Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Mietrechtssache des antragstellenden Hauptmieters Erich A*****, Pensionist, ***** vertreten durch Dr. Erich Schwarz, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die Vermieterin STADTGEMEINDE S*****, vertreten durch Dr. Rudolf Zitta und Dr. Iris Harrer-Hörzinger, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Vermieterin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 1. Juli 1991, GZ 22 R 160/91-19, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 14. Feber 1991, GZ 18 Msch 12/90-9, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß der Antrag des Hauptmieters auf Feststellung abgewiesen wird, die Vorschreibung eines monatlichen Betrages von S 250,76 von Oktober 1986 bis April 1989 und von S 102,80 von Oktober 1986 bis Juni 1988 je samt 10 % Umsatzsteuer übersteige das nach dem Gesetz zulässige Zinsausmaß.
Text
Begründung:
Der Antragsteller mietete die in dem im Eigentum der Vermieterin stehenden Haus *****, 5020 Salzburg, das auf Grund einer am 2. September 1949 erteilten Baubewilligung neu errichtet worden ist, gelegene, aus Zimmer, Wohnküche, Vorzimmer und WC bestehende Wohnung mit 34 m2 Nutzfläche ab dem 1. April 1985 auf unbestimmte Zeit und verpflichtete sich in dem unter Verwendung eines Vertragsformblattes der Vermieterin erstellten schriftlichen Mietvertrag zur Zahlung eines Hauptmietzinses (Grundzinses) von S 414,80, der später einvernehmlich auf S 622,20 monatlich angehoben wurde, sowie zur Tragung des Anteiles an den Betriebskosten und den von der Liegenschaft zu entrichtenden öffentlichen Abgaben. Es wurde ferner vereinbart, daß sich der Mieter zur Tragung der noch laufenden anteiligen Reparaturkostennachziehungen bereit erklärt und wenn die Kosten für die Errichtung der Zentralheizungsanlage von der Vermieterin vorfinanziert wurden, die anteiligen Investitionskostenrückzahlungen übernimmt. Der Hauptmieter bestätigte, über die Höhe dieser Investitionskostenrückzahlung und deren Laufzeit vor der Vertragsunterfertigung informiert worden zu sein. Vor der Unterschriftsleistung wurde dem Antragsteller vom Hausverwalter die ungefähre Höhe des zu erwartenden Bruttomietzinses einschließlich der Betriebskosten, der Reparaturkostennachziehungen und der Investitionskostenrückzahlungen genannt, es wurde ihm aber nicht mitgeteilt, für welche Laufzeit die Reparaturkostennachziehung und die Investitionskostenrückzahlung zu entrichten sind. Diese Positionen schienen schon in der ersten dem Antragsteller für den Monat April 1985 übermittelten Mietzinsvorschreibung ziffernmäßig, aber ohne Begrenzung ihrer Laufzeit auf. Die Vorschreibung entsprach der Ankündigung des Hausverwalters. Die Reparaturkostennachziehungen betrafen Instandhaltungsarbeiten am Haus in den Jahren 1981/1982.
Es ist nicht strittig, daß der vom Antragsteller vereinbarte Hauptmietzins von S 622,20 zuzüglich der von ihm bis April 1989 bezahlten anteiligen Reparaturkostennachziehungen von monatlich S 250,76 und der bis Juni 1988 bezahlten anteiligen Heizungsinvestitionskosten von monatlich S 102,80 - zusammen S 975,76 - den für den Mietgegenstand nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs- und Erhaltungszustand angemessenen Betrag nicht übersteigt.
Der Hauptmieter beantragte am 24. Oktober 1989 bei der Gemeinde, die Unzulässigkeit der Vorschreibungen von monatlich S 250,76 und S 102,80 je zuzüglich 10 % Umsatzsteuer festzustellen. Er habe diese Beträge in Unkenntnis der Rechtslage bezahlt und erst nach Einholung einer Rechtsauskunft die weitere Zahlung eingestellt. Die Vermieterin weigere sich, den zu Unrecht eingehobenen Betrag aus den letzten drei Jahren von S 9.932,36 zurückzuzahlen.
Die Vermieterin trat dem Antrag entgegen. Die Vorschreibung der Reparaturkosten-Nachverrechnung mit Laufzeit bis 31. Dezember 1990 und der Rückzahlung für den Heizungseinbau bis 30. Juni 1988 entspreche den zulässig getroffenen Vereinbarungen.
Die Entscheidung der Gemeinde, wonach das zulässige Zinsausmaß durch Vorschreibung von monatlich S 102,80 von Oktober 1986 bis Juni 1988 und von S 250,76 von Oktober 1986 bis April 1989 um diese Beträge überschritten wurde und die Vermieterin dem Hauptmieter S 10.925,59 zurückzuzahlen habe, trat außer Kraft, weil die Vermieterin die Sache rechtzeitig bei Gericht anhängig machte.
