Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber, Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz A*****, vertreten durch Dr. Sieglinde Lindmayr, Dr. Michael Bauer und Dr. Günter Secklehner, Rechtsanwälte in Liezen, wider die beklagte Partei T***** G*****, vertreten durch Dr. Gerhard Strobich, Rechtsanwalt in Trofaiach, wegen S 305.909 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 4. Juni 1991, GZ 5 R 283/90-42, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 29. August 1990, GZ 4 Cg 43/89-34, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Antrag des Beklagten auf Ersatz der Kosten des Revisionsverfahrens wird abgewiesen.
Text
Begründung:
Der Kläger betreibt eine Tischlerei und handelt mit Möbeln. Der Beklagte beauftragte ihn, einen Raum im Obergeschoß des Hauses V*****straße ***** in optisch getrennte Bereiche als Wohn-, Eßzimmer und Küche einzurichten. Der Beklagte wählte an Hand von Katalogen und Prospekten für einen Wohnzimmerverbau das Modell "Kronach" der Firma T*****, eine Rundbank mit Tisch der Firma A***** und das Küchenmodell "Präsident" der Firma H*****. Er nahm auch die schriftlichen Anbote des Klägers vom 11. März 1988 an, in denen diese Modellbezeichnungen genannt wurden. Der Beklagte hatte hiefür S 352.717 innerhalb von 8 Tagen ab Erhalt der Rechnung mit einem Abzug von 10 % oder innerhalb von 30 Tagen ohne Abzug zu bezahlen. Im Anbot für die Kücheneinrichtung war eine "Massivfront Eiche-rustikal" genannt. Aus dem Anbot ging auch hervor, daß der Gesimsabschluß und die Lichtblenden in "Eiche rustikal massiv" gefertigt werden sollten. Im Anbot für den Wohnzimmerverbau war eine Ausführung "Eiche-rustikal" vorgesehen.
Der Kläger fertigte in seiner Tischlerei nur Teile der Frühstücksbar sowie die Trennwand zwischen Küche und Eßzimmerbereich an. Alle übrigen Möbel und Möbelteile bezog er von verschiedenen Herstellerfirmen. Die Türen des Wohnzimmerverbaus, die Profilleisten und Gesimse bestehen aus Eiche-massiv, alle übrigen Teile hingegen aus Dekorspan, einer kunststoffbeschichteten Spanplatte. Die Türen der Küchenschränke, Gesimsleisten, Küchenrückwände und Kanten um die Kleinfächer im rechten Küchenbereich sind aus "Eiche-massiv bzw. furniert", der Korpus der Kücheneinrichtung inklusive der im Sichtbereich liegenden Seitenwand im Bereich der Frühstücksbar, die offene Regalwand sowie teilweise die Kanten sind aus kunststoffbeschichteten Spanplatten. Die fabriksmäßig hergestellten Möbel wurden im Juni oder Juli 1988 geliefert, weil der einzurichtende Wohnraum noch nicht fertig war. Die Montage der gesamten Einrichtungsgegenstände erfolgte dann Mitte bis Ende August 1988.
Die vom Kläger gelegten Rechnungen vom 15. Juli 1988 über S 38.590, vom 1. August 1988 über S 100.360 bzw. S 70.757, vom 12. August 1988 über S 160.938 und vom 29. September 1988 über S 35.254 beanstandete der Beklagte nicht, er rügte zunächst keine Mängel, zahlte jedoch auch nicht.
Nach telefonischen Urgenzen sicherte der Beklagte dem Kläger eine Teilzahlung von S 100.000 zu und ersuchte um Stundung des Restbetrages, da er den Eingang des Erlöses des Verkaufes eines Hauses abwarten müsse. Am 14. September 1988 überwies er den Betrag von S 100.000. Am 20. September 1988 bemängelte er die Beschaffenheit der gelieferten Einrichtungsgegenstände und deren unvollständige Montage. Gemeinsam stellten die Streitteile verzogene Schranktüren beim Wohnzimmerverbau, fehlende Leisten und Abdeckungen und eine teilweise nicht fachgerechte Montage auch schriftlich fest.
