Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragsteller 1.) Josef K*****, 2.) Renate H*****, 3.) Harald R*****, 4.) Elfriede U*****, 5.) Otto M***** und 6.) Lilly K*****, alle vertreten durch Mag. Martina Wagner, Mietervereinigung Österreichs, Wiedner Hauptstraße 60 d, 1040 Wien, wider die Antragsgegnerin B*****, vertreten durch Frieda Rustler, Gebäudeverwalterin, Mariahilferstraße 196, 1150 Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 12 MRG infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 27. November 1990, GZ 41 R 762/90-11, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 31. Juli 1990, GZ 44 Msch 40/90-4, aufgehoben wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Aus Anlaß des Revisionsrekurses werden die Entscheidungen der Vorinstanzen als nichtig aufgehoben.
Text
Begründung:
Die Antragsteller - Mieter im Hause Wien *****, M*****gasse 9, das im Eigentum der Antragsgegnerin steht - brachten bei der Schlichtungsstelle (Schli 2/89) am 30. 11. 1989 einen Antrag ein, in dem sie zunächst in tabellarischer Form die ihnen in den Monaten I bis III/82, IV/82, V/82, VI bis XII/82 und I bis III/83 in Pauschalbeträgen vorgeschriebenen Aufzugskosten darstellten. Diese Beträge hätten sie auch bezahlt. Diese Vorschreibungen würden von ihnen der Höhe nach bestritten, da von der seitens der Antragsgegnerin erstellten Abrechnung der Aufzugsbetriebskosten I/82 bis III/83 verschiedene in der Folge einzeln angeführte Anlastungen (Saldovortrag aus 1981 und sieben Reparaturrechnungen aus 1982) von ihnen nicht anerkannt würden. Sie stellten daher den Antrag, die Schlichtungsstelle möge entscheiden, um welchen Betrag die Hausinhabung durch Einhebung der o.a. Beträge das gesetzliche Zinsausmaß überschritten habe.
Die Schlichtungsstelle gab dem Antrag der Antragsteller vollinhaltlich statt, indem sie feststellte, daß die Antragsgegnerin den Antragstellern gegenüber das gesetzliche Zinsausmaß durch Vorschreibung der Aufzugsbetriebskosten laut Tabelle in der Zeit von I/82 bis III/83 überschritten habe.
Das Erstgericht wies den Antrag der Antragsteller, es möge festgestellt werden, daß die Antragsgegnerin durch Vorschreibung des Saldovortrages aus 1981 und der Aufzugsreparaturkosten laut der im einzelnen im Antrag an die Schlichtungsstelle genannten (und auch in der Entscheidung des Erstgerichtes angeführten) sieben Rechnungen das gesetzlich zulässige Ausmaß der Betriebskosten überschritten habe, ab. Es begründete seine Entscheidung damit, daß die in § 27 Abs 3 MRG normierte 3-jährige Verjährungsfrist auch für Feststellungsansprüche gelte. Durch das zu 42 Msch 23/88 anhängig gewesene Verfahren sei eine Hemmung der Verjährung nicht eingetreten, weil Gegenstand dieses Verfahrens lediglich ein Rechnungslegungsbegehren gewesen sei.
Das Rekursgericht hob den erstgerichtlichen Sachbeschluß auf und verwies die Rechtssache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses aus.
