TE OGH 1991/12/17 5Ob547/91

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Veröffentlicht am 17.12.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1.) Theresia K*****, vertreten durch Dr. Alfred Strobl, Rechtsanwalt in Wien, und 2.) Silvia A*****, vertreten durch Dr. Hellmuth Boller und Dr. Günter Langhammer, Rechtsanwälte in Wien, wegen freiwilliger Zivilteilung der Liegenschaft EZ ***** KG D*****, infolge Revisionsrekurses der Zweitantragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt als Rekursgerichtes vom 20. Juni 1991, GZ R 9/91-16, womit dem Rekurs der Zweitantragstellerin gegen den am 17. Dezember 1990 erteilten Zuschlag der feilgebotenen Liegenschaft, 1 Nc 4/90-10 des Bezirksgerichtes Oberpullendorf, nicht Folge gegeben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes sowie die am 17. Dezember 1990 erfolgte Erteilung des Zuschlages der feilgebotenen Liegenschgaft EZ ***** Grundbuch ***** an die Erstantragstellerin werden aufgehoben. Der Zuschlag wird versagt.

Die Außerstreitsache wird zur neuerlichen Durchführung der freiwilligen Feilbietung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Hinsichtlich des bisherigen Verfahrensverlaufes wird auf die Darstellung zu 5 Ob 535/91 verwiesen.

Den zwischenweilig vorgelegten Einheitswertbescheiden des Finanzamtes Eisenstadt vom 26. November 1986 und 14. August 1991, Ew-AZ 902-2-1648/0 Ref 88, ist zu entnehmen, daß der Einheitswert der antragsgegenständlichen Liegenschaft zur Zeit der Entscheidung des Rekursgerichtes 50.000 S überstieg, der Bewertungsausspruch somit im Ergebnis den gesetzlichen Bewertungsvorschriften entspricht und daher für den Obersten Gerichtshof bindend ist.

Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt.

In ihrem Revisionsrekurs macht die Zweitantragstellerin mit Recht zusammengefaßt geltend, daß das Feilbietungsverfahren an Mängeln leidet, die die Nichtigkeit des Verfahrens zur Folge haben und zur Versagung des für sie einen erheblichen Schaden darstellenden Zuschlages führen müssen.

Rechtliche Beurteilung

Die freiwillige Feilbietung einer im Miteigentum stehenden Liegenschaft im Verfahren außer Streitsachen hat zur unumgänglichen Voraussetzung, daß sich die Miteigentümer über die Feilbietung ihrer Sache an sich einig sind und darüber hinaus zwischen ihnen auch Einigkeit über alle Bedingungen besteht, unter denen die Feilbietung durchgeführt werden soll. Dementsprechend müssen auch die Versteigerungsbedingungen einvernehmlich festgelegt werden (EvBl. 1962/206). Wird ein Feilbietungsverfahren ohne das erforderliche Einverständnis aller Miteigentümer durchgeführt, so hat dies die Nichtigkeit des Verfahrens zur Folge (NZ 1968, 60 = RPflSlg A 4762).

Eine Untersuchung des gegenständlichen Verfahrens unter diesem Gesichtspunkt zeigt, daß die erforderliche Einvernehmlichkeit hinsichtlich der Festlegung der Versteigerungsbedingungen nicht gegeben ist und - wie noch auszuführen sein wird - das Erstgericht bei Erlassung des Edikts zu Unrecht von einem bestehenden Einverständnis ausgegangen ist.

