TE OGH 1991/12/17 14Os124/91

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Veröffentlicht am 17.12.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.Dezember 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Prokisch als Schriftführer in der Strafsache gegen unbekannte Täter wegen § 1 PornG über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 21. August 1991, GZ 23 Vr 1368/91-8, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Presslauer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Text

Gründe:

Die Ratskammer des Landesgerichts Linz hat mit ihrer, von der Generalprokuratur in Beschwerde gezogenen Entscheidung einen Beschluß des Untersuchungsrichters auf Beschlagnahme von Videokassetten aufgehoben. Gegen den Standpunkt des Untersuchungsrichters vertrat die Ratskammer die Meinung, daß sämtliche Kassetten keine unzüchtigen Laufbilder enthalten. Denn alle Kassetten enthielten "nur" Szenen intensiver lesbischer Betätigung, die nach der in der Beschlußbegründung zitierten jüngeren Judikatur des Oberlandesgerichtes und des Landesgerichtes Innsbruck, denen sich die Ratskammer anschloß, nicht zur Annahme eines Tatverdachts in Richtung § 1 PornG ausreichen.

Diese Rechtsansicht und den darauf gegründeten Spruch der Ratskammer bekämpft die Generalprokuratur nicht. Sie wendet sich vielmehr "primär" gegen eine unterschiedliche rechtliche Bedeutung von männlicher und weiblicher gleichgeschlechtlicher Unzucht bei Anwendung des Unzuchtsbegriffes nach § 1 Abs. 1 PornG und "in zweiter Linie" gegen die Ansicht, daß auf sich selbst reduzierte und vom Zusammenhang mit anderen Lebensäußerungen gelöste, anreißerisch verzerrte Darstellungen von gleichgeschlechtlichen Unzuchtsakten - sei es unter Männern oder unter Frauen - noch der harten Pornographie zugerechnet werden können.

Rechtliche Beurteilung

Soweit mit diesen Ausführungen die Beschwerde die Darstellung gleichgeschlechtlicher Unzuchtsakte zwischen Frauen als nicht (mehr) unzüchtig im Sinne des § 1 Abs. 1 PornG wertet, geht sie mit dem Ratskammerbeschluß konform. Sie kann aber auch mit ihren, vor allem mit der Aufhebung des § 210 StGB (BGBl. 1989/243) argumentierenden Ausführungen gegen eine unterschiedliche Bedeutung der Darstellung männlicher und weiblicher gleichgeschlechtlicher Unzucht im Rahmen des § 1 Abs. 1 PornG, keine Verletzung oder unrichtige Anwendung des Gesetzes durch die Ratskammer aufzeigen.

Denn die Ratskammerentscheidung enthält dazu keine konkreten Rechtsausführungen. Die Ratskammer erwägt vielmehr nach ihrer Begründung, warum sie die Darstellung intensiver lesbischer Betätigungen nicht mehr dem Unzuchtsbegriff des § 1 Abs. 1 PornG zugeordnet hat, bloß illustrativ und unter Hinweis auf § 209 StGB in einem einzigen Satz, daß bei der Qualifikation gleichgeschlechtlicher Unzuchtsakte wohl von männlich homosexuellen und lesbischen Darstellungen zu unterscheiden sein wird. Die Ratskammer hat jedoch die von ihr nur angedeuteten möglichen Unterschiede nicht näher bezeichnet und vor allem aus dem angedeuteten Unterschied der Darstellung von männlich homosexuellen Akten und lesbischen Beziehungen keinerlei rechtliche Konsequenzen gezogen. Soweit die Wahrungsbeschwerde somit rechtliche Erwägungen, die das Gericht überflüssigerweise seiner im übrigen in diesem Zusammenhang nicht angefochtenen Entscheidung beigefügt hat, bemängelt, zeigt sie keine Verletzung oder unrichtige Anwendung des Gesetzes auf (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO3 ENr. 23, 23 a zu § 292 StPO).

Daß aber auf sich selbst reduzierte und vom Zusammenhang mit anderen Lebensäußerungen gelöste, anreißerisch verzerrte Darstellungen von gleichgeschlechtlichen Unzuchtsakten noch der harten Pornographie zugerechnet werden können, hat die Ratskammer gar nicht ausgesprochen, sodaß auch die (in zweiter Linie) erhobene Wahrungsbeschwerde zu verwerfen war.

Anmerkung

E27031

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0140OS00124.91.1217.000

Dokumentnummer

JJT_19911217_OGH0002_0140OS00124_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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