Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wassergenossenschaft A*****, vertreten durch den Obmann Doz. Dr. Friedbert K*****, vertreten durch Dr. Klaus Nuener, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Wassergenossenschaft B*****, vertreten durch den Obmann, Karl F*****, vertreten durch Dr. Paul Ladurner, Dr. Michael Leuprecht und Dr. Markus Zoller, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Duldung (Streitwert S 100.000,--), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 15. November 1990, GZ 2 R 242/90-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 29. Mai 1990, GZ 10 Cg 61/90-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der außerordentlichen Revision wird nicht Folge gegeben. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 5.094,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 849,-- Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
In der Katastralgemeinde (KG) Absam fließt der Salzbergbach (im Unterlauf Weißenbach) in südliche Richtung zum Inn. Im Frauental im Bereich des (früheren) Hacklteiches teilt sich der Bach in zwei Äste, von denen der westliche Bergbach auf der Grundparzelle (Gp) 2356 im Bereich einer Wasserteilhütte in den westlich gelegenen Amtsbach (auch Absamer- oder Mühlbach) und den östlich gelegenen Baubach (auch Berg- oder Stadtbach) geteilt wird. Wie aus der PostZl 865 des Wasserbuches für den Verwaltungsbezirk Innsbruck hervorgeht, wurde auf der Grundlage eines Auszuges aus EZ 635 II der KG Absam im Wasserbuch das Recht des "Ärars, Salinenverwaltung in Hall in Tirol" (auch k.k. Salinenärar, dann Österr. Salinenverwaltung, jetzt Österr. Salinen AG; im folgenden Österr. Salinen) eingetragen, aus dem Salzbergbach die "salinenärischen" Bäche Amtsbach und Baubach mit der ihnen zustehenden Wassermenge zu versorgen. Als Anlage bzw Liegenschaften, mit denen das so geschilderte Wasserrecht verbunden ist, wurden bezeichnet "Hacklteich Gp 2359 und Wasserteilhütte auf Gp 2356 in EZ 635 II KG Absam". Dem k.k. Salinärar bzw den Österr. Salinen stand das Recht zu, aus dem Salzbergbach die salinenärarischen Bäche Amtsbach und Bergbach mit der ihnen zustehenden Wassermenge zu versorgen; etwa 2/3 wurden dem Amtsbach und etwa 1/3 dem Baubach zugemessen. Nach uraltem, von den Österr. Salinen bis zum Jahre 1967 in Anspruch genommenen Recht wurde - um die Wassermenge des Amtsbaches zu Lasten des Baubaches zu vermehren - von der Salinenverwaltung in Hall i.T. jährlich am Dreikönigstag (6. Jänner) der sogenannte Spohn - ein großes Brett - in der Wasserteilhütte an der Teilstelle eingelegt und am St. Georgitag (24. April) wieder herausgenommen, wobei durch das so vermehrte Winterwasser auch die Anrainer und Kraftwerksbetreiber entlang des Amtsbaches profitierten.
Bereits seit zumindest dem 19. Jahrhundert hatte eine Innsbrucker Spinnfabrik unmittelbar unterhalb der Wasserteilhütte am Amtsbach Liegenschaften, auf denen eine Fabrik errichtet wurde. Mit Kaufvertrag vom 29. Jänner 1890 kaufte die Innsbrucker Spinnfabrik von der Gemeinde Absam die Wasserrechte des ganzen Amtsbaches von der damaligen Einlaßstelle ihrer Spinnerei bis hinauf zu jener Stelle, welche 17 m unterhalb der Wasserteilhütte liegt; mit Überlassung der Wasserkraft wurde ihr das Recht zur ausschließlichen Benützung der ganzen Wassermenge des Amtsbaches auf der vorbeschriebenen Strecke eingeräumt. Die Wasserrechte wurden ihr ins Eigentum übertragen. Mit Bescheid vom 28. Oktober 1893 wurde der Innsbrucker Spinnfabrik von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck die Bewilligung erteilt, die für den Betrieb ihrer Fabrik in Absam bereits bestehende Druckrohrleitung in der Weise zu vergrößern, daß der Einlauf bis 17 m unterhalb der Wasserteilhütte verlegt werde. Bachabwärts (südlich) der Spinnerei und entlang des weiteren Verlaufes des Amtsbaches gibt es eine Reihe weiterer Anrainer, die bereits zumindest seit einigen Jahrzehnten unter Verwendung des Wassers des Amtsbaches ein Kraftwerk betreiben. Auch die Anrainer am Baubach betreiben unter Nutzung dessen Wassers schon seit zumindest vielen Jahrzehnten Kraftwerksanlagen.