Aus dem Akt ergibt sich, daß die beiden Antragstellerinnen in ihrem ersten Schriftsatz Bedingungen für die Feilbietung angeführt haben, die Feilbietungsbedingungen im einzelnen jedoch vom Gerichtskommissär entworfen und den Parteienvertretern zur Stellungnahme übermittelt wurden (ON 7 und 8 dA). Ausgehend von der Annahme, die Parteienvertreter hätten die vom Gerichtskommissär entworfenen Feilbietungsbedingungen in der Fassung genehmigt, in der sie dem Erstgericht vom Gerichtskommissär übermittelt wurden (Schreiben des Erstantragstellervertreters vom 16. November 1990 und des Zweitantragstellervertreters vom 23. November 1990), erließ das Erstgericht am 28. November 1990 das vom Gerichtskommissär vorbereitete Edikt, in dem der Feilbietungstermin mit 17. Dezember 1990, 14 Uhr, angeführt war, wobei es den Anschlag des Ediktes an der Amtstafel des Gerichtes bis 18. Dezember 1990 sowie die Zustellung desselben an die beiden Parteienvertreter und das Gemeindeamt *****, an letzteres mit dem Ersuchen um Anschlag an der Amtstafel bis 18. Dezember 1990, verfügte. Eine Einschaltung des Edikts in eine Zeitung unterblieb, dies offenbar im Hinblick auf den Umstand, daß der Gerichtskommissär in seinem Vorlagebericht an das Erstgericht dieses "ersuchte", das Edikt der Gemeinde ***** zur Aushängung an der Amtstafel zuzuweisen, und vermerkte, daß von einer Veröffentlichung in einer Zeitung "abgesehen wird" (ON 7 dA). Daß der Gerichtskommissär diesen Hinweis im Einvernehmen mit den Parteienvertretern vorgenommen hätte, ist den Akten nicht zu entnehmen. Insoweit das Rekursgericht in Ansehung des Unterbleibens der Einschaltung des Ediktes in eine Zeitung davon ausgeht, die Parteien hätten dem zugestimmt, findet diese Annahme im Akteninhalt keine Deckung.

Bei der freiwilligen Schätzung und Feilbietung sind hinsichtlich der Art ihrer Vornahme subsidiär die Bestimmungen der Prozeßordnung, d.s. nunmehr der EO und der ZPO sowie die Vorschriften der Feilbietungsordnung anzuwenden (§ 272 AußStrG). Über die Bekanntmachung des Ediktes enthält das AußStrG selbst keine Bestimmungen. Nach § 2 der FeilbietungsO muß die Versteigerung durch die Zeitung oder die Kundschaftsblätter, oder wie sonst die Kundmachung üblich ist, bekanntgemacht werden. § 71 Abs. 1 EO normiert für alle Fälle der Verständigung durch Edikt grundsätzlich den Anschlag des Ediktes an der Gerichtstafel und dessen Veröffentlichung durch ein- oder mehrmalige Einschaltung in die zu amtlichen Kundmachungen im Lande bestimmte Zeitung. Lediglich bei geringerem Wert der Exekutionsobjekte kann das Gericht - auf Antrag oder von Amts wegen - verfügen, daß die Verlautbarung durch die Zeitung ganz zu unterbleiben habe und an deren Statt die Verlautbarung etwa durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde zu erfolgen habe (§ 71 Abs. 2 Z 2 EO). Auch § 117 ZPO sieht die Einschaltung eines Ediktes in die zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen des Gerichtes bestimmte Zeitung vor. Im Hinblick auf den bei der Schätzung ermittelten Wert der zu versteigernden Liegenschaft hätte mangels eindeutigen gemeinsamen Antrages die Einschaltung des Ediktes in eine Zeitung nicht unterbleiben dürfen.

Da der Gerichtskommissär nach Einlangen der Stellungnahmen der beiden Parteienvertreter es unterlassen hat, das Einvernehmen zwischen den Parteien hinsichtlich der Ediktsveröffentlichung herzustellen, kann nicht gesagt werden, daß unter den gegebenen Umständen alle Bedingungen, unter welchen die Feilbietung stattfinden sollte, von den Parteien einverständlich festgelegt wurden.

Dazu kommt noch, daß in dem von der Zweitantragstellerin in ihrem Revisionsrekurs zur Darlegung der darin geltend gemachten Aktenwidrigkeit vorgelegten Schreiben des Gerichtskommissärs vom 12. November 1990, mit dem er dem Vertreter der Zweitantragstellerin den Entwurf der Feilbietungsbedingungen zur Stellungnahme übermittelte, als voraussichtlicher Feilbietungstermin der 7. Dezember 1990 genannt war, in dem gleichzeitig übermittelten Entwurf des Ediktes - wie diesem im Revisionsrekurs vorgelegten Schriftstück zu entnehmen ist - hingegen überhaupt kein Datum angeführt war.

