Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Heinz Peter L*****, vertreten durch Dr. Erwin Gstirner, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei REPUBLIK ÖSTERREICH, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen S 214.105,-- s.A. und Feststellung (Gesamtstreitwert S 314.105,--) infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 27. Juni 1991, GZ 5 R 61/91-10, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 21. Jänner 1991, GZ 13 Cg 288/90-6, aufgehoben wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Der Kläger rückte am 1. April 1987 in der Absicht, Berufsoffizier zu werden, als "Einjährig-Freiwilliger" zum Landwehrstammregiment 54 des Österreichischen Bundesheeres ein. Vom 2. April bis 30. September 1987 leistete er den Grundwehrdienst ab, seit 1. Oktober 1987 war er Zeitsoldat. Am 6. November 1987 meldete er sich mit den Anzeichen einer beginnenden Grippe im Krankenrevier seiner Kaserne. Der Heeresvertragsarzt, der dort Dienst versah, diagnostizierte einen grippalen Infekt, entließ ihn als "hauskrank" und bestellte ihn für den 9. November 1987 zur weiteren Untersuchung. Da an diesem Tag noch keine wesentliche Besserung eingetreten war, wurde der Kläger weiter "hauskrank" geschrieben. Am 16. November 1987 wurde er vom (Truppen-)Arzt für dienstfähig befunden. Sein Hausarzt stellte am 13. Jänner 1988 einen grippalen Infekt fest und behandelte ihn bis 21. Jänner 1988. Da keine Besserung eintrat, überwies der Hausarzt den Kläger ins Krankenhaus, wo eine Myocarditis (Herzmuskelentzündung) nach grippalem Infekt festgestellt wurde.
Der Kläger begehrte die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung eines Betrages von S 214.105,-- s.A. an Schmerzengeld und Verdienstentgang und ferner die Feststellung, daß ihm die beklagte Partei "für sämtliche Folgeschäden bzw. Dauerfolgen", die bei ihm "auf Grund des Diagnosefehlers eintreten", einzustehen habe. Die beklagte Partei habe nicht als Dienstgeberin, sondern als Rechtsträgerin dafür zu haften, daß der in hoheitlicher Funktion tätig gewordene Heeresvertragsarzt schuldhaft eine falsche Diagnose gestellt habe. Dieser habe im November 1987 die Myocarditis beim Kläger übersehen. Dadurch seien bei diesem unhebbare Schäden eingetreten. Dieser sei in seiner Belastbarkeit höchstgradig eingeschränkt, seine Erwerbsfähigkeit sei zumindest um 30 % gemindert. Der Heeresvertragsarzt, der hauptberuflich praktischer Arzt sei, sei bei der Untersuchung der Soldaten diesen gegenüber weder befehls- noch weisungsbefugt gewesen. Daher komme der beklagten Partei das Haftungsprivileg gemäß § 333 ASVG nicht zugute. Die Untersuchung des Klägers sei auch mit dessen Ausbildung in keinem Zusammenhang gestanden.
Die beklagte Partei bestritt die behauptete Fehldiagnose. Bei der Erkrankung im November 1987 sei die später manifest gewordene Herzerkrankung noch nicht vorhanden gewesen. Rechtswidriges und schuldhaftes Organverhalten liege daher nicht vor. Selbst wenn die Herzerkrankung aber schon im November 1987 vorhanden gewesen sein sollte, hätte deren Nichterkennen auf ihren weiteren Verlauf keinen Einfluß gehabt. Es fehle daher der Kausalzusammenhang. Überdies hafte die beklagte Partei als Dienstgeberin nach § 333 Abs 1 ASVG einem "zeitverpflichteten Soldaten" nicht für Körperverletzungen, die von einem Organ in Ausübung der Hoheitsverwaltung durch ein rechtswidriges Verhalten fahrlässig zugefügt worden seien.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Heeresvertragsarzt sei funktionell als Organ der beklagten Partei bei der Betreuung der Zeitsoldaten tätig geworden. Durch seine Stellung als "Erfüllungsgehilfe der Ausbildungsorganisation Bundesheer" sei er den ihm anvertrauten und daher unterstellten Soldaten gegenüber weisungsbefugt gewesen. Seiner § 333 Abs 4 ASVG entsprechenden Stellung zufolge müßte die beklagte Partei somit nur bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger körperlicher Beeinträchtigung haften. Ein solches Verhalten sei aber nicht einmal behauptet worden.