Nach einer Mahnung vom 23. September 1988 durch das Inkassobüro W***** in R***** lehnte der Beklagte am 3. Oktober 1988 eine weitere Bezahlung bis zur Behebung von Mängeln bzw. einer teilweisen Erneuerung der Möbel ab und schlug eine neuerliche gemeinsame Besichtigung vor.
In einem Schreiben seines Vertreters an den Kläger vom 24. Oktober 1988 listete der Beklagte Mängel auf und schlug neuerlich einen gemeinsamen Termin zur Besichtigung, Mängelfeststellung und Erörterung der Möglichkeit einer Mängelbehebung vor. Nachdem der Kläger mitgeteilt hatte, bis 20. November 1988 auf Kur zu sein, urgierte der Beklagtenvertreter mit dem Schreiben vom 2. November 1988 die unverzügliche Besichtigung der gelieferten Möbel durch einen befugten Vertreter des Klägers. Da es zu dieser vorgeschlagenen gemeinsamen Besichtigung nicht kam, erklärte der Beklagte mit Schreiben seines Vertreters vom 2. Dezember 1988 dem Kläger den Rücktritt vom Vertrag. Mit dem Schreiben seines Vertreters an den Beklagten vom 13. Dezember 1988 bestritt der Kläger das Vorliegen von Mängeln und kündigte die Vornahme lediglich kleinerer Nacharbeiten noch für das laufende Jahr an. Um den 20. Dezember 1988 behoben Monteure des Klägers sämtliche in der Aufstellung Beilage ./T aufgelisteten Mängel, sie tauschten auch mehrere Schranktüren des Wohnzimmerverbaues aus und lieferten den Couchtisch.
Der Beklagte ließ die Vornahme dieser Arbeiten ungeachtet des bereits erklärten Rücktrittes vom Vertrage zu, weil für ihn eine Einigung mit dem Kläger im Falle der Behebung aller Mängel nach seinen Vorstellungen noch denkbar war.
Mit dem Schreiben seines Vertreters vom 24. Jänner 1989 erklärte der Beklagte dem Kläger unter Hinweis auf eine Reihe weiterer Mängel abermals den Rücktritt vom Vertrag.
Der Kläger begehrte vom Beklagten mit der am 20. Jänner 1989 eingebrachten Klage die Bezahlung des Betrages von S 305.909 sA mit der Begründung, die vom Beklagten bei der Besprechung im September 1988 aufgezeigten Mängel seien behoben und das Werk ordnungs- und auftragsgemäß erbracht worden. Der Beklagte habe nach den Abschlußarbeiten vom 20. und 21. Dezember 1988 keine weiteren Mängel behauptet und Ratenzahlung zugesagt. Zu einem Rücktritt sei er nicht berechtigt. Er hätte dem Kläger keine Möglichkeit gegeben, die lediglich unwesentlichen und behebbaren Mängel - sollten sie vorliegen - zu beseitigen. Der Werklohn sei fällig. Eine Verkürzung um die Hälfte des wahren Wertes liege nicht vor.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, der Kläger habe zugesichert, den im Obergeschoß des Hauses liegenden Raum einheitlich zu gestalten. Er habe jedoch diese Möbel äußerst mangelhaft und in vielen Teilen nicht zusammenpassend geliefert. Am 24. Oktober 1988 habe der Beklagte die Mangelhaftigkeit der Leistung gerügt. Da der Kläger der Rüge nicht entsprochen habe, sei der Beklagte am 2. Dezember 1988 vom Vertrag zurückgetreten. Er habe diesen Rücktritt am 24. Jänner 1989 aufrecht erhalten. Die ausdrücklich zugesicherten Eigenschaften des Werkes lägen nicht vor; auch unbehebbare wesentliche Mängel seien weiterhin gegeben. Diese hätten im vollen Umfange erst nach der angeblichen Fertigstellung erkannt werden können. Überdies sei die Klageforderung wegen der Nichtfertigstellung des Werkes noch nicht fällig. Der Werklohn sei um mehr als 100 Prozent überhöht, weshalb sich der Beklagte auch auf Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes berufe.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte eine Reihe von Mängeln fest (AS 160 bis 162), die allerdings behebbar sind, deren Behebung aber einen Materialaufwand von S 5.000 excl. USt und eine Arbeitszeit von rund 40 Doppelstunden (die Doppelstunde zwischen S 480 und S 550 excl. USt) erfordert. Es vertrat die Ansicht, daß das Werk die bedungene Einheit nicht aufweise und daher sowie wegen anderer Fehlerhaftigkeiten ein wesentlicher Mangel vorliege, der den Beklagten zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt habe.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es übernahm im wesentlichen die Feststellungen des Erstgerichtes und stellte noch ergänzend den Inhalt der Aufstellung Beilage T, die vom Beklagten im Schreiben vom 24. Oktober 1988 gerügten Mängel, sowie die im Schreiben vom 24. Jänner 1989 enthaltenen Ausführungen des Beklagten zu den behaupteten Mängeln fest (S 9 bis 12 des Berufungsurteiles).