Welche Frist zwischen dem Tag, an dem die Feilbietung anberaumt wurde, und dem Feilbietungstermin selbst liegen muß, normieren die Bestimmungen des Außerstreitgesetzes nicht. Die somit hier anzuwendende Bestimmung des § 4 der FeilbietungsO sieht bei der Versteigerung von Sachen von großem Wert vor, daß die Kundmachung der Versteigerung immer zu einer dem Gegenstande angemessenen Zeit zu geschehen hat. Ausgehend von dem bei der Schätzung festgestellten Wert der Liegenschaft und dem Umstand, daß der vom Gerichtskommissär letztlich anberaumte Versteigerungstermin vom klaren Willen und Einverständnis der Parteien nicht getragen war, erscheint die zwischen der Bekanntmachung des Ediktes und dem Feilbietungstermin liegende Zeitspanne von rund 2 1/2 Wochen keineswegs der Bedeutung der vorliegenden Feilbietung angemessen, dies insbesondere auch im Hinblick darauf, daß der Versteigerungstermin im exekutiven Versteigerungsverfahren auf ein bis zwei Monate hinaus anzuberaumen ist (§ 169 Abs. 2 EO).

Es liegen somit Gründe vor, die im Exekutionsverfahren einen Widerspruch gegen die Erteilung des Zuschlages gerechtfertigt hätten (§ 184 Abs. 1 Z 1 und Z 2 EO). Da im Verfahren zur freiwilligen Feilbietung einer Liegenschaft die Erteilung des Zuschlags auch dann angefochten werden kann, wenn bei der Versteigerungstagsatzung kein Widerspruch erhoben worden ist (SZ 37/54 = EvBl. 1964/281), erweist sich der Revisionsrekurs schon im Hinblick auf die aufgezeigten Verfahrensmängel als berechtigt.

Es war daher nach Aufhebung der Entscheidung des Rekursgerichtes sowie der Erteilung des Zuschlages der Zuschlag zu versagen und die Außerstreitsache an das Erstgericht zur neuerlichen Durchführung der Feilbietung zurückzuverweisen.

Bei dieser Sachlage kann die vom Rekursgericht besonders hervorgehobene und im Revisionsrekurs eingehend relevierte Frage, wie das Versteigerungsedikt zuzustellen ist, auf sich beruhen. Bemerkt sei, daß hier die Zustellung an eine Angestellte des Vertreters der Zweitantragstellerin erfolgte und die im § 13 Abs. 4 ZustG genannten Angestellten des Parteienvertreters keine Ersatzempfänger, sondern berechtigt sind, auch Sendungen zu übernehmen, bezüglich derer eigenhändige Zustellung (§ 21 ZustG) angeordnet ist (Walter-Mayer, Zustellrecht, Anm. 21 zu § 13 ZustG; Feil, Zustellwesen, Rz 17 zu § 13 ZustG). Daß im Verfahren zur freiwilligen Feilbietung darüber hinaus Zustellungen auch noch an die Parteien selbst zu erfolgen hätten, ist den gesetzlichen Bestimmungen nicht zu entnehmen.

Was schließlich die von der Revisionsrekurswerberin in Zweifel gezogene Bevollmächtigung Dris. Strobl durch die Erstantragstellerin anlangt, so ist auf die analoge Anwendung des § 30 Abs. 2 ZPO im Außerstreitverfahren zu verweisen (vgl. 5 Ob 72/85; JBl. 1987, 258; 2 Ob 510/90; ÖBl. 1990, 273). Es besteht kein Zweifel, daß ein Rechtsanwalt oder Notar sich iS des § 30 Abs. 2 ZPO auch auf eine ihm erteilte Vollmacht zur Einleitung eines außerstreitigen Verfahrens zur freiwilligen Feilbietung einer Liegenschaft berufen kann, die dann auch alle Vereinbarungen mit Miteigentümern der feilzubietenden Liegenschaft, die im Zuge des Verfahrens erforderlich werden, deckt (vgl. RZ 1991/48 hinsichtlich der Zulässigkeit der Berufung eines einschreitenden Notars auf die ihm erteilte besondere Vollmacht für die Abgabe einer Erbserklärung iS des § 1008 ABGB).

Anmerkung

E27759

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0050OB00547.91.1217.000

Dokumentnummer

JJT_19911217_OGH0002_0050OB00547_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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