TE OGH 1992/1/15 1Ob43/91

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Veröffentlicht am 15.01.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ernst SCH*****, vertreten durch Dr. Manfred Jokesch, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei REPUBLIK ÖSTERREICH, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen S 5.347,--, Feststellung und Löschung (Gesamtstreitwert S 306.317,--) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 9. September 1991, GZ 14 R 110/91-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 20. Februar 1991, GZ 21 Cg 1023/90-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 10.774,50 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger betrieb ein Luftbildunternehmen. Er beabsichtigte Ende 1980, für betriebliche Zwecke ein Kraftfahrzeug zu kaufen. Er erkundigte sich im November 1980 telefonisch beim Finanzamt Schärding, ob ein entsprechend umgebauter PKW der Type Mercedes 280 SE als sogenannter "Fiskal-LKW" anerkannt würde und damit nicht unter die Einschränkung der steuerlichen Abzugsfähigkeit des damals in Geltung gestandenen § 20 a EStG fiele. Nach der zum Zeitpunkt der Auskunftserteilung herrschenden Rechtsauffassung der Bundesfinanzverwaltung wurde dem Kläger unter Hinweis auf den Erlaß des Bundesministeriums für Finanzen über steuerliche Behandlung von Personenkraftwägen, Kombinationskraftwägen und Kraftfahrrädern auf Grund des zweiten Abgabenänderungsgesetzes 1977, AÖFV 1977 Nr. 286, die Auskunft erteilt, daß auf ein umgebautes Fahrzeug dieser Type die Bestimmung des § 20 a EStG nicht anzuwenden sei. Auf Grund dieser Auskunft bestellte der Kläger am 1. Dezember 1980 einen entsprechend umzubauenden PKW Marke Mercedes 280 SE, der am 20. März 1981 ausgeliefert wurde.

Nachdem der Kläger Anfang Jänner 1981 in Erfahrung gebracht hatte, daß dem von ihm bestellten PKW im Jahre 1981 nicht mehr Abschreibemöglichkeiten und Vorsteuerabzugsberechtigungen außerhalb der Vorschrift des § 20 a EStG zuerkannt würden, versuchte er, den Kaufvertrag zu stornieren. Dies wurde aber vom Lieferanten nicht akzeptiert.

Im November 1983 fand im Unternehmen des Klägers eine Betriebsprüfung statt. Durch die Nichtanerkennung des PKWs Marke Mercedes 280 SE als "Fiskal-LKW" wurden Steuern für 1981 und 1982 nachträglich vorgeschrieben. Mit Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 20. Oktober 1986, Zl. 10/13/1-BK/J-1984, wurde die vom Kläger zu entrichtende Einkommenssteuer für die Jahre 1981 und 1982 mit S 142.034,-- und die Gewerbesteuer für denselben Zeitraum mit S 77.832,-- festgesetzt. Eine Beschwerde des Klägers an den Verwaltungsgerichtshof blieb erfolglos. Dieser führte in seinem Erkenntnis vom 17. Oktober 1989, Zl. 86/14/0193 aus: "Strittig ist, ob der vom Beschwerdeführer, der ein Luftbildunternehmen (Fotoverlag) betreibt, am 20. März 1981 angeschaffte und zur Gänze betrieblich genutzte Kraftwagen der Type Mercedes 280 SE .... als .... sogenannter "Fiskal-LKW" anzusehen ist. Die belangte Behörde vertritt in dem nunmehr angefochtenen Bescheid unter Hinweis auf die hg Rechtsprechung die Ansicht, auch allenfalls vorgenommene Umbauten führten nicht dazu, den Mercedes nach der Verkehrsauffassung als LKW anzusehen. Der Beschwerdeführer weist darauf hin, er habe auf eine ihm im November 1980 erteilte Auskunft des Finanzamtes vertrauend, den Mercedes in der festen Überzeugung angeschafft, dieser falle nicht unter die restriktiven Bestimmungen des 2. Abgabenänderungsgesetzes 1977 BGBl. Nr. 645/1977. Diese Auskunft habe auch dem Erlaß des Bundesministers für Finanzen, AÖFV Nr. 286/1977, entsprochen. Er habe daher bei der am 1. Dezember 1980 erfolgten Bestellung des Mercedes annehmen können, dieser werde als "Fiskal-LKW" angesehen werden. Es widerspreche dem Grundsatz von Treu und Glauben, daß die Abgabenbehörde unter Hinweis auf die ihm nach dem 9. Jänner 1981 zugekommene Mitteilung, den Mercedes nicht mehr als "Fiskal-LKW" ansehen. Daran vermöge auch der Erlaß des Bundesministers für Finanzen, AÖFV Nr. 64/1981, nichts zu ändern, weil zum Zeitpunkt der Bestellung des Mercedes dieser Erlaß, der auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuführen sei, noch nicht gegolten habe......

