TE OGH 1991/12/18 1Ob606/91

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Veröffentlicht am 18.12.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann, Dr.Schlosser, Dr.Graf und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Gerald H*****, als Verwalter gemäß § 161 Abs 1 EO in der Zwangsversteigerungssache 9 a E 61/87 des Bezirksgerichtes Salzburg, vertreten durch Dr.Erich Schwarz, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Firma H***** Bürobedarfs-Handelsgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Gerwin Brandauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Räumung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 12.Juni 1991, GZ 21 R 196/91-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 26.März 1991, GZ 11 C 976/89d-15, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben, das Urteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 25.063,80 bestimmten Kosten der Rechtsmittelverfahren (darin enthalten S 3.927,30 Umsatzsteuer und S 1.500 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 18.11.1987 gegründet. Sie wurde zu HRB ***** des Landesgerichtes Salzburg eingetragen. Die Stammeinlage des Gesellschafters Anton H***** betrug S 5.000, die des Gesellschafters Roland Sch*****

S 495.000. Anton H***** wurde zum alleinzeichnungsberechtigten Geschäftsführer bestellt. Er war Miteigentümer von 186/1236, 36/1236 und 456/1236-Anteilen an der EZ 150 KG M***** Haus M*****straße 25, mit denen das Wohnungseigentum an den Objekten 5 (Wohnung), 8 (Büro) und 9 (Garage) verbunden war. Mit Mietvertrag vom 15.2.1988 vermietete Anton H***** an die beklagte Partei, vertreten durch ihn als alleinvertretungsbefugten Geschäftsführer, diese drei Objekte unkündbar bis 1.12.2002. Der § 2 dieses Vertrages hat folgenden Wortlaut: "Mietentgelt: 1. Das monatliche Mietentgelt beträgt S 7.000,..... zuzüglich der jeweils geltenden gesetzlichen Mehrwertsteuer. 2. Einvernehmlich wird festgestellt, daß das im Abs 1 vereinbarte Mietentgelt ein vorläufiges Mietentgelt ist, dessen endgültige Festsetzung durch ein einzuholendes Fachgutachten eines beeideten Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters respektive Buchprüfers und Steuerberaters zu erfolgen hat. Die Vertragsparteien erklären ausdrücklich, daß sie sich diesem Fachgutachten unbedingt und unwiderruflich unterwerfen. Festgehalten wird, daß ein solches Gutachten spätestens innerhalb eines Jahres nach Abschluß dieses Vertrages anzufordern ist. Sollte keine Einigung über die Person des Gutachters gefunden werden, entscheidet darüber endgültig ein zuständiges Schiedsgericht von Seiten der Kammer der Wirtschaftstreuhänder. 3. In dem unter Abs 1 vereinbarten Mietzins sind die nach dem Stichtag anfallenden mit der Nutzung des Mietgegenstandes verbundenen Steuern, Gebühren, Betriebskosten und sonstigen Auslagen, insbesondere für Lichtstrom-, Gas- und Wasserverbrauch, Müllabfuhr udgl. nicht inbegriffen. 4. Vielmehr werden diese unter Abs 3 genannten Zahlungsverpflichtungen der Mieterin separat in Rechnung gestellt und diese übernimmt die unbedingte und unwiderrufliche Verpflichtung, dieselben aus eigenem zu bezahlen, wobei vereinbart gilt, daß die Mieterin die jeweiligen ihr vorgeschriebenen zu Recht bestehenden Beträge unmittelbar berichtigt und in den Fällen, in denen der Vermieter die bezüglichen Kosten bezahlt bzw vorgeschrieben bekommt, ihm die Mieterin binnen 8 Tagen nach Vorweisung der Rechnungen und Zahlungsbelege den ausgelegten Betrag rückzuvergüten hat. ...

6. Wenn die Mieterin mit einer Mietzinsrate länger als durch 3 Monate im Verzuge bleibt, ist der Vermieter berechtigt, diesen Vertrag dreimonatig zu kündigen. 7. (Wertsicherungsklausel)...". Das im § 2 des Mietvertrages erwähnte Fachgutachten wurde nicht eingeholt. Nach zwei im Zwangsversteigerungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten sei ein Mietzins von S 16.000 bis

S 17.000 monatlich angemessen.

Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 23.8.1988, 9 a E 73/88-1, wurde über Antrag der betreibenden Partei V***** registrierte Genossenschaft mbH die Zwangsverwaltung der dem Anton H***** gehörenden Miteigentumsanteile an der EZ 150 KG M*****, mit denen das Wohnungseigentum verbunden war, zur Sicherstellung bewilligt. Dkfm.Johann K***** wurde mit Beschluß vom 23.9.1988 zum Verwalter bestellt, er wurde am 22.11.1988 eingeführt. Mit Schreiben vom 8.3.1989 forderte er von der beklagten Partei die Bezahlung eines Nettomietzinses von monatlich S 15.000. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 10.4.1989, 9 a E 73/88-20, wurde der Verwalter angewiesen, gegen die beklagte Partei die Räumungsklage einzubringen.

Parallel zum Zwangsverwaltungsverfahren lief zu 9 a E 61/87 des Bezirksgerichtes Salzburg ein Zwangsversteigerungsverfahren betreffend die dem Anton H***** gehörigen Liegenschaftsanteile. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 2.10.1989, 9 a E 61/87-74, wurden diese Anteile der B*****gesellschaft mbH als Meistbietender zugeschlagen. Mit weiterem Beschluß vom 30.11.1989 wurde über Antrag der Ersteherin Dr.Gerald H***** anstelle von Dkfm.Johann K***** zum Verwalter der Miteigentumsanteile bestellt. Die Zwangsverwaltung sei mit dem Tag des Zuschlages in eine Verwaltung zugunsten der Ersteherin übergegangen.

Mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 25.1.1990, 34 Vr 1813/88, 23 Hv 14/89-29, bestätigt mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 7.9.1990, 15 Os 16/90, wurde Anton H***** rechtskräftig des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten betrügerischen Krida nach den §§ 156 Abs 1 und 2 und 15 StGB schuldig erkannt. Er hat als Schuldner mehrerer Gläubiger durch die Vermietung seiner Anteile im Haus Salzburg, M*****straße 25, um einen monatlichen Mietzins von S 7.000 unkündbar bis zum Jahre 2002 an die beklagte Partei, somit gegen einen unangemessenen Mietzins, sein Vermögen wirklich verringert und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger oder wenigstens eines Teiles von ihnen vereitelt oder geschmälert. In diesem Strafverfahren wurde festgestellt, daß Anton H***** seine wirtschaftliche Existenz durch die gegen ihn laufenden Exekutionen sowie das drohende Insolvenzverfahren gefährdet sah. Zur Erhaltung und Rettung seines Lichtpausunternehmens vor den Gläubigern habe er nach Beratung mit dem Büro P***** nach Bewilligung der Zwangsversteigerung in seiner Eigenschat als Geschäftsführer der beklagten Partei den Mietvertrag abgeschlossen. Ihm sei im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages bewußt gewesen, den Bestandgegenstand zu einem auffallend niederen Preis, der zu dem tatsächlich zu erzielenden im krassen Widerspruch gestanden sei, vermietet zu haben. Aus diesem Grund habe er im § 2 Punkt 2 des Mietvertrages die Klausel aufgenommen, daß es sich nur um ein vorläufiges Mietentgelt handle, dessen endgültige Festsetzung durch ein einzuholendes Fachgutachten eines beeideten Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters bzw Buchprüfers und Steuerberaters zu erfolgen habe. Da keiner der Vertragsteile - die beklagte Partei wegen der überaus günstigen Miete, Anton H***** wegen seines Interesses an der Fortführung seines Geschäftes (im Rahmen der GesmbH) eine Festsetzung des Mietzinses durch ein einzuholendes Fachgutachten gefordert habe, und die im § 2 des Vertrages hiefür eingeräumte Frist ungenutzt verstrichen sei, sei es beim vereinbarten Mietzins von S 7.000 geblieben. Dadurch habe Anton H***** gehofft, die Versteigerung der Liegenschaft infolge des langfristig unkündbaren Mietvertrages mit der GesmbH verhindern zu können, weil Interessenten wegen der Vermietung der Anteile vom Erwerb zurückschrecken sollten, wodurch die Forderungen der betreibenden und beigetretenen Gläubiger entweder gar nicht oder nur zum Teil befriedigt würden. Er selbst sollte aber hiedurch als Gesellschafter in die Lage versetzt werden, seinen Geschäften ungehindert nachzugehen.