Die Österr. Salinen brachten mit Eingabe vom 23. März 1967 der Wasserrechtsbehörde ihren Verzicht auf das im Wasserbuch für den Verwaltungsbezirk Innsbruck eingetragene Wasserbenutzungsrecht zur Wasserversorgung der salinenärarischen Bäche Amts- oder Mühlbach und Berg- oder Stadtbach zur Kenntnis, weil die Bäche für den Betrieb der Salinenverwaltung (Einstellung des Salzbergabbaues in Hall in Tirol) jede Bedeutung verloren hätten. Nach diesem Verzicht versuchten die Anrainer am Amts- und am Baubach eine gemeinsame Wassergenossenschaft zu gründen, es kam jedoch zu keiner Einigung. Die Anrainer am Amtsbach vertraten die Meinung, ihnen stünde nach wie vor das Recht auf Spohneinlegung zu, wogegen die Anrainer am Baubach die Ansicht vertraten, dieses Recht sei durch die Verzichtserklärung der Österr. Salinen erloschen. In den ersten Jahren nach 1967 wurde in der Zeit zwischen Drei-König und St. Georgi immer wieder der Spohn oder ein anderes Brett eingelegt; wenn die Anrainer am Baubach die Verminderung des Wassers am Baubach bemerkten, entfernten sie jeweils sofort den Spohn in der Wasserteilhütte. Die klagende Wassergenossenschaft wurde mit Bescheid des Landeshauptmanns von Tirol vom 9. April 1976 gebildet; ihre satzungsmäßige Aufgabe ist die Erhaltung des Amtsbachgerinnes und der gemeinsam genutzten Anlagen sowie die Gewährleistung des geordneten Laufes des Wassers. Die beklagte Wassergenossenschaft wurde mit Bescheid des Landeshauptmanns von Tirol vom 25. November 1977 gebildet; ihre satzungsmäßige Aufgabe ist die Erhaltung des Baubaches sowie die Aufrechterhaltung des Einlaufes und der Auslaufwerke dieses Baches.
