TE OGH 1992/1/29 1Ob515/92

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Veröffentlicht am 29.01.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Alexander Hacker, Rechtsanwalt in Salzburg, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der F*****gesellschaft mbH, *****, wider die beklagte Partei Raimund J*****, vertreten durch Dr. Alex Pratter, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Anfechtung (Streitwert S 240.000), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 15. November 1990, GZ 4 R 304/89-23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 30. August 1989, GZ 8 a Cg 108/88-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 10.200,60 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 1.700,10 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Über das Vermögen der „F*****“ *****gesellschaft mbH, *****, wurde am 10.8.1987 zu ***** des Landesgerichtes Salzburg der Konkurs eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Der Beklagte war ab April 1986 bei der Gemeinschuldnerin als Leiter der Niederlassung S***** tätig. Geschäftsführer der Gesellschaft war zu dieser Zeit Kurt H*****, für die finanziellen Belange der Betriebe in Österreich war Udo K***** zuständig. Die Gemeinschuldnerin unterhielt Geschäftskonten bei der S***** Sparkasse - Filiale A*****, beim Raiffeisenverband, S***** und bei der Z*****sparkasse in Wien. Über alle Konten war der Beklagte einzeln zeichnungsberechtigt. Da die Konten der Gesellschaft in Salzburg wiederholt überzogen waren, kam es fallweise dazu, dass Überweisungsaufträgen von den Kreditinstituten nicht Folge geleistet wurde. Um das zu verhindern, eröffnete der Beklagte am 8.10.1986 beim Raiffeisenverband S***** - Filiale G***** - das Konto Nr. 07.113301 mit der Bezeichnung „Raimund J***** Verrechnungskonto F***** L*****“. Über dieses Konto liefen ab Oktober 1986 Eingänge und Ausgänge der Gemeinschuldnerin, das Konto wurde auch in die Firmenbuchhaltung der Gesellschaft aufgenommen. Dort hatte es die Bezeichnung „Raika G*****, Konto 113301 R. J*****“. Dass über dieses Konto auch private Buchungen des Beklagten gelaufen wären, ist nicht hervorgekommen. Dem Steuerberater der Gemeinschuldnerin wurde von der Gemeinschuldnerin auf Antrag mitgeteilt, dass es sich um ein betriebliches Konto handle. In der Regel wurden Verrechnungsschecks auf dieses Konto gezogen und die Belastungen durch Transferierungen von Beträgen von den anderen drei Gesellschaftskonten ausgeglichen, sobald Deckung vorhanden war. Weder der Geschäftsführer der Gesellschaft Kurt H*****, noch auch Udo K***** waren über das Konto verfügungsberechtigt. Im Rahmen der Gespräche für den Jahresabschluss 1986 informierte der Beklagte Udo K***** darüber, dass er das Konto zur Vorfinanzierung von Löhnen eingerichtet habe. Ende Juni 1987 befand sich der Beklagte zu einer Besprechung der Niederlassungsleiter in München und erfuhr dabei, dass im Juni 1987 der Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Gesellschaft gestellt werde. Die Gemeinschuldnerin war zum 30.7.1987 mit etwa 30 Mio S überschuldet. Am 29.7.1987 überwies das Kurzentrum V***** Gesellschaft mbH & Co Betriebs KG auf Grund der Rechnung der Gemeinschuldnerin Nr. 480-KD 22303 den Betrag von S 240.000 auf das Konto Nr. 07.113301. Zur Bezahlung hatte das Kurzentrum V***** einen Zahlschein der Gemeinschuldnerin erhalten, auf dem das Konto Nr. 56.264 beim Raiffeisenverband S***** aufgedruckt war. Über telefonische Aufforderung durch den Beklagten wurde das Empfängerkonto auf das vom Beklagten beim Raiffeisenverband S***** - Filiale G***** - eingerichtete Konto geändert. Der Betrag wurde auf dieses Konto überwiesen. Der Beklagte veranlasste die Überweisung auf dieses Konto, weil ihm bewusst war, dass er für den Debetstand auf dem Konto 07.113301 als Kontoinhaber persönlich hafte.

