TE OGH 1991/12/19 12Os135/91

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Veröffentlicht am 19.12.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Dezember 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Westermayer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Herbert N***** wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14.Mai 1991, GZ 12 c Vr 3353/89-28, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kodek, des Angeklagten Herbert N***** und des Verteidigers Dr. Böck zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch 1 wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und 2 StGB, demgemäß auch im Ausspruch über die Strafe und im Zuspruch an die Privatbeteiligte aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 1 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Herbert N***** hat auch durch das dem aufgehobenen Schuldspruch zugrundeliegende Verhalten das ihm weiterhin zur Last liegende Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 1 StGB begangen und wird für dieses Vergehen sowie für das ihm gleichfalls weiterhin zur Last liegende Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 2 StGB nach § 159 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 (drei) Monaten verurteilt.

Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird die verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Gemäß § 366 Abs. 2 StPO wird die Privatbeteiligte Firma P***** Stahl- und Fahrzeugbau GesmbH & Co KG mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch zwei in Rechtskraft erwachsene Freisprüche enthält, wurde der ***** 1931 geborene Kaufmann Herbert N***** des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und 2 zweiter Fall StGB (1) und des Vergehens (richtig: der Vergehen) der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 1 und 2 StGB (2) schuldig erkannt. Darnach hat er in Wien im September 1988 ein ihm anvertrautes Gut, nämlich einen Bargeldbetrag in der Höhe von 1,015.009,60 S, der ihm von der Firma L*****, Vermietung von Investitionsgütern GesmbH & Co KG (kurz: Firma L*****) überwiesen worden war und auf Grund eines Vertrages mit der Firma P***** Stahl- und Fahrzeugbau GesmbH & Co KG (kurz: Firma P*****) an diese weiterzuleiten war, dadurch einem Dritten mit dem Vorsatz zugeeignet, diesen unrechtmäßig zu bereichern, daß er den genannten Betrag der Firma A***** Export-Import Handels-GesmbH (kurz: Firma A*****) zufließen ließ (1), und schon ab dem Jahr 1985 bis zum März 1989 als Geschäftsführer der Firma A***** als Schuldner mehrerer Gläubiger fahrlässig deren Zahlungsunfähigkeit insbesondere dadurch herbeigeführt, daß er die Geschäfte ohne ausreichendes Eigenkapital betrieb und riskante Geschäfte abschloß, sowie ab spätestens August 1989 bis Ende Februar 1990 in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit fahrlässig die Befriedigung der Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen dadurch vereitelt oder geschmälert, daß er das Ausgleichs- bzw Konkursverfahren nicht rechtzeitig beantragte (2). Er wurde deswegen zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe und gemäß § 366 Abs. 2 StPO zur Bezahlung eines Betrages von 1,015.009,60 S an die Privatbeteiligte Firma P***** verurteilt.

Rechtliche Beurteilung

Nur den Schuldspruch wegen der Veruntreuung (1) ficht der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an, den darauf gestützten Zuspruch an die Privatbeteiligte bekämpft er ebenso wie den Strafausspruch mit Berufung.

Nach den im Rahmen der Anfechtung wesentlichen Urteilsfeststellungen erwarb der Angeklagte als alleiniger Geschäftsführer der Firma A***** von der Firma P***** unter anderem drei Sattelanhänger zu einem Kaufpreis von 1,769.985,80 S, wobei sich die Verkäuferin das Eigentum an diesen Fahrzeugen vorbehielt. Die Firma P***** lieferte die Sattelanhänger aber direkt an die Firma T***** aus, die die Fahrzeuge bei der Firma A***** bestellt hatte. Da die Finanzierung über die Firma L***** erfolgen sollte, verkaufte die Firma A*****, vertreten durch den Angeklagten, diese Sattelanhänger an die Firma L*****. Auf Grund dieses Kaufvertrages zahlte schließlich die Firma L***** den Kaufpreis an die Firma A***** (lediglich unter Zurückbehaltung eines Betrages von 120.000 S zufolge einer Mängelrüge) aus und vermietete die angekauften Fahrzeuge an die Firma T*****. Da aber die Firma A***** ihren Kreditrahmen bei ihrer Bank, der C*****, ausgeschöpft, wenn nicht überzogen hatte, war sie zur Abtretung ihrer Einnahmen an die Bank gezwungen und es floß demgemäß auch dieser von der Firma L***** überwiesene Betrag der Bank zur Minderung der Verpflichtungen der Firma A***** zu, während nur ein Teilbetrag von 500.000 S der Firma P***** überwiesen wurde. Unter Berücksichtigung verschiedener Gegenverrechnungen schuldet die Firma A***** der Firma P***** den im Spruch genannten Betrag.

In Übereinstimmung mit den Ausführungen des Beschwerdeführers in der Rechtsrüge ist davon auszugehen, daß der Eigentumsvorbehalt des Verkäufers bei Lieferung an einen Wiederverkäufer den Weiterverkauf der Ware durch diesen nicht hindert, allerdings erlischt der Eigentumsvorbehalt durch den Verkauf und den Eigentumserwerb eines zweiten Käufers (vgl Aicher in Rummel Rz 96 ff zu § 1063 ABGB). Wie sich aus den im Akt in Ablichtung erliegenden und in der Hauptverhandlung auch verlesenen (S 273) Geschäftsunterlagen ergibt, geschah der sofortige Weiterverkauf durch die Firma A***** im Einverständnis mit der Firma P*****, was sinnfällig durch die Zustellung der den Gegenstand des Kaufes bildenden Sattelanhänger direkt an den (die Leasingfinanzierung in Anspruch nehmenden) Besteller, nämlich die Firma T*****, zum Ausdruck kam. Der vom Käufer und Wiederverkäufer erzielte Kaufpreis ist aber grundsätzlich diesem nicht vom Erstverkäufer anvertraut, es sei denn, es wäre eine entsprechende vertragliche Vereinbarung getroffen worden, was vorliegend weder im Urteil festgestellt wurde, noch nach den Beweisergebnissen hätte festgestellt werden können (vgl hiezu Kienapfel BT II2 RN 45, Leukauf-Steininger2 RN 4 bis 7, Mayerhofer-Rieder3 E 48, 50, jeweils zu § 133 StGB). Dasselbe gilt für die ebenfalls nicht festgestellte, aber im Rahmen der rechtlichen Beurteilung dem Angeklagten unterstellte Treuhänderfunktion.

