Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Graf, Dr. Jelinek und Dr. Schinko als weitere Richter in der Konkurssache des Gemeinschuldners Mag. Kurt H*****, infolge Revisionsrekurses des Gemeinschuldners gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 30. September 1991, GZ 2 R 219/91-143, womit der Rekurs des Gemeinschuldners gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 7. August 1991, GZ S 1/90-136, zurückgewiesen wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Mit Beschluß vom 7. 8. 1991 (ON 136) hat das Konkursgericht der Ausführung des Beschlusses des Gläubigerausschusses, mit dem der vom Masseverwalter vorgeschlagene freihändige Verkauf des zur Konkursmasse gehörigen Braugasthofes und der sogenannten Hinterbauerhäuser an die Gemeinde A***** genehmigt wurde, die Zustimmung erteilt.
Das Rekursgericht wies den vom Gemeinschuldner gegen den konkursgerichtlichen Beschluß gerichteten Rekurs aus dem Grunde des Mangels der Rekurslegitimation zurück. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000,-- S übersteigt und daß der Revisionsrekurs zulässig sei. In seiner Entscheidungsbegründung verwies es auf die zu 8 Ob 12/91 ergangene Entscheidung des Obersten Gerichtshofes. Nach dieser sei die Verwertung der Konkursmasse grundsätzlich Aufgabe des Masseverwalters unter allfälliger Mitwirkung des Gläubigerausschusses und der Gläubigerversammlung. Deren Beschlüsse unterlägen der Genehmigung durch das Konkursgericht, die Wahrnehmung der gemeinsamen Interessen der Konkursgläubiger sei im Sinne des § 95 Abs 3 KO allen diesen Organen zur Pflicht gemacht. Die Neufassung dieser Bestimmung durch das IRÄG 1982 beschränke die Antragstellung auf konkursgerichtliche Untersagung der Ausführung von Beschlüssen des Gläubigerausschusses oder der Gläubigerversammlung auf die Person des Masseverwalters und des einzelnen Mitgliedes des Gläubigerausschusses. Dem einzelnen Konkursgläubiger stehe im Verwertungsverfahren kein Mitwirkungsrecht und daher auch keine Rechtsmittelbefugnis zu.
Diese Grundsätze der vorgenannten Entscheidung müßten nach Ansicht des Rekursgerichtes auch für den Gemeinschuldner gelten, der gemäß § 118 Abs 2 KO hinsichtlich der die Verwertung betreffenden, in den §§ 116 und 117 KO bezeichneten Angelegenheiten lediglich ein Anhörungsrecht habe. Auch im Sinne des Gesamtkonzeptes des IRÄG, nämlich, das Konkursverfahren zu straffen, stehe ebenso wie dem einzelnen Konkursgläubiger auch dem Gemeinschuldner im Verwertungsverfahren nur das Recht der Beschwerdeführung gegen einzelne Maßnahmen oder das Verhalten des Masseverwalters gemäß § 84 Abs 3 KO zu, worüber das Konkursgericht unanfechtbar entscheide. Es entspreche dem Sinn und System der Konkursordnung, dem Gemeinschuldner im Verwertungsverfahren nicht die gleichen Rekursrechte einzuräumen wie etwa dem Verpflichteten im Zwangsversteigerungsverfahren.
Gegen die rekursgerichtliche Entscheidung erhebt der Gemeinschuldner Revisionsrekurs mit dem Antrag auf Aufhebung der vorinstanzlichen Beschlüsse und Rückverweisung der Sache an das Rekursgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung, für den Fall der Verneinung der Rechtsmittellegitimation auf Anrufung des Verfassungsgerichtshofes zur Klärung dieser Frage und auch jener des in der Konkursordnung nicht vorgesehenen Kostenersatzes an den Gemeinschuldner. Der Rechtsmittelwerber bringt vor, als Gemeinschuldner habe er lediglich das Recht zur Beschwerdeführung nach § 84 Abs 3 KO, jedoch keine Rechtsmittelbefugnis, sodaß er "schlechter gestellt sei wie jeder andere Staatsbürger". Auch der Gemeinschuldner müsse die Möglichkeit der Überwachung des Masseverwalters und des Konkursgerichtes und daher die Rechtsmittellegitimation haben, diese Notwendigkeit zeige sich insbesondere aus den im einzelnen dargestellten Vorgängen dieses Konkursverfahrens. Somit entspreche die Konkursordnung mangels Rechtsmittelbefugnis des Gemeinschuldners "nicht den Bestimmungen der MRK" und sei daher verfassungswidrig. Das gleiche gelte in der Frage des Kostenersatzes an den Gemeinschuldner, der in der Konkursordnung nicht vorgesehen sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht gerechtfertigt.