Das Berufungsgericht hob das erstinstanzliche Urteil zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung durch das Erstgericht auf und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Dem Kläger sei die Stellung eines Zeitsoldaten zugekommen. Nach § 32 Abs 1 WehrG in der damals maßgeblichen Fassung hätten Wehrpflichtige, die den Grundwehrdienst geleistet haben, auf Grund freiwilliger Meldung zum Wehrdienst als Zeitsoldat in der Dauer von mindestens drei Monaten bis zu höchstens zehn Jahren verpflichtet werden können. Nach § 24 Abs 1 und 3 HGG 1985 in der zur fraglichen Zeit maßgeblichen Fassung seien Zeitsoldaten, die Anspruch auf berufliche Bildung hatten, im letzten Jahr ihres Wehrdienstes als Zeitsoldat in der Kranken- und Pensionsversicherung nach Maßgabe des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes pflichtversichert gewesen, wenn der Wehrdienst als Zeitsoldat noch mindestens ein Jahr gedauert habe. Als Dienstgeber habe der Bund gegolten. Für die Dauer des Bestandes dieser Versicherung seien die §§ 18 bis 23 HGG 1985 über die ärztliche Betreuung, Krankenbehandlung und Anstaltspflege auf die Zeitsoldaten nicht anzuwenden gewesen. Ob dem Kläger im November 1987 diese versicherungsrechtliche Sonderstellung zugekommen sei oder es sich damals um seinen ersten Verpflichtungszeitraum als Zeitsoldat im Sinne des § 1 V BGBl 1985/50 gehandelt habe, lasse sich nach den bisherigen Feststellungen nicht beurteilen. Sollte dem Kläger die in § 24 HGG 1985 umschriebene Stellung als Zeitsoldat zugekommen sein, zählte er zum Kreis der versicherten Personen im Sinne des § 4 Abs 1 Z 1 ASVG. Er sei dann nämlich in einem Dienstverhältnis zum Bund gestanden. Dann würde die beklagte Partei nach § 333 ASVG nur für Personenschäden haftbar sein, die auf ein ihr zurechenbares vorsätzliches Organverhalten zurückzuführen seien. Dann müßte es bei der Klagsabweisung verbleiben. Soweit der Kläger meine, die beklagte Partei werde als Rechtsträger nach dem Amtshaftungsgesetz in Anspruch genommen, übersehe er, daß der Ausschluß nach § 333 ASVG gegenüber allen anderen Haftungsgründen wirke. Nach § 18 Abs 1 HGG 1985 obliege die ärztliche Überwachung des Gesundheitszustandes und die ärztliche Behandlung der Wehrpflichtigen, zu welchen auch die Zeitsoldaten zählten, den Militärärzten, die zu bestimmen hätten, ob ein Wehrpflichtiger im Falle der Erkrankung oder Verletzung in häuslicher Pflege belassen werden könne oder zur näheren Feststellung oder Behandlung der Erkankung bzw. Verletzung in eine heereseigene Sanitätseinrichtung oder in eine öffentliche oder private Krankenanstalt zu überstellen sei. Militärärzte seien die als Offiziere des militärmedizinischen Dienstes sowie die auf Grund eines Vertrages oder auf Grund einer Einberufung zum ordentlichen oder außerordentlichen Präsenzdienst beim Bundesheer tätigen Ärzte. Demnach seien auch Ärzte, die auf vertraglicher Grundlage für das Bundesheer tätig seien, Militärärzte. Der Heeresvertragsarzt habe demnach Weisungen bezüglich der Belassung in häuslicher Pflege bzw stationärer Behandlung erteilen können. Zutreffend sei das Erstgericht daher von seiner einem Dienstgeber gleichen Stellung ausgegangen. Da eine vorsätzliche Schädigung des Klägers nicht einmal behauptet