Im Bescheid des Landeshauptmanns von Tirol vom 28. Mai 1979, Zl IIIa1-4961/72, wurde festgestellt, daß das Wasserrecht der Österr. Salinen durch den der Wasserrechtsbehörde zur Kenntnis gebrachten Verzicht kraft Gesetzes erloschen sei (I.), anläßlich des Erlöschens dieses Wasserrechts seitens der Österr. Salinen keine letztmaligen Vorkehrungen zu treffen seien (II.), die Österr. Salinen an die Wassergenossenschaften Amtsbach und Baubach das bestehende Gerinne ab Einlauf des Unterwasserkanals des E-Werkes Halltal bis zur Gabelung der beiden Bäche Amtsbach und Baubach einschließlich Teilhütte zu 2/3 Anteile an die nun klagende Partei und zu 1/3 Anteile an die nun beklagte Partei zu übergeben habe; ab Gabelung der beiden Bäche seien die Gerinne der jeweiligen Wassergenossenschaft zu übergeben (III.). Zu IV. wurde der Antrag der hier klagenden Partei auf Feststellung, daß sie zur Einlegung des Spohns zwischen Drei-König und St. Georgi zum Zwecke der Vergrößerung der Wasserführung des Amtsbaches auf Kosten des Baubaches berechtigt sei, abgewiesen; letzteres mit der Begründung, daß infolge des von den Österr. Salinen abgegebenen Verzichts nicht nur das Wasserrecht zur Beschickung des Amts- und des Baubaches mit den erforderlichen Wassermengen zum Betrieb von Anlagen der Österr. Salinen erloschen sei, sondern auch das den Österr. Salinen nach uralter Übung zustehende Recht zur Einlegung des Spohns. Weder der klagenden Partei noch den Wasserberechtigten am Amtsbach sei laut den erteilten wasserrechtlichen Bewilligungen eine Sonderregelung der vorhandenen Wassermengen bei Niederwasserzeiten zuerkannt worden. Im bestätigenden Berufungsbescheid des BMLF vom 4. Dezember 1984, Zl 410.016/02-I 4/84, wird zum Begehren auf Feststellung des Rechts zur Spohneinlegung im wesentlichen ausgeführt, daß dieses Recht ausschließlich als Recht der Österr. Salinen im Wasserbuch eingetragen gewesen sei und eine entsprechende analoge Eintragung bei den Unterliegern am Amtsbach, die durch die Mehrdotierung - soferne sie Wasserkraftanlagenbesitzer seien - bisher profitiert hätten, fehle. Den Anrainern stehe daher kein Rechtsanspruch zu, nach Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes der Saline im bisherigen Umfang mehr Wasser zu beziehen. Im bestätigenden Erkenntnis des VwGH vom 20. März 1986, Zlen 85/07/0009-0011-6, 85/07/0016-5 (teilweise veröffentlicht in ZfVB 1986, 5-6/2342), wird zum Begehren auf Feststellung des Rechts zur Spohneinlegung im wesentlichen ausgeführt, daß es sich dabei um kein selbständiges Wasserbenutzungsrecht handle, sondern um eine Bedienung der Anlage Wasserteilhütte. Hinsichtlich der Regelung von solchen Maßnahmen, die der bisherige Wasserberechtigte aus welchem Titel immer bei Bedienung seiner Anlage vorgenommen habe, besage das WRG nichts. Soweit die Ausübung des Wasserrechts an Auflagen gebunden gewesen sei, müßte eine besondere Regelung des Erlöschenfalles entbehrlich sein, weil mit dem Wasserbenutzungsrecht auch die für die Ausübung erteilten Auflagen ohne weiteres wegfallen müßten. Soweit aber die Ausübung des Wasserbenutzungsrechtes allenfalls privatrechtlichen Bindungen unterworfen gewesen sei, hätte es einer ausdrücklichen Gesetzesbestimmung bedurft, um die Wasserrechtsbehörde zur Regelung solcher Rechtsverhältnisse zu ermächtigen. Die Ersitzung eines Wasserrechtes durch Dritte nach dem WRG sei ausgeschlossen.
Mit Kaufvertrag vom 25. Oktober/21. November und 3. Dezember 1979 sowie Nachtragsvertrag vom 30. Oktober 1980 verkauften und übergaben die Österr. Salinen an die klagende Partei zu 2/3 Miteigentumsanteilen und an die beklagte Partei zu 1/3 Miteigentumsanteil den nördlichen Teil der Gp 2356, welcher von diesem nördlichen Beginn bei der Gp 2050 (ehemaliger Hacklteich) bis zum südlichen Ende der Wasserteilhütte auf der Gp 2356 reichte. Nach Punkt 5) erfolgte die Übergabe und Übernahme mit allen auf der Liegenschaft haftenden Rechten und Pflichten. Bei Abschluß des Kaufvertrages wurde über die Frage, ob ein "Recht auf Spohneinlegung" mitübernommen werden müsse, nicht gesprochen. Der Obmann der beklagten Partei ging davon aus, daß ein derartiges Recht nicht mehr besteht. Im Nachtragsvertrag sind nach Erstellung des Teilungsplanes die genauen Ausmaße der zu übergebenden Liegenschaftsanteile angeführt sowie Verkauf und Übergabe zweier weiterer Parzellen aus dem Eigentum der Österr. Salinen. Mitübertragen wurde eine Reihe von Belastungen, insbesondere Dienstbarkeiten des Wasserbezuges zu Gunsten einiger angrenzender Liegenschaften.
