Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin T***** GesmbH & Co *****-KG, ***** vertreten durch Dr.Wilfried Haslauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen grundbücherlicher Eintragungen ob der Liegenschaft EZ *****, und Einreihung einer Urkunde infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 12.September 1991, GZ 22 R 607/90, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hallein vom 31.August 1990, GZ TZ 1546/90, Uh 2/90, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
In dem am 20.Juni 1990 beim Erstgericht eingelangten Grundbuchsgesuch beantragte die T***** Gesellschaft mbH & Co *****-KG als Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** unter Hinweis auf das zu CLNR 11 a dieser Liegenschaft für Dr.med.Gerald S*****, geboren am *****, einverleibte Bestandrecht mit der Behauptung, zugunsten Dris.med.Gerald S***** sei der Superädifikatsvertrag und die Mietvereinbarung samt Nachtrag vom 27.7.1989 und der II. Nachtrag vom 7.6.1990 in der Sammlung der beim Bezirksgericht ***** hinterlegten Liegenschafts- und Bauwerksurkunden bezüglich des in EZ ***** desselben Grundbuches gemäß § 435 ABGB ersichtlich gemachten Bauwerkes auf Grundstück ***** Garten hinterlegt, auf Grund des mit dem Gesuch vorgelegten Dienstbarkeitsvertrages vom 7.6.1990 ob ihrer Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** die Einverleibung der Dienstbarkeit des Zutrittes und der Zufahrt gemäß Punkt II.) des Dienstbarkeitsvertrages vom 7.6.1990 zu Gunsten Dr.med.Gerald S*****, geboren am *****, und seiner Rechtsnachfolger als Bestandnehmer und Superädifikatseigentümer gemäß Superädifikatsvertrag und Mietvereinbarung vom 27.7.1989 samt Nachtrag vom selben Tag und zweitem Nachtrag vom 7.6.1990 mit Wirksamkeit bis zum 31.7.2039 sowie die Einreihung des Dienstbarkeitsvertrages vom 7.6.1990 in die Sammlung der beim Bezirksgericht ***** hinterlegten und eingereihten Liegenschafts- und Bauwerksurkunden hinsichtlich des auf Grundstück ***** Garten gemäß § 435 ABGB errichteten und im Eigentum Dris.med.Gerald S*****, geboren am *****, stehenden Bauwerkes.
Das Erstgericht wies diesen Antrag ab, weil Grunddienstbarkeiten nach § 474 ABGB zwei Liegenschaften voraussetzten, von denen eine dem Verpflichteten als dienstbares, die andere dem Berechtigten als herrschendes Grundstück gehören müßte. Der Eigentümer eines Superädifikates nach § 435 ABGB werde jedoch nicht Eigentümer eines Grundstückes, sodaß auch keine Grunddienstbarkeit zu seinen Gunsten begründet werden könne. Eine Eintragung als persönliche Dienstbarkeit komme gleichfalls nicht in Betracht, weil die Dienstbarkeit zu Gunsten von Dr.med.Gerald S***** und seiner Rechtsnachfolger als Bestandnehmer und Superädifikatseigentümer begründet worden sei; die Eintragung der Dienstbarkeit zu Gunsten der Rechtsnachfolger des ursprünglichen Berechtigten sei unzulässig (MGA GBG3 § 12 GBG E 4.).
