TE OGH 1991/11/20 9ObA237/91

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Veröffentlicht am 20.11.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith und Dr.Jelinek sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Robert Müller und Mag.Wilhelm Patzold in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei N***** T*****, Angestellter, *****, vertreten durch *****, Rechtsanwälte ***** wider die beklagte Partei Dr.H***** R*****,

1)

als Masseverwalter im Konkurs des F***** W***** H***** und

2)

persönlich haftend wegen S 255.919,75 sA, infolge Rekurses der beklagten Partei, soweit zu 2) seine persönlche Haftung in Anspruch genommen wird, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19.April 1991, GZ 33 Ra 19/91-12, womit anläßlich der Berufungen beider Teile das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 11.Oktober 1990, GZ 10 Cga 1057/90-8, und das darauf bezogene Verfahren, soweit darin inhaltlich über eine persönliche Haftung des Masseverwalters entschieden wurde, aufgehoben und die darauf gerichtete Klage zurückgewiesen wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluß aufgehoben und dem Berufungsgericht aufgetragen, unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund über die Berufungen beider Teile zu entscheiden.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrt von der beklagten Partei, "Dr.H***** R*****, Rechtsanwalt, ..., als Masseverwalter im Konkurs des Verfahrens W***** H*****", die Zahlung offener arbeitsrechtlicher Ansprüche in Höhe von S 255.919,75 sA als Masseforderung. Der Beklagte habe den Betrieb nach Konkurseröffnung mehr als zwei Jahre fortgeführt und den Kläger weiterbeschäftigt. Er nehme den Beklagten für seine offenen Masseforderungen als Masseverwalter und auch persönlich in Anspruch. Die persönliche Haftung gründe sich darauf, daß der Beklagte das Unternehmen unter seiner Verantwortung nach Konkurseröffnung fortgeführt habe und nunmehr die Konkursmasse zur Befriedigung der Forderungen des Klägers nicht ausreiche.

Das Erstgericht sprach die beklagte Partei als Masseverwalter schuldig, an den Kläger den begehrten Betrag zu zahlen. Insoweit ist das Urteil in Rechtskraft erwachsen. In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat es die Auffassung, der Beklagte sei nach der gewählten Bezeichnung gar nicht persönlich in Anspruch genommen; aber selbst wenn dies der Fall wäre, wäre eine persönliche Haftung des Beklagten zu verneinen.

Gegen dieses Urteil erhoben beide Teile Berufung. Der Kläger beantragte der Sache nach, das Klagebegehren auch soweit es gegen den Beklagten persönlich gerichtet ist, im Sinne des Klagebegehrens abzuändern; der Beklagte beantragte über die gegen ihn persönlich gerichtete Klage ebenfalls spruchmäßig ausdrücklich zu entscheiden.

Aus Anlaß dieser Berufungen hob das Berufungsgericht das Ersturteil und das darauf bezogene Verfahren, soweit es die persönliche Haftung des Masseverwalters betrifft, auf und wies die Klage in diesem Umfang zurück, weil über Ansprüche gegen Masseverwalter wegen eines durch pflichtwidrige Führung seines Amtes den gemeinsamen Befriedigungsfonds aller Konkursgläubiger zugefügten Vermögensnachteils vor der Beendigung des Konkurses das Konkursgericht im außerstreitgen Rechnungslegungsverfahren nach §§ 121 ff KO zu entscheiden habe.

Der gegen diesen Beschluß erhobene Rekurs des Masseverwalters ist zulässig, weil er durch die nicht meritorische Erledigung des Klagebegehrens, soweit es seine persönliche Haftung betrifft, beschwert ist. Er ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat übersehen, daß Schadenersatzansprüche grundsätzlich im Rechtsweg zu verfolgen sind, soweit keine Ausnahmen bestehen. Es trifft zwar zu, daß nach herrschender Ansicht über Ansprüche gegen den Masseverwalter wegen eines durch pflichtwidrige Führung seines Amtes dem gemeinsamen Befriedigungsfonds aller Konkursgläubiger zugefügten Vermögensnachteils vor der Beendigung des Konkursverfahrens das Konkursgericht im Rechnungslegungsverfahren nach den §§ 121 ff KO zu entscheiden hat und erst nach Beendigung des Konkursverfahrens - oder nach rechtskräftiger Enthebung des Masseverwalters - solche Ansprüche im Rechtsweg geltend zu machen sind (OGH EvBl 1965/31; EvBl 1966/99; Ecolex 1990, 21). Bei dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch handelt es sich nach seinem Klagsvorbringen aber um keinen Anspruch wegen eines durch pflichtwidrige Führung seines Amtes dem gemeinsamen Befriedigungsfonds aller Gläubiger zugefügten Vermögensnachteil, sondern um einen Individualanspruch des Klägers gegen den Masseverwalter, der auch während des Kokursverfahrens im streitigen Rechtsweg geltend zu machen ist (Welser, NotZ 1984, 99; Bartsch-Pollak, Komm KO I 409 Anm 30; in diesem Sinn auch Petschek-Reimer-Schiemer, Österreichisches Insolvenzrecht 172).

Für die gegen den Masseverwalter persönlich gerichtete Schadenersatzklage ist daher der Rechtsweg zulässig. Das Berufungsgericht hat unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund meritorisch über die Berufungen beider Teile zu entscheiden.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

Anmerkung

E27611

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:009OBA00237.91.1120.000

Dokumentnummer

JJT_19911120_OGH0002_009OBA00237_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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