TE OGH 1991/11/28 8Ob548/91

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Veröffentlicht am 28.11.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber, Dr.Graf, Dr.Jelinek und Dr.Schinko als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Kinder G***** R*****, geboren am *****, und R***** R*****, geboren am *****, beide vertreten durch ihre Mutter F***** H*****, diese vertreten durch Dr.Hans Estermann und Dr.Thomas Wagner, Rechtsanwälte in Mattighofen, infolge Revisionsrekurses der Minderjährigen gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Rekursgericht vom 5.Februar 1991, GZ R 8/91-92, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Wildshut vom 14.Dezember 1990, GZ P 52/75-89, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die Ergänzung des Verfahrens und neuerliche Beschlußfassung aufgetragen.

Text

Begründung:

Dem Vater der Minderjährigen wurde mit Beschluß vom 21.7.1983 - unter Bezugnahme auf die von der Erblasserin angeordnete Nacherbschaft zugunsten der Minderjährigen - der gesamte Nachlaß (insbesondere Liegenschaften und Sparkonten) nach seiner am 22.2.1983 verstorbenen Ziehmutter eingeantwortet. Gleichzeitig wurden die betroffenen Geldinstitute davon in Kenntnis gesetzt, daß der Vorerbe nur über die abreifenden Zinsen von den dort erliegenden Guthaben verfügungsberechtigt ist, während über die Kapitalbeträge nur mit Zustimmung des Pflegschafts- bzw Verlassenschaftsgerichtes verfügt werden kann.

Am 7.11.1989 stellte der Vater der Minderjährigen ua den Antrag, jenen Teil der Erbschaftssteuer aus der Substitutionsmasse (Sparguthaben) zu berichtigen, den er als Vorerbe dann nicht zu entrichten hätte, wenn ihm der mit fideikommissarischer Substitution belastete Teil des Nachlasses nicht angefallen wäre, da gemäß § 13 ErbStG die Erbschaftssteuer von der Vorerbschaft zu entrichten sei.

Die Mutter der Minderjährigen sprach sich als deren gesetzliche Vertreterin gegen diesen Antrag aus, weil dem Vorerben etwa die Rechtsstellung eines Fruchtnießers zukomme und er die Erbschaftssteuer in erster Linie aus den Früchten der Verlassenschaft zu entrichten habe. Im Hinblick auf die erheblichen Erträge des Vorerben aus der Verpachtung der Liegenschaften, die Zinsen aus den Sparguthaben und den Erlös aus den durchgeführten umfangreichen Holzschlägerungen erscheine daher die beantragte Berichtigung der Erbschaftssteuer aus der Substitutionsmasse nicht gerechtfertigt.

Das Erstgericht wies diesen Antrag ab, weil es sich dabei um keine Verbindlichkeit der Verstorbenen und damit auch um keinen Nachlaßverbindlichkeit, sondern vielmehr um eine vom Erbe zu tragende Schuld handle. Der Antragsteller könne als Vorerbe und damit Nutzungsberechtigter des nicht unbedeutenden Nachlasses bei ordentlicher und gehöriger Verwaltung aber Profit erzielen und habe daher die Möglichkeit, daraus die Erbschaftssteuer zu bezahlen. Dies entspreche auch der Regelung des § 13 ErbStG, weil unter den Mitteln der Vorerbschaft die Früchte und Nutzung der Erbmasse zu verstehen seien.

Das Rekursgericht änderte diesen Teil des Beschlusses im Sinn der Antragstellung ab und ließ infolge offenbaren Fehlens einer oberstgerichtlichen Judikatur zu dieser Frage den Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof zu. Es sei davon auszugehen, daß der Vorerbe als Erbe gilt (§ 5 Abs 1 ErbStG) und der Erbe aber auch Steuerschuldner ist (§ 13 Abs 1 ErbStG). Hieraus folge, daß die Erbschaftssteuer keine Nachlaßverbindlichkeit, sondern eine Schuld des Erben sei, die dieser zu tragen habe. Nach § 13 Abs 3 ErbStG habe der Vorerbe die durch die Vorerbschaft veranlaßte Steuer aus den Mitteln der Vorerbschaft zu entrichten. Der Meinung des Erstgerichtes sei entgegenzuhalten, daß für die Berichtigung der bereits fälligen Steuer durchaus auch die Heranziehung der Früchte künftiger Jahre erforderlich sein könne und sich damit das Problem ergebe, ob dem Vorerben dann nicht ein Anspruch auf Stundung der Steuer bei Berücksichtigung des jährlich erwirtschafteten Ertrages zugebilligt werden müßte. Darüber hinaus habe der Vorerbe aus den Früchten für die Dauer ihres Bezuges ohnedies die ihrer Eigenart entsprechenden laufenden Abgaben zu bezahlen. Vor allem aber sei zu beachten, daß der Vorerbe zwar durch die Früchte der Substitutionsmasse bereichert sei, aber nicht wie ein Fruchtnießer, sondern nach dem gesamten Wert des Nachlasses besteuert werde. Da die Besteuerung die tatsächliche Bereicherung der Steuerpflichtigen zum Gegenstand habe, erscheine daher die vom Rekurswerber vertretene Auslegung des § 13 Abs 3 ErbStG als sachgerechte Lösung. Demnach habe der Vorerbe zwar für die ganze Steuer aufzukommen, dürfe aber zur Bezahlung jenes Teiles der Erbschaftssteuer, die er ohne Anfall des mit fideikommissarischer Substitution belastenden Teiles des Nachlasses nicht zu entrichten hätte, die Substitutionsmasse heranziehen.