Dkfm.Johann K***** begehrte (offensichtlich als Verwalter der Zwangsverwaltungsmasse) mit der am 28.4.1989 eingebrachten Klage die Räumung der Objekte 5, 8 und 9 im Haus Salzburg, M*****straße 25; der Mietvertrag vom 15.2.1988 sei deshalb abgeschlossen worden, um bei einer exekutiven Verwertung der Anteile des Anton H***** seine Gläubiger zu benachteiligen. Der Mietvertrag werde daher gemäß § 2 Z 1 AnfO wegen Benachteiligungsabsicht angefochten. Dieses Rechtsgeschäft sei auch deshalb von Anfang an unwirksam gewesen, weil ein unzulässiges Selbstkontrahieren vorgelegen sei. Die beklagte Partei benütze daher die Räume titellos. Im übrigen sei nur ein vorläufiger Mietzins von S 7.000 vereinbart worden. Eine im Vertrag vorgesehene Neufestsetzung sei zwar nicht erfolgt, nach gerichtlichem Gutachten wäre aber eine Nettomiete von S 15.000 zuzüglich 10 % Umsatzsteuer angemessen. Da Vermieter und Mieter ihrer Verpflichtung nach § 2 Abs 2 des Mietvertrages auf Festsetzung des Mietzinses nicht nachgekommen seien und für den Fall, daß ein Gutachten von den Vertragsparteien nicht eingeholt worden sei, keine Regelung im Vertrag getroffen worden sei, könne dieser Vertrag nur dahingehend verstanden werden, daß ein angemessenes Mietentgelt zu zahlen sei. Der angemessene Mietzins betrage brutto S 16.500 monatlich. Die beklagte Partei sei zur Bezahlung der Differenzbeträge erfolglos aufgefordert worden. Das Klagebegehren werde auch auf Verkürzung über die Hälfte gestützt. Der bisher bezahlte Mietzins erreiche nicht einmal die Hälfte des angemessenen.

Die beklagte Partei wendete ein, es bestehe kein qualifizierter Mietzinsrückstand, es liege keine titellose Benützung vor. Der Mietzins sei angemessen, allenfalls sei gemäß § 33 MRG Beschluß zu fassen. Es mangle Dkfm.Johann K***** an der Aktivlegitimation, weil während des Verfahrens die Miteigentumsanteile des Anton H***** zwangsversteigert worden seien. Im Rahmen der Zwangsverwaltung bestehe daher für Dkfm.Johann K***** keine Verpflichtung mehr, das Verfahren fortzusetzen. Dkfm.Johann K***** sei selbst nicht mehr Zwangsverwalter.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte fest, im Jahre 1987 sei die finanzielle Situation Anton H***** so bedrängend geworden, daß eine Insolvenz sowie eine Zwangsversteigerung der Liegenschaft bevorgestanden sei. Am 19.11.1987 habe Anton H***** seine gesamten Fahrnisse bzw die Einrichtungsgegenstände der Liegenschaft an die beklagte Partei verkauft, wobei es sich auch hier um ein Insichgeschäft gehandelt habe. Eine Genehmigung des Mietvertrages durch den Gesellschafter Roland Sch***** sei nicht erfolgt. Durch den Abschluß des Mietvertrages mit der Vereinbarung eines Mietzinses von lediglich S 7.000 seien die Gläubiger des Anton H***** um zumindest monatlich S 8.000 netto in ihrem Anspruch auf Befriedigung verkürzt worden. Der von Anton H***** mit der beklagten Partei abgeschlossene Mietvertrag habe ausschließlich dazu gedient, die gegen ihn laufenden Exekutionen bzw das Insolvenzverfahren hintanzuhalten, die Verwertung der Liegenschaft zu erschweren bzw Anton H***** die Benützung derselben und Weiterführung der Lichtpausanstalt zu ermöglichen. Anton H***** habe die Vermietung zu einem unterdurchschnittlich niedrigen Bestandzins mit Kündigungsverzicht bis zum Jahr 2002 nur deshalb vorgenommen, um seine Gläubiger in ihrem Anspruch auf Befriedigung zu verkürzen. Auf Grund der Lage der Objekte bzw deren Nutzbarkeit sei davon auszugehen, daß ein Bestandzins von insgesamt netto S 15.000 auf jeden Fall anderweitig zu erzielen gewesen wäre.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß der Mietvertrag nach § 2 Z 2 AnfO anfechtbar sei, weil es sich um eine Benachteiligung der Gläubiger handle und diese Benachteiligungsabsicht auf Grund der Belastung im Grundbuch und der anhängigen Exekutionsverfahren sowie dem drohenden Insolvenzverfahren dem mit sich kontrahierenden Anton H***** auf jeden Fall bekannt gewesen sei und bekannt sein mußte. Die beklagte Partei benütze demnach die Räume titellos.

