30 Uhr, bis 5.Februar 1982, 13,40 Uhr, erlittene Vorhaft auf die verhängte Freiheitsstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe angerechnet.

Die Geldstrafe von 9.900 S wurde nach Anordnung ihrer Einhebung in der Endverfügung vom 11.Oktober 1982 (AS 175) am 15.Juli 1983 zur Gänze bezahlt (AS 183).

Mit Beschluß vom 10.Dezember 1985 (ON 27) wurde die Freiheitsstrafe endgültig nachgesehen. Als Beginn der Tilgungsfrist wurde dabei der 21.September 1982 festgestellt.

Rechtliche Beurteilung

Wie der Generalprokurator in seiner gemäß dem § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zu Recht ausführt, verletzen sowohl der Ausspruch des Schöffengerichtes über die Vorhaftanrechnung als auch die Festsetzung des Beginnes der Tilgungsfrist durch den Vorsitzenden das Gesetz.

Gemäß dem § 38 Abs. 1 Z 1 StGB sind die verwaltungsbehördliche und die gerichtliche Verwahrungshaft wie ebenso die Untersuchungshaft auf Freiheitsstrafen und Geldstrafen anzurechnen, wenn der Täter die Haft in einem Verfahren wegen der Tat, für die er bestraft wird, erlitten hat, soweit die Haft nicht bereits auf eine andere Strafe angerechnet oder der Verhaftete dafür entschädigt worden ist. Nach dem Gesetz stehen demnach beide Strafarten, sowohl die Freiheits- als auch die Geldstrafe, für die Frage der Anrechnung der Verwahrungs- und Untersuchungshaft einander gleich.

Im vorliegenden Fall hat das Schöffengericht die Vorhaftanrechnung gesetzwidrig lediglich auf die verhängte Freiheits- und Ersatzfreiheitsstrafe beschränkt, weswegen die Geldstrafe zur Gänze vollzogen wurde, was sich zum Nachteil des Angeklagten auswirkte. Diese aus der Anordnung der Einhebung der gesamten Geldstrafe in der Endverfügung hervorgehende unrichtige Rechtsauffassung des Vorsitzenden des Schöffengerichts veranlaßte den Obersten Gerichtshof zur aus dem Spruch ersichtlichen konkreten Maßnahme als zweckmäßiger gegenüber einer allenfalls zwei Instanzen befassenden Vorgangsweise im Wege des § 400 Abs. 2 StPO. Das Erstgericht wird auf Grund dieser Entscheidung die Rückzahlung eines aliquoten Teiles der Geldstrafe zu veranlassen haben (vgl Mayerhofer-Rieder, StGB3, ENr 23 zu § 38).

Auch die Feststellung des Beginns der Tilgungsfrist mit 21. September 1982 im Beschluß über die endgültige Strafnachsicht (ON 27) ist rechtsirrig. Gemäß dem § 2 TilgG 1972 beginnt der Lauf der Tilgungsfrist, sobald alle Freiheits- oder Geldstrafen oder die mit Freiheitsentzug verbundenen vorbeugenden Maßnahmen vollzogen sind, als vollzogen gelten, nachgesehen worden sind oder nicht mehr vollzogen werden dürfen. Unter Geldstrafen sind gemäß dem § 2 Abs. 3 TilgG 1972 jeweils auch Verfallsersatz- und Wertersatzstrafen zu verstehen. Die Tilgungsfrist begann deswegen im vorliegenden Fall erst mit dem 15.Juli 1983, dem Tag, an dem die Geldstrafe zur Gänze bezahlt wurde (ON 24), zu laufen. Die Feststellung des Beginnes der Tilgungsfrist schon mit 21. September 1982 wirkt sich allerdings zum Vorteil des Verurteilten aus, sodaß eine Korrektur nicht möglich war.

Demgemäß war wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.

Anmerkung

E26990

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0130OS00091.91.1120.000

Dokumentnummer

JJT_19911120_OGH0002_0130OS00091_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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