TE OGH 1991/12/17 4Ob569/91

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Veröffentlicht am 17.12.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eugen F*****, vertreten durch Dr.Josef Olischar, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Eleonore P*****, vertreten durch Dr.Farid Rifaat, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufhebung eines Schenkungsvertrages und Herausgabe (Streitwert im Provisorialverfahren: 425.000 S) infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 14.Oktober 1991, GZ 18 R 180/91-5, womit der Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 19.September 1991, GZ 14 Cg 228/91-2, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben; die angefochtene einstweilige Verfügung wird dahin abgeändert, daß der den Sicherungsantrag abweisende Beschluß des Erssgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 17.022,60 S bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin enthalten 2.837,10 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrt die Aufhebung des zwischen den Parteien am 7.6.1991 abgeschlossenen notariellen Schenkungsvertrages über die Liegenschaften EZ ***** und ***** des Grundbuches ***** K***** sowie die Herausgabe des Rangordnungsbeschlusses des Bezirksgerichtes Klosterneuburg vom 10.6.1991, TZ ***** durch die Beklagte. Nach einem Streit habe die Ehegattin des Klägers im Mai 1991 die gemeinsame Ehewohnung in K***** verlassen und sei zu ihrem Sohn aus erster Ehe gezogen. Am Abend des 7.6.1991 sei der Rechtsfreund der Beklagten - seiner Tochter - in Begleitung eines Notars und eines weiteren unbekannten Mannes beim Kläger erschienen und habe ihn mit der Mitteilung, seine Gattin habe bereits eine Scheidungsklage eingebracht, so daß er sich seines Vermögens entäußern solle, eine Urkunde zur Unterschrift vorgelegt. Der Kläger habe unterschrieben, ohne daß ihm der Inhalt der Urkunde, über den er auch nicht aufgeklärt worden sei, bewußt geworden wäre. Tatsächlich habe es sich um einen Schenkungsvertrag über die beiden genannten ***** Liegenschaften des Klägers gehandelt; diesen Vertrag habe der Notar beurkundet, obwohl die Beklagte gar nicht anwesend gewesen sei. Ende Juli 1991 habe sich der Kläger mit seiner Gattin wieder ausgesöhnt und in Erfahrung gebracht, daß sie niemals daran gedacht habe, eine Scheidungsklage gegen ihn einzubringen. Mittlerweile sei zur Sicherung des Anspruches der Beklagten auf Übertragung des Eigentums an den beiden Liegenschaften auf Grund des nunmehr wegen arglistiger Irreführung angefochtenen Schenkungsvertrages der Rangordnungsbeschluß des Bezirksgerichtes Klosterneuburg vom 10.6.1991 ergangen, dessen einzige Ausfertigung dem Rechtsfreund der Beklagten zugestellt worden sei.

Mit der Behauptung, daß ihm durch die mit Hilfe Rangordnungsbeschlusses gegebene jederzeitige Verfügungsmöglichkeit der Beklagten über die Liegenschaften ein unwiederbringlicher Schaden für den Fall deren Weiterveräußerung an einen gutgläubigen Dritten drohe, beantragt der Kläger zur Sicherung seines Herausgabeanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung die Hinterlegung des Rangordnungsbeschlusses bei einem zu bestellenden Verwahrer binnen drei Tagen aufzutragen.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ohne Anhörung der Beklagten ab. Der Kläger habe eine konkrete Gefährdung des zu sichernden Anspruches nicht einmal behauptet, geschweige denn glaubhaft gemacht. Die abstrakt immer gegebene Möglichkeit einer Gesetzesverletzung reiche zur Gefahrenbescheinigung nicht aus. Die fehlende Behauptung und Bescheinigung der Gefährdung könne auch nicht durch eine Sicherheitsleistung ersetzt werden.

Das Rekursgericht erließ die einstweilige Verfügung und untersagte überdies dem Rechtsanwalt Dr.Ronald R*****, in einer anderen Art als zum Zweck der angeordneten Verwahrung über den Rangordnungsbeschluß zu verfügen; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die Gefährdung des Klägers durch die beabsichtigte Veräußerung sei bereits durch die im Grundbuch bewirkte Anmerkung der Rangordnung hinlänglich bescheinigt; auch sei evident, daß der drohende Eigentumsverlust des Klägers an den beiden Liegenschaften durch Geldersatz nicht voll ausgeglichen werden könne. Die gerichtliche Hinterlegung bzw Verwahrung des Rangordnungsbeschlusses sei somit zur Abwehr anspruchsvereitelnder oder -gefährdender Verfügungen der Beklagten notwendig, so daß schon deshalb die einstweilige Verfügung zu erlassen gewesen sei.