worden sei, wäre bei der immerhin möglichen versicherungsrechtlichen Stellung des Klägers als Zeitsoldat im Sinne des § 24 Abs 1 HGG 1985 der Haftungsausschluß gemäß § 333 ASVG zu beachten. Käme dagegen die Sonderbestimmung des § 24 HGG 1985 nicht zur Anwendung, wäre der Kläger, da eine dem § 24 Abs 2 HGG 1985 in der derzeit maßgeblichen Fassung im November 1987 dem Heeresgebührengesetz 1985 fremd gewesen sei, selbst als Zeitsoldat den Wehrpflichtigen, die den ordentlichen Präsenzdienst leisten, gleichgestellt. Möge er dann auch Anspruch auf die im Heeresversorgungsgesetz vorgesehenen und der Systematik des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes nachgebildeten Leistungen gehabt haben, könnten doch die im Heeresversorgungsgesetz nicht vorgesehenen Bestimmungen über die haftungsrechtliche Sonderstellung des Dienstgebers auch nicht sinngemäß angewendet werden. Die beklagte Partei könnte sich dann auf den Haftungsausschluß nach § 333 ASVG nicht mit Erfolg berufen.
Der dagegen erhobene Rekurs der beklagten Partei ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Im Rekursverfahren ist lediglich die Frage zu prüfen, ob sich der beklagte Rechtsträger das Haftungsprivileg gem § 333 ASVG zugute halten kann: Dann könnte dem Amtshaftungsbegehren ein Erfolg nicht beschieden sein.
Nach den insoweit unbekämpften Feststellungen des Erstgerichtes leistete der Kläger in der Zeit vom 2. April bis 30. September 1987 seinen Grundwehrdienst als ordentlicher Präsenzdiener ab; vom 1. Oktober 1987 an war er - entgegen seiner Ansicht in der Berufungsschrift - nicht "zeitverpflichteter Soldat", sondern "Zeitsoldat". Wie das Gericht zweiter Instanz zutreffend ausführte, ersetzte das Wehrrechtsänderungsgesetz 1983, BGBl 577, die Einrichtungen des freiwillig verlängerten Grundwehrdienstes, der zeitverpflichteten Soldaten und der "Offiziere auf Zeit" im Rahmen der Gruppen von Soldaten verschiedener Rechtstellung, die gem
§ 1 Abs 3 WehrG 1978 (nun: 1990) den Präsenzstand bilden, durch eine neue Art des außerordentlichen Präsenzdienstes, den Wehrdienst als Zeitsoldat. § 32 Abs 1 WehrG 1978 in der im fraglichen Zeitpunkt (November 1987) maßgeblichen Fassung zufolge konnten Wehrpflichtige, die den Grundwehrdienst (§ 28 Abs 1 und 3 WehrG 1978) geleistet hatten, auf Grund freiwilliger Meldung zum Wehrdienst als Zeitsoldat in der Dauer von mindestens drei Monaten bis zu höchstens zehn Jahren verpflichtet werden (Art I Z 9 WehrrechtsänderungsG 1983). Nach § 1 Abs 1 und 2 der Verordnung des Bundesministers für Landesverteidigung vom 23. Jänner 1985 über die Verpflichtungszeiträume von Soldaten, BGBl 50, hatte der erste Verpflichtungszeitraum als Zeitsoldat grundsätzlich ein Jahr, bei Wehrpflichtigen, die - wie der Kläger - zum Berufs- oder Reserveoffiziersanwärter ausgebildet werden sollten, dagegen stets sechs Monate zu betragen. Da der Kläger - nach unbestrittener Sachverhaltsgrundlage - die Laufbahn eines Berufsoffiziers anstrebte und deshalb als "Einjährig-Freiwilliger" eingerückt war, befand er sich demnach im ersten Verpflichtungszeitraum als Zeitsoldat in der Dauer von sechs Monaten, als er sich am 6. November 1987 in die militärärztliche Betreuung begab und am 16. November 1987 wiederum für dienstfähig befunden wurde.