Mit Kaufvertrag vom 4. Februar 1985 verkaufte der Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Innsbrucker Spinnfabrik einer Handelsgesellschaft, dem Obmann der klagenden Partei und zwei weiteren Käufern verschiedene Grundparzellen und das Kraftwerk der Gemeinschuldnerin und übertrug den Käufern die Wassernutzungsrechte der Innsbrucker Spinnfabrik. Mit Wasserbuchbescheid des Landeshauptmanns von Tirol vom 12. Jänner 1987 wurde das Wasserbenutzungsrecht mit der Anlage selbst verbunden und die vier Käufer entsprechend ihren Miteigentumsanteilen unter PostZl 685 im Wasserbuch des Verwaltungsbezirkes Innsbruck-Land eingetragen.
In zwei zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Vorverfahren (hg 1 Ob 14, 15/89) wurde das Begehren dieser Handelsgesellschaft und des Obmannes der hier klagenden Wassergenossenschaft, die (auch hier) beklagte Wassergenossenschaft sei schuldig, in der Zeit von Drei-König bis St. Georgi eines jeden Jahres in der Teilhütte den Spohn einzulegen, abgewiesen. Gestützt war das Klagebegehren einerseits auf eine ersessene Reallast (Verpflichtung der beklagten Partei zur Spohneinlegung, weil den Rechtsvorgängern der Kläger durch die Ausübung dieses uralten Rechtes ein vermehrtes Winterwasser zugekommen sei und sie daher das Recht auf vermehrtes Winterwasser hätten) und andererseits auf die Verträge von 1890 und 1985, wobei hinsichtlich der überlassenen Wassermenge gemäß dem Vertrag vom 29. Jänner 1890 die zum Vertragsabschluß vorhandene Wassermenge zu verstehen sei. In der Vorentscheidung wurde vom Obersten Gerichtshof eine Pflicht der beklagten Partei zu aktivem Handeln verneint, weil dem Recht des k.k. Salinenärars, den Spohn einzusetzen, keine auf die beklagte Partei übergangene Pflicht, aktiv tätig zu werden, gegenüberstehe. Der schuldrechtliche Titel der Kläger sei untauglich, weil mit dem Vertrag vom 29. Jänner 1890 der k. k. Salinenärar zugunsten der Innsbrucker Spinnfabrik Besitz- und Hoheitsrechte am Amtsbach aufgegeben habe und durch den Vertrag vom 4. Februar 1985 Rechte, die der Konkursmasse nicht zugestanden seien, nicht hätten übertragen werden können, zumal der Spohn damals schon jahrelang nicht mehr gesetzt worden sei. Ob die klagende Partei berechtigt oder auch verpflichtet sei, selbst zum Nutzen ihrer Mitglieder den Spohn einzulegen, sei nicht Gegenstand des Verfahrens.
Mit der vorliegenden Klage begehrt die Wassergenossenschaft Amtsbach von der Wassergenossenschaft Baubach die urteilsmäßige Festsetzung, in der Zeit von Drei König (6. Jänner) bis St. Georgi (24. April) eines jeden Jahres das Einlegen des Spohns in der Teilhütte auf Gp .... durch die klagende Partei zu dulden. Sie stützt ihr Begehren darauf, daß neben der Saline auch die übrigen Wassernutzungsberechtigten am Amtsbach als berechtigte Nutznießer gelten und der klagenden Partei daher ungeachtet des Verzichtes der Österr. Salinen das Recht auf Einsetzen des Spohns zustehe. Die Berechtigung ergebe sich weiters aus den Verträgen aus 1893 (gemeint: 1890) und 1979/80.