Rechtlich ging das Gericht zweiter Instanz davon aus, daß Werkvertragsgrundsätze anzuwenden seien, weil der Kläger einen Raum gegliedert in Wohn-, Eßzimmer- und Küchenbereich einzurichten und plangemäß zu gestalten hatte. Seine Verpflichtung, die besonderen Bedürfnisse, individuellen Umstände und Wünsche des Bestellers in der als Einheit aufzufassenden Gestaltung dieses Raumes zu berücksichtigen, charakterisiere eindeutig das Vorliegen eines Werkvertrages. Unbekämpft stehe fest, daß die Einrichtung des Raumes etwas Dauerhaftes und Gediegenes sein und eine harmonische Einheit darstellen sollte, statt dessen bestünden im Bereich des Wohnzimmerverbaus starke Farbunterschiede zwischen Türen, Profilleisten, Rückwänden und Sockelleisten. Die Gesimsleiste über dem Glastürenteil weise einen auffallenden rötlichen Farbstich auf. Auch in der Maserung gebe es deutliche Unterschiede. Die vier Schranktüren im Mittelbereich seien im Vergleich zu den übrigen schwächer strukturiert. Das Furnier des Auszuges des Couchtisches passe weder in der Farbe noch in der Maserung zu dem der Tischplatte. Im Küchenbereich seien bei der Vorderansicht große Farb- und Maserungsunterschiede auffällig. Die Schrankwandseite, das Küchenoberteil, die Frühstücksbar und deren obere Abschlußleiste bestünden zum Teil aus Massivholz. In diesem Bereich bestünden fünf verschiedene Farbtöne nebeneinander. Diese einer zumindest stillschweigenden Bedingung zuwiderlaufenden Mängel seien wesentlich, weil das Vorhandensein einer harmonischen einheitlichen Raumgestaltung für den bestellenden Beklagten und dessen Vertragsschluß von ausschlaggebender Bedeutung und dies der klagenden Partei auch erkennbar war. Auch seine Behebbarkeit schränke die vom Beklagten vornehmlich begehrte Wandlung nicht ein. Die mangelnde sorgfältige Farbabstimmung der in einem Raum montierten Einrichtungsgegenstände habe der Beklagte bereits in seinem Schreiben vom 24. Oktober 1988 an den Kläger mit Rücksicht auf die festgestellte Vollendung des Werkes Mitte bis Ende August 1988 rechtzeitig als gravierenden Mangel gerügt. Überdies habe die Verbesserungszusage des Klägers die Gewährleistungsfrist unterbrochen. Bei der schriftlichen Rücktrittserklärung vom 24. Jänner 1989 habe der Beklagte neuerlich auf die Unterschiede und das unakzeptable Erscheinungsbild verwiesen. Dieser Mangel habe sich nicht leicht beheben lassen, im Gegenteil, der in dieser Hinsicht ergebnislose Verbesserungsversuch vom 20. Dezember 1988 habe sogar zur Annahme der Unbehebbarkeit dieses Mangels geführt. Jedenfalls rechtfertige er den vom Beklagten erklärten Rücktritt. Da der Kläger bereits mit seinem Schreiben vom 13. Dezember 1988 das Vorliegen selbst der vom Erstgericht mit Hilfe eines Sachverständigen ausgemittelten Mängel des Werkes, auch in dem begrenzten Umfang, wie sie durch die Mängelrügen des Beklagten vorgezeichnet wurden, bestritt, habe es keiner Fristsetzung zur schließlich ohnedies verweigerten Verbesserung bedurft.