Das Berufungsgericht änderte über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Erstgerichtes im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens ab. Die ordentliche Revision erklärte es für zulässig. Es übernahm die auf Grund eines mängelfreien Verfahrens getroffenen Feststellungen des Erstgerichtes. Zu Recht mache die beklagte Partei ganz allgemein mangelnde Aktivlegitimation geltend. Der Zwangsverwalter sei zwar auch nach der Einstellung der Zwangsverwaltung berechtigt, Erträgnisse, die während der Zwangsverwaltung angefallen oder fällig seien, namens der Zwangsverwaltungsmasse gerichtlich geltend zu machen. Dies könne jedoch nur solange gelten, bis die Tätigkeit des Zwangsverwalters und des Gerichtes gänzlich abgeschlossen sei, also in der Regel bis zur Genehmigung der Schlußrechnung und Verteilung der zuletzt verteilten Ertragsüberschüsse. Mit der mit Beschluß des Erstgerichtes vom 30.11.1989 zu 9 a E 73/88-33 erfolgten Enthebung des Dkfm.Johann K***** als Zwangsverwalter sei daher auch dessen Aktivlegitimation für den Räumungsrechtsstreit erloschen. Im übrigen lägen die geltend gemachten Rechtsgründe nicht vor. Selbstkontrahieren sei zulässig, wenn dadurch nicht die Interessen des Vertretenen gefährdert werden, insbesondere wenn es dem Vertretenen ausschließlich rechtliche Vorteile bringe. Daß durch die im Mietvertrag vom 15.2.1988 getroffene Mietzinsvereinbarung Interessen der von Anton H***** vertretenen beklagten Partei hätten gefährdert werden können, sei von der klagenden Partei nicht behauptet worden. Die Vereinbarung sollte vielmehr ausschließlich der Gesellschaft wirtschaftliche Vorteile bringen. Außerhalb der Anfechtungstatbestände der Konkursordnung und der Anfechtungsordnung gebe es keinen allgemeinen Rechtssatz, der die Rechtsbeständigkeit von Vereinbarungen bedrohe, die dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger zuwiderliefen. Ein unzulässiges Insichgeschäft liege daher nicht vor. Zur Anfechtung von Rechtshandlungen des Verpflichteten sei der Zwangsverwalter nicht befugt. Solange eine Erhöhung im Sinn des § 2 des Mietvertrages durch Festsetzung des endgültigen Mietentgeltes im Wege eines einzuholenden Fachgutachtens nicht vorliege und die beklagte Partei das im § 2 des Mietvertrages festgelegte vorläufige monatliche Entgelt von S 7.000 bezahle, könne ein Räumungsanspruch auch nicht mit Erfolg auf die Bestimmung des § 1118 ABGB gestützt werden. Der Zwangsverwalter wäre befugt gewesen, die Einholung eines solchen Gutachtens zu erwirken. Dies habe er unterlassen. Eine Verletzung über die Hälfte liege aus denselben Gründen nicht vor.

Die Revision der klagenden Partei ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Dem Berufungsgericht kann nicht gefolgt werden, daß das Begehren schon deshalb abzuweisen wäre, weil die Aktivlegitimation des seinerzeitigen Zwangsverwalters Dkfm.Johann K***** erloschen sei.

Ähnlich wie der Masseverwalter ist auch der Zwangsverwalter ein auf Grund des Gesetzes bestellter und im Vertretungsumfang durch das Gesetz genau umschriebener Vertreter einer Sondermasse (hier der Zwangsverwaltungsmasse). Soweit der Zwangsverwalter zur Führung von Prozessen berechtigt ist, ist er Partei kraft Amtes (Prozeßstandschaft). Der Zwangsverwalter ist somit der amtliche (gesetzliche) Stellvertreter des Verpflichteten (EvBl 1969/64;

SZ 21/150; ZBl 1936/361 mit zustimmender Besprechung von Petschek; GlUNF 6389; Fasching, Lehrbuch2 Rz 339, 341, 342;

Pollak, System2 945; vgl Holzhammer, Zivilprozeßrecht2 71;