Die beklagte Partei wendet im wesentlichen ein, das Einlegen des Spohnes sei nur eine uralte Übung gewesen, aus der die klagende Partei keine Rechte von allfälligen Rechtsvorgängern ableiten könne. Das den Österr. Salinen nach uralter Übung zustehende Recht sei durch deren Verzicht untergegangen. Begünstigt seien ausschließlich die Österr. Salinen gewesen. Die klagende Partei könne keinerlei Rechtsanspruch ableiten zumal die Österr. Salinen die Verteilung der Wassermenge des Bergbaches auf Amts- und Baubach beliebig habe entscheiden können.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren im wesentlichen mit der Begründung ab, daß einerseits die klagende Partei durch den Kaufvertrag aus 1979/80 keine Dienstbarkeit habe erwerben können, weil die Österr. Salinen als Verkäuferin nicht am eigenen Grund hätte servitutsberechtigt sein können und andererseits das ausschließliche Nutzungsrecht der jeweiligen Anrainer am ganzen Wasser des Amtsbaches auf jene ab 17 m unterhalb der Wasserteilhütte gegebene Wassermenge begrenzt gewesen sei, wozu zweifellos Winterwasser gehört habe. Ein Rechtsanspruch auf vermehrtes Winterwasser und damit eine Berechtigung der klagenden Partei, den Spohn jährlich durch eine bestimmte Zeit hindurch einlegen zu dürfen, sei damit jedoch nicht begründet worden.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Die ordentliche Revision ließ es nicht zu. Nach der Rechtsauffassung der zweiten Instanz könne ein selbst in Ausübung eines uralten Rechtes einem anderen zwangsläufig und für den Rechtsausübenden auch erkennbar zukommender Nutzen für sich allein keinen Rechtsanspruch auf Rechtsausübung begründen. Daß den Rechtsvorgängern der klagenden Partei ein eigenes Recht auf Spohneinlegung eingeräumt oder von diesen eine Eigenberechtigung hiezu behauptet und in Anspruch genommen worden oder die Spohneinlegung durch die Saline im Bewußtsein eines in Anspruch genommenen Rechtes der Rechtsvorgänger der klagenden Partei auf vermehrtes Winterwasser erfolgt wäre, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Eine durch Ersitzung erworbene Dienstbarkeit hätte jedoch eine für den Eigentümer des belasteten Grundstückes erkennbare Rechtsausübung durch die Ersitzungszeit im wesentlichen gleichbleibend, zu bestimmtem Zweck, in bestimmtem Umfang, die dieser geduldet habe, zur Voraussetzung. Ein eigener Rechtsanspruch auf vermehrtes Winterwasser lasse sich auch nicht daraus ableiten, daß seinerzeit ihren Rechtsvorgängern mit dem Erwerb der Wasserrechte des ganzen Mühlbaches (Amtsbaches) auch das Recht zur ausschließlichen Benutzung der "ganzen" Wassermenge des Mühlbaches (Amtsbaches) eingeräumt worden sei. Der Wortlaut der diesen Feststellungen im Ersturteil zugrunde liegenden Urkunden lasse nämlich keinen anderen Schluß zu, als daß Dritte von der Wassernutzung in dem von den Rechtsvorgängern der klagenden Partei erworbenen Teil des Amtsbaches bzw des Wasserrechtes an diesem Teil des Amtsbaches ausgeschlossen werden sollten. Bestätigt werde dies dadurch, daß