Ein schlüssiger Verzicht auf die Geltendmachung der Gewährleistung sei den Feststellungen nicht zu entnehmen. Abgesehen davon, daß bei Annahme eines solchen immer Zurückhaltung geboten sei, verbiete § 9 KSchG grundsätzlich den Ausschluß eines Gewährleistungsanspruches bei verbliebener Unterlegenheit des Verbrauchers. Selbst eine Unwirksamkeit vom erklärten Rücktritt vom Vertrag würde dem Kläger nichts nützen, weil der Beklagte als Werkbesteller auch bei Vorliegen geringer Mängel seine Leistung verweigern könne. Ein Leistungsverweigerungsrecht des Beklagten als Besteller wäre nur dann nicht anzunehmen, wenn Schikane vorgelegen wäre; eine solche sei aber gänzlich auszuschließen. Da den behandelten Fragen die im Abs. 1 des § 502 ZPO genannte erhebliche Bedeutung zukomme, sei auszusprechen gewesen, daß die ordentliche Revision zulässig ist.
Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision des Klägers aus dem Anfechtungsgrund des § 503 Z 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil abzuändern und dem Klagebegehren stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Beklagte beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unzulässig.
Weder die Revision noch das Berufungsgericht werfen Fragen von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf. Daß auf den vorliegenden Sachverhalt Werkvertragsgrundsätze anzuwenden sind, weil der Kläger als Tischler die Gestaltung des Wohnraumes des Beklagten unter Berücksichtigung seiner besonderen Bedürfnisse, individuellen Umstände und Wünsche vorzunehmen, also eine speziell auf den Besteller abgestellte Leistung zu erbringen hatte (vgl. Krejci in Rummel, ABGB, Rz 127 zu §§ 1165, 1166 und die dort ausgewiesene Literatur und Judikatur), steht außer Zweifel. Die Behauptung des Klägers, daß die festgestellten Mängel behoben wurden, hat das Berufungsgericht als feststellungsfremd zutreffend widerlegt. Die weiteren Ausführungen des Klägers, es liege "ein gemäß § 1295 Abs 2 ABGB als rechtswidrig zu qualifizierender Sachverhalt" vor, sind schon - ohne daß zu untersuchen wäre, ob eine solche Behauptung (allenfalls schlüssig) bisher im Verfahren überhaupt aufgestellt wurde - auf Grund der getroffenen Feststellungen eindeutig widerlegt. Es sei lediglich darauf verwiesen, daß die Behebung der Mängel einen Materialaufwand von S 5.000 und einen Arbeitsaufwand von rund 40 Doppelstunden in Anspruch nehmen würde. Von einer dem Beklagten zu unterstellenden reinen Schädigungsabsicht, wie dies der Kläger mit der Behauptung von Schikane in den Mittelpunkt seiner Revision stellt, kann daher keine Rede sein. Daß der Sachverständige noch mehr Mängel feststellte, als der Beklagte ursprünglich angegeben hatte, kann dem Kläger nicht zum Vorteil gereichen. Seine Ausführungen sind somit insgesamt nicht geeignet, die zutreffenden Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes, die im wesentlichen (an Hand des Aufbaues der Begründung chronologisch zusammengefaßt) auf JBl 1987, 662; JBl 1986, 448; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 932; Reischauer aaO Rz 2 und 5 zu § 1167; Koziol-Welser8 I, 375; JBl 1986, 245; SZ 41/94; Krejci in Rummel aaO Rz 2 zu § 9 KSchG und Krejci aaO Rz 7 zu § 1170 beruhen, zu widerlegen. Alle diese Fragen sind aber hier nicht weiter strittig, sodaß die Revision als unzulässig zu behandeln und unter Hinweis auf die Richtigkeit der berufungsgerichtlichen Entscheidungsgründe von einer weiteren Begründung der Entscheidung gemäß § 510 Abs 3 ZPO Abstand zu nehmen war.
Da der Beklagte auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat, gebühren ihm nach ständiger Rechtsprechung keine Kosten für die Revisionsbeantwortung.
Anmerkung
E26809European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0020OB00566.91.1211.000Dokumentnummer
JJT_19911211_OGH0002_0020OB00566_9100000_000