Gemäß § 1 KO wird durch die Eröffnung des Konkurses das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen des Gemeinschuldners dessen freier Verfügung entzogen, die Konkursmasse ist in Verwahrung und Verwaltung zu nehmen und zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Konkursgläubiger zu verwenden. In dem dieser Befriedigung dienenden, vom Konkursgericht mit Hilfe des Masseverwalters, des Gläubigerausschusses und der Gläubigerversammlung durchzuführenden Verwertungsverfahren nach den §§ 114 ff KO stehen dem Gemeinschuldner Anhörungsrechte zu. So ist er gemäß § 114 Abs 1 letzter Satz KO zu vernehmen, wenn es - vgl § 114 Abs 2 und 3 KO - rechtzeitig möglich ist. In den in den §§ 116 und 117 KO bezeichneten Angelegenheiten ist er gemäß § 118 Abs 1 KO vor der Beschlußfassung des Konkursgerichtes, wenn tunlich - vgl Abs 2 leg cit - ebenfalls einzuvernehmen. Die Verletzung dieser Anhörungsrechte kann der Gemeinschuldner im Rechtsmittelwege geltend machen (vgl. Bartsch-Pollak I 547, Anm 23, 24; 543, 407; Petschek-Reimer-Schiemer, Insolvenzrecht 500 ff). Darüberhinaus kann ihm aber im Rahmen des Verwertungsverfahrens - abgesehen von der Beschwerdeführung iSd § 84 Abs 3 KO - ein Recht zur Bekämpfung der vom Gläubigerausschuß gefaßten und vom Konkursgericht gemäß § 95 Abs 3 KO nicht untersagten Beschlüsse nicht zugestanden werden. Die der Befriedigung der Gläubiger dienende Verwertung des dem Konkurs unterworfenen Vermögens ist zwecks rascher, vornehmlich an den Interessen der Konkursgläubiger ausgerichteter Konkursabwicklung seinem weiteren Einfluß grundsätzlich entzogen. Die Verwertung des Massevermögens durch den Masseverwalter unter abgestufter Mitwirkung der dazu sonst noch berufenen Organe des Konkursverfahrens hat außerhalb des kridamäßigen Versteigerungsverfahrens unter voller Verantwortung dieser Organe nach rein marktorientierten geschäftlichen Grundsätzen möglichst rasch und frei von bürokratischen Hemmnissen zu erfolgen; dieses Postulat verträgt sich mit der Einräumung einer umfassenden gerichtlichen Kontrolle wirtschaftlicher Entscheidungen im Instanzenzug grundsätzlich nicht. Der Gemeinschuldner selbst ist letztlich auf den ihm bei haftungsbegründenden schuldhaften Pflichtverletzungen der mit dem Verwertungsverfahren betrauten Personen zustehenden repressiven Rechtsschutz verwiesen, den das Schadenersatzrecht gewährt. Die formalrechtlich andere Stellung des Gemeinschuldners im kridamäßigen Versteigerungsverfahren, in dem der Masseverwalter die Stellung eines betreibenden Gläubigers hat (SZ 34/165; Petschek-Reimer-Schiemer aaO, 506 f), erklärt sich aus den spezifischen Besonderheiten jenes grundsätzlich für die Einzelexekution konzipierten, streng gesetzmäßig ablaufenden behördlichen Verwertungsverfahrens.
Der vorliegende Revisionsrekurs geht im wesentlichen auch selbst von dem nach den Vorschriften der Konkursordnung gegebenen Mangel der Anfechtungsbefugnis des Gemeinschuldners hinsichtlich der vom Gläubigerausschuß gefaßten und vom Konkursgericht nicht untersagten Beschlüsse über die Verwertung von zur Konkursmasse gehörigen Vermögensbestandteilen aus. Seine folgende Behauptung einer diesbezüglichen Verfassungswidrigkeit der Konkursordnung wegen Verstoßes gegen "Bestimmungen der MRK" ist jedoch unzutreffend. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in zahlreichen Entscheidungen darauf verwiesen, daß auch Art 6 und Art 13 der Menschenrechtskonvention keinen Anspruch auf einen mehrinstanzigen Rechtsweg geben, verfassungsrechtlich garantiert ist bloß das Verfahren in Zivilsachen vor einem unabhängigen Gericht (JBl 1975, 379; JBl 1980, 690; EvBl 1990/77 S 340 ua).
Somit hat das Rekursgericht im Ergebnis zutreffend ausgesprochen, daß dem Gemeinschuldner im vorliegenden Falle die Rechtsmittellegitimation zur Anfechtung des konkursgerichtlichen Beschlusses ON 136 fehlt.
Anmerkung
E26892European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0080OB00026.91.1128.000Dokumentnummer
JJT_19911128_OGH0002_0080OB00026_9100000_000