das Wasserrecht nur von der damaligen Einlaßstelle der Spinnerei bis hinauf zu einer 17 m unterhalb der Wasserteilhütte gelegenen Stelle erworben worden sei, womit unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht werden sollte, daß die Verteilung des Bergbaches auf Amts- und Baubach in der Wasserteilhütte in der alleinigen Entscheidung der Österr. Salinen bleiben sollte. Das ausschließliche Nutzungsrecht am ganzen Wasser habe sich somit auf jene 17 m unterhalb der Teilhütte gegebene Wassermenge - wozu zweifellos bei Spohneinlegung durch die Saline auch das vermehrte Winterwasser gehört habe - beschränkt. Ein Rechtsanspruch auf vermehrtes Winterwasser sei damit jedoch nicht begründet worden. Dies wäre aber Voraussetzung dafür, den Anspruch der klagenden Partei, die beklagte Partei habe die Spohneinlegung als Servitut zu dulden, zu beurteilen. Eine Servitut verneine die klagende Partei in der Berufung ohnehin ausdrücklich. Die Österr. Salinen hätten infolge Verzichts auf das Wasserrecht, wozu auch das uralte Recht der Spohneinlegung gehört habe, an die klagende Partei durch den Verkauf des Bachteils mit der Wasserteilhütte dieses Recht nicht übertragen können.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei ist zulässig aber nicht berechtigt.
a) Zu einem abgeleiteten (schuldrechtlichen) Anspruch der klagenden Partei: Die Vermehrung des Winterwassers im Amtsbach zu Lasten der Wasserführung des Baubaches war ein "uraltes Recht" des k.k. Salinenärars - der auch Eigentümer des Wassergutes war - und seiner Rechtsnachfolgerin, der Österr. Salinen, die dieses Recht bis zum Jahre 1967 in Anspruch nahmen und ausübten. Die Spohneinlegung in der Wasserteilhütte stellte für den k. k. Salinenärar und seine Rechtsnachfolgerin kein selbständiges gewohnheitsrechtlich geschaffenes Privatrecht, sondern eine bloße - nach außenhin deutlich sichtbare - Maßnahme zur Ermöglichung der Ausübung des Rechts auf vermehrten Bezug von Winterwasser dar, steht daher mit der Rechtsausübung in unmittelbarem Zusammenhang und kann entgegen der Auffassung der klagenden Partei allein nicht zu einem Privatrechtstitel "erstarken". Es besteht kein "Recht" per se, den Spohn zu setzen, wenn dem kein Recht auf Bezug vermehrten Winterwassers gegenübersteht. Die Auffassung der zweiten Instanz, daß die Österr. Salinen infolge ihres Verzichts auf ihr Wasserrecht, zu dessen Ausübung ua auch die Spohneinlegung in der Wasserteilhütte gehört habe, durch einen darauffolgenden Verkauf des entsprechenden Bachteils mit der Wasserteilhütte kein Wasserrecht mehr an Käufer übergeben konnte, ist zutreffend. Darauf kann verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO). Der Verzicht auf das Wasserrecht beinhaltete auch einen Verzicht auf die Maßnahmen, die zur Rechtsausübung erforderlich waren. Durch den (Mit)Erwerb des Grundstückes mit der Wasserteilhütte von den Österr. Salinen konnte daher die klagende Partei in Ansehung der Einlegung des Spohns keine Rechte gegenüber der beklagten Partei mehr erwerben.
