Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 16.Jänner 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Lachner, Dr. Kuch und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Westermayer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Heinz B***** wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 24.September 1991, GZ 3 b Vr 7574/91-26, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugemittelt.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Heinz B***** des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er am 20.Juli 1991 in Wien versucht, fremde bewegliche Sachen dem Friedrich U***** durch Einbruch und Einsteigen in ein Gebäude mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er auf das Dach einer Trafik kletterte und sich bemühte, ein Giebelfenster gewaltsam zu öffnen.
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 4, 5, 5 a, 9 lit. b und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
Als Verfahrensmangel (Z 4) rügt er die Abweisung seines Antrages auf Einholung eines psychiatrischen Gutachtens zum Nachweis dafür, "daß sich der Angeklagte zum Tatzeitpunkt infolge Alkoholisierung und Übermüdung in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustand befunden hat" (S 101).
Das Schöffengericht lehnte die begehrte Beweisaufnahme mit der - in den Urteilsgründen ergänzten - Begründung (S 101, 129) ab, der Angeklagte habe weder anläßlich seiner Betretung durch die Polizei noch bei seiner polizeilichen Niederschrift am 20. Juli 1991 oder im Rahmen des Vorverfahrens vor dem Untersuchungsrichter das Vorliegen einer starken Alkoholisierung behauptet; dieser erstmals in der Hauptverhandlung gewählten Verantwortung könne daher kein Glauben geschenkt werden. Bei dieser Sachlage sei ein psychiatrisches Sachverständigengutachten aber deswegen nicht zielführend, weil der Sachverständige zur Beurteilung der Frage der tataktuellen vollen Berauschung auf die (unglaubwürdigen) Angaben des Angeklagten über die vor der Tat genossene Alkoholmenge angewiesen wäre.
In diesem Zwischenerkenntnis erblickt der Beschwerdeführer zu Unrecht eine Beeinträchtigung seiner Verteidigungsrechte.
Kann nämlich die Trinkmenge - wie vorliegend - nicht mehr exakt rekonstruiert und daher eine Rückrechnung auf Grund der vom Angeklagten nach der Aktenlage widersprüchlich und sohin unpräzise angegebenen Trinkmengen nicht verläßlich vorgenommen werden, so ist die Vernehmung eines psychiatrischen Sachverständigen tatsächlich nicht zielführend, weshalb die Abweisung des darauf gerichteten Antrages keine Verletzung von Verteidigungsrechten darstellt (Mayerhofer-Rieder, StPO3, E 75 zu § 281 Z 4 und die dort angeführte Judikatur).
Mit den eine Aktenwidrigkeit behauptenden Ausführungen zur Mängelrüge (Z 5) wendet sich der Beschwerdeführer dagegen, daß das Erstgericht seine Angaben in der Hauptverhandlung, wonach er etwa 15 bis 18 Flaschen Bier getrunken habe, als unglaubwürdig erachtete. Der Sache nach bekämpft er damit aber nur die tatrichterliche Beweiswürdigung mit dem Ziel, hinsichtlich der Frage der Zurechnungsfähigkeit zu für ihn günstigeren Feststellungen zu gelangen als es die Tatrichter taten, ohne damit eine Aktenwidrigkeit aufzuzeigen. Eine solche läge nämlich nur dann vor, wenn in den Entscheidungsgründen als Inhalt einer Urkunde oder Aussage etwas angeführt wird, das deren Inhalt nicht bildet; wenn also der Inhalt einer Aussage oder eines anderen Beweismittels im Urteil unrichtig wiedergegeben wäre (Mayerhofer-Rieder, StPO3, E 185 zu § 281 Z 5). Das im angefochtenen Urteil enthaltene Zitat der Aussage des Zeugen Rev.Insp. Walter G*****, der Angeklagte sei seiner Meinung nach "leicht alkoholisiert gewesen", entspricht aber der Aussage dieses Zeugen vor dem erkennenden Gericht (S 94).
Wenn der Beschwerdeführer der Sache nach zudem eine unzureichende Begründung der Feststellung der tataktuellen Zurechnungsfähigkeit darin erblickt, daß "der Meldungsleger (bei Beurteilung der Alkoholisierung des Angeklagten) erkennbarerweise seine Kompetenz überschritten habe, weil diese klinische Beurteilung mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nur einem Arzt möglich wäre", übersieht er, daß die Tatrichter alle für die Beurteilung der Alkoholisierung des Angeklagten zur Verfügung stehenden Beweismittel - die Angaben des Meldungslegers eingeschlossen - erschöpfend erörtert haben und damit ihrer Begründungspflicht iS des § 270 Abs. 2 Z 5 StPO nachgekommen sind. Für die - auch in diesem Zusammenhang
reklamierte - Zuziehung eines pychiatrischen Sachverständigen fehlt es aus den schon bei der Erledigung der Verfahrensrüge dargelegten Erwägungen an einer entsprechenden Grundlage.
Die im Rahmen der Tatsachenrüge (Z 5 a) vermißte Auseinandersetzung mit der Verantwortung des Angeklagten, er habe die Tat nur deshalb verübt, um nach einem Streit mit seiner Lebensgefährtin in Polizeigewahrsam genommen zu werden, wäre - abgesehen davon, daß sich die Tatrichter auch mit dieser Verantwortungsvariante ausdrücklich befaßt haben (S 129, 130) - nicht geeignet, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen zu wecken.
Schließlich sind sowohl die Rechtsrüge (Z 9 lit. b) als auch die Subsumtionsrüge (Z 10) nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt. In der Rechtsrüge orientiert sich die Beschwerde nämlich nicht an den Feststellungen des angefochtenen Urteiles, wonach es deswegen beim Versuch der Tat geblieben ist, weil es dem Täter nicht gelang, trotz mehrerer Angriffe das Dachgiebelfenster aufzubrechen (S 131 unten). Die diese Konstatierungen vernachlässigenden Ausführungen zur Problematik des (freiwilligen) Rücktritts vom Versuch (§ 16 StGB) bedeuten daher keine gesetzmäßige Darstellung dieses Nichtigkeitsgrundes. Im Rahmen der Subsumtionsrüge hinwieder wird (abermals) nach Art einer (im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht eingeräumten) Schuldberufung die zur Ablehnung der Unterstellung der Tat des Angeklagten unter die Bestimmung des § 287 Abs. 1 StGB führende Beweiswürdigung des erkennenden Gerichtes bekämpft, ohne daß damit der behauptete Nichtigkeitsgrund deutlich und bestimmt bezeichnet oder der Tatumstand, der den Nichtigkeitsgrund bilden soll, ausdrücklich oder doch durch deutliche Hinweisung angeführt wäre.
Die sohin teils offenbar unbegründete, teils nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher nach der Z 2, teilweise auch nach der Z 1 (iVm § 285 a Z 2) des § 285 d Abs. 1 StPO bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen, woraus folgt, daß zur Entscheidung über die Berufung der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig ist (§ 285 i StPO).
Anmerkung
E27907European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:0150OS00155.91.0116.000Dokumentnummer
JJT_19920116_OGH0002_0150OS00155_9100000_000