Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 23.Jänner 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Friedrich, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Westermayer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Josef M***** und andere Beschuldigte wegen des Finanzvergehens nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG über die von der Generalprokuratur zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß der Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 29. August 1990, GZ 24 b Vr 3177/88-147, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Fabrizy, des Vertreters des Beschuldigten Alexander Claus F*****, Dr. Merlicek, und des Vertreters der Beteiligten C*****, Dr. Avancini, jedoch in Abwesenheit des Beschuldigten Alexander Claus F***** zu Recht erkannt:
Spruch
Der Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 29. August 1990, GZ 24 b Vr 3177/88-147, mit dem in der Strafsache gegen Josef M***** und andere wegen des Finanzvergehens nach § 33 FinStrG der Beschwerde der C***** gegen die "Sperre des für ein Überbringersparbuch bestehenden Kontos Nr. ***** bei der C*****" vom 7.April 1987 keine Folge gegeben wurde, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 18 Abs. 8 KWG.
Dieser Beschluß wird aufgehoben und es wird der Ratskammer die neuerliche Entscheidung über die Beschwerde gegen die Sperre des bezeichneten Sparkontos unter Berücksichtigung der dieses Sparguthaben betreffenden Antragstellung der Staatsanwaltschaft vom 20.Juli 1990 aufgetragen.
Text
Gründe:
In dem Finanzstrafverfahren gegen Josef M***** ua, (nunmehr) AZ 24 b Vr 3177/88 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, beantragte die Staatsanwaltschaft am 3.April 1987 beim Untersuchungsrichter die "Anordnung der Sperre des (für ein Überbringersparbuch bestehenden) Kontos Nr. ***** bei der C*****, weil darauf offensichtlich" den (ua wegen des Finanzvergehens nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG in Voruntersuchung gezogenen) Beschuldigten Alexander Claus F***** und Youssef D***** "aus den Steuerverkürzungen zugeflossene Geldbeträge einbezahlt" worden seien, was sich (so die sinngemäße Antragsbegründung) aus dem zeitlichen Zusammenhang des in der Buchhaltung des Beschuldigten F***** ausgewiesenen Geschäftsablaufs und Zahlungsflusses mit der Einzahlung (auf das Sparguthaben) sowie der "anders nicht erklärbaren" annähernd übereinstimmenden Größenordnung der in der Buchhaltung und auf dem Sparkonto ausgewiesenen Geldbewegungen ergebe. Diesem staatsanwaltschaftlichen Antrag lag ein Bericht der Finanzstrafbehörde vom 1.April 1987 zugrunde, demzufolge Alexander Claus F***** dem Mitbeschuldigten D***** durch Übermittlung (am 24.Februar 1986) eines (an diesem Tag) eigens zu diesem Zweck eröffneten Überbringersparbuches (ua) zwei Rechnungen vom 6.Februar 1986 in der Gesamthöhe von 21,972.000 S über die Lieferung von Golddukaten (teilweise) beglichen haben soll. Nach den Tagesstrazzen der in Betracht kommenden Geldinstitute sei tatsächlich am 24.Februar 1986 der der genannten Summe annähernd entsprechende Betrag von 20,816.952 S auf das erwähnte Überbringersparbuch bar eingezahlt worden. Davon ausgehend regte die Finanzstrafbehörde an, "einen Beschluß zu erlassen, um die Realisierung des gegenständlichen Sparbuches bis zur endgültigen Feststellung, ob das Guthaben einer in der (sogenannten) Golddukatenstrafsache involvierten Person zuzurechnen ist, zu verhindern". In Stattgebung des auf diesen Bericht gegründeten Antrags der Staatsanwaltschaft faßte der Untersuchungsrichter am 7.April 1987 den Beschluß auf Anordnung der Kontosperre im wesentlichen mit der Begründung, daß der dringende Verdacht der Einzahlung von den Beschuldigten Alexander Claus F***** bzw. Youssef D***** aus Steuerverkürzungen zugeflossenen Geldern auf dieses Konto bestehe, welches daher "bis zur endgültigen Feststellung, ob das darauf aufscheinende Guthaben einer der verdächtigen Personen zuzuordnen ist", zu sperren sei. Gegen diesen Beschluß erhob das betroffene Kreditinstitut (durch seinen anwaltlichen Vertreter) eine auf § 113 StPO gestützte Beschwerde, die den Mangel jedweder Rechtsgrundlage für die (seiner Ansicht nach als Beschlagnahme einer Spareinlage anzusehende) Kontosperre behauptete, weil sowohl für eine Beschlagnahme als auch für eine Sicherung von Geldstrafen die prozessualen Voraussetzungen nicht gegeben seien und zudem eine unmittelbare Erfassung von Sparkonten auch nach der Exekutionsordnung nicht in Betracht komme.