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Der Kreis jener Kraftwagen, die gemäß § 20 a EStG einkommensteuerrechtlich und gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. c UStG umsatzsteuerrechtlich einer besonderen Regelung unterworfen waren, hat sich in den Jahren 1978 bis 1982 nicht geändert.

Das Gesetz enthielt keine Definition, was (auch) als PKW im hier maßgebenden Sinn anzusehen sei; insbesondere enthielt es keine Abgrenzungsmerkmale gegenüber dem Begriff LKW, auf welche die erwähnten restriktiven Bestimmungen nicht anzuwenden waren.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt nun in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß es für die Abgrenzung der Fahrzeugarten PKW einerseits und LKW anderseits entscheidend auf die wirtschaftliche Zweckbestimmung des Kraftwagens, und zwar nicht auf den Verwendungszweck im Einzelfall, sondern auf den Zweck ankommt, den der Kraftwagen nach seiner typischen Beschaffenheit und Bauart von vornherein und allgemein zu dienen bestimmt ist. Dabei verliert ein Kraftwagen mit dem typischen Erscheinungsbild eines PKW seine charakteristische ihn von einem LKW unterscheidende Eigenschaft auch nicht durch die im Interesse besserer Lastenbeförderung vorgenommenen Umbauten zu einem "Fiskal-LKW" (vgl. ua das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Jänner 1985, Zl. 84/14/0194 und die darin zitierte Vorjudikatur).

Der Beschwerdeführer behauptet nun nicht, daß der Mercedes nach seiner typischen Beschaffenheit und Bauart von vornherein und allgemein als LKW zu dienen bestimmt gewesen sei. In der Beschwerde wird der Mercedes bloß als "Fiskal-LKW" (hinteres Brett mit Velour an der Oberseite tapeziert) bezeichnet, der einem Klein-LKW steuerlich gleichgestellt gewesen sei. Weder der Verwendungszweck, zu dem der Mercedes vom Beschwerdeführer bestimmt worden ist, noch der, zu dem er von ihm benötigt wurde, noch der im Interesse besserer Lastenbeförderung vorübergehend vorgenommene Umbau zu einem "Fiskal-LKW" machten diesen daher zum LKW. Die Regelungen des Erlasses des Bundesministers für Finanzen, AÖFV Nr. 286/1977, könnten zu keiner anderen Beurteilung führen. Abgesehen davon, daß dieser Erlaß schon mangels gehöriger Kundmachung keine für den Verwaltungsgerichtshof beachtliche Rechtsquelle darstellt, sind seine Ausführungen im Gesetz nicht gedeckt.....

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage konnte sich der Beschwerdeführer daher auf den Grundsatz von Treu und Glauben auch dann nicht berufen, wenn ihm aufgrund des Inhaltes des Erlasses des Bundesministers für Finanzen, AÖFV Nr. 286/1977, vom Finanzamt im November 1980 die Auskunft erteilt wurde, daß der Mercedes nicht unter die restriktiven Bestimmungen des 2. Abgabenänderungsgesetzes 1977 falle. Hiebei war es belanglos, daß der Mercedes bereits im Jahr 1980 bestellt, jedoch erst im Jahr 1981 geliefert wurde.

Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als inhaltlich nicht rechtswidrig......"