Der Kläger ficht die Zahlung des Betrages von S 240.000 als gegenüber den Gläubigern unwirksam an und begehrt den Ausspruch, dass der Beklagte schuldig sei, dem Kläger den Betrag von S 240.000 sA zu bezahlen. Die Gemeinschuldnerin sei bereits im Juni 1987 zahlungsunfähig und überschuldet gewesen, wovon der Beklagte Kenntnis gehabt habe. Zur Zeit der Vornahme der Gutschrift (11 Tage vor der Eröffnung des Konkurses) sei ihm bekannt gewesen, dass der Betrieb wegen der bevorstehenden Konkurseröffnung eingestellt würde. Auf Bezahlung des Betrages habe der Beklagte keinen Anspruch gehabt und zu Unrecht Befriedigung verlangt, er habe damit auch eine für die übrigen Konkursgläubiger nachteilige Rechtshandlung gesetzt. Durch die Gutschrift sei er auch begünstigt worden, weil er keinen Anspruch darauf gehabt habe, auf diese Weise Zahlung zu erlangen. Es lägen daher die Anfechtungsvoraussetzungen nach den §§ 31 und 30 KO vor.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Beim Verrechnungskonto 07.113301 habe es sich um ein ausschließlich der Gemeinschuldnerin zuzurechnendes Firmenkonto gehandelt, über das ausschließlich Firmengelder geflossen seien. Die Kontoeröffnung sei im Einvernehmen mit der Firmenleitung erfolgt, vor allem zu dem Zweck, um fällige Lohngelder vorzufinanzieren. Die Kontoauszüge und Belege betreffend dieses Konto seien, genauso wie jene der übrigen Konten, monatlich der Steuerberatungskanzlei zur Verbuchung vorgelegt worden. Die Zusatzbezeichnung „Raimund J*****“ habe das Konto deshalb erhalten, weil der Beklagte für den auf diesem Konto der Gemeinschuldnerin eingeräumten Kreditrahmen die Mithaftung habe übernehmen müssen. Deshalb habe er auch die Überweisung des Betrages von S 240.000 veranlasst. Bei Buchung dieses Betrages auf einem anderen Firmenkonto wäre aber lediglich eine interne Saldoverschiebung eingetreten, ohne dass sich der Gesamtsaldo dadurch geändert hätte. Demnach liege auch keine Benachteiligung der Gläubiger vor.

Der Kläger hielt diesem Vorbringen entgegen, der Beklagte sei Inhaber des Verrechnungskontos 07.113301 gewesen, er habe dieses Konto zwischenzeitig wieder aufgelöst und den Abschlusssaldo in Höhe von S 66.565,90 im Konkurs als Forderung angemeldet.

Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens. Inhaber des Verrechnungskontos sei der Beklagte gewesen. Den Dispositionen zu Lasten dieses Kontos lägen jeweils Darlehensgewährungen an die Gemeinschuldnerin zugrunde, wobei die Rückzahlung der Darlehensbeträge durch Überweisung von anderen Firmenkonten erfolgt sei. An dieser Qualifikation des Kontos ändere auch dessen Aufnahme in die Firmenbuchhaltung nichts, weil es sich dabei nicht um Verbindlichkeiten der Gemeinschuldnerin gegenüber der kontoführenden Bank, sondern gegenüber dem Beklagten handle. Durch die Überweisung des Betrages von S 240.000 in Kenntnis der bevorstehenden Konkurseröffnung habe er Bezahlung seiner Forderung gegenüber der Gemeinschuldnerin erhalten, so dass im Hinblick auf die ebenfalls gegebene Befriedigungstauglichkeit der Anfechtungstatbestand des § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO erfüllt sei. Es sei aber auch die Anfechtungsvoraussetzung des § 30 Abs 1 Z 3 KO gegeben, weil der Beklagte, der bei Anweisung an das Kurzentrum V***** den Betrag von S 240.000 auf sein Konto zu überweisen in der Doppelfunktion als Niederlassungsleiter der Gemeinschuldnerin in S***** und als Gläubiger der Gemeinschuldnerin gehandelt hatte, so dass ihm klar sein musste, dass er durch die Überweisung dieser S 240.000 auf sein Konto günstiger gestellt werde, als wenn er diesen Betrag in einem Konkursverfahren hätte geltend machen müssen.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Beklagten nicht Folge. Es erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Das Berufungsgericht billigte die rechtliche Beurteilung des Erstrichters.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision des Beklagten kommt Berechtigung nicht zu.

