TE OGH 1992/1/29 9ObA252/91

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Veröffentlicht am 29.01.1992
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Bauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Peter Scheuch und Heinrich Dürr in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei W***** K*****, Vertragslehrer, ***** vertreten durch *****, Rechtsanwälte ***** wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur,

Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen Feststellung (Streitwert 250.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11.September 1991, GZ 8 Ra 52/91-14, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 7.Februar 1991, GZ 34 Cga 229/90-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:

"Das Begehren des Inhalts, es werde festgestellt, daß das den Bestimmungen des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 unterliegende Dienstverhältnis der klagenden Partei zur beklagten Partei über den 9.9.1990 hinaus aufrecht fortbesteht, wird abgewiesen. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 39.442 S bestimmten Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen."

Die klagende Partei ist weiters schuldig, der beklagten Partei die mit 9.069 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger, der die für die Anstellung als Lehrer erforderlichen Prüfungen nicht abgelegt hat, wurde mit Sondervertrag gemäß § 36 VBG 1948 vom 29.11.1976 von der beklagten Partei, Dienststelle Landesschulrat für Steiermark, ab 13.9.1976 als Vertragslehrer im Entlohnungsschema I L Entlohnungsgruppe 12 b 1 aufgenommen. Das Dienstverhältnis wurde bis zur Meldung eines voll geprüften Bewerbers, längstens bis zum 31.8.1977, befristet. Als Sonderbestimmung wurde in dem Dienstvertrag unter anderem vereinbart, daß § 4 Abs 4 des VBG 1948 in der geltenden Fassung keine Anwendung zu finden habe. Der Dienstnehmer nahm zur Kenntnis, daß er gemäß § 22 Z 8 der Prüfungsvorschrift für das Lehramt an höheren Schulen (Mittelschulen) eine Einführung in das praktische Lehramt zu absolvieren habe. Im weiteren erfolgten alljährlich Ausschreibungen der Planstelle in der Wiener Zeitung. Da sich jedoch keine geeigneten Bewerber meldeten, die die erforderlichen Voraussetzungen erfüllten, wurde der Dienstvertrag des Klägers jeweils um ein Jahr verlängert, wobei Verlängerungen im konkreten Fall Formalakte waren. Sie wurden aufgrund von Ansuchen des Klägers ohne Vorbesprechung vereinbart. Am 25.4.1983 wurde aufgrund der zwischenzeitig erlassenen

39. Gehaltsgesetznovelle der Dienstvertrag abgeändert. Das Dienstverhältnis wurde auf bestimmte Zeit bis 11.9.1983 eingegangen, es wurde ein Vorrückungsstichtag festgelegt und die Entlohnungsgruppe bestimmt. Damit war der Kläger einverstanden; damit war auch eine Nachzahlung verbunden. Der Vertrag des Klägers wurde wieder jeweils nach erfolgloser Ausschreibung der Planstelle auf ein Jahr befristet verlängert. Wegen Beschwerden wurde der Kläger schriftlich verwarnt. Auf sein Ansuchen um Verlängerung des zuletzt mit 9.9.1990 befristeten Dienstvertrages wurde dem Kläger mitgeteilt, daß für das Schuljahr 1990/91 keine Weiterbestellung erfolge. Als Gründe wurden Mängel in der Erfüllung der Dienstpflichten angegeben und ausgeführt, daß es sich bei der Planstelle um eine Lehrerplanstelle handle, die nur dann von einem "Nichtlehrer" besetzt werden könne, wenn der Kandidat entsprehende Kriterien hinsichtlich der voraussichtlichen Ausübung seiner Tätigkeit erfülle. Dies sei beim Kläger nicht der Fall. In der Folge wurde die Stelle des Klägers wieder von einem "Nichtlehrer" besetzt.

Der Kläger begehrt die Feststellung des Fortbestandes seines Dienstverhältnisses. Da er weder für den Fall einer Vertretung noch der vorübergehenden Verwendung aufgenommen worden sei, sei der Abschluß von Kettendienstverträgen unwirksam gewesen und es liege in Wahrheit ein Dienstverhältnis auf unbestimmte Zeit vor. Das Dienstverhältnis sei bereits vor Inkrafttreten der 39. Gehaltsgesetznovelle unbefristet gewesen. Die nach diesem Zeitpunkt vom Kläger unterfertigten Anträge um Weiterverwendung seien vom Kläger in Unkenntnis des Bestandes eines unbefristeten Dienstverhältnisses gestellt worden. Es sei nie der Wille des Klägers gewesen, ein unbefristetes Dienstverhältnis nachträglich zu befristen. Der Kläger habe sich bei den Fristverlängerungsansuchen in Irrtum befunden.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Der Kläger sei ungeprüfter Lehrer und verfüge lediglich über ein Diplom als staatlich geprüfter Schitrainer für Langlauf. Es sei daher mit ihm ein Sondervertrag gemäß § 36 VBG 1948, jeweils befristet auf ein Jahr, bis zur Meldung eines voll geprüften Bewerbers abgeschlossen worden. In diesem Sondervertrag sei die Anwendung der Bestimmung des § 4 Abs 4 VBG 1948 ausgeschlossen worden. Nach Inkrafttreten der 39. Gehaltsgesetznovelle sei mit Nachtrag vom Sondervertrag mit Wirksamkeit vom 1.9.1981 das Dienstverhältnis den Bestimmungen des Art 10 dieser Gehaltsgesetznovelle angepaßt und in der Folge jeweils befristet verlängert worden. § 4 Abs 4 VBG sei daher nicht anwendbar und der Abschluß von befristeten Dienstverträgen zulässig gewesen. Mitentscheidend für die Nichtverlängerung des Dienstverhältnisses seien unter anderem auch immer wiederkehrende Verstöße des Klägers gegen Dienstvorschriften gewesen.