Das Erstgericht entschied mit Sachbeschluß, daß die Vorschreibung von monatlich S 250,76 an Betriebskostennachziehung und von monatlich S 102,80 an Investitionskostenrückzahlung jeweils zuzüglich 10 % Umsatzsteuer gesetzlich unzulässig war, und verhielt die Vermieterin zur Rückzahlung von S 10.536,68 samt 4 % Zinsen seit dem 1. April 1989. Da der Mietgegenstand in einem auf Grund einer nach dem 8. Mai 1945 erteilten Baubewilligung neu errichteten Gebäude liege, habe der angemessene Mietzins vereinbart werden können (§ 16 Abs 1 Z 2 MRG). Da aber die Aufzählung der Mietzinsbestandteile im § 15 Abs. 1 MRG taxativ sei, dürfe neben dem Hauptmietzins weder eine anteilige Beteiligung an Reparaturkosten noch an Heizungsinvestitionskosten vereinbart und vorgeschrieben werden. Die Vermieterin habe die Erhaltungs- und Investitionskosten selbst zu tragen und dürfe sie außerhalb der Regelung der §§ 18 ff MRG nicht auf den Hauptmieter überwälzen.
Das Rekursgericht bestätigte und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Es meinte zwar, daß § 15 MRG der Zulässigkeit einer Vereinbarung über die strittigen Mietzinsbestandteile an Reparaturkosten- und Heizungseinbaukostenersatz nicht entgegenstehe, doch fehle es an der Bestimmbarkeit, weil eine Einigung über die ziffernmäßige Höhe und die Laufzeit fehle.
Mit dem außerordentlichen Revisionsrekurs strebt die Vermieterin die Abänderung der Sachbeschlüsse und die Abweisung des Antrages des Hauptmieters an.
Dieser beantragt nach Freistellung der Revisionsrekursbeantwortung die Zurückweisung des Rechtsmittels, sonst aber jedenfalls die Bestätigung des angefochtenen rekursgerichtlichen Sachbeschlusses.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Vermieterin ist zulässig, weil der zu lösenden Rechtsfrage nach der Zulässigkeit befristeter Zuschläge zum Grundzins eine über den Anlaßfall hinausgehende erhebliche Bedeutung zukommt und die Vorinstanzen in ihrer Entscheidung von einer unrichtigen Rechtsansicht ausgingen (§ 37 Abs 3 Z 18 MRG idF RRAG BGBl 1989/654). Das Rechtsmittel ist daher auch berechtigt.
Der im besonderen außerstreitigen Verfahren nach § 37 MRG durchsetzbare Anspruch auf Feststellung der "Angemessenheit" des vereinbarten oder begehrten Hauptmietzinses (§ 37 Abs 1 Z 8 MRG) ist auf Prüfung der gesetzlichen (Un-) Zulässigkeit von Mietzinsbestandteilen beschränkt. Ob der begehrte Mietzins einer bestimmten Vereinbarung entspricht oder nicht, kann dagegen nur im Prozeß geklärt werden (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht, Rz 18 zu § 37 MRG; MietSlg. 38.530 ua). Der Antragsteller meint in Verkennung der Rechtslage, die ihm vorgeschriebenen und von ihm entrichteten Beträge an Reparaturkostennachziehungen und Investitionskostenrückzahlungen seien gesetzlich unzulässig, weil solche Beträge neben dem Hauptmietzins nicht verlangt werden könnten. Die im § 15 Abs 1 MRG vorgesehene Aufgliederung des vom Mieter für die Überlassung des Mietgegenstandes in Hauptmiete zu entrichtenden Mietzinses in den Hauptmietzins (Z 1), den auf den Mietgegenstand entfallenden Anteil an den Betriebskosten und den von der Liegenschaft zu entrichtenden laufenden öffentlichen Abgaben (Z 2), den auf den Mietgegenstand entfallenden Anteil für allfällige besondere Aufwendungen (Z 3) und das angemessene Entgelt für mitvermietete Einrichtungsgegenstände oder sonstige Leistungen, die der Vermieter über die Überlassung des Mietgegenstandes hinaus erbringt (Z 4), schließt entgegen der Ansicht des Antragstellers und des Erstgerichtes eine Aufschlüsselung des Hauptmietzinses in einen Grundzins und andere Gegenleistungen für die Überlassung des Mietgegenstandes nicht aus. Dies hat schon das Rekursgericht zutreffend erkannt, doch kann seiner Meinung nicht gefolgt werden, daß der Ersatz von Reparaturkosten oder der Kosten des Zentralheizungseinbaues deshalb nach dem