Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Marktgemeinde K*****, vertreten durch Dr. Josef Schartmüller, Rechtsanwalt in Pregarten, wider die beklagte Partei Josef T*****, vertreten durch DDr. Gunter Peyrl, Rechtsanwalt in Freistadt, wegen Feststellung, Wiederherstellung und Unterlassung (Streitwert S 30.000,--), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 14. August 1991, GZ 20 R 124/91-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Freistadt vom 16. Mai 1991, GZ 2 C 849/90-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:
Spruch
Der Revision wird teilweise Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen über das Wiederherstellungs- und das Unterlassungsbegehren sowie im Kostenausspruch werden aufgehoben. Die Rechtssache wird insoweit an das Prozeßgericht erster Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Im übrigen, das heißt, soweit die Vorinstanzen dem Feststellungsbegehren stattgaben, wird der Revision nicht Folge gegeben und die Entscheidung als Teilurteil bestätigt. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Prozeßkosten.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei ist grundbücherliche Eigentümerin des öffentlichen Weges Grundstück 1218/1 KG K*****. Der Weg - ehemals eine 3 m breite Verbindungsstraße von K***** nach F***** - führt quer durch die Grundstücke des Beklagten. Vor zwei Jahren ackerte der Beklagte den Weg um.
Die klagende Partei begehrt die Feststellung, sie sei Eigentümerin des Weges. Der Beklagte sei schuldig, "die Beeinträchtigung des Eigentumsrechtes durch Wiederherstellung des vorigen Zustandes, sohin durch Anlegen eines befestigten Weges auf dem Grundstück 1218/1 zu beseitigen" sowie künftige Störungen des Eigentumsrechtes der klagenden Partei zu unterlassen. Sie brachte vor, der Weg sei vor dem Umackern als Fahr- und Gehweg im Gemeingebrauch gestanden.
Der Beklagte wendete ein, nur bis zum Jahre 1938 sei das Grundstück als öffentlicher Verbindungsweg von K***** nach F***** benützt worden. Seither sei es ausschließlich Wirtschaftsweg im Rahmen des eigenen Betriebes des Beklagten. Der Weg sei nach Gutdünken vom Beklagten abgesperrt, mit Fahrzeugen verstellt, als Viehtrieb benützt, gemäht, umgeackert und teilweise verlegt worden. Der Beklagte habe auch den Weg seit 1938 ausschließlich erhalten. Er habe das Grundstück ersessen. Eine Wiederherstellung des früheren Zustandes sei nicht möglich, weil seit Jahrzehnten der Weg nicht durch entsprechende Grenzzeichen als Fremdeigentum markiert gewesen sei und daher auch für den Beklagten keine Möglichkeit bestehe, festzustellen, ob der vor Jahren umgeackerte Weg tatsächlich mit dem Grundstück 1218/1 KG K***** ident gewesen sei bzw. sich nicht ohnehin auf Grundstücken befunden habe, die zur Liegenschaft des Beklagten gehörten.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte fest, der Weg sei sowohl vor dem Bau der Prager Bundesstraße im Jahr 1938 als auch nachher von der Allgemeinheit als Verbindungsstraße von K***** nach F***** benützt worden. Im Jahre 1973 sei der im Zuge dieser Verbindungsstraße befindliche Bahnübergang aufgelassen worden, so daß der Weg am Bahndamm geendet habe. Der Weg sei seither nur mehr vom Beklagten und vom Wildfuhrmann befahren sowie von Spaziergängern und Jägern begangen worden. Der Vater des Beklagten habe Steine zur Befestigung auf die Wegtrasse geschüttet. Der Weg sei vom Beklagten und seinen Rechtsvorgängern gemäht worden. Nunmehr sei sein Verlauf in der Natur nicht mehr erkennbar.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß der Beklagte Eigentum am Grundstück nicht ersessen habe. Ein vom Gemeingebrauch verschiedenes Recht habe der Beklagte innerhalb der Ersitzungszeit von 40 Jahren nicht bewiesen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige, die ordentliche Revision sei nicht zulässig. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes. Der Beklagte habe für die Ersitzungszeit nicht die Ausübung eines vom Gemeingebrauch verschiedenen Rechtes nachweisen können. Die Ersitzung schaffe zwar originär Eigentum, lasse aber nicht einen ersessenen Grundstreifen dem Grundstück des Ersitzers zuwachsen. Der Grenzverlauf könne nur durch einen bücherlichen Eigentumswechsel oder durch eine Berichtigung der strittigen Grenze geändert werden. Soweit behauptet werde, das Wiederherstellungsbegehren sei nicht exekutionsfähig, sei dem entgegenzuhalten, daß das Begehren keinen Zweifel offenlasse, daß ein befestigter Weg auf dem Grundstück 1218/1 anzulegen sei. Zum Verlauf des wiederherzustellenden Weges werde, sofern die Erstreckung des Weges rudimentär nicht ohnehin noch in der Natur erkennbar sei und keine anderen Beweismittel greifbar seien, als letztes Mittel hilfsweise auf Grundbuchsmappe zurückzugreifen seien.