Das Gericht zweiter Instanz gab dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs der Antragstellerin nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, 50.000 S übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Das Gesetz unterscheide zwar grundsätzlich die Dienstbarkeiten in Grunddienstbarkeiten und persönliche Dienstbarkeiten (§ 473 ABGB), es könnten jedoch auch Dienstbarkeiten mit dem Inhalt von Grunddienstbarkeiten zugunsten einer bestimmten Person als sogenannte unregelmäßige Servituten (§ 479 ABGB) begründet werden. Entgegen der Auffassung im Rekurs setze die Begründung einer Grunddienstbarkeit, sofern sie nicht als unregelmäßige Dienstbarkeit begründet werde, ein dienendes und ein herrschendes Grundstück voraus, also zwei Grundbesitzer (Grundeigentümer) (vgl Klang in Klang2, II, 473). Das aus der Grunddienstbarkeit erfließende Recht stehe dabei dem jeweiligen Eigentümer des herrschenden Grundstückes zu (EvBl 1980/173 mwN). Dies gelte auch für die im Rekurs genannten Hausservituten, denn die in § 474 ABGB getroffene Unterscheidung in Feld- und Hausservituten betreffe nur die Bestimmung des herrschenden Grundstückes, wie sich aus dem Gesetz ergebe. Werde aber auf fremdem Grund ein Superädifikat errichtet, so könne eine Grunddienstbarkeit für den Eigentümer des Superädifikates und seine Rechtsnachfolger als Bestandnehmer und Superädifikatseigentümer nicht begründet werden. Damit komme aber auch eine Einreihung des Dienstbarkeitsvertrages nach § 1 Abs 1 Z 2 lit b) UHG nicht in Betracht, die nach dem Antrag an Stelle der Ersichtlichmachung der Dienstbarkeit im Gutsbestandsblatt der herrschenden Liegenschaft erfolgen solle. Es sei auch der im Rekurs vertretenen Auffassung nicht beizupflichten, daß das Erstgericht die beantragte Dienstbarkeit als unregelmäßige Dienstbarkeit im Sinne des § 479 ABGB zu Gunsten Dr.med.Gerald S***** hätte eintragen können. Gegenüber einer Grunddienstbarkeit stelle eine sogenannte unregelmäßige Dienstbarkeit kein "Minus" dar, sondern ein Aliud (vgl MGA GBG3 § 96 GBG, E 4.). Damit sei aber auch die hilfsweise im Rekurs begehrte Eintragung einer unregelmäßigen Dienstbarkeit unter Bedachtnahme auf § 96 Abs 1 GBG nicht möglich. Richtig habe das Erstgericht in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, daß die Eintragung einer Dienstbarkeit zu Gunsten der "Rechtsnachfolger" neben dem ursprünglichen Berechtigten unzulässig sei. Der Verbücherung einer solchen Dienstbarkeit stünden die Bestimmungen der §§ 27 Abs 2 und 98 GBG entgegen, wonach die Personen, für die Eintragungen erfolgen sollen, so bestimmt bezeichnet werden müßten, daß kein Zweifel an der Person des (jeweils) Berechtigten aufkommen könne (vgl EvBl 1959/179). Eine Verknüpfung mit dem Superädifikatseigentum erscheine im vorliegenden Fall auch deshalb unzulässig, weil der Antrag auf Hinterlegung (Einreihung) des Superädifikatsvertrages und auf Ersichtlichmachung des Bestehens eines Bauwerkes im Sinne des § 435 ABGB auf der Liegenschaft EZ *****, Grundbuch *****, abgewiesen worden sei; ausgehend von den Urkunden sei nämlich das Bestehen eines rechtlich selbständigen Überbaues zu verneinen. Dem von der Antragstellerin insoweit erhobenen Rekurs habe das Landesgericht Salzburg zu (richtig:) 22 R 606/90 keine Folge gegeben. Damit erweise sich aber der im Antrag gemachte Hinweis auf einen hinterlegten Superädifikatsvertrag samt Nachträgen ebenso als verfehlt wie die Begründung einer (Grund-)Dienstbarkeit zu Gunsten des jeweiligen Superädifikatseigentümers. Dem Rekurs habe daher ein Erfolg versagt bleiben müssen.
Den Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes gründete das Rekursgericht auf § 13 AußStrG iVm § 126 Abs 1 GBG sowie § 17 UHG, jenen über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses darauf, daß eine Judikatur zur Frage der Begründung einer Grunddienstbarkeit zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines Superädifikates überhaupt fehle.
Gegen diesen rekursgerichtlichen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der vollinhaltlichen Bewilligung des Grundbuchsgesuches und hilfsweise dahin abzuändern, daß der Antrag lediglich hinsichtlich der Rechtsnachfolger Dris.med.Gerald S***** als Bestandnehmer und Superädifikatseigentümer abgewiesen werde.
Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Vorweg ist festzuhalten, daß die Antragstellerin in ihrem Grundbuchsgesuch im Sinne des Inhaltes des Dienstbarkeitsvertrages vom 7.6.1990 und des darin
bezogenen - (dem Grundbuchsgesuch zu TZ 1524/90 des Erstgerichtes beigelegten), dem gegenständlichen Grundbuchsgesuch jedoch nicht in Abschrift beigeschlossenen (§ 87 Abs 2 GBG) - Superädifikatsvertrages samt Mietvereinbarung vom 27.7.1989 mit Nachtrag vom selben Tag und II. Nachtrag vom heutigen Tag (das ist der 7.6.1990) von der Rechtsstellung Dris.S***** als Eigentümer von Baulichkeiten ausgeht, die dieser vereinbarungsgemäß auf verschiedenen in Bestand genommenen "Flächen an Grund und Baulichkeiten" eines zur Liegenschaft der Antragstellerin gehörigen Grundstückes in der Form von Superädifikaten errichten sollte; da dieser Vertrag samt seinen Nachträgen - wie dem Vertragswerk zu entnehmen ist - zum Zwecke des Betriebes einer ophthalmologischen klinischen Praxis und Operationseinheit "in den Superädifikatsräumlichkeiten" des Dienstbarkeitsnehmers durch diesen abgeschlossen wurde und die Dienstbarkeitsvereinbarung Zugang und Zufahrt zu den "Ordinations- und Praxisräumlichkeiten" des Dienstbarkeitsnehmers sicherstellen sollte, sollten die Berechtigten aus der Dienstbarkeitsvereinbarung nach dem im Vertrag zum Ausdruck kommenden Parteiwillen Dr.S***** und seine Rechtsnachfolger in seiner Eigenschaft als Eigentümer der Superädifikate sein. Der zusätzlichen Anführung der Eigenschaft Dris.S***** als "Bestandnehmer" in dem Superädifikatsvertrag und der Mietvereinbarung samt den Nachträgen kommt keine selbständige Bedeutung zu; sie erfolgte im Rahmen des Gesamtvertragswerkes offensichtlich nur als eine der Grundlagen dafür, daß die von Dr.S***** zu errichtenden Bauwerke rechtlich selbständige (bewegliche) Sachen, also Superädifikate bleiben sollten. Das Bestehen eines zeitlich beschränkten Grundbenützungsrechtes ist nämlich Indiz für den bloß zeitlich beschränkten Zweck der Bauten (vgl Spielbüchler in Rummel, ABGB I2, Rz 4 zu § 297; JBl 1985, 741), auf dessen Grundlage Dr.S***** vertragsgemäß die Bauwerke als Superädifikate errichten sollte.
Die Berechtigung des Grundbuchsgesuches hängt somit von der Frage ab, ob die begehrte Dienstbarkeit zugunsten Dris.S***** als Eigentümers der nach dem Gesamtvertragswerk zu errichtenden Bauwerke begründet werden kann.
Aus dem Superädifikatsvertrag und der Mietvereinbarung vom 27.7.1989 folgt zweifelsfrei, daß die Errichtung des "Bauwerkes" erst erfolgen soll. Da der ursprüngliche Erwerb des Superädifikates erst durch dessen Errichtung eintritt (Spielbüchler in Rummel, ABGB2, Rz 1 zu § 435), kann nach der Aktenlage noch nicht davon ausgegangen werden, daß Dr.S***** bereits als Eigentümer des Superädifikates anzusehen ist. Die von Dr.S***** zu errichtenden "Bauten" haben überdies - wie dem Vertrag und den einen Teil des Vertrages bildenden Plänen selbst (vgl TZ 1524/90 des Erstgerichtes) zu entnehmen ist - die Aufstockung eines bestehenden Gebäudes und Verbindungsbauten zu bereits vorhandenen Gebäuden zum Gegenstand. Handelt es sich aber bei dem Bauwerk nicht um ein selbständiges Gebäude, sondern bloß um Gebäudeteile (Spielbüchler, aaO, Rz 4 zu § 297;
MietSlg 35.044), so kann schon begrifflich von einem nicht Zugehör der Liegenschaft werdenden Superädifikat, an dem besonderes Eigentum erworben werden könnte, keine Rede sein. Aus all diesen Gründen mußte auch den im Verfahren TZ 1524/90 des Erstgerichtes gestellten Begehren ein Erfolg versagt bleiben. In diesem Zusammenhang wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidung 5 Ob 116/91 verwiesen.