Dem beklagten Rechtsträger käme der Haftungsausschluß nach § 333 ASVG - vorsätzliches Verhalten des Militärarztes hat der Kläger gar nicht behauptet -, wie noch zu erörtern sein wird, nur dann zugute, wenn der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt (November 1987) nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (oder einem anderen auf dessen Haftungsregeln - §§ 332 ff - verweisenden Gesetz) pflichtversichert gewesen wäre. Nach § 24 Abs 1 HGG 1985 in der im November 1987 geltenden Fassung (zufolge Art. II Z 22 WehrrechtsänderungsG 1983 idF der Wiederverlautbarung des Heeresgebührengesetzes in BGBl 1985/87) waren Zeitsoldaten, die Anspruch auf berufliche Bildung hatten, im letzten Jahr ihres Wehrdienstes als Zeitsoldaten in der Kranken- und Pensionsversicherung nach Maßgabe des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes pflichtversichert, wenn der Wehrdienst als Zeitsoldat noch mindestens ein Jahr dauerte. Auf berufliche Bildung hatten (und haben) gem § 33 Abs 1 WehrG 1978 (nun: 1990) nur Wehrpflichtige Anspruch, die einen Wehrdienst als Zeitsoldaten in der Gesamtdauer von mindestens drei Jahren ohne Unterbrechung leisteten (leisten); Anspruch auf berufliche Bildung im Rahmen des Wehrdienstes hätte der Kläger demnach gewiß nicht gehabt, sodaß er auch nach Maßgabe des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes weder kranken- noch pensionsversichert war.
Soweit sich die beklagte Partei zur Dartuung eines Pflichtversicherungsverhältnisses, das das von ihr beanspruchte Haftungsprivileg gemäß § 333 ASVG begründen würde, auf § 4 Abs 2 ASVG beruft, übersieht sie, daß darin bloß der für das Sozialversicherungsverhältnis bestimmenden Dienstnehmerbegriff im Sinne des Abs 1 dieser Gesetzesstelle näher definiert wird, danach aber auch die dort aufgezählten Beschäftigten nur dann (voll-)versichert sind, wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 ASVG von der Vollversicherung ausgenommen, noch nach § 7 ASVG bloß eine Teilversicherung begründet ist. Nach § 5 Abs 1 Z 11 ASVG selbst noch in der Fassung der erst am 1. Jänner 1988 in Kraft getretenen 44. ASVG-Novelle sind Zeitsoldaten im Sinne des Wehrgesetzes 1978 hinsichtlich einer Beschäftigung (Ausbildung), die die Teilversicherung in der Kranken- und in der Pensionsversicherung gemäß § 8 Abs 1 Z 5 ASVG begründet bzw die gemäß § 8 Abs 1 Z 1 lit e ASVG in der Krankenversicherung teilversichert sind, von der Vollversicherung nach § 4 ASVG ausgenommen. Nach § 8 Abs 1 Z 1 lit e ASVG idF der 44. ASVG-Novelle sind - ab 1. Jänner 1988 - Zeitsoldaten in der Krankenversicherung teilversichert, die sich zu einem Wehrdienst als Zeitsoldaten in der Dauer von mindestens einem Jahr verpflichtet haben, für die Dauer dieses Wehrdienstes. Gemäß Z 5 dieser Gesetzesstelle in derselben Fassung sind Zeitsoldaten in der Kranken- und Pensionsversicherung teilversichert, soweit sie Anspruch auf berufliche Bildung haben, im letzten Jahr des Wehrdienstes als Zeitsoldat. Selbst nach Art I Z 3 der 44. ASVG-Novelle wäre demnach der Kläger im Zeitpunkt des behaupteten ärztlichen Kunstfehlers (im November 1987) nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz weder kranken- noch pensionsversichert gewesen, weil er sich weder zu einem Wehrdienst als Zeitsoldat in der Dauer von mindestens einem Jahr verpflichtet haben konnte, noch Anspruch auf berufliche Bildung iSd §§ 33 und 40 WehrG 1978 (nun: 1990) hatte.