Vor der Entscheidung über dieses Rechtsmittel veranlaßte die Ratskammer die Aktenübermittlung an die Staatsanwaltschaft zur Stellungnahme zum angefochtenen Beschluß und der dagegen erhobenen Beschwerde sowie zur allfälligen Antragstellung nach § 207 a FinStrG.
Die Staatsanwaltschaft beantragte daraufhin am 20.Juli 1990, den angefochtenen Beschluß dahin zu "präzisieren", daß mit der Sperre die Beschlagnahme des Überbringersparbuches zum erwähnten Konto aus dem Besitz von jedermann "als Beweismittel zur Feststellung der näheren Umstände der Innehabung, der materiellen Herkunft der Mittel und der Geltendmachung der Forderung auf die Einlage" angeordnet und der Bank "jegliche weitere Verfügung über diese Urkunde im vollen Umfang des § 18 KWG, somit nicht nur die Rückstellung an den Vorlegenden, sondern auch die Anbringung von Vermerken nach Abs. 3 leg. cit über Ein- und Auszahlungen" verboten werde. Der Beschwerde des Geldinstituts trat die Staatsanwaltschaft im Hinblick auf die beantragte "Präzisierung", aber auch im Hinblick auf die Bestimmung des § 18 Abs. 8 KWG entgegen, die eine Beschränkung der Verfügung über Spareinlagen (auch) durch behördliche Sperre grundsätzlich vorsehe; aus der Wirksamkeit einer solchen behördlichen Beschränkung (sogar) in den Fällen legitimierter Inhaber von Namenssparbüchern, bei denen eine Abnahme des Sparbuchs möglich wäre, ergebe sich schlüssig die Zulässigkeit einer Kontosperre auch bei Überbringersparbüchern, bei denen eine Abnahme regelmäßig mangels Kenntnis des Inhabers nicht möglich sei.
Ohne eine (untersuchungsrichterliche) Entscheidung über den "Präzisierungsantrag" der Staatsanwaltschaft abzuwarten, gab die Ratskammer mit Beschluß vom 29.August 1990 (ON 147) der in Rede stehenden Beschwerde allein schon deshalb nicht Folge, weil § 18 Abs. 8 KWG eine hinreichende Rechtsgrundlage des bekämpften Beschlusses darstelle; deshalb erübrige sich auch ein Eingehen auf die Beschwerdeargumentation zu den "zusätzlich erörterten prozessualen Voraussetzungen einer Beschlagnahme", zumal es dem Geldinstitut insoweit "an der hiefür nötigen Beschwer mangeln würde".
Die (auf einer verfehlten Interpretation der Bestimmung des § 18 Abs. 8 KWG beruhende) Beschwerdeentscheidung der Ratskammer steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Rechtliche Beurteilung
Der darin vertretenen Auffassung zuwider trifft es zunächst nicht zu, daß § 18 Abs. 8 KWG selbst eine hinreichende Rechtsgrundlage für die gerichtliche Anordnung einer Kontosperre darstelle. Diese Gesetzesstelle besagt lediglich, daß die Bank - unbeschadet der Vorbehalte nach Abs. 6 leg. cit - berechtigt, aber nicht verpflichtet ist, an jeden Vorleger einer Sparurkunde, die auf eine bestimmte Bezeichnung, insbesondere auf Namen, lautet, Zahlung zu leisten, soweit nicht eine Meldung über den Verlust der Sparurkunde (Abs. 9 leg. cit), ein behördliches Verbot oder eine behördliche Sperre die Auszahlung hemmt. Diese - nur auf die Vorlage einer auf eine bestimmte Bezeichnung lautenden Sparurkunde abstellende - Vorschrift erwähnt zwar behördliche Verbote oder Sperren als Hindernisse für eine Auszahlung an den Vorleger, enthält aber ihrerseits keine Regelung der materiellen und formellen Voraussetzungen für eine solche behördliche Anordnung. Diesbezüglich ist sie als bloße Bezugnahme auf andere gesetzliche Bestimmungen, welche derartige Sperren vorsehen (insbesondere § 193 AußStrG, § 9 Abs. 1 KraftloserklärungsG), nicht aber als Ersatz oder Erweiterung solcher Regelungen zu verstehen.