Gegen diesen Punkt des rekursgerichtlichen Beschlusses richtet sich der Revisionsrekurs der Minderjährigen wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Beschluß wiederherzustellen; hilfsweise stellen sie auch einen Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Zur vorliegenden Frage fehlt eine veröffentlichte Judikatur des Obersten Gerichtshofes. Dieser hatte sich mit der vorliegenden Frage erst einmal, und zwar in der unveröffentlichten Entscheidung vom 21.3.1973, 1 Ob 14/73, zu befassen. Damals entschied der Oberste Gerichtshof, daß ein Vorerbe, der die durch die Vorerbschaft veranlaßte Erbschaftssteuer aus eigenen Mitteln und nicht aus jenen der Vorerbschaft bezahlt, einen Ersatzanspruch (dort von der Verlassenschaft des Vorerben geltend gemacht) gegen die Substitutionsmasse hat.

Die Rechtslage hat sich seit dieser Entscheidung nicht geändert; die in dieser und im rekursgerichtlichen Beschluß vertretene Meinung erscheint dem Obersten Gerichtshof auch heute als sachgerecht. Wie Prammer (JBl 1967, 467 ff, gebilligt von Dorazil, MHK ErbStG3 § 13 Anm 8), ausführlich und mit Beziehung auf die Materialien des Vorläufers des nunmehr geltenden Erbschaftssteuergesetzes, die aber wegen der vergleichbaren Rechtslage durchaus auch heute noch herangezogen werden können, zutreffend dargelegt hat, darf der Vorerbe aus der Substitutionsmasse denjenigen Steuerbetrag berichtigen, der ihm ohne deren Anfall nicht vorzuschreiben wäre. Dies ergibt sich auch aus der Stellung, die der Vorerbe hat. Er hat alle Rechte und Pflichten eines Fruchtnießers (§ 613 ABGB). Als solcher hat er gemäß § 512 ABGB alle außerordentlichen Lasten zu tragen, muß jedoch "einmalige außerordentliche Abgaben, welche nicht das Erträgnis, sondern das Stammvermögen treffen sollen, wie Vermögensabgabe udgl.", nicht tragen (Klang in Klang II2 590 mwN; Prammer, aaO 471). Die Erbschaftssteuer ist eine solche einmalige außerordentliche Last; daher braucht sie der Vorerbe im Verhältnis zum Nacherben nicht aus seinem Vermögen zu berichtigen, sondern darf die Substitutionsmasse heranziehen. Er muß hiezu auch nicht die Zinsen, welche die Substitutionsmasse abwirft, verwenden (Dorazil, MHK ErbStG3 § 13 Anm 8.1).

Dem Revisionsrekurs kommt daher insoweit keine Berechtigung zu.

Zutreffend machen aber die Revisionsrekurswerber geltend, daß dem Antrag ein hinreichend bestimmtes Begehren fehlt. Lediglich aus diesem Grund ist der Antrag jedoch nicht zurückzuweisen; der Antragsteller darf durch diese nunmehr erstmals von den Revisionsrekurswerbern aufgeworfene Rechtsansicht nicht überrascht werden darf. Die vorinstanzlichen Beschlüsse sind daher aufzuheben und dem Erstgericht ist aufzutragen, dem Antragsteller Gelegenheit zu geben, seinen Antrag ziffernmäßig zu präzisieren. Dies ist schon deshalb notwendig, weil dem Akt der Teil der Erbschaftssteuer, den der Vorerbe dann nicht zu entrichten hätte, wenn ihm der mit der fideikommissarischen Substitution belastete Teil des Nachlasses nicht angefallen wäre, ziffernmäßig nicht zu entnehmen ist. Bekannt ist nur die Gesamterbschaftssteuer; es muß jedoch berücksichtigt werden, daß dem Antragsteller von der Erblasserin auch ein Legat in Höhe von S 333.000.- ohne eine Beschränkung durch die fideikommissarische Substitution zugekommen ist.

Im fortgesetzten Verfahren wird sich das Erstgericht auch mit dem Einwand der Minderjährigen, der Antragsteller habe einen Teil des Stammes der Substitutionsmasse durch unmäßige Schlägerungen unzulässigerweise bereits aufgezehrt und dieser Betrag werde compensando eingewendet, auseinanderzusetzen haben.

Anmerkung

E27791

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0080OB00548.91.1128.000

Dokumentnummer

JJT_19911128_OGH0002_0080OB00548_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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