Der Kläger begehrt von der beklagten Republik, gestützt auf die Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes den Zuspruch des Betrages von S 5.347,-- samt Anhang und die Feststellung, daß die beklagte Partei für alle Schäden im Vermögen des Klägers hafte, den dieser dadurch erlitten habe, daß das von ihm am 1. Dezember 1980 bestellte und im März 1981 gelieferte Fahrzeug Mercedes Benz 280 SE weiß in Sonderanfertigung, vom Kläger betrieblich verwendet als Klein-LKW, vom Finanzamt Schärding und sämtlichen diesen übergeordneten Oberbehörden einschließlich Verwaltungsgerichtshof steuerlich nicht einem Klein-LKW gleichgestellt anerkannt wurde, insbesondere daß bezüglich dieses Fahrzeuges und seiner Betriebskosten die Vorsteuerabzüge nicht genehmigt wurden; die beklagte Partei sei weiters schuldig, das Exekutionsverfahren E 367/88 des BG Schärding am Inn gemäß § 39 Abs. 1 Z 6 EO zur Gänze zur Einstellung zu bringen und das diesbezüglich vorgemerkte Zwangspfandrecht wegen S 300.970,-- samt Anhang zur Löschung zu bringen. Der aufgrund des 2. Abgabeänderungsgesetzes 1977 ergangene Erlaß des BM für Finanzen über die steuerliche Behandlung von Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen und Krafträdern, AÖFV 1977/286, sei in der Frage der sogenannten Fiskal-LKW ebenso wie die telefonische Auskunft eines Beamten des Finanzamtes Schärding schuldhaft gesetzwidrig gewesen. Die Behörde sei nicht zu ihrem Wort gestanden. In der telefonischen Auskunft über die steuerliche Behandlung des umgebauten PKW Mercedes 280 SE sei eine rechtsgültige Zusage, eine Garantie zu erblicken. Im Bewußtsein dieser Garantie habe sich der Kläger zum Ankauf des Fahrzeuges entschlossen. Wäre ihm eine positive Auskunft nicht erteilt worden, hätte er einen LKW bestellt, der nicht unter die Vorschrift des § 20 a EStG gefallen wäre. Die Finanzbehörden hätten wider Treu und Glauben gehandelt.