Gegen diese einstweilige Verfügung wendet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses.

Der Kläger stellt in der ihm gemäß § 521 a ZPO freigestellten Revisionsrekursbeantwortung den Antrag, das Rechtsmittel der Beklagten als unzulässig zurückzuweisen; hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist entgegen der Meinung des Klägers schon deshalb zulässig, weil das Rekursgericht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes eine ausreichende Anspruchsgefährdung angenommen und überdies die einstweilige Verfügung ohne jede Bescheinigungsannahme zum Gegenstand der Sicherung erlassen hat.

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend verweist die Beklagte darauf, daß es nach der neueren, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bei der Beurteilung der Anspruchsgefährdung iS des § 381 EO auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalles ankommt, wobei jedoch stets die Bescheinigung einer konkreten Gefahr gefordert wird. Danach kann nicht schon jede abstrakte oder theoretische Möglichkeit einer Erschwerung, Vereitelung, Gewaltanwendung oder Herbeiführung eines unwiederbringlichen Schadens eine Anspruchsgefährdung im Sinne des § 381 EO begründen (Heller-Berger-Stix 2722 f; EvBl 1964/371; SZ 42/135; JBl 1970, 322; EvBl 1974/153; SZ 49/11; EvBl 1981/188; ÖBl 1981, 96 uva; zuletzt etwa 1 Ob 554/90). Die Behauptungs- und Bescheinigungslast für das Vorliegen konkreter Umstände, welche diese Voraussetzungen begründen, liegt gemäß § 389 Abs 1 EO ausschließlich beim Kläger (MietSlg 30.862, 35.881 ua; zuletzt etwa 1 Ob 554/90). In diesem Sinne hat der Oberste Gerichtshof entgegen der vom Rekursgericht zitierten älteren (unveröffentlichten) Rechtsprechung (Heller-Berger-Stix 2725 FN 1) schon mehrmals trotz Vorliegens von Ranganmerkungsbeschlüssen im Besitz des Beklagten eine konkrete Anspruchsgefährdung in vergleichbaren Fällen verneint (JBl 1970, 322; 2 Ob 604/84). Die Beklagte weist auch zutreffend darauf hin, daß insbesondere der Sachverhalt der letztgenannten Entscheidung demjenigen des vorliegenden Falles weitgehend entspricht; auch dort hatte der Kläger keinen konkreten Umstand genannt, der eine auch nur ansatzweise vorhandene Befürchtung gerechtfertigt hätte, der Beklagte beabsichtige die Liegenschaft (deren Kauf wegen Geschäftsunfähigkeit des Verkäufers angefochten wurde) zum Schaden des Klägers weiterzuverkaufen. Im vorliegenden Fall gilt dies umso mehr, als der Kläger hier sogar selbst behauptet hat, die Beklagte habe die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung "zur Sicherung ihres Anspruches auf Übertragung des Eigentums an den beiden Liegenschaften auf Grund des angefochtenen notariellen Schenkungsvertrages" - also zum Schutz vor weiteren Verfügungen des Klägers - erwirkt. Die dem Kläger offenbar vorschwebende Gefahr, daß die Beklagte durch den Rangordnungsbeschluß dennoch in der Lage sei, die Liegenschaften an gutgläubige Dritte zu veräußern, wird aber durch diese abstrakte Befürchtung allein noch nicht dargetan.

Da die fehlende Behauptung (und Bescheinigung) der Gefährdung auch nicht durch Sicherheitsleistung ersetzt werden kann (Heller-Berger-Stix 2837; SZ 42/135; JBl 1988, 658 ua), war schon aus diesem Grund in Stattgebung des Revisionsrekurses der den Sicherungsantrag abweisende Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen; bei dieser Sachlage erübrigen sich auch irgendwelche Bescheinigungsannahmen über die vom Kläger behauptete arglistige Irreführung beim Abschluß des Schenkungsvertrages. Daß demgegenüber die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sehr wohl auch eine derartige Anspruchsbescheinigung erfordert hätte, hat das Rekursgericht gleichfalls übersehen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens beruht auf § 402 Abs 2, § 78 EO und §§ 41, 50 und 52 Abs 1 ZPO. Da der Kläger beide Klagebegehren nur global bewertet, den Provisorialantrag aber ausdrücklich auf die Sicherung des Herausgabeanspruches beschränkt hat, beträgt der Streitwert im Sicherungsverfahren - und damit die Kostenbemessungsbasis - 425.000 S.

Anmerkung

E26824

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0040OB00569.91.1217.000

Dokumentnummer

JJT_19911217_OGH0002_0040OB00569_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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