b) Zu einem eigenen Anspruch der klagenden Partei: Von der Ausübung des "uralten Rechts" durch den k.k. Salinenärar bzw die Österr. Salinen bei Bezug des vermehrten Winterwassers profitierten als Nutznießer auch selbst nicht zur Rechtsausübung berechtigte Dritte, nämlich die Anrainer und Kraftwerksbetreiber entlang des Amtsbaches, die selbst kein "uraltes Recht" zu vermehrtem Wasserbezug im Winter hatten. Die Verpflichtung auf Wasserzufuhr zu einer bestimmten Wasserversorgungsstelle kann den Inhalt einer Reallast bilden (Feil, Liegenschaftsrecht II 989) und auch Reallasten können ersessen werden (SZ 56/184, SZ 45/45; Petrasch in Rummel2, Rz 2 zu § 530 ABGB; Pimmer in Schwimann, § 530 ABGB Rz 7; Klang in Klang2 II 628). Nach § 1460 ABGB wird zur Ersitzung nebst der Fähigkeit der Person und des Gegenstandes jedoch erfordert, daß jemand die Sache oder das Recht, die auf diese Art erworben werden sollen, wirklich besitze; daß sein Besitz rechtmäßig, redlich und echt sei, und durch die ganze von dem Gesetz bestimmte Zeit fortgesetzt werde. Nach ständiger Rechtsprechung und Lehre setzt die Ersitzung den Besitz eines Rechtes voraus, das seinem Inhalt und Umfang nach dem zu erwerbenden Recht entsprechen muß (SZ 45/45, SZ 44/190; 7 Ob 528/86 ua; Mader in Schwimann, § 1460 ABGB Rz 3; Klang aaO,
VI 577); notwendig ist weiters daß die Ausübung des Rechtsinhaltes als Recht in Anspruch genommen worden ist (SZ 55/30, SZ 45/45; 2 Ob 532/87 ua; Spielbüchler in Rummel2, Rz 1 zu § 313 ABGB; Schubert in Rummel, Rz 2 f zu
§ 1460 ABGB mwN; Mader aaO, Rz 9; Klang aaO, VI 577). Die Ersitzung einer Reallast - wie einer Dienstbarkeit - setzt demnach ein für den Eigentümer des belasteten Gutes erkennbare Rechtsausübung voraus (SZ 55/30; 4 Ob 1524/87 ua; Petrasch aaO, Rz 3 zu § 480 ABGB). Hier fehlt indes der klagenden Partei der zur Ersitzung notwendige Rechtsbesitz. Denn es fehlte an jeglichem Erfüllungswillen des k.k. Salinenärars bzw der Österr. Salinen, erfolgte doch die Vermehrung der in den Amtsbach abfließenden Wassermenge durch Einlegung des Spohns in der Wasserteilhütte durch deren früheren Eigentümer nicht deshalb, um den Unterliegern mehr Wasser zur Verfügung zu stellen, sondern wie sich aus der Eintragung im Wasserbuch eindeutig ergibt, ausschließlich deshalb, um das zum Betrieb der Saline erforderliche vermehrte Winterwasser zur Verfügung zu haben und so auch in Niederwasserzeiten die Salzgewinnung zu gewährleisten. Keinesfalls handelte es sich um ein "Gestatten", um die tatsächliche Duldung einer als Rechtsausübung erkennbaren Benützung (MietSlg 31.011; JBl 1976, 642; SZ 45/45; 1 Ob 661/84 ua; Klang aaO, II 78 und VI 577) um eine Verpflichtung der Österr. Salinen gegenüber den Unterliegern. Die Ersitzung einer allfälligen Reallast konnte schon deshalb nicht eintreten, weshalb die Frage, ob sonstige Umstände der Annahme einer Reallast entgegenstehen, ungeprüft bleiben können.
Die Ausführungen in der Vorentscheidung 1 Ob 14, 15/89, das Recht auf Einsetzen des Spohns und damit auch der allfällige Anspruch der klagenden Partei, dies zu veranlassen, könne nur auf die Wassergenossenschaft Amtsbach übergegangen sein, sind nur so zu verstehen, daß auf die in den Vorverfahren klagenden Parteien dieses Recht auf keinen Fall übergegangen sein kann und diesen demnach die Legitimation fehle.
Der außerordentlichen Revision ist demnach nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E27949European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0010OB00048.91.1218.000Dokumentnummer
JJT_19911218_OGH0002_0010OB00048_9100000_000