Petschek-Stagel, Der österreichische Zivilprozeß 150). Wie die beklagte Partei im Rechtsmittelverfahren zutreffend ausführte, wurde durch den Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren die Zwangsverwaltung nicht beendet. Sie ging ohne Unterbrechung in eine Verwaltung zugunsten des Erstehers über (§ 161 Abs 1 EO). An der Person des bisherigen Zwangsverwalters änderte sich durch den Zuschlag selbst nichts. Der bisherige Zwangsverwalter wurde durch einen späteren Beschluß durch den Geschäftsführer des Erstehers ersetzt. Geht aber die bisherige Zwangsverwaltung kraft Gesetzes ohne Unterbrechung in eine Verwaltung zugunsten des Erstehers über, folgt daraus, daß sich an der Identität der Partei kraft Amtes nichts geändert hat. Durch die Überleitung wird nur die Frage aktuell, welcher Verteilungsmasse Erträgnisse zuzuordnen sind (Petschek-Hämmerle-Ludwig, Zwangsvollstreckung 161;

Schubert-Soldern, Zwangsverwaltung 211). Liegt aber Identität der Partei vor, so ist in der Bestellung eines neuen Verwalters nur ein Wechsel in der gesetzlichen Vertretung zu erblicken. Die früher dem Zwangsverwalter zugestandenen Befugnisse stehen dann dem allenfalls an seiner Stelle bestellten einstweiligen Verwalter zu (ZBl 1935/415). Da aber der Zwangsverwalter Dkfm.Johann K***** im Verfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten war, lag kein Unterbrechungsgrund nach § 158 Abs 1 ZPO vor. Handelte der Zwangsverwalter nicht im eigenen Namen, sondern als gesetzlicher Vertreter der Masse, liegt bei Wechsel des Verwalters (einstweiligen Verwalters) weder ein Verlust seiner Aktivlegitimation vor noch änderte sich die Rechtszuständigkeit der Forderung. Wurde anstelle des bisherigen Verwalters ein anderer bestellt, führt dies zur amtswegigen Richtigstellung der Bezeichnung des gesetzlichen Vertreters.

Es ist daher zu prüfen, ob das Räumungsbegehren auf die geltend gemachten Rechtsgründe erfolgreich gestützt werden kann.

Nach § 8 AnfO ist nur der verkürzte Gläubiger zur Anfechtung einer Rechtshandlung befugt. Die Zwangsverwaltungsmasse, vertreten durch den Zwangsverwalter, kann daher, ist sie nicht selbst Gläubigerin oder macht sie Rechte des Verpflichteten geltend, nicht Rechtshandlungen des Verpflichteten anfechten (Ehrenzweig, Kommentar zur Anfechtungsordnung 488, FN 45; Schubert-Soldern aaO 440; Heller-Berger-Stix 998; vgl Jaeger, Gläubigeranfechtung2 124; Warneyer-Bohnenberg, Anfechtungsgesetz4 53). Die Befugnis anzufechten, fällt nicht unter jene Rechtshandlungen, die zur Durchführung der Zwangsverwaltung im Sinne des § 109 Abs 3 EO erforderlich sind. Das Räumungsbegehren kann daher auf Anfechtungstatbestände erfolgreich nicht gestützt werden.

Eine allgemeine Regelung, ob und in welchem Umfang Selbstkontrahieren zulässig sei, enthält das österreichische Privatrecht nicht. Daraus wird der Schluß gezogen, daß Selbstkontrahieren an sich nicht unzulässig ist. So kann der alleinige Geschäftsführer einer Gesellschaft mbH nach übereinstimmender Ansicht jedenfalls dann namens der Gesellschaft mit sich selbst kontrahieren, wenn das Geschäft nur Vorteile für die vertretene Gesellschaft mit sich bringt, eine Gefährdung der Interessen der Gesellschaft auszuschließen ist (NZ 1988, 54;

RdW 1986, 39; JBl 1984, 314; SZ 54/57; SZ 54/20 ua;

Reich-Rohrwig, GmbH-Recht 119; Apathy in Schwimann, ABGB Rz 6 zu § 1009; Strasser in Rummel2, Rz 21 zu § 1009 ABGB;

Koziol-Welser8 I 169). Daß die Interessen der Gesellschaft gefährdet sein könnten, wurde nicht behauptet und ist auf Grund der vereinbarten Höhe des Mietzinses, selbst wenn dieser nach Einholung eines Fachgutachtens erhöht worden wäre, nicht zu ersehen. Behauptet wurde vielmehr, eine die Gläubiger des Anton H***** (nicht der Gesellschaft) schädigende Vorgangsweise durch ihn.