Die außerordentliche Revision des Beklagten ist zulässig und teilweise berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen den Ausführungen in der Revision mangelt es der klagenden Partei nicht am notwendigen Feststellungsinteresse. Der Beklagte berief sich auf Ersitzung, bestritt auch noch vor Gericht das Eigentumsrecht der klagenden Partei; durch die Feststellung des Eigentumsrechtes der klagenden Partei werden die Rechtsverhältnisse zwischen den Parteien klargestellt und künftige Streitigkeiten verhindert (SZ 42/181; EvBl. 1968/128; JBl. 1956, 181; 1 Ob 501/78).
Wie sich aus dem gesamten Klagsvorbringen ergibt, strebt die klagende Partei ungeachtet der Formulierung, der Beklagte sei schuldig, "die Beeinträchtigung zu beseitigen", in Wahrheit die Wiederherstellung des vor dem Umackern bestandenen früheren Zustandes an. Daß die klagende Partei dem Umackern durch den Beklagten stillschweigend zugestimmt habe, wurde weder behauptet noch festgestellt. Darin kann auch nicht die Errichtung einer kostspieligen Anlage erblickt werden, die zur stillschweigenden Dienstbarkeitsbegründung als hinreichend angesehen werden könnte.
Die Bestimmtheit des Wiederherstellungsbegehrens ist aber von Amts wegen noch im Rechtsmittelverfahren zu prüfen (SZ 36/86 ua, zuletzt 7 Ob 7/82; Fasching, Kommentar III, 24). Wird der Beklagte zur Leistung einer vertretbaren Handlung verhalten, hat der Exekutionstitel nicht nur die genaue Beschaffenheit dieser Leistung, sondern auch den Ort der Leistung genau zu umschreiben. Handelt es sich dabei etwa um die Wiederherstellung eines Weges muß die Lage des Weges entweder durch einen Bestandteil des Titels werdenden Plan oder durch die Grundbuchsmappe fixiert sein (EvBl. 1974/19; 3 Ob 6/78; 3 Ob 41/77; Heller-Berger-Stix, 192). Das Erstgericht stellte ausdrücklich fest, der seinerzeitige Verlauf des Weges sei nunmehr in der Natur nicht mehr erkennbar. Eine Feststellung, daß sich früher die Lage und die Ausdehnung des Weges mit der Grundbuchsmappe gedeckt hätte, wurde nicht getroffen. Sollte der Weg anders als in der Mappe situiert sein, würde dies zwar an seiner Identität nichts ändern (8 Ob 147/63; die vom Beklagten in diesem Zusammenhang angeführte Entscheidung SZ 55/125 betrifft das Verhältnis zwischen Eigentümer und Dienstbarkeitsberechtigtem, somit einen anderen Sachverhalt), gerade dann wäre aber die Bezugnahme auf einen Plan unbedingt erforderlich gewesen.
Dieser Mangel führt aber nicht zur sofortigen Abweisung des Klagebegehrens, sondern zur Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen im Umfang des Wiederherstellungs- und Unterlassungsbegehrens, um der klagenden Partei die Möglichkeit zur Präzisierung zu geben (NZ. 1977, 26, NZ. 1969, 137; SZ 41/148 u.a., zuletzt 7 Ob 7/82; Fasching aaO, 23). Dabei wird die klagende Partei auch die bisher unterlassene Angabe der Paritionsfrist nachzuholen haben.
Die Urteile der Vorinstanzen sind daher, soweit dem Wiederherstellungs- und Unterlassungsbegehren stattgegeben wurde, sowie im Kostenausspruch aufzuheben. Die Rechtssache ist in diesem Umfang an das Prozeßgericht erster Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 52, 392 Abs. 2 ZPO.
Anmerkung
E27951European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:0010OB00518.92.0115.000Dokumentnummer
JJT_19920115_OGH0002_0010OB00518_9200000_000