TE OGH 1991/12/18 9ObA218/91

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Veröffentlicht am 18.12.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Scheuch und Wolfgang Neumeier als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei G***** Z*****, Vertragsbedienstete, ***** vertreten durch *****, Rechtsanwälte *****, wider die beklagte Partei Gemeinde G*****, vertreten durch den Bürgermeister *****, dieser vertreten durch *****, Rechtsanwälte *****, wegen Feststellung (Streitwert 200.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. Juni 1991, GZ 8 Ra 34/91-9, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 30. Jänner 1991, GZ 32 Cga 156/90-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 8.836,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.472,70 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die behaupteten Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Vom Berufungsgericht wurden nicht Feststellungen, die von denen des Erstgerichtes abweichen, getroffen, sondern lediglich im Rahmen der Stellungnahme zur Beweisrüge der beklagten Partei aus der Außerstreitstellung von Abs 1 der Klage durch die beklagte Partei sowie aus den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen Schlüsse über die dienstliche Stellung der Klägerin und ihres Kollegen H***** gezogen. Daß H***** Leiter einer selbständigen Abteilung für Sozialwesen war, ergibt sich im übrigen auch aus dem Vorbringen der beklagten Partei, AS 6, bei ihm habe es sich um den mit dem Sozialwesen betrauten Mitarbeiter gehandelt, die Klägerin - die nach dem außer Streit gestellten Klagsvorbringen mit der Lohnbuchhaltung, standesamtlichen Agenden und Grundsteuerrecht betraut war - habe früher mit diesen Agenden zu tun gehabt.

Rechtliche Beurteilung

Was die rechtliche Beurteilung betrifft, genügt es, auf die zutreffende Begründung des Berufungsurteils hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin noch folgendes zu erwidern:

Gemäß § 9 Abs 1 des Steiermärkischen Gemeindevertragsbedienstetengesetzes 1962 hat der Beamte das Dienstgeheimnis zu wahren. Gemäß § 35 Abs 1 dieses Gesetzes kann der Dienstgeber ein Dienstverhältnis, das ununterbrochen ein Jahr gedauert hat, nur schriftlich mit Angabe des Grundes kündigen. Gemäß Abs 2 lit. a dieser Gesetzesbestimmung liegt ein Kündigungsgrund insbesondere vor, wenn der Vertragsbedienstete seine Dienstpflicht gröblich verletzt, sofern nicht die Entlassung in Frage kommt. Gemäß § 37 Abs 2 lit. b dieses Gesetzes liegt insbesondere ein Entlassungsgrund vor, wenn der Vertragsbedienstete sich einer besonders schweren Verletzung der Dienstpflicht, einer Handlung oder Unterlassung schuldig macht, die ihn des Vertrauens des Dienstgebers unwürdig erscheinen läßt, insbesondere, wenn er sich Tätlichkeiten, erhebliche Ehrverletzungen gegen Vorgesetzte oder Mitarbeiter zuschulden kommen oder sich in seiner dienstlichen Tätigkeit oder im Zusammenhang damit von dritten Personen Vorteile zuwenden läßt. Diese Gründe für Kündigung und Entlassung des Bediensteten entsprechen jenen nach den §§ 32 Abs 2 lit. a und 34 Abs 2 lit. b VBG. Sowohl der genannte Kündigungsgrund als auch der entsprechende Entlassungsgrund setzt ein Verschulden des Arbeitnehmers voraus. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, daß die Klägerin die Erkrankung des M***** S***** nicht jemand Außenstehendem mitteilte, sondern der Bediensteten A***** P*****, der Mutter seiner Lebensgefährtin und der Großmutter seines Kindes. Den Vorinstanzen ist darin beizupflichten, daß die Klägerin durch diese nicht öffentlich gemachte Mitteilung zwar ihre Dienstpflicht verletzt hat, daß ihr aber achtenswerte Motive - Schutz der Gesundheit der Tochter und des Enkelkindes der Arbeitskollegen - nicht abgesprochen werden können. Wenn der Revisionswerberin auch zuzugeben ist, daß damit das Verhalten der Klägerin nicht völlig entschuldigt werden kann, ist doch im Hinblick auf die achtenswerten Motive der Klägerin eine gröbliche oder gar besonders schwere Verletzung der Dienstpflicht im Sinne der §§ 35 Abs 2 lit a bzw 37 Abs 2 lit. b des Steiermärkischen GemeindeVBG nicht anzunehmen (vgl. Kuderna, Entlassungsrecht 50; Petrovic, Die Vertrauensunwürdigkeit als Entlassungsgrund nach § 27 Abs 1 letzter Satz AngG, ZAS 1983, 49 ff (54 f)). Bei der Beurteilung der Vorwerfbarkeit des Verhaltens der Klägerin ist entgegen der Ansicht der Revisionswerberin nicht von der tatsächlichen Interessenlage auszugehen - die Tochter der angesprochenen Arbeitskollegin wußte bereits von der Erkrankung ihres Lebensgefährten - sondern davon, wie sie sich aus der Sicht der Klägerin darstellte.

Soweit die Revisionswerberin schließlich auf die dem § 34 Abs 3 VBG entsprechende Bestimmung des § 37 Abs 3 des Steiermärkischen GemeindeVBG verweist, wonach das Dienstverhältnis des Vertragsbediensteten mit dem Zeitpunkt der Rechtskraft eines strafgerichtlichen Urteils, das nach den gesetzlichen Vorschriften den Verlust jedes öffentlichen Amtes unmittelbar zur Folge hat, als aufgelöst gilt, ist ihr zu erwidern, daß gemäß § 27 Abs 1 StGB diese Rechtsfolge nur im Falle der Verurteilung des Beamten zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe eintritt. Eine derartige Verurteilung ist bisher nicht erfolgt.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E27816

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:009OBA00218.91.1218.000

Dokumentnummer

JJT_19911218_OGH0002_009OBA00218_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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