TE OGH 1991/12/17 4Ob126/91

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Veröffentlicht am 17.12.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ernst S***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Viktor A.Straberger, Rechtsanwalt in Wels, wider die beklagte Partei Renatus D*****, vertreten durch Dr.Anton Eichinger und Dr.Michael Augustin, Rechtsanwälte in Leoben, wegen Unterlassung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 350.000), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 9. Oktober 1991, GZ 5 R 202/91-13, womit der Beschluß des Kreisgerichtes Leoben vom 6.August 1991, GZ 3 Cg 210/91-4, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 14.293,80 bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin S 2.382,30 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Rechtliche Beurteilung

Begründung:

Entgegen dem - nicht bindenden (§§ 78, 402 Abs 2 EO; § 526 Abs 2, letzter Satz, ZPO) - Ausspruch des Gerichtes zweiter Instanz liegen die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Rekurses nach §§ 78, 402 Abs 2 EO, § 527 Abs 2, § 528 Abs 1 ZPO nicht vor:

Der Oberste Gerichtshof, welcher nicht Tatsacheninstanz ist, kann nach ständiger Rechtsprechung dem Gericht zweiter Instanz nicht entgegentreten, wenn es - wie hier - von einer richtigen Rechtsansicht ausgehend den Sachverhalt auf Grund der vom Erstgericht berücksichtigten Bescheinigungsmittel nicht für hinreichend geklärt hält und daher eine Verfahrensergänzung für notwendig befindet (SZ 62/160 mwN). Die vom Rekursgericht zum Verfahrensrecht vertretene Auffassung, daß die schriftliche eidesstättige Erklärung einer Partei für sich allein als Bescheinigungsmittel nicht ausreicht, entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (EvBl 1977/203; JBl 1979, 548). Ob die Verkehrsbekanntheit der Produkte des Klägers - welche der Erstrichter entgegen den Rechtsmittelausführungen allein auf Grund der schriftlichen Erklärung des Geschäftsführers der Klägerin, Beilage H, für bescheinigt erachtet hat (S. 25) - auch auf Grund anderer Urkunden als glaubhaft hätte angesehen werden können, ohne daß es dazu der Aufnahme der - von beiden Parteien

angebotenen - Personalbeweise bedurft hätte, ist der Beurteilung des Obersten Gerichtshofes entzogen; das gleiche gilt für die Feststellung, wie weit der Beklagte beim Erwerb der angeblich nachgeahmten Produkte von der Nachahmung bereits gewußt hat. Da sich der Beklagte schon in erster Instanz - insbesondere auch zur Frage der Verkehrsbekanntheit und seines guten Glaubens - ua auf Parteienvernehmung berufen hat, zeigt die Klägerin mit ihrem Hinweis darauf, daß dabei eine kurzfristige Stelligmachung nicht einmal angeboten worden sei, keine erhebliche Frage des Verfahrensrechtes auf, fordert doch das Gesetz (§§ 78, 402 Abs 2 EO; § 274 Abs 1, letzter Satz, ZPO) nach seinem insoweit eindeutigen Wortlaut nur die sofortige Ausführbarkeit der Beweisaufnahme, nicht aber das Angebot der Partei, die Auskunftspersonen selbst stellig zu machen. Im Bescheinigungsverfahren ist daher die Ladung von Auskunftspersonen - selbst wenn sie nicht am Gerichtsort wohnen - durch das Gericht möglich, solange dadurch nicht eine dem Sinn und Zweck des Provisorialverfahrens widersprechende Verzögerung eintritt (EvBl 1971/111); wenn eine Auskunftsperson der gerichtlichen Ladung Folge leistet, ist ihre Vernehmung eben "sofort ausführbar". Daß dem Beklagten bei seiner Vernehmung allenfalls Gelegenheit gegeben wird, auch weitere Bescheinigungsmittel vorzulegen, verstößt nicht gegen Grundsätze des Verfahrensrechtes; es steht vielmehr im Einklang mit diesen Grundsätzen, daß alle bis zu dem für die Entscheidung maßgebenden Zeitpunkt dem Gericht vorliegenden Beweismittel Berücksichtigung finden.

Da die Entscheidung also nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO vorliegt, war der Revisionsrekurs (richtig: Rekurs (§ 527 Abs 2 ZPO)) zurückzuweisen (§ 510 Abs 3, letzter Satz, § 528a ZPO).

Der Ausspruch über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 41, 50, 52 ZPO. Da der Beklagte auf die Unzulässigkeit des Rekurses hingewiesen hat, war seine Rekursbeantwortung zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig (RZ 1985/6 uva).

Anmerkung

E26835

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0040OB00126.91.1217.000

Dokumentnummer

JJT_19911217_OGH0002_0040OB00126_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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