Auszugehen ist vom unbestrittenen Sachverhalt, wonach der Beklagte als Leiter der Niederlassung S***** der Gemeinschuldnerin am 8.10.1986 beim Raiffeisenverband S***** - Filiale G***** - das Konto Nr. 07.113301 mit der Bezeichnung „Raimund J*****, Verrechnungskonto Fl***** L*****“ eröffnete, über das er allein zeichnungsberechtigt war. Anlass für die Eröffnung war der Umstand, dass die Konten der Gesellschaft bei den Kreditinstituten vielfach überzogen waren, so dass Überweisungsaufträge z.B. zur Bezahlung von Löhnen nicht mehr entsprochen wurde.

Bei der Kontoeröffnung ist die Frage, wer Gläubiger bzw Schuldner des Kreditinstitutes ist, von großer Bedeutung, so dass das Kreditinstitut ein Interesse an der einfachen und klaren Bestimmung des Vertragspartners hat. Deshalb sieht P 1 (1) AGBKr vor, dass die betreffende Person, der Kontoinhaber mit Namen (Firma) zu bezeichnen und dessen Identität nachzuweisen ist (Iro in Avancini-Iro-Koziol, Bankvertragsrecht I Rz 4/4). Die Bankpraxis lässt aber auch die Eröffnung eines Treuhandkontos zu, wobei man von einem offenen Treuhandkonto spricht, wenn das Treuhandverhältnis offengelegt wird. Dabei kann das Treuhandverhältnis im Interesse des Treugebers bzw eines Dritten oder des Treuhänders bestehen. Die Treuhandnatur kann sich aus der ausdrücklichen Bezeichnung als Treuhandkonto, aber auch aus Bezeichnungen wie Sonderkonto udgl. ergeben, wenn die weiteren Umstände der Kontoeröffnung dafür sprechen (Iro aaO Rz 4/152). Die Rechtsnatur des Treuhandkontos wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass das Treugut von einem Dritten z.B. durch Überweisungen auf das Treuhandkonto beim Treuhänder eingeht (HS 10.771; SZ 38/17; Iro aaO 4/153). Mit der Bezeichnung als „Verrechnungskonto F***** L*****“ war dem Kreditinstitut gegenüber hinreichend klargestellt, dass der Beklagte Treuhänder eingehender Beträge war. Das auf den Namen des Beklagten lautende, jedoch als Treuhandkonto erkennbare Konto ist demnach als Konto eines Vollrechtstreuhänders anzusehen. Bei der Vollrechtstreuhand ist aber ausschließlich der Treuhänder gegenüber der Bank berechtigt und verpflichtet. Mit dem Treugeber steht die Bank in keiner, das Konto betreffenden vertraglichen Beziehung, diesem kommt auch keine Verfügungsberechtigung über das Konto zu (JBl 1986, 647; JBl 1981, 90; EvBl 1980, 162; Iro aaO 4/157). Dass das Konto zugleich auch Finanzierungszwecken diente, steht seiner Wertung als Treuhandkonto, jedenfalls was die Frage des Kontoinhabers betrifft, nicht entgegen.

