TE OGH 1992/2/6 15Os161/91 (15Os162/91)

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Veröffentlicht am 06.02.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.Februar 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Lachner, Dr. Kuch und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Westermayer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Horst Josef G***** wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Bregenz vom 27.Juni 1990, GZ 6 U 42/88-35, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Generalanwältin Dr. Bierlein, jedoch in Abwesenheit des Beschuldigten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluß des Bezirksgerichtes Bregenz vom 27.Juni 1990, GZ 6 U 42/88-35, auf Widerruf der bedingten Strafnachsicht verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 494 a Abs. 3 StPO. Dieser Beschluß wird aufgehoben und es wird dem Bezirksgericht Bregenz aufgetragen, dem Gesetz gemäß vorzugehen.

Text

Gründe:

Im Verfahren 6 U 42/88 des Bezirksgerichtes Bregenz gegen Horst Josef G***** wegen § 198 Abs. 1 StGB wurde am 27.Juni 1990 die Verhandlung gemäß § 459 StPO in Abwesenheit des Genannten durchgeführt, der Angeklagte des erwähnten Vergehens schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Zugleich faßte das Gericht über Antrag des öffentlichen Anklägers den Beschluß auf Widerruf der mit Urteil des Bezirksgerichtes Bregenz vom 17.Jänner 1986, GZ U 1096/85-11, gewährten bedingten Strafnachsicht.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Widerrufsbeschluß verletzt - wie in der vom Generalprokurator erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausgeführt wird - das Gesetz in den Bestimmungen des § 494 a Abs. 3 erster und zweiter Satz StPO.

Gemäß § 494 a Abs. 3 erster Satz StPO ist das Gericht im Widerrufsverfahren (ua) zum Parteiengehör verpflichtet. Wird ein solches Verfahren in Abwesenheit des Angeklagten durchgeführt (§ 459 StPO), kann gemäß § 494 a Abs. 3 zweiter Satz StPO von der Anhörung des Angeklagten abgesehen werden, wenn ein Ausspruch nach § 494 a Abs. 1 Z 1 oder Z 2 StPO erfolgt.

Aber auch im Falle der Z 3 leg. cit. erweist sich - sofern die Durchführung eines derartigen Verfahrens nicht ohnedies unzulässig ist (§ 32 Abs. 2 JGG) - die Anhörung des Angeklagten in einem gemäß § 459 StPO durchgeführten Verfahren entbehrlich, weil die Z 3 der Sache nach - ähnlich der Bestimmung des § 40 StGB - lediglich eine Strafbemessungsvorschrift darstellt.

Hingegen darf ohne Anhörung des Angeklagten und damit im Abwesenheitsverfahren eine Entscheidung gemäß der Z 4 des § 494 a Abs. 1 StPO durch das Gericht, das über die in der Probezeit begangene neue Straftat erkennt, nicht erfolgen. Vielmehr ist in einem solchen Fall das Gericht, das die bedingt nachgesehene Sanktion ausgesprochen hat, zu deren Widerruf zuständig (§ 495 Abs. 1 StPO).

Vorliegend hätte daher die Entscheidung über den (vom Bezirksanwalt beantragten) Widerruf der bedingten Strafnachsicht nicht in der Hauptverhandlung im Verfahren 6 U 42/88 des Bezirksgerichtes Bregenz ergehen dürfen; vielmehr wäre ein solcher Beschluß im Verfahren U 1096/85 dieses Gerichtes zu fassen gewesen.

In der Mißachtung des erwähnten Anhörungsrechtes ist ein Gesetzesverstoß zu erblicken, der sich nach Lage des Falles zum Nachteil des Verurteilten ausgewirkt haben kann. Daher war neben der Feststellung der Gesetzesverletzung gemäß § 292 letzter Satz StPO auch die Aufhebung des im Spruch genannten Widerrufsbeschlusses anzuordnen und dem Bezirksgericht Bregenz aufzutragen, dem Gesetz gemäß vorzugehen.

Der nur wegen dieser Verletzung des Gesetzes gemäß § 33 StPO erhobenen Beschwerde des Generalprokurators war somit Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Anmerkung

E27899

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0150OS00161.91.0206.000

Dokumentnummer

JJT_19920206_OGH0002_0150OS00161_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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