TE OGH 1992/2/19 13Os5/92

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Veröffentlicht am 19.02.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Februar 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Kuch, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Sonntag als Schriftführer in der Strafsache gegen Thomas T***** wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach dem § 88 Abs. 1 und Abs. 4, erster Fall, StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom 18. Juli 1990, AZ 43 Bl 85/90 (GZ U 52/89-17 des Bezirksgerichtes Taxenbach), nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Wasserbauer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Ausspruch des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht im Urteil vom 18.Juli 1990, AZ 43 Bl 85/90 (GZ U 52/89-17 des Bezirksgerichtes Taxenbach), mit welchem dem Subsidiarankläger Michael H***** gemäß den §§ 390, 390 a StPO der Ersatz der Kosten des Strafverfahrens erster und zweiter Instanz auferlegt wurde, verletzt das Gesetz in den genannten Bestimmungen.

Text

Gründe:

Thomas T***** wurde auf Grund des vom Privatbeteiligten Michael H***** gemäß dem § 449 StPO als Subsidiarankläger beim Bezirksgericht Taxenbach eingebrachten Bestrafungsantrages mit Urteil dieses Gerichtes vom 7.März 1990, GZ U 52/89-10, des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach dem § 88 Abs. 1 und Abs. 4, erster Fall, StGB schuldig erkannt und zu einer (teilbedingten) Geldstrafe verurteilt. Diesem Urteil lag ein Schiunfall zugrunde, der sich am 28.Dezember 1988 auf der Rauriser Hochalm ereignet hatte und an dem Thomas T***** und Michael H***** beteiligt gewesen waren. Die deswegen erstattete Strafanzeige war am 22.März 1989 vom Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Taxenbach gemäß dem § 90 StPO zurückgelegt worden (AS. 1).

Gegen das Urteil des Bezirksgerichtes erhob Thomas T***** Berufung. Die Staatsanwaltschaft hatte bis dahin eine Übernahme der gerichtlichen Verfolgung abgelehnt (AS 39) bzw. diese Verfolgung nicht wieder übernommen (AS 100, 113). Ihr Vertreter nahm jedoch an der Berufungsverhandlung vom 18.Juli 1990, zu der weder der Subsidiarankläger noch sein Vertreter erschienen waren, teil und beantragte dort die Bestätigung des erstgerichtlichen Schuldspruches (AS 119, 120).

Das Landesgericht Salzburg als Berufungsgericht gab mit Urteil vom 18.Juli 1990, AZ 43 Bl 85/90, der Berufung des Thomas T***** wegen Nichtigkeit Folge, hob das angefochtene Urteil auf und sprach den Berufungswerber gemäß dem § 259 Z 3 StPO von der Anklage frei. Gemäß den §§ 390 und 390 a StPO wurden dem Subsidiarankläger die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz auferlegt (AS 122). Sie wurden in der Folge letztlich rechtskräftig mit 24.787 S bestimmt (AS 143).

Rechtliche Beurteilung

Dieser Kostenausspruch des Berufungsgerichtes steht, wie der Generalprokurator in seiner gemäß dem § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Beschwerde zutreffend ausführt, mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Der öffentliche Ankläger hat an der Berufungsverhandlung vom 18. Juli 1990 teilgenommen und dort den Antrag gestellt, den erstgerichtlichen Schuldspruch zu bestätigten (AS 119, 120), womit er die gerichtliche Verfolgung des Thomas T***** gemäß dem § 49 Abs. 1 StPO wieder übernommen hat. Zu dieser an keine Form gebundenen Übernahme der gerichtlichen Verfolgung war er auch berechtigt (arg. "jederzeit" im § 49 Abs. 1 StPO).

Gemäß dem § 390 Abs. 1 StPO ist dem Privatbeteiligten der Ersatz aller der infolge seines Einschreitens aufgelaufenen Kosten in der das Verfahren für die Instanz erledigenden Entscheidung nur dann aufzutragen, wenn das Strafverfahren auf andere Weise als durch ein verurteilendes Erkenntnis beendigt wurde und es gemäß dem § 48 StPO lediglich auf Antrag des Privatbeteiligten stattgefunden hat.

Da der Staatsanwalt gemäß dem § 49 Abs. 1 StPO die gerichtliche Verfolgung des Thomas T***** wieder übernommen hatte, durften daher dem Privatbeteiligten, der zunächst als Subsidiarankläger eingeschritten war, unbeschadet des erst in zweiter Instanz ergangenen Freispruches die Kosten des Strafverfahrens nicht auferlegt werden, weil dieses nicht ausschließlich

(= "lediglich") auf seinen Antrag stattgefunden hatte. Da es bereits an der grundsätzlichen Verpflichtung zum Kostenersatz mangelt, war es verfehlt, ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens (§ 390 a Abs. 1 StPO) aufzuerlegen.

Die im Urteil des Berufungsgerichtes gesetzwidrig ausgesprochene grundsätzliche Verpflichtung des (nunmehrigen) Privatbeteiligten zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens erster und zweiter Instanz umfaßt gemäß dem § 381 Abs. 1 StPO zum einen die Kostenersatzpflicht gegenüber dem Bund, zum anderen aber auch die Kostenersatzpflicht gegenüber dem Beschuldigten für die Kosten seiner Verteidigung (§§ 381 Abs. 1 Z 8, 393 Abs. 3 StPO). Diese Kosten sind in der Folge auch rechtskräftig bestimmt worden. Es konnte also dem ergangenen Ausspruch der Gesetzwidrigkeit der Kostenentscheidung, soweit diese Kostenansprüche des Angeklagten begründet, konkrete Wirkung nicht zuerkannt werden, weil solcherart die durch die rechtskräftige Beendigung des Verfahrens geschaffene Lage zum Nachteil des Angeklagten verändert worden wäre. Nach dem Wortlaut des § 292, letzter Satz, StPO ist eine Behebung einer gesetzwidrigen gerichtlichen Entscheidung (oder Verfügung, oder eines sonstigen mit rechtlichen Fehlern behafteten Vorganges) im Rahmen eines Erkenntnisses des Obersten Gerichtshofes über eine vom Generalprokurator gemäß dem § 33 Abs. 2 StPO eingebrachte Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nur zulässig, wenn sich die festgestellte Gesetzesverletzung zum Nachteil des Angeklagten (Beschuldigten) ausgewirkt hat. Durch den verfehlten Kostenausspruch wurde jedoch im vorliegenden Fall nicht Thomas T***** sondern der Privatbeteiligte Michael H***** beschwert. Über die Frage des Entstehens von Amtshaftungsansprüchen ist im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden.

Entgegen der in der Nichtigkeitsbeschwerde ausgedrückten Meinung konnte jedoch eine Verletzung des § 49 Abs. 1 StPO nicht festgestellt werden, weil der Staatsanwalt weder in dem ihm in dieser Gesetzesstelle eingeräumten Recht, vom Gange des Strafverfahrens Kenntnis zu nehmen, noch in jenem, jederzeit die gerichtliche Verfolgung wieder zu übernehmen, beschränkt worden ist.

Es war somit wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Anmerkung

E28232

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0130OS00005.92.0219.000

Dokumentnummer

JJT_19920219_OGH0002_0130OS00005_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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