Gesetz unzulässig wäre, weil bei Mietvertragsabschluß die Dauer dieser nur befristet zu entrichtenden Monatsbeträge nicht vereinbart wurde. Außer Streit steht, daß für den Mietgegenstand im Jahre 1985 der angemessene Hauptmietzins vereinbart werden durfte (§ 16 Abs 1 Z 2 MRG) und daß dieser durch den Gesamtbetrag des monatlich neben dem Anteil an den Betriebskosten und den von der Liegenschaft zu entrichtenden laufenden öffentlichen Abgaben vorgeschriebenen Hauptmietzinses (Grundzins zuzüglich der anteiligen Investitionskostenrückzahlungen und Reparaturkostennachziehungen) nicht überschritten wurde. Damit scheidet aber eine gesetzliche Unzulässigkeit der Vereinbarung oder der Vorschreibung schon deshalb aus, weil alle Zahlungen für die Überlassung des Mietgegenstandes, die nicht unter die im § 15 Abs 1 Z 2, 3 oder 4 MRG angeführten Positionen fallen, als Hauptmietzins anzusehen sind, wie immer sie im Mietvertrag bezeichnet wurden. Sie stellen den eigentlichen Mietzins und die Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der Sache zum Gebrauch dar und können nach der Kalkulation des Vermieters auch nach dem konkreten Instandhaltungszustand erforderliche Entgelte oder die Abgeltung schon vorgenommener Arbeiten am Haus enthalten, wenn insgesamt der Hauptmietzins den durch § 16 Abs 1 oder § 16 Abs 2 MRG bestimmten Höchstbetrag nicht überschreitet (§ 16 Abs 5 MRG).
Es kommt nicht darauf an, ob die Vermieterin als Gemeinde nach internen Richtlinien in der Vereinbarung des "Hauptmietzinses" (= im Mietvertrag als Grundzins bezeichnet), Beschränkungen unterworfen war und deshalb daneben weitere Hauptmietzinsbestandteile forderte, um Reparaturaufwendungen abgeholten zu erhalten. Solange sie gesetzlich geltende Obergrenzen nicht überschritt, war die Vereinbarung und die Vorschreibung des Gesamtbetrages an Hauptmietzins nicht gesetzlich unzulässig. Nur diese Unzulässigkeit kann im Verfahren nach § 37 MRG überprüft werden, nicht aber, ob die Mietzinsvereinbarung nach Vertragsrecht wirksam getroffen wurde, weil der vereinbarte Mietzins bestimmbar war und der Hauptmieter die ihm zunächst mündlich der Höhe nach mitgeteilten und sodann in einer aufgeschlüsselten monatlichen Mietzinsvorschreibung genau bekannt gegebenen Monatsbeträge unbeanstandet bezahlte. Ob damit zumindest schlüssig eine Vereinbarung über die Mietzinshöhe zustande kam, müßte im Streitfall im Rechtsweg geklärt werden. Es ist unbestritten, daß die Höhe des Monatsbetrages die Obergrenze nach § 16 Abs 1 MRG nicht überschritten hat.
Das Rekursgericht vermißt die Bestimmtheit der Vereinbarung auch nur, weil das Laufzeitende der erkennbar nur befristet neben dem Grundmietzins eingehobenen Monatsbeträge weder dem Mietvertrag noch der Vorschreibung zu entnehmen ist. Daß der Mieter Teilbeträge an Hauptmietzins nicht auf Mietvertragsdauer, sondern nur auf geringere Laufzeit zu entrichten hat, macht die Vereinbarung oder Vorschreibung aber erst recht nicht gesetzlich unzulässig, weil der Gesamtbetrag auch auf Dauer vereinbart werden durfte. Daß Mietzinsbestandteile nur auf Zeit zu entrichten waren, wirkt sich nur zum Vorteil des Hauptmieters aus, wenn dann der Betrag wieder auf den Grundzins absinkt.
Der Feststellungsantrag des Hauptmieters ist daher unberechtigt, weil am Gesetz gemessen sowohl die Vereinbarung, weniger als den angemessenen Hauptmietzins für die Überlassung des Mietgegenstandes zu entrichten, als auch die konkrete Vorschreibung des Monatsmietzinses nicht unzulässig war.
Der Antrag ist deshalb abzuweisen, so daß auch die Grundlage für eine Entscheidung nach § 37 Abs 4 MRG über einen Rückforderungsanspruch entfällt.
Kosten (Barauslagen) wurden im Verfahren nicht verzeichnet.
Anmerkung
E26845European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0050OB00129.91.1126.000Dokumentnummer
JJT_19911126_OGH0002_0050OB00129_9100000_000