Auf Grund dieser Überlegungen ergibt sich, dass ein Debetsaldo auf dem in Rede stehenden Konto eine Verpflichtung des Beklagten gegenüber dem kontoführenden Kreditinstitut bedeutete. Es trifft daher nicht zu, dass der auf dem Verrechnungskonto (nach Aufbuchung des Betrages von S 240.000) verbleibende Debetsaldo von S 66.565,90 eine Verbindlichkeit der Gemeinschuldnerin gegenüber dem Raiffeisenverband S***** darstellte. Wenn der Raiffeisenverband S***** den Beklagten und nicht die Gemeinschuldnerin in Anspruch nahm, so entsprach dies vollauf der Rechtslage und hatte seinen Grund nicht, wie der Revisionswerber meint, darin, dass infolge des Konkurses eine Geltendmachung der Forderung im Konkurs ohne Aussicht auf Erfolg war, so dass das Kreditinstitut den „einfacheren Weg“ gegangen sei und ihn als „formalen“ Kontoinhaber in Anspruch genommen habe. Berechtigt und verpflichtet gegenüber dem Raiffeisenverband S***** war ausschließlich der Beklagte als Kontoinhaber. Dass das in Rede stehende Konto in die Buchhaltung der Gemeinschuldnerin Aufnahme gefunden hatte und es sich um ein Betriebskonto handelte, ändert daran nichts. Der Aufnahme in die Buchhaltung konnte nur die Bedeutung zukommen, dass damit eine Forderung (bzw Verbindlichkeit) der Gesellschaft (Gemeinschuldnerin) gegenüber dem Beklagten ausgewiesen wurde. Richtig ist, dass bei einem allfälligen Guthaben im Zeitpunkt der Konkurseröffnung auf dem in Rede stehenden Konto der Masseverwalter die Übertragung dieses Guthabens (als Treugut) an die Masse hätte verlangen können. Im vorliegenden Fall wurde das Konto allerdings auch dazu benützt, Verbindlichkeiten der Gesellschaft z.B. gegenüber ihren Arbeitnehmern zu begleichen. Soweit am Konto keine ausreichende Deckung hiefür vorhanden war, räumte einerseits das Kreditinstitut (durch Gestattung der Überziehung des Kontos) dem Beklagten und dieser der Gesellschaft Kredit ein. Dem Beklagten kam dann insoweit die Stellung eines Schuldners des Kreditinstitutes und zugleich eines Gläubigers der Gesellschaft zu. Durch die Gutschrift des Betrages von S 240.000, die der Beklagte, der auch über sämtliche Konten der Gesellschaft verfügungsberechtigt war, veranlasste, wurde seine Forderung gegenüber der Gesellschaft (Gemeinschuldnerin), andererseits seine Verbindlichkeit gegenüber dem Kreditinstitut auf S 66.565,90 verringert. Dass die Anweisung des Beklagten (auf Schuld) mit Wirkung für die Gesellschaft erfolgte und demgemäß auch der Schuldner (Kurzentrum V*****) mit schuldbefreiender Wirkung auf das Konto des Beklagten zahlte, wird in der Revision nicht in Zweifel gezogen. Es steht aber auch fest, dass der Beklagte Ende Juni 1987 erfahren hatte, dass vom Geschäftsführer der Gesellschaft im Juli 1987 der Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Gesellschaft gestellt werden wird. Die vom Beklagten vorgenommene Disposition erfolgte daher in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit bzw Überschuldung der Gesellschaft. Demnach ist aber jedenfalls der Anfechtungstatbestand des § 31 Abs 1 Z 2 KO gegeben, sodass der Revision der Erfolg zu versagen ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Textnummer

E28291

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0010OB00515.92.0129.000

Im RIS seit

01.01.1995

Zuletzt aktualisiert am

23.05.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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