Erst durch Art II Z 6 des am 1. Juli 1988 - demnach ebenfalls erst nach dem hier streitentscheidenden Zeitpunkt - in Kraft getretenen Wehrrechtsänderungsgesetz 1988, BGBl 342, wurde dem § 24 HGG 1985 ein neuer Abs 2 eingefügt, mit dem angeordnet wurde, daß über den Versicherungsschutz nach Abs 1 hinaus Zeitsoldaten, deren Verpflichtungszeitraum mindestens ein Jahr beträgt, ab Beginn dieses Verpflichtungszeitraumes in der Krankenversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz pflichtversichert sind. Nach den Materialien (RV, 499 BlgNR, 17.GP, 33 f) ist damit § 24 HGG 1985 bloß dem durch Art I Z 3 der 44. ASVG-Novelle erweiterten Versicherungsschutz für Zeitsoldaten angepaßt worden; die Regierungsvorlage hielt aber - im Zusammenhang mit der Begründung der Neufassung des § 6 Abs 3 HGG 1985 - ausdrücklich fest, daß dennoch vom krankenversicherungsrechtlichen Schutz immer noch eine geringe Zahl von Zeitsoldaten ausgenommen bleibt. Dabei handelt es sich um diejenigen Zeitsoldaten, die sich entweder - wie der Kläger - im ersten Verpflichtungszeitraum im Sinne des § 1 Abs 2 der Verordnung BGBl 1985/50 oder in Abweichung von der grundsätzlichen Regelung des Abs 1 der genannten Verordnungsstelle in einem kürzeren als dem dort generell festgesetzten einjährigen ersten Verpflichtungszeitraum befanden (befinden).
Daraus folgt, daß der Kläger im November 1987 - also in jener Zeit, in der seinen Behauptungen zufolge der für seine Einheit zuständige Militärarzt die Myocarditis übersehen hat - jedenfalls sowohl von der Voll- wie auch von der Teilversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (gemäß dessen §§ 4 ff) ausgenommen war und demnach - wie das Berufungsgericht insoweit zutreffend erkannte - der ärztlichen Betreuung, Krankenbehandlung und Anstaltspflege im Rahmen der heereseigenen Sanitätseinrichtungen iSd §§ 18 bis 23 HGG 1985 unterworfen waren.
Aber auch auf § 191 ASVG, nach dem auch derjenige Anspruch auf Unfallheilbehandlung - das sind die Beseitigung, Besserung bzw. Verhütung von Verschlimmerungen der durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit hervorgerufenen Körperverletzung bzw Gesundheitsstörung (§ 189 Abs 1 ASVG) - hat, wenn und soweit der Versehrte nicht auf entsprechende Leistungen aus einer gesetzlichen Krankenversicherung Anspruch hat bzw für ihn kein solcher Anspruch besteht, kann sich der beklagte Rechtsträger nicht mit Erfolg berufen: Der Kläger hatte nämliche auf die ärztliche bzw sonstige Betreuung im Falle einer Erkrankung oder Verletzung nach § 18 Abs 1 HGG 1985 im fraglichen Zeitpunkt Anspruch; für die Zeit nach Beendigung des Wehrdienstes als Zeitsoldat war für ihn aber ohnehin durch das Heeresversorgungsgesetz eine ausreichende sozialrechtliche Sicherung vorgesehen, sodaß von einer Einbeziehung der Zeitsoldaten in die Unfallversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz überhaupt Abstand genommen wurde (vgl RV, 51 BlgNR, 16.GP, 21 - Mat. zum Wehrrechtsänderungsgesetz 1983). Darüber hinaus hat der Kläger auch gar keinen Arbeitsunfall, aber auch keine - mit dem Wehrdienst in ursächlichem Zusammenhang
stehende - Berufskrankheit ins Treffen geführt.