Das Erstgericht gab dem Begehren des Klägers statt. Wohl sei im Sondervertrag des Klägers die Anwendung der Bestimmung des § 4 Abs 4 VBG 1948 ausgeschlossen worden. Diese Bestimmung könne jedoch für Vertragsbedienstete im Lehrberuf, die für bestimmte Zeit aufgenommen werden, ohne daß der Fall der Vertretung oder der vorübergehenden Verwendung vorliege, rechtswirksam nicht ausgeschlossen werden. Es könne daher ein Dienstverhältnis nur einmal auf bestimmte Zeit höchstens um drei Monate verlängert werden. Bei weiterer Fortsetzung gelte es als von Anfang an auf unbestimmte Zeit eingegangen. Der Kläger sei auf einer unbesetzten Planstelle jahrelang eingesetzt gewesen, eine vorübergehende Verwendung liege daher nicht vor. Gemäß Art 10 der 39. Gehaltsgesetznovelle könnten auch Vertragslehrer aufgenommen werden, die den Nachweis der vorgeschriebenen Einreihungsvoraussetzungen nicht erbringen. Auf diese Dienstverhältnisse sei § 4 Abs 4 VBG 1948 nicht anzuwenden. Infolge der jahrelangen Verlängerungen sei das Dienstverhältnis des Klägers aber bereits vor Inkrafttreten der 39. Gehaltsgesetznovelle zu einem unbefristeten geworden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige. § 38 Abs 3 VBG biete keine Grundlage für die Zulässigkeit der Befristung des Dienstverhältnisses des Klägers für die Zeit vor Inkrafttreten der 39. Gehaltsgesetznovelle. Dieses sei daher bereits durch die Verlängerungen vor dem Jahr 1982 zu einem unbefristeten geworden. Weder den Feststellungen noch dem Nachtrag zum Sondervertrag vom 25.4.1983 lasse sich entnehmen, daß der Kläger mit der Änderung seines bereits unbefristeten Dienstverhältnisses in ein befristetes einverstanden gewesen sei. Dies habe die beklagte Partei nicht einmal behauptet. Es sei daher bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der 39. Gehaltsgesetznovelle ein unbefristetes Dienstverhältnis vorgelegen, das ungeachtet der später erfolgten Nachträge zum Dienstvertrag nach wie vor aufrecht bestehe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinn einer Klageabweisung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen sind bei ihren Entscheidungen von der Bestimmung des § 38 Abs 3 VBG in der jetzt (seit der 39. Gehaltsgesetznovelle BGBl 1982/350) in Kraft stehenden Fassung ausgegangen und haben außer acht gelassen, daß diese Norm durch die 39. Gehaltsgesetznovelle geändert worden ist.

Vor Inkrafttreten der 39. Gehaltsgesetznovelle hatte § 38 Abs 3 VBG folgenden Wortlaut: Wird der Vertragslehrer nur zur Vertretung oder für eine vorübergehende Verwendung aufgenommen oder wird er wegen Mangels eines Lehrers, der die für seine Verwendung vorgeschriebene Lehrbefähigung aufweist, ohne Nachweis der vorgeschriebenen Lehrbefähigung aufgenommen, so findet die Bestimmung des § 4 Abs 4 auf das Dienstverhältnis keine Anwendung.

In dieser Fassung stand die Bestimmung auch im Zeitpunkt des Abschlusses des ersten Sondervertrages des Klägers im Jahr 1976 in Kraft. Es steht nun außer Streit, daß der Kläger die vom Gesetz für seine Verwendung in der Schulorganisation, in der er eingesetzt war, erforderliche Lehrbefähigung nicht besitzt. Die wiederholte Befristung seines mit Sondervertrag abgeschlossenen Dienstverhältnisses schon vor Inkrafttreten der 39. Gehaltsgesetznovelle war daher zulässig. Schon in dieser Zeit fand nämlich zufolge § 38 Abs 3 VBG 1948 (aF) die Bestimmung des § 4 Abs 4 VBG auf Dienstverhältnisse von Lehrern, die die vorgeschriebenen Anstellungserfordernisse nicht erfüllten, keine Anwendung. Die diesbezügliche Bestimmung des Dienstvertrages war daher durch das Gesetz gedeckt. Bei den im § 38 Abs 3 VBG 1948 (aF) genannten Fällen der Vertretung der vorübergehenden Verwendung bzw des Mangels eines entsprechend geprüften Lehrers handelt es sich um verschiedene Fallgruppen. Bei Zutreffen jeder einzelnen der genannten Voraussetzungen war die Anwendung des § 4 Abs 4 VBG 1948 ausgeschlossen. Die Ansicht des Klägers, nach § 38 Abs 3 VBG 1948 (aF) sei die Anwendung des § 4 Abs 4 VBG 1948 nur bei einem kumulativen Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen ausgeschlossen gewesen, findet im Gesetzestext keine Deckung.

