Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei "D***** Club A*****" Interessengemeinschaft M*****, vertreten durch Dr.Manfred Ainedter und Dr.Friedrich Trappel, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Ö***** Club *****, vertreten durch Dr.Lothar Wiltschek, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren: 400.000 S) infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 17. Oktober 1991, GZ 2 R 161/91-11, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 2.August 1991, GZ 38 Cg 297/91-7, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die Parteien haben die Kosten des Revisionsrekursverfahrens selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof gemäß § 526 Abs 2 ZPO nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichtes über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses gegen seinen abändernden Beschluß liegen die Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO hier nicht vor:
Der klagende Verein hat den zu sichernden Unterlassungsanspruch auf unrichtige, zumindest aber irreführende und seine Motorradveranstaltung auf dem Österreichring in Zeltweg diskriminierende Tatsachenbehauptungen gestützt, die in einem Rundschreiben der "Obersten Nationalen Sportkommission" (OSK) des Beklagten enthalten waren, welches im Juni 1991 an Motorjournalisten, Motorrad-Clubs und Motorradbesitzer in der Absicht versendet worden sei, den Wettbewerb zugunsten von Veranstaltungen zu beeinflussen, die von der OSK "genehmigt" sind. Da solche Veranstaltungen "gebührenpflichtig" seien, habe der Beklagte damit auch eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt.
Das Erstgericht wies den (nur) auf einen Verstoß gegen das UWG gegründeten Sicherungsantrag schon auf Grund seiner Bescheinigungsannahme ab, wonach dem Rundschreiben des Beklagten nicht die Absicht zugrunde gelegen war, den eigenen Wettbewerb zu Lasten des Klägers zu fördern.
Das Rekursgericht nahm demgegenüber als bescheinigt an, daß einer der wesentlichen Beweggründe für die Versendung des Rundschreibens die Absicht war, den Wettbewerb von Motorsportveranstaltungen zu fördern, die von der OSK genehmigt sind, und zwar zu Lasten jener, für die keine Genehmigung besteht. Dazu wurde ergänzend als bescheinigt angenommen, daß der Beklagte für von der OSK genehmigte Veranstaltungen "Gebühren" einhebt. Davon ausgehend, bejahte das Rekursgericht einen Verstoß des Beklagten gegen § 7 UWG, weil ihm der Beweis (die Bescheinigung) der Wahrheit seiner herabsetzenden und den Kredit des Klägers schädigenden Tatsachenbehauptungen nicht gelungen sei; es erließ daher die beantragte einstweilige Verfügung.
Rechtliche Beurteilung
Der Beklagte erkennt zutreffend, daß die Feststellung der Wettbewerbsabsicht nach ständiger Rechtsprechung eine Tat- und keine Rechtsfrage ist (zuletzt etwa ÖBl 1991, 15 und 87, jeweils mwH). Da das Rekursgericht - insoweit für den Obersten Gerichtshof bindend (ÖBl 1990, 100; ÖBl 1991, 138 ua) - als bescheinigt angenommen hat, daß die Absicht des Beklagten, fremden (und damit wegen der Gebührenpflicht genehmigter Motorsportveranstaltungen auch eigenen) Wettbewerb zu fördern, eines der wesentlichen Ziele der beanstandeten Handlung war, kann sie auch gegenüber allfälligen anderen konkurrierenden Motiven und Zwecken nicht mehr völlig in den Hintergrund getreten sein. Das Schwergewicht der Rechtsmittelausführungen des Beklagten liegt demgemäß auch darin, daß er unter Berufung auf die - jedoch vereinzelt gebliebene - Entscheidung EvBl 1963/153 eine Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens geltend macht, weil es dem Rekursgericht verwehrt gewesen sei, auf Grund der Angaben einer vom Erstgericht vernommenen Auskunftsperson eine abweichende Bescheinigungsannahme zu treffen. Die gerügte Vorgangsweise steht aber mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes im Einklang, derzufolge das Rekursgericht im Provisorialverfahren die Bescheinigungsmittel anders würdigen darf als das Erstgericht; es darf auch andere Feststellungen treffen, die Übernahme erstgerichtlicher Feststellungen ablehnen oder ergänzende Feststellungen treffen (ÖBl 1980, 40, 121 und 138 mwN; ÖBl 1983, 74; RdW 1986, 340; EFSlg 52.449; JBl 1987, 728; ÖBl 1989, 39; ÖBl 1990, 100 uva). Im Provisorialverfahren müssen die anspruchsbegründenden bzw anspruchsvernichtenden Tatsachen nicht bewiesen werden, sondern es genügt ihre Glaubhaftmachung; gemäß § 274 Abs 2 ZPO ist jedoch eine Beweisaufnahme zur Glaubhaftmachung eines Umstandes an die besonderen für das Beweisverfahren bestehenden Vorschriften nicht gebunden. Das hat zur Folge, daß das Gericht in der Auswahl der Bescheinigungsmittel nicht an die in der ZPO ausdrücklich aufgezählten Beweismittel gebunden ist und der Grundsatz der Unmittelbarkeit des Verfahrens hier nicht gilt (ÖBl 1980, 121 mwN); das Rekursgericht darf daher auch die Ergebnisse der vom Erstgericht unmittelbar aufgenommenen Beweise umwürdigen (ÖBl 1970, 99 mwN).
Bei dieser Sachlage kommt es entgegen der Meinung des Beklagten nicht mehr darauf an, ob zwischen ihm und dem Kläger überhaupt ein Wettbewerbsverhältnis besteht, ist doch zur Klageführung nach § 7 UWG das herabgesetzte Unternehmen, also der Verletzte, berechtigt, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob zwischen ihm und dem Verletzer ein Wettbewerbsverhältnis vorliegt (SZ 63/110). Im übrigen wäre bei der hier als bescheinigt angenommenen Absicht, Mitbewerber des Klägers zu dessen Nachteil zu fördern, auch (nur) das Wettbewerbsverhältnis zwischen dem Kläger und den geförderten Mitbewerbern entscheidend (ÖBl 1991, 15; 4 Ob 105/91).
Die vom Rekursgericht bejahte Frage, ob dem Rundschreiben des Beklagten die vom Kläger behaupteten unwahren und kreditschädigenden Tatsachenbehauptungen im Sinne des § 7 UWG entnommen werden können, hängt von dem Eindruck ab, den das angesprochene Publikum bei flüchtiger Wahrnehmung daraus gewonnen hat (ÖBl 1990, 18 und 205 ua; zuletzt etwa 4 Ob 29/91). Damit ist aber die Beantwortung dieser Frage so sehr von den Verhältnissen des konkreten Falles - nämlich den Formulierungen des vorliegenden Rundschreibens - abhängig, daß sie keine brauchbaren Anhaltspunkte für die Beurteilung ähnlicher Fälle erwarten läßt (vgl ÖBl 1984, 79; ÖBl 1985, 163; JBl 1986, 192; 4 Ob 358/87; 4 Ob 98/88; 4 Ob 141/90; 4 Ob 174/90; 4 Ob 29/91 ua).
Der somit insgesamt wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 528 Abs 1 ZPO) unzulässige Revisionsrekurs mußte deshalb zurückgewiesen werden (§ 528 a ZPO).
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens beruht auf §§ 40, 50 ZPO; das gilt auch für die Revisionsrekursbeantwortung des Beklagten, welche auf den vorliegenden Zurückweisungsgrund nicht hingewiesen hat und daher zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig war.
Anmerkung
E28323European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:0040OB00134.91.0218.000Dokumentnummer
JJT_19920218_OGH0002_0040OB00134_9100000_000