TE Vwgh Erkenntnis 2006/1/19 2005/21/0407

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Veröffentlicht am 19.01.2006
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
22/02 Zivilprozessordnung;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §79 idF 1973/569;
AVG §79;
FrG 1997 §33 Abs1;
VStG §51a;
VwRallg;
ZPO §63;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2005/21/0408 2005/21/0409 2005/21/0410 2005/21/0411

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des/der A, Y, E, K und F, sämtliche in Graz, sämtliche vertreten durch Mag. Manfred Pollitsch und Mag. Hannes Pichler, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Friedrichgasse 6/10/40, gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark jeweils vom 18. Oktober 2005 zur Zl. Fr 178/1-2005, betreffend Verfahrenshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem übereinstimmenden Inhalt der vorgelegten angefochtenen Bescheide und der Beschwerde hat die Bundespolizeidirektion Graz die Beschwerdeführer mit Bescheiden vom 9. Dezember 2004 gemäß § 33 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl I 75, ausgewiesen. Die Beschwerdeführer beantragten daraufhin Verfahrenshilfe mit der Bekanntgabe, dass beabsichtigt sei, gegen die Ausweisungsbescheide Berufung zu erheben. Mit Bescheiden vom 2. und 3. Februar 2005 wies die Behörde erster Instanz die Verfahrenshilfeanträge als unzulässig zurück.

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden wies die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark die Berufung gegen die genannten Zurückweisungsbescheide ab. Zur Begründung führte sie aus, dass für die nach dem FrG zu führenden Verfahren die "Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetze (AVG 1991)" gelten würden. Die Berufungsansicht, dass die Zulässigkeit der Anträge auf Verfahrenshilfe mit Hilfe eines Analogieschlusses zu begründen wäre, sei rechtlich nicht nachvollziehbar. Dem AVG 1991 sei das Rechtsinstrument der Verfahrenshilfe fremd. Dem Berufungsvorbringen, dass den Berufungswerbern monatlich lediglich ein Betrag von EUR 150,-- zur Verfügung stünde und deswegen zumindest ein Ausspruch hinsichtlich der Gebührenbefreiung hätte getroffen werden müssen, sei entgegenzuhalten, dass die Einbringung einer Berufung nicht von der Tatsache der Vergebührung abhängig sei und überdies eine allfällige Entscheidungskompetenz über die Gebührenbefreiung nicht in den sachlichen Zuständigkeitsbereich der Berufungsbehörde, sondern in jenen der Finanzbehörde falle. Den Beschwerdeführern wäre es somit unbenommen geblieben gewesen, innerhalb der Frist von zwei Wochen ab Zustellung der Ausweisungsbescheide das Rechtsmittel der Berufung einzubringen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde argumentiert, dass auf Grund des Verfahrenshilfegesetzes BGBl 1973/569 eine Änderung des AVG betreffend die Bewilligung der Verfahrenshilfe eingetreten sei und die Vorgangsweise des Gesetzgebers erkennen lasse, dass die in der ZPO zentral normierten Bestimmungen der Verfahrenshilfe auch in sämtlichen anderen Verfahren angewendet werden sollen. Diese echte Gesetzeslücke sei durch analoge Anwendung der Bestimmungen der ZPO zu schließen. Einem "einfachen Normunterworfenen" sei es nicht möglich, gerade in der komplexen Rechtsmaterie des "Aufenthaltsrechtes" selbst unter Anleitung eine formal richtige Berufung zu erstatten; insbesondere weil im gegenständlichen Fall auch das "Non-Refoulement-Verbot gemäß der Genfer Konvention" betroffen sei.

Entgegen der Beschwerdemeinung kann von einer "echten Gesetzeslücke" keine Rede sein. Nach den Erläuterungen zur RV (846 BlgNR 13. GP 7f) will "(d)as entworfene Bundesgesetz ... sohin durch seine umfassende Regelung für das gerichtliche Zivil- und Strafverfahren ebenso wie für das Verfahren vor dem Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof und im Verfahren nach dem Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG 1950) eine Verbesserung des bisherigen Rechtsschutzes erreichen".

Der mit dieser Novelle geänderte § 79 AVG lautet:

"Die in den §§ 76 bis 78 vorgesehenen Leistungen sind nur insoweit einzuheben, als dadurch der notwendige Unterhalt des Beteiligten und der Personen, für die er nach dem Gesetz zu sorgen hat, nicht gefährdet wird."

Den Erläuterungen zufolge (S. 18) wurde dadurch § 79 AVG an den neu vorgeschlagenen § 63 ZPO angepasst ("notwendig" statt "notdürftig").

In eindeutiger Weise wurde somit das Institut der Verfahrenshilfe nicht insgesamt auf das Verwaltungsverfahren übertragen. Dazu kommt - worauf bereits die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden zutreffend hingewiesen hat -, dass der Gesetzgeber in der Folge lediglich in Verfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten nach § 51a VStG die Möglichkeit der Beigebung eines Verfahrenshelfers ausdrücklich normiert und damit daran festgehalten hat, dass solches in Berufungsverfahren nach dem AVG nicht Platz greifen soll. Dem gemäß hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 10. September 1997, Zl. 96/21/0815, ausgesprochen, dass in einem fremdenrechtlichen Verfahren auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung keine gesetzliche Grundlage für die Bewilligung von Verfahrenshilfe im Rahmen des Berufungsverfahrens vorhanden ist.

Soweit die Beschwerdeführer auf § 79 AVG verweisen und vorbringen, dass wegen ihrer Mittellosigkeit zumindest ein Ausspruch hinsichtlich der Gebührenbefreiung hätte getroffen werden müssen, ist dem entgegen zu halten, dass diese Bestimmung erst während der Einhebung und nicht bereits bei der Vorschreibung von Gebühren anzuwenden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 2001, Zl. 98/02/0129), weshalb schon deswegen eine diesbezügliche "Gewährung von Verfahrenshilfe" im Stadium vor der Berufungserhebung nicht in Betracht kommt.

Die belangte Behörde hat somit frei von Rechtsirrtum die Zulässigkeit der Gewährung von Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Berufung nach dem Fremdengesetz 1997 verneint.

Da demnach bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 19. Jänner 2006

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005210407.X00

Im RIS seit

13.02.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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