Durch Art III Z 1 der 39. Gehaltsgesetznovelle, BGBl 1982/350, wurde wohl § 38 Abs 3 VBG 1948 dahin geändert, daß die Worte "oder wird er wegen Mangels eines Lehrers, der die für seine Verwendung vorgeschriebene Lehrbefähigungsprüfung aufweist, ohne Nachweis der vorgeschriebenen Lehrbefähigung aufgenommen", nunmehr zu entfallen hatte. Gleichzeitig mit dem Wirksamkeitsbeginn dieser Änderung (Art 12 der 39. Gehaltsgesetznovelle - 1.9.1981) trat aber die Bestimmung des Art 10 dieser Gehaltsgesetznovelle in Kraft, die ihrerseits Sonderbestimmungen für Lehrer trifft, welche die Verwendungserfordernisse des § 40 VBG 1948 nicht erfüllen. Nach dieser Norm können, solange geeignete Lehrer, welche die gemäß § 40 des VBG 1948 für ihre Verwendung vorgeschriebenen Einreihungserfordernisse aufweisen, trotz Ausschreibung der Planstelle nicht gefunden werden, auch Vertragslehrer aufgenommen werden, die den Nachweis der vorgeschriebenen Einreihungsvoraussetzungen nicht erbringen. Den in diesem Satz angeführten Vertragslehrern sind jene gleichzuhalten, die nach dem 31.8.1981 unter Anwendung der gemäß Art III Z 1 der 39. Gehaltsgesetznovelle aufgehobenen Bestimmung des § 38 Abs 3 des VBG 1948 aufgenommen wurden. Auf das Dienstverhältnis der gemäß Art 10 Abs 1 aufgenommenen Lehrer ist gemäß Art 10 Abs 3 der 39. Gehaltsgesetznovelle § 4 Abs 4 VBG 1948 nicht anzuwenden. Durch die Gesetzesänderung wurde nunmehr die Verwendung von Lehrern, die nicht die notwendigen Anstellungserfordernisse mitbringen, auf Fälle beschränkt, in denen trotz Ausschreibung Bewerber, welche die vorgeschriebenen Einreihungserfordernisse erfüllen, nicht gefunden werden konnten; überdies wird die besoldungsrechtliche Stellung dieser Vertragslehrer neu geregelt.

Das unmittelbar vor Inkrafttreten dieser Novelle liegende Dienstverhältnis des Klägers war mit 31.8.1981 befristet. Ab 1.9.1981 war ein neues mit 31.8.1982 befristetes Dienstverhältnis abgeschlossen worden. Art 10 der 39. Gehaltsgesetznovelle hat daher auf das Dienstverhältnis des Klägers Anwendung zu finden und zufolge des Ausschlusses der Anwendbarkeit des § 4 Abs 4 VBG 1948 war auch nach Inkrafttreten der 39. Gehaltsgesetznovelle der wiederholte Abschluß von befristeten Dienstverhältnissen mit dem Kläger zulässig, zumal die Voraussetzungen des Art 10 Abs 1 erfüllt sind; der Abschluß von befristeten Dienstverhältnissen mit dem Kläger erfolgte jeweils nach ergebnisloser Ausschreibung der Planstelle. In dem der Entscheidung Arb 10.693 zugrundeliegenden Fall war die Frage der Zulässigkeit einer Befristung gemäß § 38 Abs 3 VBG 1948 idF der 39. Gehaltsgesetznovelle strittig. Daß der Kläger geprüfter Lehrer war und alle Anstellungserfordernisse erfüllte, stand dort nicht in Frage, sodaß eine Prüfung nach den hier maßgeblichen Normen nicht in Betracht kam. Die Begründung dieser Entscheidung kann daher auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden.

Die im Nachtrag zum Dienstvertrag vom 28.7.1989 vereinbarte Befristung des Dienstverhältnisses mit 9.9.1990 wurde daher wirksam vereinbart. Mangels Abschlusses eines Dienstverhältnisses für den danach gelegenen Zeitraum hat das Dienstverhältnis mit diesem Tag geendet, sodaß das erhobene Feststellungsbegehren nicht berechtigt ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E28151

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:009OBA00252.91.0129.000

Dokumentnummer

JJT_19920129_OGH0002_009OBA00252_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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