Die beklagte Partei wendete ein, die Auskunft des Finanzbeamten habe der damals bestehenden Rechtslage entsprochen. Eine Garantie sei nicht abgegeben worden. Mit 1. Jänner 1981 habe sich die Auslegung des § 20 a EStG geändert. Dies sei in einem neuen Erlaß vom 23. Dezember 1980, Zl. 061001/8-IV/7/80, berücksichtigt worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. § 20 a EStG enthalte keine Definition, was als Personenkraftwagen anzusehen sei. Abgrenzungsmerkmale gegenüber Lastkraftwagen, auf die die Bestimmung des § 20 a EStG nicht anzuwenden sei, seien im Gesetz nicht enthalten. Die Rechtsauffassung, daß ein ursprünglich ausschließlich oder vorwiegend zur Personenbeförderung ausgestatteter Kraftwagen durch Umbauten zu einem Kraftwagen, der ausschließlich oder vorwiegend zur Güterbeförderung verwendet werde, gemacht werden könne und damit einem Lastkraftwagen gleichzusetzen wäre, sei bei Auslegung der Gesetzesbestimmung und der im Kraftfahrzeuggesetz gegebenen Definition jedenfalls vertretbar. Der Kläger könne daraus, daß eine Behörde ihre Rechtsauffassung ändere, insbesondere wenn sie auf eine unrichtige Rechtsmeinung hingewiesen werde, keine Schadenersatzansprüche ableiten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige, die ordentliche Revision erklärte es für zulässig. Bis zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1980 (= VwSlg. 5539/F) hätten die Beamten des Finanzamtes Schärding von der Richtigkeit der im Erlaß wiedergegebenen Rechtsansicht des Bundesministeriums für Finanzen ausgehen dürfen. Die Rechtsauskunft habe der damaligen Rechtslage aufgrund einer vertretbaren Auslegung entsprochen. Auch die im Erlaß vorgenommene rechtliche Qualifizierung stelle keine unvertretbare Auslegung des § 20 a EStG dar.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist nicht berechtigt. Mit der durch Art. I Z 11 des 2. AbgabenänderungsG 1977, BGBl. Nr. 645, neu eingeführten Bestimmung des § 20 a EStG ("Sonderbestimmungen für bestimmte Kraftfahrzeuge") sollten Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen und Krafträder, deren Anschaffung bestimmte am Neupreis der unteren Mittelklasse orientierte Beträge überstieg, selbst wenn diese Fahrzeuge betrieblich genutzt wurden, steuerlich nicht mehr voll absetzbar sein. Die Regierungsvorlage 626 BlgNR 14. GP 13 führte dazu aus, von der Einschränkung der steuerlichen Abzugsfähigkeit der mit dem Betrieb von Kraftfahrzeugen im Zusammenhang stehenden Aufwendungen sollten nur Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen und Krafträder betroffen sein. Die kraftfahrrechtliche Einordnung eines Kraftfahrzeuges durch die Zulassungsbehörde werde für die Abgrenzung von Personenkraftwagen bzw. Kombinationskraftwagen zu den von der Einschränkung nicht betroffenen Kraftfahrzeugen als Anhaltspunkt herangezogen werden können. In dem schon mehrfach zitierten Erlaß des Bundesministeriums für Finanzen über die steuerliche Behandlung von Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen und Krafträdern auf Grund des 2. AbgabenänderungsG vom 22. Dezember 1977, AÖFV 1977/286, vertrat dazu das Bundesministerium für Finanzen folgende Rechtsauffassung: "Für die Auslegung der Begriffe "Personenkraftwagen" "Kombinationskraftwagen" und "Kraftrad" könne nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des 2. AbgabenänderungsG hilfsweise die kraftfahrrechtlichen Begriffsbestimmungen (§ 2 KFG 1967) herangezogen werden. Die bei der Typengenehmigung oder bei der Einzelgenehmigung erfolgende Feststellung der Untergruppe (§ 3 KFG 1967), in die das Kraftfahrzeug fällt (§ 28 KFG 1967), ist aber mit Rücksicht auf die dem Steuerrecht eigentümliche wirtschaftliche Betrachtungsweise für die einkommensteuerliche Beurteilung nicht bindend (vgl. VwGH vom 4. Feber 1970, Z 420/69). Im Zweifel wird zu prüfen sein, für welchen Zweck der Wagen nach der Verkehrsauffassung im Hinblick auf seine Bauart und Ausstattung allgemein zu dienen bestimmt ist; nicht hingegen wird es darauf ankommen, zu welchem Zweck der Wagen im Einzelfall verwendet wird (vgl. VwGH vom 12. Juli 1957 Z 768/56 und vom 19. Mai 1961 Z 2511/60).... Werden Personenkraftwagen oder Kombinationskraftwagen so umgebaut, daß sie ihre Eignung, ausschließlich zur Personenbeförderung oder wahlweise vorwirkend zur Personenbeförderung oder vorwiegend zur Güterbeförderung verwendet zu werden, verlieren, so sind auf sie die Bestimmungen des § 20 a EStG 1972 nicht anzuwenden. Der Umbau von Personenkraftwagen oder Kombinationskraftwagen wird so zu erfolgen haben, daß dadurch ihre Eignung für den bisherigen Verwendungszweck entweder auf Dauer beseitigt oder die Wiederherstellung des früheren Zustandes ohne größeren technischen Aufwand verhindert wird. Der Umbau wird daher regelmäßig die Schaffung eines Laderaumes durch Entfernung der rückwärtigen Sitzbänke und der vorgesehenen Halterungen oder die dauernde Abdeckung dieser Sitzbänke mit verschraubten oder verschweißten Platten und dgl. erfordern...."

Diese Rechtsauffassung wurde aber vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 16. Dezember 1980, VwSlg 5539/F, das einen umgebauten PKW der Type Peugeot 504 betraf, nicht geteilt. Der Verwaltungsgerichtshof führte aus, das Gesetz enthalte keine Definition, was als PKW oder Kombi im hier maßgebenden Sinn anzusehen ist, insbesondere enthalte es keine Abgrenzungsmerkmale gegenüber dem Begriff "Lastkraftwagen", auf welche Kraftwagen die Sondervorschriften des § 20 a EStG nicht anzuwenden sind. Beurteile man den Beschwerdefall aus wirtschaftlicher Sicht, wie sie hier insbesondere im optischen Eindruck dieses Kraftfahrzeuges und der nicht zuletzt darauf beruhenden Verkehrsauffassung zum Ausdruck kommt, so folge, daß ein PKW der Type Peugeot 504 weder in der Gestalt als PKW noch in der Gestalt als Kombi seine charakteristische, ihn von einem LKW unterscheidende Eigenschaft verliere, auch wenn die hintere Sitzbank zur Gewinnung von zusätzlichem Laderaum entfernt werde und ihre Wiederanbringung nur mit größerem technischen Aufwand möglich sei. Aus diesen Fahrzeugtypen (PKW und Kombi) werde somit, selbst wenn sie zur Lastenbeförderung bestimmt seien, kein LKW. Die in der Beschwerde darin beschriebene Beschaffenheit des streitgegenständlichen Fahrzeuges, es handle sich um ein Fahrzeug mit den Ausmaßen eines Kombikraftwagens, das jedoch außer einem kastenartigen Laderaum nur zwei Sitzplätze aufweise, weise nicht jene Merkmale auf, die die nach der Verkehrsauffassung ausschlaggebenden spezifischen Charakteristikas eines LKWs ausmachen. Die erlaßmäßige Regelung durch das Bundesministerium für Finanzen seien durch das Gesetz nicht gedeckt.