Da sohin die - das Überbringersparbuch weder nennende noch betreffende (Roth, Grundriß des österreichischen Wertpapierrechts, 106; Berger, Das Recht des Sparbuchs,
106) - Vorschrift des § 18 Abs. 8 KWG auch in Ansehung von Namenssparbüchern nicht als eigenständige generelle Ermächtigung zur behördlichen Anordnung von die Auszahlung hemmenden Verboten oder Sperren von Spareinlagen aufgefaßt werden kann, ist der von der Staatsanwaltschaft aus der rechtsirrigen gegenteiligen Annahme abgeleiteten, von der Ratskammer übernommenen Schlußfolgerung auf die Zulässigkeit einer Kontosperre (auch) bei Überbringersparbüchern der Boden entzogen. Dementsprechend wurde durch die allein darauf gegründete Beschwerdeentscheidung vom 29. August 1990 das Gesetz in § 18 Abs. 8 KWG verletzt. Diese Gesetzesverletzung war in Stattgebung der zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde spruchgemäß festzustellen.
Zu der dadurch aktualisierten Problematik, ob sich die aufgezeigte Gesetzesverletzung zum Nachteil eines Beschuldigten (oder des über das Konto Verfügungsberechtigten) auswirkte, war davon auszugehen, daß die Ratskammer - der von ihr vertretenen Auffassung zuwider - auf Grund der Beschwerde des Geldinstitutes sehr wohl zur Prüfung verhalten war, ob die bekämpfte Anordnung der Kontosperre nach den im konkreten Fall verwirklichten materiellen und formellen Voraussetzungen in den in Betracht kommenden strafprozessualen Vorschriften entsprechende Deckung findet. Denn abgesehen davon, daß sich eine derartige Prüfungspflicht bereits aus der Bestimmung des § 12 Abs. 1 StPO über die Aufsicht der Ratskammer über Voruntersuchungen und Vorerhebungen ergibt, trifft es vorliegend auch nicht zu, daß es dem von der gerichtlichen Sperranordnung betroffenen Geldinstitut an einem nach § 113 Abs. 1 StPO beachtlichen Beschwerdeinteresse gefehlt hätte: wurde doch die Bank durch diesen Eingriff in das Rechtsverhältnis zwischen ihr und dem aus der Spareinlage Berechtigten unzweifelhaft an der Erfüllung ihrer zivilrechtlichen Obliegenheiten letzterem gegenüber gehindert und solcherart durch die darin gelegene Beeinträchtigung auch ihrer eigenen Rechtssphäre beschwert.
Die von der Ratskammer demnach zu Unrecht unterlassene Prüfung hätte in der Tat ergeben, daß die bekämpfte Kontosperre als solche unzulässig war. Ein derartiger Eingriff in Rechte Beschuldigter oder Dritter durch den Untersuchungsrichter wäre nämlich, worauf die beschwerdeführende Bank mit Recht hinwies, mangels anderer hiefür in Betracht kommender gesetzlicher Grundlagen nur dann mit der Prozeßordnung im Einklang gestanden, wenn er in den Bestimmungen über die gerichtliche Beschlagnahme (§ 197 Abs. 5 FinStrG iVm §§ 98 Abs. 2, 143 bis 149 StPO) Deckung gefunden hätte. Das aber konnte schon deswegen nicht der Fall sein, weil die in Rede stehenden prozessualen Vorschriften ausschließlich die Begründung gerichtlichen Gewahrsams an bestimmten körperlichen Sachen regeln und demgemäß die Sperre eines Sparkontos (als ein die Forderung des aus der Spareinlage Berechtigten gegenüber der Kreditunternehmung betreffendes Zahlungsverbot) nicht zu stützen vermögen (vgl. Fuchs in ÖJ 1990, 545 f mwN).
Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte daher die Ratskammer - der auch ihrerseits, wie der Vollständigkeit halber vermerkt sei, ein unmittelbarer Zugriff auf die Spareinlage im Weg einer einstweiligen Verfügung (§ 207 a FinStrG) schon deshalb nicht möglich gewesen wäre, weil nach den maßgebenden Bestimmungen der Exekutionsordnung (§§ 296 f, 303) Sparguthaben nicht im Weg eines Zahlungsverbots (§§ 379 Abs. 3 Z 3, 382 Z 6 EO = § 207 a Abs. 4 lit. c FinStrG), sondern nur über die Verwahrung und Verwaltung des betreffenden Sparbuchs (§ 379 Abs. 3 Z 1 EO = § 207 a Abs. 4 lit. a FinStrG) erfaßbar sind (vgl. MGA EO12 § 379 Anm. 11; Heller-Berger-Stix Komm. III4 2711, 2713; Avancini, Das Sparbuch im österreichischen Recht 122 f) - der Beschwerde des Kreditinstituts Folge geben, die gesetzwidrige Sperranordnung des Untersuchungsrichters aufheben und den staatsanwaltschaftlichen Antrag auf Anordnung der Kontosperre abweisen müssen.
Daraus folgt, daß die rechtsirrig bestätigende Beschwerdeentscheidung jedenfalls dem aus der Spareinlage Berechtigten, der durch die Kontosperre außerstande gesetzt wurde, über das Guthaben zu verfügen, zum Nachteil gereichte. Sie war daher ihrerseits in (die Rechte der Beschuldigten nicht beeinträchtigender) sinngemäßer Anwendung des § 292 letzter Satz StPO zu beheben. Eine sofortige Entscheidung des Obersten Gerichtshofes über die Beschwerde der Bank (im dargelegten Sinn) kam allerdings nicht in Betracht, weil die Ratskammer zudem verhalten gewesen wäre, vor der Beschwerdeentscheidung eine Beschlußfassung des Untersuchungsrichters über den ("Präzisierungs"-)Antrag der Staatsanwaltschaft vom 20.Juli 1990 herbeizuführen, um eine ansonsten zu besorgende allfällige Vereitelung des mit dieser Antragstellung angestrebten prozessualen Zwecks hintanzuhalten. Liefe doch die damit beantragte Beschlagnahme des für die Spareinlage ausgestellten Überbringersparbuchs im Hinblick darauf, daß Auszahlungen aus Sparguthaben nur gegen Vorlage der Sparurkunde geleistet werden dürfen (§ 18 Abs. 7 KWG), der Sache nach auf denselben Effekt hinaus wie die hier rechtsirrig angeordnete Kontosperre, nämlich auf die (vorläufige) Ausschaltung der Verfügungsmacht des Sparbuchinhabers über die Einlage.
Ein dahingehender Beschlagnahmebefehl des Untersuchungsrichters, dessen Zulässigkeit nach den Bestimmungen der StPO zu beurteilen ist (§ 195 Abs. 1 FinStrG), kommt allerdings im vorliegenden Fall - in dem die Anordnung einer Verwahrung des Sparbuchs zur Sicherung der Geldstrafe und des Wertersatzes durch die Ratskammer (abgesehen von der hier noch offenen Frage, ob es sich dabei um ein Sparbuch eines Beschuldigten, also desjenigen handelt, gegen den diese Verfügung zu erlassen wäre - § 207 a Abs. 4 lit. a FinStrG) bisher schon wegen des Fehlens einer entsprechenden staatsanwaltschaftlichen Antragstellung unaktuell blieb - nach § 143 Abs. 1 StPO nur dann in Betracht, wenn das (hier weder dem Verfall noch der Einziehung unterliegende) Sparbuch für die Untersuchung des verfahrensgegenständlichen Finanzvergehens von Bedeutung sein könnte. Denn eine in die Kompetenz des Untersuchungsrichters fallende (und damit von den Voraussetzungen des § 207 a FinStrG unabhängige) Beschlagnahme körperlicher Sachen (bloß) zum Zweck der Sicherung von Geld- und Wertersatzstrafen, wie sie der Anklagebehörde bei ihrer ursprünglichen Antragstellung (vom 3.April 1987), deren Anregung durch die Finanzstrafbehörde entsprechend, offenbar vorschwebte, ist darnach auch im gerichtlichen Verfahren wegen Finanzvergehen nicht vorgesehen.
Eine derartige - auch nach dem Beschwerdevorbringen des Kreditinstituts allenfalls aktuelle - Bedeutung des hier interessierenden Sparbuchs als Beweismittel hat aber die Staatsanwaltschaft bei ihrem (der Sache nach: ergänzenden) Beschlagnahmeantrag vom 20.Juli 1990 ohnehin geltend gemacht; eine solche kann sich gerade bei einem Überbringersparbuch in der Tat daraus ergeben, daß die Umstände seiner (insbesondere bei der Vorlage an die Bank zutage tretenden) Innehabung und seines Erwerbs (vgl. § 98 Abs. 2 StPO) sachdienliche Rückschlüsse auf den Täterkreis und auf die mit der Begehung des Finanzvergehens zusammenhängende Vermögensgebarung ermöglichen. Darüber wird demnach der Untersuchungsrichter - der Kontrolle durch die Ratskammer (§§ 12 Abs. 1, 113 Abs. 1 StPO) unterliegend - mit konkreter Begründung zu befinden haben.