Der Schuldspruch wegen Veruntreuung war daher rechtlich verfehlt. Eine allfällige Beurteilung der Tat des Angeklagten als Betrug im Hinblick auf die Aussage des Zeugen P*****, der Angeklagte habe ausdrücklich eine Bankgarantie versprochen (S 27, 51), käme nur in Frage, wenn dieses Versprechen tatsächlich für die Auslieferung der Sattelanhänger kausal gewesen und mit dem Vorsatz abgegeben worden wäre, die Firma P***** über die damals schon erkannte Zahlungsunfähigkeit zu täuschen und um den Kaufpreis zu schädigen. Ein derartiger Betrugsvorsatz wurde aber im erstinstanzlichen Verfahren nicht angenommen und wäre auch in einem erneuerten Verfahren nicht feststellbar, zumal das letztliche Unterbleiben der Zahlung offensichtlich auf die durch Abschluß riskanter Geschäfte fahrlässig herbeigeführte Zahlungsunfähigkeit der Firma A*****, die - wie zu den Schuldspruchsfakten 2 ausdrücklich festgestellt wurde - vom Angeklagten frühestens erst im März 1989 erkannt wurde, zurückzuführen ist.

Es war daher auf der Basis der getroffenen Feststellungen sofort in der Sache selbst zu erkennen und der rechtsirrig ergangene Schuldspruch wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und 2 StGB aufzuheben, jedoch - entgegen der Antragstellung der Generalprokuratur - kein (Qualifikations-)Freispruch zu fällen, da der der Anklage wegen Veruntreuung zugrundeliegende Geschäftsfall ein Teil jener riskanten Geschäftsführung war, der (mit-)ursächlich für die fahrlässige Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit und damit auch tatbestandlich im Sinn der Z 1 des § 159 Abs. 1 StGB war. Demgemäß wurde die Forderung der Firma P***** im Konkursverfahren auch angemeldet und nicht bestritten (vgl Post Nr 33 des unter ON 18 in Ablichtung erliegenden Anmeldungsverzeichnisses). Nach den ausdrücklichen Urteilsfeststellungen sind alle im Anmeldungsverzeichnis aufscheinenden, nicht bestrittenen Forderungen vom Schuldspruch wegen fahrlässiger Krida (nach der Z 2 des § 159 Abs. 1 StGB) mitumfaßt (S 285). Es war sohin spruchgemäß zu erkennen und neben dem Schuldspruch wegen Veruntreuung der offensichtlich nur darauf gestützte, in den Urteilsgründen in keiner Weise erwähnte Zuspruch an die Privatbeteiligte ebenso aufzuheben wie der Strafausspruch.

Wenngleich - wie angeführt - im Urteil ausdrücklich festgestellt wurde, daß die Gläubiger der Firma A***** in ihrem Recht auf anteilsmäßige Befriedigung geschmälert wurden, zumal ja jede an die Firma A***** aus Geschäftsverbindungen geleistete Zahlung spätestens ab August 1989 (dem Zeitpunkt, zu dem der Konkurs spätestens anzumelden gewesen wäre) nicht nur einem Gläubiger (nämlich der Bank), sondern anteilsmäßig allen Gläubigern hätte zufließen müssen (S 285 und 286), reichen diese Urteilsannahmen jedenfalls nicht aus, um die aus den Schuldsprüchen nach § 159 Abs. 1 Z 1 und 2 StGB erfließende deliktische Haftung des Angeklagten auch ziffernmäßig festzustellen (zur grundsätzlichen Problematik siehe JBl 1972, 120 bis 129 und 141 bis 144). Die im Strafverfahren getroffenen Konstatierungen lassen nämlich eine abschließende Beurteilung des Anspruches der Firma P***** gegen den Angeklagten der Höhe nach nicht zu, wenn es sich bei der Privatbeteiligten auch um eine Altgläubigerin handelt, deren Forderung schon zu einem Zeitpunkt entstand, als - wie dargestellt - der Angeklagte den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit noch nicht erkannt hatte. Die Privatbeteiligte mußte daher mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen werden (vgl auch SSt 51/54).

Bei der nunmehr nach § 159 Abs. 1 StGB (Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren) vorzunehmenden Strafneubemessung waren erschwerend das Zusammentreffen der Vergehen sowohl nach Z 1 als auch nach Z 2 des § 159 Abs. 1 StGB, mildernd hingegen das Geständnis und der bisher ordentliche Lebenswandel des Angeklagten.

Gemessen an der Summe an unbestrittenen angemeldeten Forderungen von knapp 6 Mio S erscheint die aus dem Spruch ersichtliche Strafe tat- und tätergerecht; sie konnte im Hinblick auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 StGB auch bedingt nachgesehen werden.

Mit seiner Berufung puncto Adhäsionserkenntnis und puncto Strafausspruch war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Der erstinstanzliche Kostenausspruch blieb durch die Teilaufhebung unberührt, im übrigen stützt er sich auf die dort bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E26974

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0120OS00135.91.1219.000

Dokumentnummer

JJT_19911219_OGH0002_0120OS00135_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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