Dem Wortlaut nach beziehe sich die Bestimmung des § 27 Abs 3 MRG nicht auf den konkreten Fall, weil hier der Höhe nach nicht wirksam beanstandete Pauschalbetriebskostenraten vorgeschrieben und nach den Behauptungen der Antragsteller auch bezahlt worden seien. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, daß die Mieter Beträge entgegen den Bestimmungen der §§ 15 bis 26 MRG geleistet hätten. Ein allfälliger Rückforderungsanspruch der Mieter, der sich nach Abrechnung der Betriebskosten durch Gegenüberstellung der geleisteten Pauschalraten mit dem tatsächlichen Betriebskostenaufwand ergeben würde, fiele daher mangels ausdrücklicher Regelung in § 27 Abs 3 MRG unter die allgemeine 30-jährige Verjährungsfrist. Nach Auffassung des Rekursgerichtes sei allerdings auch für diese Fälle die analoge Anwendung des § 27 Abs 3 MRG zu bejahen. Es könnte zwar das Feststellungsinteresse deswegen nicht gegeben sein, weil schon nach den eigenen Behauptungen der Antragsteller alle denkbaren Rückforderungsansprüche verjährt seien. Dies könne hier aber nicht gesagt werden, weil nicht feststehe, wann die Antragsgegnerin die Abrechnung über die Betriebskosten des Jahres 1982 legte und wann daher ein allfälliger Rückforderungsanspruch der Antragsteller entstand (zwischen den Parteien ist strittig, ob diese Abrechnung erst im Jahre 1986 oder schon früher gelegt wurde) und die Verjährungsfrist zu laufen begann.
Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil sowohl zur Frage, ab wann und in welcher Frist Rückforderungsansprüche des Mieters bei Pauschalvorschreibungen von Betriebskosten verjähren, als auch zur Frage, inwieweit ein in Ansehung des Rückforderungsanspruches erhobener Verjährungseinwand im Außerstreitverfahren geprüft werden muß, um das Vorliegen eines rechtlichen Interesses der Antragsteller an der begehrten Feststellung beurteilen zu können, gesicherte höchstgerichtliche Rechtsprechung nicht bestehe.
Gegen desen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin mit dem primären Antrag, den erstgerichtlichen Sachbeschluß wieder herzustellen. Hilfsweise stellte die Antragsgegnerin einen Aufhebungsantrag.
Die Antragsteller erstatteten keine Revisionrekursbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Aus Anlaß des Revisionsrekurses waren die Entscheidungen der Vorinstanzen aus folgenden Gründen als nichtig aufzuheben:
Gegenstand des Antrages bei der Schlichtungsstelle war die Pauschalvorschreibung von Aufzugsbetriebskosten in den Monaten I/82 bis III/83. Lediglich zur Begründung wurde vorgebracht, daß in der nachträglichen Aufzugsbetriebskostenabrechnung ein unzulässiger Saldovortrag aus 1981 und nicht zu den Betriebskosten gehörende Reparaturrechnungen aus dem Jahre 1982 enthalten gewesen seien. Auch der ausdrücklich formulierte Antrag bezieht sich wieder auf die im Schriftsatz an die Schlichtungsstelle eingangs wiedergegebenen Pauschalraten. Die Entscheidungen der Vorinstanzen hingegen bezogen sich nicht auf diese Pauschalvorschreibungen, sondern darauf, ob in der späteren Abrechnung nicht als Betriebskosten zu wertende Beträge aufgenommen waren, also letztlich auf die Richtigkeit des sich aus dieser Abrechnung ergebenden Saldos. Die Vorinstanzen entschieden daher über etwas anderes, als Gegenstand des Antrages bei der Schlichtungsstelle war. Dies hat die Nichtigkeit dieser Entscheidungen und deren ersatzlose Beseitigung zur Folge.
Über den von den Antragstellern wirklich gestellten Antrag bei der Schlichtungsstelle, der infolge Anrufung des Gerichtes durch die Antragsgegnerin auch die alleinige Grundlage des gerichtlichen Verfahrens bildet, wurde - von den Antragstellerin unbekämpft - nicht entschieden. In dieser Nichtentscheidung liegt zwar ein Verfahrensmangel, doch kann dieser mangels Rüge durch die davon betroffenen Parteien nicht aufgegriffen werden. Dies steht jedoch einer Geltendmachung von den Antragstellern aus der Aufzugsbetriebskostenabrechnung selbst abgeleiteter Ansprüche mittels neuen Antrages nicht entgegen.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden. Auf die vom Rekursgericht aufgeworfenen, an sich erheblichen Rechtsfragen ist daher in dieser Entscheidung nicht weiter einzugehen.
Anmerkung
E27752European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0050OB00025.91.1210.000Dokumentnummer
JJT_19911210_OGH0002_0050OB00025_9100000_000