Der Versuch der Revisionsrekurswerberin, die Zulässigkeit der Anwendung der Bestimmungen über die Grunddienstbarkeiten auf Superädifikate darzutun, geht somit mangels Vorliegens eines bereits vorhandenen oder erst zu errichtenden Superädifikates ins Leere. Ist aber auch für den Fall der Errichtung des Bauwerkes entsprechend der aus den Urkunden selbst erkennbaren Parteienabsicht die Schaffung eines Superädifikates wegen Fehlens der Voraussetzungen des § 435 ABGB rechtlich unmöglich, so braucht auf die Frage, ob zugunsten eines Superädifikates eine Grunddienstbarkeit begründet werden kann, nicht eingegangen werden, weil die Wiederholung des Grundbuchsgesuches aufgrund der vorliegenden Urkunden nicht in Betracht kommt (vgl MGA GBG3 § 95 GBG E 13.).
Schließlich meint die Antragstellerin in ihrem Revisionsrekurs noch, die Gerichte hätten zumindest der "Einverleibung zugunsten Dr.med.Gerald S*****" Folge geben müssen, wenn die Dienstbarkeit schon nicht entsprechend einer Grunddienstbarkeit verbüchert werden könne, weil die Personaldienstbarkeit gegenüber einer Grunddienstbarkeit als "minus" im Sinne des § 96 GBG anzusehen sei. Auch hier kann der Rechtsmittelwerberin nicht gefolgt werden.
Lehre und Rechtsprechung lassen wohl - neben den gesetzlich erwähnten Personalservituten (§ 478 ABGB) - ausnahmsweise die Begründung von Dienstbarkeiten zu, die ihrem Inhalt nach Realservituten sind, aber bloß einer bestimmten Person eingeräumt werden (§ 479 ABGB). Voraussetzung dafür ist allerdings, daß diese Dienstbarkeit nur einem bestimmten Berechtigten (SZ 31/112), also einer bestimmten Person, und im Rahmen des § 529 ABGB deren Rechtsnachfolger (vgl Petrasch in Rummel, ABGB I2, Rz 1 zu § 479) eingeräumt wird. Unregelmäßige Servituten können auch ins Grundbuch eingetragen werden (SZ 43/117 ua); der ihnen zugrundeliegenden Grundbuchsurkunde muß allerdings in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise als Zweck der Dienstbarkeit zu entnehmen sein, daß bloß persönliche Vorteile bestimmter Berechtigten verschafft werden sollen (vgl SZ 31/112). Im vorliegenden Fall soll die Dienstbarkeit zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Superädifikates bestellt werden, das Recht somit nicht bloß bestimmten Personen schlechthin zustehen, es soll vielmehr mit der sachenrechtlichen Beziehung einer Person zu einer Sache gekoppelt sein. Unter diesen Umständen kann aber nicht gesagt werden, daß der Dienstbarkeitsvertrag nach der vom Grundbuchsgericht aufgrund der Urkunden allein vorzunehmenden Vertragsauslegung bloß persönliche Vorteile bestimmter Berechtigter, losgelöst von dem Recht zur Benützung der Superädifikate, bezwecken sollte. Die dem Eintragungsbegehren zugrundeliegende Grundbuchsurkunde läßt daher schon deshalb auch die Eintragung der begehrten Dienstbarkeit als sogenannte unregelmäßige Dienstbarkeit - wie im Revisionsrekurs hilfsweise beantragt - lediglich zugunsten Dris.S***** nicht zu. Das Rekursgericht hat überdies zutreffend erkannt, daß die unregelmäßige Dienstbarkeit gegenüber einer Grunddienstbarkeit kein "minus", sondern ein "aliud" darstellt (Petrasch, aaO, Rz 1 zu § 479; 5 Ob 54/58, 6 Ob 125/70). Im Hinblick auf den grundsätzlichen Unterschied, ob die Dienstbarkeit Dr.S***** persönlich oder bloß als Eigentümer der Superädifikate bzw darüber hinaus den jeweiligen Eigentümern der Superädifikate zustehen sollte, besteht auch kein Grund, im vorliegenden Fall von dieser Rechtsprechung abzugehen.
Ist aber die Einverleibung der Dienstbarkeit rechtlich nicht möglich, so kommt auch das bloß der Ersichtlichmachung der Dienstbarkeit - gleichsam am herrschenden Objekt - dienende Einreihungsbegehren begrifflich nicht in Frage.
Dem Revisionsrekurs konnte somit kein Erfolg beschieden sein.
Anmerkung
E27763European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0050OB00117.91.1217.000Dokumentnummer
JJT_19911217_OGH0002_0050OB00117_9100000_000