Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 11.Februar 1992 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Friedrich, Dr. Rzeszut und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kohout als Schriftführer, in der Strafsache gegen Juliana H***** wegen des Verbrechens des Mordes nach dem § 75 StGB sowie der Brandstiftung nach dem § 169 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Graz vom 24. Oktober 1991, GZ 10 Vr 2.633/90-76, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Ersten Generalanwaltes Dr. Strasser, und des Verteidigers Dr. Martin für Dr. Neuhauser, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Die am 1.Dezember 1922 geborene Juliana H***** wurde im ersten Rechtsgang auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen des Verbrechens des Mordes nach dem § 75 Abs. 1 StGB und des Verbrechens der Brandstiftung nach dem § 169 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Während der Schuldspruch wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach dem § 169 Abs. 1 StGB in Rechtskraft erwuchs, wurde ihrer gegen den Schuldspruch wegen des Verbrechens des Mordes nach dem § 75 StGB gerichteten Nichtigkeitsbeschwerde mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 18.Juni 1991, GZ 11 Os 48/91-6, Folge gegeben und im Umfang der Aufhebung die Verfahrenserneuerung angeordnet.
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Juliana H***** (im zweiten Rechtsgang neuerlich) des Verbrechens des Mordes nach dem § 75 StGB schuldig erkannt. Unter Einbeziehung des bereits rechtskräftigen Schuldspruchs wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach dem § 169 Abs. 1 StGB wurde über sie unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 16 Jahren verhängt.
Hinsichtlich des dem Wahrspruch der Geschwornen zugrundeliegenden Sachverhaltes ist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die diesbezüglichen Ausführungen in der zitierten Vorentscheidung des Obersten Gerichtshofes zu verweisen.
Im zweiten Rechtsgang wurde, der kassatorischen und die Verfahrenserneuerung auftragenden Entscheidung des Obersten Gerichtshofes im ersten Rechtsgang entsprechend, zur Hauptfrage wegen Mordes (fortlaufende Zahl I des Fragenschemas) für den Fall der Verneinung die Eventualfrage (§ 314 Abs. 1 StPO) nach fahrlässiger Herbeiführung des Todes im Sinn der Qualifikation des § 169 Abs. 3 erster Fall StGB (fortlaufende Zahl II des Fragenschemas) in bezug auf den im ersten Rechtsgang bereits in Rechtskraft erwachsenen Wahr- und Schuldspruch wegen (des Grundtatbestandes der) Brandstiftung nach dem § 169 Abs. 1 StGB gestellt. Die Geschwornen haben die Hauptfrage wegen Mordes - zufolge der Stellung der Eventualfrage und der dazu erteilten Rechtsbelehrung nunmehr auch in Kenntnis einer unter dem Gesichtspunkt der subjektiven Tatseite möglichen Alternative der rechtlichen Beurteilung des Verhaltens der Angeklagten - neuerlich, und zwar im Stimmenverhältnis 7 : 1 bejaht. Daher ließen sie die Eventualfragen (II) folgerichtig unbeantwortet, weil mit der Bejahung der Hauptfrage diese Eventualfrage gegenstandslos wurde und daher gar nicht mehr beantwortet werden durfte (Foregger-Serini-Kodek StPO4, Erl. I zu § 314 StPO).
Rechtliche Beurteilung
Gegen den auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden Schuldspruch richtet sich die auf die Nichtigkeitsgründe des § 345 Abs. 1 Z 6, 8 und 10 a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten.
Mit dem unter dem Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs. 1 Z 6 StPO erhobenen Beschwerdeeinwand, die Geschwornen hätten die an sie gestellten Fragen, "insbesondere" die Eventualfrage II, nicht dem Gesetz gemäß beantwortet, weil sie "insbesondere" diese Eventualfrage mit dem Wort "entfällt" beantworteten, sie hätten "diesbezüglich abstimmen und eine eindeutige Antwort finden müssen", wird der Sache nach kein Verstoß gegen die Vorschriften der Fragestellung (§§ 312 bis 317 StPO) im Sinn der bezeichneten Nichtigkeit geltend gemacht, sondern ein Mangel des Wahrspruchs. Ein solcher - im Fall der Undeutlichkeit, Unvollständigkeit oder eines inneren Widerspruchs der Antwort der Geschwornen Nichtigkeit nach dem § 345 Abs. 1 Z 9 StPO begründender - Mangel liegt aber nach dem Vorgesagten nicht vor. Soweit sich die Beschwerde unter ziffernmäßiger Bezugnahme auf § 345 Abs. 1 Z 6 StPO auch gegen den übrigen Wahrspruch richtet, fehlt es ihr an jeglicher Spezifikation. Sie ist daher insofern nicht der Prozeßordnung gemäß ausgeführt (§§ 285 Abs. 1, 285 a Z 2, 344 StPO).
Gleiches gilt für das weitere Beschwerdevorbringen, in dem jeweils ebenfalls ohne im einzelnen bestimmte Bezeichnung der Beschwerdepunkte unter dem Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs. 1 Z 8 StPO eine Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung und unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 10 a leg.cit. - diesfalls mit der Behauptung, (nicht näher bezeichnete) Zeugen hätten über denselben Sachverhalt vor der Gendarmerie "vollständig anders" ausgesagt als in der Hauptverhandlung - erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschwornen festgestellten entscheidenden Tatsachen eingewendet werden. Bei genauer Prüfung der Aktenlage zeigen sich keinerlei, geschweige denn schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung (§§ 3, 232 Abs. 2, 254, 302 StPO) zustandegekommene Mängel der Sachverhaltsermittlung oder Beweisergebnisse, die nach den Denkgesetzen oder der allgemeinen menschlichen Erfahrung erhebliche Zweifel gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung der Geschwornen hervorrufen würden. Dies auch nicht in Ansehung der von den Geschwornen bei Beantwortung der nach dem § 11 StGB an sie gerichteten Zusatzfrage (fortlaufende Zahl III) - ersichtlich auf Grund des Gutachtens des psychiatrischen Sachverständigen
(S 55 ff/Band II dA) - verneinten Zurechnungsunfähigkeit der Angeklagten zur Tatzeit.
Aus den dargelegten Erwägungen war die unbegründete und weitgehend nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten zu verwerfen.
Aber auch ihrer Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Bei der Strafbemessung wurden die einschlägigen Vorstrafen, die Ausnützung der Wehr- und Hilflosigkeit des Opfers und das Zusammentreffen zweier Verbrechen als erschwerend, als mildernd hingegen die alkoholbedingte Wesensveränderung in Verbindung mit leichtem Schwachsinn sowie die psychische Belastung bei der Betreuung des Tatopfers bewertet. Ausgehend davon erachteten die Tatrichter eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 16 Jahren für tatschuldangemessen.
Die Berufung, die eine nur unzureichende Berücksichtigung der Milderungsgründe behauptet, bleibt dafür jede Begründung schuldig. Tatsächlich wird die vom Geschwornengericht ausgemittelte Freiheitsstrafe sowohl dem Verschulden der Angeklagten als auch dem Unrechtsgehalt der Tat gerecht, weswegen zu ihrer Veränderung kein Anlaß bestand.
Die Kostenentscheidung ist in der angegebenen Gesetzesstelle begründet.
Anmerkung
E28214European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:0110OS00156.91.0211.000Dokumentnummer
JJT_19920211_OGH0002_0110OS00156_9100000_000