Im Fall der Erlassung einer - als solche gewiß nur an Organe des Gerichts sowie (hier) der Sicherheits- und der Finanzstrafbehörden (§ 197 FinStrG)
adressierten - Beschlagnahmeanordnung in bezug auf ein Sparbuch aber ist der Untersuchungsrichter entgegen der in einer Äußerung der betroffenen Kreditunternehmung zur Wahrungsbeschwerde vertretenen Rechtsansicht nach § 143 Abs. 2 erster Satz StPO sehr wohl auch dazu legitimiert, die Bank für den Fall der (anläßlich der Vorlage von Sparbüchern regelmäßig aktuell werdenden) Erlangung eines die Herausgabe der in Beschlag zu nehmenden Urkunde ermöglichenden Gewahrsams daran zu deren Ausfolgung an das Gericht zu verpflichten.
Geht es doch dabei keineswegs etwa um die Anordnung einer Mitwirkung des Kreditinstituts an der Beschlagnahme durch eine "sozusagen als verlängerter Arm der Behörde" vorzunehmende "Einziehung" der Sparurkunde, die es gegen den Willen des Vorlegers "sich ..... zu verschaffen" verpflichtet wäre, sondern vielmehr um das im Gesetz ausdrücklich vorgesehene (und mit seiner Zustellung an die Bank Geltung erlangende) Verlangen nach Übergabe des (nichtsdestoweniger gültig bleibenden) Sparbuchs in gerichtliche Verwahrung, welches hier nur für den Fall einer künftigen Gewahrsamserlangung auszusprechen ist und letztere zu seiner Wirksamkeit voraussetzt. Daß die Verhängung von Beugestrafen zur konkreten Realisierung der in Rede stehenden allgemeinen Herausgabepflicht erst nach erwiesener Innehabung der Urkunde in Betracht kommt (§ 143 Abs. 2 zweiter Satz StPO), steht der in solchen Fällen durch die Erlangung des Gewahrsams daran aufschiebend bedingten Inanspruchnahme dieser Verpflichtung nicht entgegen.
Aus deren Wirksamwerden schon mit der Gewahrsamserlangung hinwieder ergibt sich ferner, abermals der in der erwähnten Äußerung der Kreditunternehmung vertretenen Auffassung zuwider, daß sich die Herausgabepflicht nach § 143 Abs. 2 erster Satz StPO bei einer derartigen Fallkonstellation notwendigerweise auf das Sparbuch in jener Beschaffenheit erstreckt, die es gerade in diesem Zeitpunkt - also bei seiner Vorlage an die Bank - aufweist, oder mit anderen Worten: daß das Kreditinstitut zu einer unveränderten Ausfolgung an das Gericht verpflichtet ist. Die Obliegenheit der Bank, jede Entgegennahme einer Spareinlage und jede aus einer Spareinlage geleistete Auszahlung auf der Sparurkunde zu vermerken (§ 18 Abs. 3 und 7 KWG), stellt dementsprechend nicht etwa ihre aufgezeigte Verpflichtung zur unveränderten Herausgabe der Urkunde in Frage, sondern führt folgerichtig in solchen Fällen umgekehrt dazu, daß sie nach der (mit dessen Vorlage regelmäßig verbundenen) Erlangung des Gewahrsams am Sparbuch und vor dessen Übergabe an das Gericht (infolge der Unzulässigkeit seiner Veränderung durch Vermerke) zur Entgegennahme von Einzahlungen und zur Vornahme von Auszahlungen nicht mehr berechtigt ist.
Erst nach einer (der erörterten prozessualen Rechtslage entsprechenden, ehebaldigst herbeizuführenden) Erledigung des Beschlagnahmeantrags der Staatsanwaltschaft vom 20.Juli 1990 wird demnach die Ratskammer über die Beschwerde gegen die Kontosperre neuerlich - und zwar stattgebend - zu entscheiden haben.
Anmerkung
E28216European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:0120OS00095.91.0123.000Dokumentnummer
JJT_19920123_OGH0002_0120OS00095_9100000_000