Dem Revisionswerber ist nun zwar darin zu folgen, daß Rechtsträger nicht nur für grobes, sondern auch für leichtes, am Maßstab des § 1299 ABGB zu messendes Verschulden ihrer Organe haften (SZ 63/106; SZ 62/2 je mwN). Es begründet allerdings nicht jede objektiv unrichtige Entscheidung einen Amtshaftungsanspruch. Ein Verschulden eines Organs liegt dann nicht vor, wenn seine Entscheidung auf einer bei pflichtgemäßer Überlegung vertretbaren Rechtsauslegung oder Rechtsanwendung beruht (SZ 63/106; SZ 62/2 je mwN).

Damit trifft den Beamten des Finanzamtes Schärding, der sich bei seiner telefonischen Auskunft über die steuerliche Absetzbarkeit des zu einem sogenannten Fiskal-LKW umzubauenden PKW Mercedes 260 SE an den Erlaß des BM für Finanzen hielt, kein Verschulden.

Aber auch die Ansicht des Bundesministeriums für Finanzen ist vertretbar. Unvertretbarkeit der Rechtansicht und damit Verschulden des Organs wird angenommen, wenn die Entscheidung von einer klaren Gesetzeslage oder einer ständigen Rechtsprechung ohne sorgfältige Überlegung und Darlegung der Gründe abweicht (SZ 63/106; SZ 62/6 je mwN). Eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, welche Fahrzeuge unter die Vorschrift des § 20 a EStG fallen, lag zum Zeitpunkt der Herausgabe des Erlasses nicht vor. Das Gesetz enthielt aber auch, wie schon der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VwSlg. 5539/F ausführte, keine Definition, was unter einem Personenkraftwagen oder einem Kombinationskraftwagen im Sinn des § 20 a EStG zu verstehen sei; eine klare Gesetzeslage bestand somit nicht. Wenn das BM für Finanzen zur Abgrenzung auf die dem Steuerrecht immanente eigentümlich wirtschaftliche Betrachtungsweise abstellte, der Verwaltungsgerichtshof dem aber nicht folgte, sondern die nach der Verkehrsauffassung ausschlaggebenden spezifischen Charakteristika derartiger Fahrzeuge für ausschlaggebend ansah, wurde zwar damit der Auffassung des BM für Finanzen nicht beigetreten, es kann aber nicht gesagt werden, daß bei Fehlen jeder im Gesetz festgelegter Unterscheidungsmerkmale die Grundtendenzen des Steuerrechts berücksichtigende Rechtsansicht des Erlasses des Bundesministeriums für Finanzen, selbst wenn man in Erwägung zieht, daß Verordnungen nicht unter einem solchen Zeitdruck erlassen werden, wie dies bei Einzelfallentscheidungen unvermeidlich sein kann (SZ 62/72), unvertretbar sei.

Daß sich der Revisionswerber bei diesem Sachverhalt nicht auf die Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben berufen kann, wurde schon vom Verwaltungsgerichtshof in dem den Kläger betreffenden Erkenntnis vom 17. November 1989, 86/14/0193 abschließend (§ 2 Abs. 3 AHG) verneint. Eine "Garantie", worunter der Kläger offenbar versteht, das Organ habe ihm im öffentlich-rechtlichen Bereich bindend eine bestimmte steuerliche Behandlung des von ihm anzuschaffenden PKWs zugesagt, wurde nach dem vorliegenden Sachverhalt nicht gegeben. Sie hätte auch nur im Abgabeverfahren selbst berücksichtigt werden können.

Der Revision ist der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E27959

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0010OB00043.91.0115.000

Dokumentnummer

JJT_19920115_OGH0002_0010OB00043_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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