Auch soweit die klagende Partei von der Gültigkeit des abgeschlossenen Mietvertrages ausgehend die Aufhebung des Vertrages nach § 1118 ABGB wegen Nichtbezahlung der geforderten Mietzinsdifferenz und die Räumung der Objekte begehrt, sind die rechtlichen Voraussetzungen nicht gegeben. Die Revision geht zutreffend selbst davon aus, daß innerhalb der Jahresfrist das im § 2 des Mietvertrages vorgesehene Gutachten nicht eingeholt wurde. Gutachten, die in anderen gegen Anton H***** geführten Verfahren, an denen die beklagte Partei nicht beteiligt war, erstattet wurden, können das im Mietvertrag vereinbarte nicht ersetzen, war doch die beklagte Partei an der Auswahl des Gutachters nicht beteiligt. Nur bei Nichteinigung der Vertragsparteien sollte es zu einem Schiedsgutachten der Kammer der Wirtschaftstreuhänder kommen. In der Revision wird die Ansicht vertreten, mangels Einholung des Gutachtens gelte nach einem Jahr Vertragsdauer ein angemessener ortsüblicher Mietzins als vereinbart. Dies ergibt sich aber ohne weitere Erforschung des Parteiwillens nicht auf Grund des objektiven Erklärungswertes des bloßen Vertragstextes (vgl 15 Os 60/90).

Die klagende Partei hat aber das Räumungsbegehren auch auf Aufhebung des Vertrages wegen Verkürzung über die Hälfte gestützt. Die Vorschrift des § 934 ABGB ist auch auf Dauerschuldverhältnisse, somit auch auf Bestandverträge anzuwenden (SZ 59/155; EvBl 1970/192; Reischauer in Rummel2, Rz 1 zu § 934 ABGB; Binder in Schwimann, ABGB Rz 2 zu § 934; Gschnitzer in Klang2 IV/1, 558). Die beklagte Partei ließ unbestritten, daß auf Seiten des Vermieters Anton H***** kein Handelsgeschäft vorlag (§ 351 a HGB; Koziol-Welser8 I 259). Gemeiner Wert der Gegenleistung ist bei Dauerschuldverhältnissen das marktübliche Entgelt bzw der angemessene Hauptmietzins nach § 16 Abs 1 MRG. Das Erstgericht stellte fest, daß ein Hauptmietzins von S 15.000 angemessen sei. Diese Feststellung wurde vom Berufungsgericht ausdrücklich übernommen. Die beklagte Partei wendete neben der Angemessenheit des Mietzinses von S 7.000 nur ein, das im Mietvertrag vorgesehene Fachgutachten läge noch nicht vor. Zum Zeitpunkt dieses Vorbringens (4.7.1990) war aber die im Vertrag dafür vorgesehene Jahresfrist längst abgelaufen. Die vertraglich vorgesehene Möglichkeit, den vorläufigen Bestandzins auf Grund eines Gutachtens zu erhöhen, konnte aber die nach § 934 ABGB zu ermittelnde Wertrelation dann nicht beeinflussen, wenn dieser Mietvertrag von vornherein, wie das Erstgericht feststellte, dazu dienen sollte, die gegen Anton H***** laufenden Exekutionen und das Insolvenzverfahren hintanzuhalten, die Verwertung der Miteigentumsanteile zu erschweren und Anton H***** zu ermöglichen, seine Lichtpausanstalt ungeachtet seiner wirtschaftlichen Schwierigkeiten weiterzuführen. Hat es demnach Anton H***** als seinen und den Interessen der von ihm vertretenen Gesellschaft darauf angelegt, innerhalb der im Vertrag vorgesehenen Jahresfrist ein solches Fachgutachten nicht einzuholen, ist als Vergleichsmaßstab zum angemessenen Mietzins der im Vertrag festgelegte vorläufige Mietzins von S 7.000 heranzuziehen. Daraus folgt aber, daß eine Verletzung über die Hälfte vorliegt. Die beklagte Partei hat von der ihr zustehenden Ersetzungsbefugnis keinen Gebrauch gemacht. Dies führt aber zur Aufhebung des Vertrages und damit als Folge zur Rückstellungspflicht und Räumung.

Der Revision ist Folge zu geben, das Urteil des Berufungsgerichtes ist im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes abzuändern.

Die Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittelverfahren gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E27981

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0010OB00606.91.1218.000

Dokumentnummer

JJT_19911218_OGH0002_0010OB00606_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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