Auch die sinngemäße Übertragung der haftungsprivilegierenden Bestimmung des § 333 ASVG auf das Rechtsverhältnis des nichtsozialversicherten Zeitsoldaten hat das Gericht zweiter Instanz zu Recht abgelehnt. Der erkennende Senat hat in der Entscheidung SZ 33/63 ausdrücklich ausgesprochen, daß die Vorschriften des Allgemeinen
Sozialversicherungsgesetzes - insbesondere dessen § 333 - für Wehrpflichtige des Präsenzdienstes nicht gelten; den in dieser Entscheidung dafür ins Treffen geführten Erwägungen ist auch für das Rechtsverhältnis des Zeitsoldaten zum beklagten Rechtsträger beizutreten, soweit er sich - wie nach den erstinstanzlichen Feststellungen der Kläger - noch in der gleichen heeresgebühren- und -versorgungsrechtlichen Stellung befand wie der Grundwehrdiener, der seinen ordentlichen Präsenzdienst ableistete. Die haftungsrechtliche Privilegierung des Dienstgebers kann in diesen Fällen nicht - wie bei der sozialversicherungsrechtlichen Unfallversicherung - dem Motiv nach damit begründet werden, daß der Dienstgeber den auf die Unfallversicherung entfallenden Sozialversicherungsbeitrag allein trägt. Der beklagte Rechtsträger erbringt neben der Entlohnung keineswegs solche Beiträge, sondern stellt bloß entsprechende Sanitätseinrichtungen zur Verfügung, die der Zeitsoldat mit der Rechtsstellung des Klägers in Anspruch nehmen muß; darin liegt keine versicherungs-, sondern eine versorgungsrechtliche Regelung, auf die die Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes auch nicht subsidiär angewendet werden können (vgl SZ 33/63).
Da der beklagten Partei das von ihr in Anspruch genommene Haftungsprivileg nach § 333 ASVG im vorliegenden Fall nicht zugute kommt, erübrigen sich auch Ausführungen zur Frage, ob dem Heeresvertragsarzt, dem der Kläger den Kunstfehler vorwirft, diesem gegenüber die Rechtsstellung als Aufseher im Betrieb (§ 333 Abs 4 ASVG) zukommt.
Daß die ärztliche Behandlung und Betreuung des Klägers als Zeitsoldat durch den Heeresvertragsarzt im Rahmen der Hoheitsverwaltung geschah, wird nicht nur vom beklagten Rechtsträger nicht bestritten, sondern entspricht ständiger Rechtsprechung (vgl. Schragel, AHG2 Rz 302 auch im Ergänzungsheft 1990).
Das Erstgericht wird deshalb im fortgesetzten Verfahren zu prüfen haben, ob dem Heeresvertragsarzt als Organ der beklagten Partei in Vollziehung der Gesetze der behauptete Kunstfehler unterlaufen ist, bejahendenfalls, ob der behauptete Kunstfehler für die vom Kläger behauptete Körperbeschädigung und die von ihm geltend gemachten Folgeschäden (Schmerzengeld und Verdienstentgang) ursächlich war und in welcher Höhe dem Kläger der behauptete Schaden tatsächlich erwachsen ist; in diesem Umfang trifft allein ihn die Beweislast.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
Anmerkung
E27983European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0010OB00042.91.1120.000Dokumentnummer
JJT_19911120_OGH0002_0010OB00042_9100000_000